Hallo liebe Gemeinschaft,
ich kann mich hier vielen Vorschreibern nur anschließen und sagen: ich bin Jennie und ich habe ein Alkoholproblem. Das ist kein Zustand der mir erste gerade bewusst geworden ist und ich kann nicht mal genau sagen, warum ich mich hier an dieser anonyme Forum wende.
Aber ich habe mich heute NM durch diverse Beiträge gelesen und mich direkt verstanden gefühlt.
Ich hab letzter Tage immer mal versucht, meinen Konsum zu reduzieren, leider mit mäßigem Erfolg. Irgendwie hat jeder seine eigene Geschichte und deswegen möchte ich auch meine mit euch teilen.
Ich bin gerade 32 Jahre alt geworden. Soviel zu den Eckdaten
Vor 3 Monaten ist mein älterer Bruder verstorben. Seitdem ist es mit mir, alkoholkonsumtechnisch, weitaus schlimmer geworden. Er selbst hat sich, im wahrsten Sinne des Wortes, leider zu Tode gesoffen. Wir hatten leider die letzten Jahre kein sehr enges Verhältnis mehr , was aus seiner Sucht entstand und der Kunst, mir bei den letzten Malen immer mal einen Euro-Schein aus der Tasche zu luchsen.
Wir kommen aus einem gesitteten Elternhaus. Nicht das ich das besonders hervorheben möchte, aber dieses hat uns niemals einen Grund gegeben oder Beispiele aufgezeigt, das Alkohol eine bessere Option darstellt. Seine Geschichte sollte mir eigentlich aufzeigen, wie man es nicht enden lassen muss. Und trotzdem ist mir seitdem nur noch bewusster geworden, dass jeder damit ander umgeht und ich glaube, wenn wir mehr kommuniziert hätten, wäre vielleicht ein anderer Weg für ihn möglich gewesen. Seitdem stelle ich mich fast jeden Tag der Frage, ob mir auch solch ein Schicksal droht…
Vor 3 Jahren habe ich meinen Freund wegen jemand anderem verlassen und seitdem lastet diese Schuld auf mir, die etwas leichter zu werden scheint, wenn ich mich betrinke.
Wenn ich verlassen schreibe, kürze ich das für mich sachlich ab um mir jetzt nicht diese Emotionen aufhalsen zu müssen.
Seitdem bin ich mir selbst in den dunkelsten Stunden begegnet und ich weiß wie ein gebrochenes Herz sich anfühlt; aber Schuld ist ein viel höheres Leid. Das weiß ich heute und bis zu dieser Erkenntnis hat es mich leider viel Wein und Whisky gekostet. Ich hab seit der Trennung vor über drei Jahren eigentlich kaum einen Abend verbracht ohne mich zu betrinken. Da waren die Nächte auf fremden Couchen die es zu überleben galt, die einsamen Nächte in der Großstadt in die man aus Trotz gezogen ist, die Abende mit Freundinnen, an welchen man unbemerkt 4 Flaschen Sekt alleine getrunken hat. Nur um am Ende des Abend betrunken und schwerfällig ins Bett zu fallen.
Und auch die Abende, als man nach einem 10 Stunden Tag im Büro die Verkleidung ausziehen konnte um sich mit einer Flasche Wein zu belohnen.
Ich komme aus diesen Genuss -und Belohnungsmomenten nicht mehr raus und das ärgert mich am nächsten Morgen noch viel mehr.
Mittlerweile lebe ich in einer neuen Beziehung und ich hab mich selbst bereits dabei erwischt, wie ich 2 Flaschen Wein in meinem Home-office gebunkert habe. Und dann kommt wieder der Gedanke: lass es doch bleiben. Aber anstatt es anzufangen denke ich mir abends, dass ich mir ein Glas Wein verdient hätte und aus einem Glas sind schnell die zwei Flaschen geworden, die ich versteckt habe.
Ich kann mir selbst manchmal nicht in die Augen sehen, wenn ich vor lauter Trunkenheit mal wieder geschminkt ins Bett gefallen bin. Oder wie oft ich noch nach Abenden noch hinters Steuer gestiegen bin. Ich kenne die Gefahren alle aber sobald ich ein Glas irgendwas in der Hand halte ist es, als würde ein anderer das Steuer lenken und ich kann mich dagegen kaum noch wehren.
Manchmal wünschte ich mir, dass mir jemand daraus hilft aber dann bin ich doch wieder zu feige, um Hilfe zu bitten.
Ich habe schon so oft versucht einfach aufzuhören aber am Ende sitze ich wieder mit einer Flasche Wein und einer Schachtel Zigaretten in fröhlicher Gesellschaft und denke mir; morgen kannst du ja immer noch aufhören….
LG an alle da draußen