Welche Bücher lest Ihr?

  • Normalerweise gebe ich nichts auf Bestseller-Listen. Zu undurchsichtig sind mir die Platzierungen - zu sehr erscheint mir der wirtschaftliche Erfolg eines Buches im Vordergrund zu stehen - bzw. er stellt sich ein (soll sich einstellen), wenn ein literarisches Werk nur genügend oft auf den entsprechenden Listen von "Spiegel", "Focus" oder anderen Publikationen auftaucht. Dementsprechend haben unbekanntere Autor*innen wenig bis gar keine Möglichkeiten, sich einem breiteren Publikum zu präsentieren - es sei denn, das entsprechende Buch wird bei einem der Nischen-Kultur-Sendungen irgendwann zwischen 23.45 und 01.15 einem interessierten Nischen-Leserkreis durch Zufall nahegelegt ...

    Bei dem Hipe um Juli Zehs Roman "UnterLeuten" war ich auch erst einmal skeptisch und hätte es wahrscheinlich nicht erworben - hätte ich nicht während einer langen LKW-Fahrt eine sehr positive Rezension auf DF-Kultur gehört ...
    Ich habe mir das Buch gekauft - ein 640 Seiten Wälzer, der mir dann wirklich sehr viel Lesevergnügen bereitet hat.

    Im Mittelpunkt des Romans stehen die Menschen des brandenburgischen Dorfes Unterleuten: Alteingesessene, Zugezogene, Altkommunisten, "Wende"gewinner, Stadtflüchtlinge, Ökoaktivisten, "Wende"verlierer - also ein buntes Kaleidoskop unterschiedlichster Menschen mit unterschiedlichsten Biographien, Zielen, Idealen, Verbitterungen, Träumen und Perspektiven. Im Zentrum des Geschehen steht ein geplanter Windpark - für die Einen DIE Lösung für die wirtschaftlichen Probleme eines dem Aussterben geweihten Dorfes - für die Anderen eine ökologische Katastrophe am Rande eines nahezu intakten Biotops.
    Juli Zeh erzählt aus den unterschiedlichen Perspektiven der Protagonisten über den Kampf um bzw. gegen die Windmühlen. Ich habe mich dabei ertappt, wie meine Sympathien bzw. Abneigung gegen einzelne Personen einem ständigen Wechsel unterworfen waren - eine Stärke des Buches, da es aus meiner Sicht dazu aufruft, immer `mal wieder einen Perspektivwechsel zu vollziehen - eine schöne Übung für das reale Leben ...
    Die Rahmenhandlung ist flott und spannend erzählt - manchmal empfand ich die beschriebenen Konflikte etwas zu plakativ und oberflächlich dahingeschrieben - im Epilog gibt es hierfür aber zum Glück eine durchaus plausible Erklärung.
    Zusammengefasst: kurzweilige (Urlaubs)Literatur, durchaus spannend, unkomplizierter Erzählstil, hoher Wiedererkennungswert der beschriebenen Personen (ICH hätte nahezu allen handelnden Personen Namen aus meinem Dunstkreis zuordnen können ...), teilweise sehr komisch, erfrischend unmoralisierend - kurzum EMPFEHLENSWERT.

    JULI ZEH "UNTERLEUTEN"
    Luchterhand Literaturverlag
    640 Seiten
    € 24,99
    ISBN 978 - 3 -630 - 87487 - 6

    ... zu erhalten in jeder Buchhandlung um die Ecke ...

    Beste Grüße
    keppler

    Einmal editiert, zuletzt von keppler (3. Juni 2016 um 06:22)

  • Frank Herbert: "Dune"https://www.amazon.de/gp/product/044…ttppccheatso-21

    Das war wirklich ein anstrengendes, komplexes und vielschichtiges Buch (auch weil ich die englische Originalfassung bestellt habe, die deutsche Übersetzung sollte ja (wie so oft) grausig sein, vieles kürzen und angeblich ziemlich das ganze Buch verunstalten. Ich musste natürlich viele Wörter nachschlagen (wenn auch ich viele nicht nachschlug, die mir unbekannt waren). Ein richtigs Epos, das nach einer zweiten Lesung schreit, aber irgendwann einmal. Nicht umsonst ein Klassiker. Es enthält eine lange Geschichte mit vielen philosophischen, religiösen und einer fremdartigen, fiktiven Gesellschaft. Wenn man bedenkt, dass das alles schon 1965 geschrieben wurde, .... Hut ab vor dem Autor!

    [size=6pt]Nachtrag: bewusst anstrengendes und englisches Buch gelesen, da ich meine, manchmal was anspruchsvolleres zu lesen hilft gegen Verblödung ;)[/size]

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (11. Juni 2016 um 18:20)

  • Ich habe gerade "Der Medicus von Saragossa" beim Wickel. Die Bücher von Noah Gordon sind einfach super geschrieben. Egal, ob es nun "Der Medicus", "Der Schamane", "Die Erben des Medicus", "Die Klinik" oder ... ist.

    Bei mir ist es ja so, dass ich beim Lesen sozusagen in die beschriebene Welt "abtauche" - da kann ich alles um mich rum vergessen. Und darum bin ich meist auch enttäuscht, wenn ich mir DANACH dann den Film dazu anschaue. Umgekehrt geht's besser.

    Die einen tauchen im Meer - ich in die Bücher (vielmehr die Geschichten) ;D

    Ich wünsche Allen ein schönes und entspanntes Wochenende :sun:

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich habe vor Jahren einmal den Medicus gelesen. Ich erinnere mich, eine lange Geschichte, mit dichter Atmosphäre, in die man abtauchen konnte, ja; nie langweilig geworden.

  • "Der Name der Rose" ist so eins der wenigen Bücher, wo ich nach 50 Seiten kapituliert habe. Dabei hatte ich es mir gerade wegen des Films geholt ... nixweiss0

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ja, es ist sehr anstrengend. Damals hatte ich den Fremdwörterduden neben mir (da war das mit dem Internet noch nicht so). Die seitenlangen Erklärungen der Kirchengeschichte und der Ketzerverfolgung, ... kann man auch überspringen. Das Buch hat mich auch sehr gefordert, vielleicht liegt ja da auch der Reiz bei mir dabei...

  • Zur zeit in Bearbeitung:

    Daniel Goleman: "Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ"https://www.amazon.com/Emotional-Inte…ttppccheatso-21

    Wieder einmal ein Buch in Englisch (zum einen zum vertiefen der Sprache (ich muss viele Wörter nachschlagen), zum zweiten sind die englischsprachtigen Bücher oft entsetzlich ins Deutsche übersetzt). Es ist anstrengend, anspruchsvoll, aber sehr interessant. Das werde ich bestimmt noch ein zweites Mal lesen.

    Das Buch ist teilweise wissenschaftlich trocken, aber doch auch eine interessante Schatzkammer. Ich würds mit 4 Sterne bei Amazon bewerten.

    Ergänzung 23.07.16: einigen Seiten wird auch dem Alkohol gewidmet, vorrangig in der Funktion der Selbstmedikamentation. Einige Textstellen wären es wert, zu zitieren oder mit eigenen Worten zusammenzufassen.

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (23. Juli 2016 um 07:57)

  • National Geographic: "The Knowledge Book: Everything You Need to Know to Get by in the 21st Century"https://www.amazon.de/Knowledge-Book…ttppccheatso-21

    Eine Enzyklopädie über die Bereiche: Universum, Erde, Biologie, Chemie, Physik, Mathematik, Politiik, Wirtschaft, Religion, Philiosophie, Kunst, Architektur, Literatur, Musik und Film. Intereressant und grafisch gut dargestellt. Definitiv ein Tip für die Auffrischung von Allgemeinwissen.

  • Öh ha - schwere Kost (zumindest für mich) :o Aber "Jedem Tierchen ..."

    Ich hab zur Zeit mal wieder den "Borowiak: ALK - Fast ein medizinisches Sachbuch" beim Wickel. Mir ist gerade danach. Vor allem, weil das Buch nicht so "bierernst" geschrieben ist.
    Fängt ja schon im Vorwort an:

    Falls irgend jemand einwenden will, dass das Buch ja schon vor etlicher Zeit hier vorgestellt wurde: ich lese das Buch JETZT - und es gibt auch einige "Neue" hier (verzeiht das Wort), die u.U. nicht bis dahin zurückblättern ...
    Und - ich finde das Buch immer wieder gut.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Lieber Greenfox,

    das Buch ist wahrscheinlich mein persönliches "Lieblingsbuch" unter den Alkbüchern. Immer wieder lese und schmökere ich darin und am liebsten hätte ich, dass es viele Leute lesen, auch die, welche keine Alkoholiker sind, zum Beispiel Angehörige oder so. Der Typ versteht es wirklich, die Mitte zu finden. Es ist leicht verständlich geschrieben und dabei humorvoll ohne sich über die Thematik lustig zu machen. Es ist auf seine Art einfach "genial".

    Hallo Franz,

    wow! Alle Achtung, also ich beschäftige mich viel mit Englisch, aber Respekt! Einen derart fetten Wissenswälzer zu lesen und das auch noch in Englisch. Das ist schon eine Herausforderung und ich überlege gerade, ob ich es wage, mich dieser zu stellen.

    (Gerade habe ich mein Zertifikat erhalten; habe ich doch im Juni eine Cambridge Prüfung (FCE) absolviert und bestanden. Nun überlege ich, ob ich weitermache....)

    Jedenfalls danke für den Tipp. Das Buch sieht wirklich interessant aus. 44.

    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • zum Knowledge Book: Ja, es war schon recht mühsam und anstrengend, ich hoffe, es ist einiges hängengeblieben, sowohl die neuen Wörter, die ich oft nachschlagen musste als auch vom Inhalt. Ich tue es in erster Linie, um nicht selbst (zu sehr) zu verdummen. ;)

    Das fast medizinische Buch habe ich auch schon lange auf meiner Wunschliste, vielleicht kommt es als eine der nächsten Bücher dran. Ich möchte eh wieder zwischendurch etwas einfacheres zu lesen (und in deutsch). Den Rezensionen nach ist es wirklich ein gutes Buch. Ich such keinen Roman über ein Alkleben bzw. die "begleitende Karriere", schon gar nicht mit Kraftausdrücken und dergleichen, weil das find ich niveaulos und regt mich nur auf. Lieber was konstruktives, interessantes, mit Tatsachen und Fakten über Alkohol, aus der Medizin, Wissenschaft, gern auch den geschichtlichen Bezug, gute Tips, Motivation für das tägliche Leben, und Humor ist immer gut, und das sollte in diesem Buch wahrlich nicht zu kurz kommen.

    Ja, ich lese sicher mehr als der Durchschnitt. Liegt auch daran, dass ich meinen Fernseher vor ca. vier Jahren aus meiner Wohnung verbannt habe. Die ersten paar Wochen waren etwas ungewohnt, aber dann lernte ich den Zugwinn an Freizeit (kein Verschwenden vor dem Fernseher) und die Werbeabstinenz (wie angenehm) sehr zu schätzen. Lesen ist zwar fordernder und anstrengender, aber eben gerade deswegen, weil man sich geistig damit meiner Meinung nach mehr auseinandersetzen muss als beim passiven sich-berieseln-lassen vorm Fernseher, finde ich es lohnend.

  • Deine Meinung über TV in Ehren, Franz. Und großen Respekt, dass Du ohne TV lebst. 44.

    Ich schaue auch kaum noch Fernsehen. Und wenn, dann sehe ich mir sehr, sehr gerne Dokumentationen an. Auf die möchte ich nicht verzichten, deshalb bleibt der TV in der Wohnung. Am liebsten mag ich persönlich Kriminalistik, Zeitgeschichte und Naturwissenschaften. Dabei bevorzuge ich eher die "Dritten" bzw. ARTE, phönix, n-tv usw. Für mich eine reiche Schatzkammer, wenn ich zu faul zum Lesen bin.

    Gestern machte ich den Fehler und schaute das erste Mal seit bestimmt einem Jahr wieder einen Tatort an. Im Nachhinein stellte sich das als reine Zeitverschwendung heraus. Hätte ich da doch lieber mein Buch in die Hand genommen.

    Das Lesen klappt mit zunehmender Nüchternheit wieder viel besser und ich kann die Konzentration aufrechterhalten, was ich momentan sehr genieße. Wenn ich angetrunken war, dann hat weder Fernsehen noch Lesen so richtig geklappt. Also ein wirklicher Vorteil für das Nichttrinken ist der Genuss beim Lesen und dass dann halt auch mehr im Kopf hängen bleibt. :)

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Ich hab zur Zeit mal wieder den "Borowiak: ALK - Fast ein medizinisches Sachbuch" beim Wickel. Mir ist gerade danach. Vor allem, weil das Buch nicht so "bierernst" geschrieben ist.
    Fängt ja schon im Vorwort an:

    Falls irgend jemand einwenden will, dass das Buch ja schon vor etlicher Zeit hier vorgestellt wurde: ich lese das Buch JETZT - und es gibt auch einige "Neue" hier (verzeiht das Wort), die u.U. nicht bis dahin zurückblättern ...
    Und - ich finde das Buch immer wieder gut.

    So, heute habe das Buch, von dem schon so oft die Rede war und endlich einmal bestellt hatte, auch bekommen. Freu mich schon drauf. Ggf. werde ich hier meine Eindrücke und Gedanken hier editieren...

    Schon bei der Danksagung zeigt sich der Humor: (in etwa): "... und einige habe ich vergessen (Korsakow)" :)

    --

    Ja, es ist sehr lustig geschrieben, aber auf den Humor gehe ich jetzt aber nicht ein, rein auf Inhalt und Information.

    Nochmals: es ist mein Eindruck, wer anders kann das natürlich anders sehen. Bei den folgenden Kapiteln gehe ich nicht mehr so ins Detail, sonst wird es zu lange.

    Kap. 1: Der Rausch:
    Alkohol als Saboteur im Gehirnstoffwechsel.
    Es gibt die Kellner (Transmitter), die Gäste (Rezeptoren) und den Stoff, der serviert wird (Hormone).
    Hemmungs und Erregungsmechanismus wird an den Rezeptoren durcheinandergebracht. Hemmungen werden beseitigt, Informationen anders (falsch, d.h. nicht objektiv) beurteilt.

    Anmerkung: das Ganze ist natürlich komplizierter, aber es wird eh gesagt, es wird so erklärt, dass es auch Kinder verstehen. Auskennen tu ich mich da aber nicht (Dopaminhaushalt, das GABA System, ... oder gewisse hemmende zentren werden gehemmt (was dann den hemmenden Effekt beseitigt), ...)

    Kap. 2: Das Leben mit Alk:
    Schwierig bei Klassifikation der Abhängigkeit, Zahlen von Alkoholabhängiger, -missbrauchern, ... in Deutschland, Jellineks und andere Klassifikationen (u. a. das "Boro Schema"). Mit Alkohol ist schneller und bequemer bessere Stimmung zu erreichen statt z.B. mit gutem Essen, Waldlauf, ... (Funktionalisierung des Alkohols)
    Alkoholtoleranz (Alkoholabbau):
    ADH und MEOS System: MEOS bleibt (bildet sich nicht zurück und hat Erinnerungsfunktion), deswegen kein Reset, nicht bei null nach Abstinenz wieder anfangen können (eigentlich "schlechte" Nachricht, deswegen auch kein kontrolliertes Trinken dann mehr möglich)
    Gaba system noch kurz erwähnt, Benzodiazepine wirken ähnlich wie Alkohol.
    Selbsttäuschung oder sich selbst ein Alibi geben:
    im "Normalbereich" (Tageszeit, Menge, wie die anderen, in Gesellschaft) trinken, um sich selbst nicht als Alkoholiker bezeichnen zu müssen (ist "normal" und deswegen kein Grund, sich Sorgen machen zu müssen, und sich selbst ein Alibi zu geben)
    Ein bisschen Geschichte über Alkohol.

    Anmerkung: "Ehrenamtlicher": das ist der trockene Alkoholiker/in; es wird das (vom Autor eigene "Boro Schema" (seine Ansicht)) erklärt

    Kap. 3: Es geht ein Entzug nach nirgendwo:
    Ausnüchtern: der Kater oder der Entzug. Was passiert beim Absetzen, wie ist das bei Spiegeltrinker? Delir und Krampf, aber auch der tägliche Entzug bzw. die Überbrückung. Aufhören: "Spontanremission" bzw. Selbstheilung oder in der Entgiftung.
    Infos über körperliche und geistige Folgeschäden, natürlich die Leber, Bauchspeicheldrüse, Magen, Dünndarm, Mangelversorgung, gestörter Stoffwechsel, Atemwege, Trinkerbein, Trinkerherz, Hirnzirrhose (allgemeiner Abbau Gehirn und Fähigkeiten, Atrophie; auch durch Leber verursacht (Enzephalopathie, Wernicke, Korsakow))

    Anmerkung: eigentlich eine ganz einfache Definition: Reagiert der Körper nach Absetzen mit echtem Entzug, ist das ein Anzeichen von Abhängigkeit, ist einem nur unwohl, ist das eher das Auskurieren einer Lebensmittelvergiftung (keine Abhängigkeit)

    Kap. 4: show me the way to the next entgiftung:
    Entgiftungsstation, dramatisch. Wie plant man oder nähert sich seiner/ihrer Entgiftung an. Gefahr, in die geschlossene Anstalt eingewiesen zu werden. Mit Distraneurin (das ist etwas ruppiger) bzw. Benzodiazepinen wird erst einmal entzogen. Es hängt sehr von den einzelnen Ärzten und Pflegern ab, wie behandelt wird (es gibt solche und solche). Stress mit anderen Mitpatienten, das Rauchzimmer als Infobörse. Gruppendynamik. Sozialarbeiter, Psychiater, therapeutisches Rahmenprogramm, SHG, Problem oft die Wartezeit bis zur LZT, die Sinnlosigkeit, Rückfaller immer wieder durch das gesamte Programm zu schleifen

    Anmerkung: das Kapitel fand ich durch diese Sprachwahl nicht so gut, war mir schon fast zu wie soll ich sagen, übertrieben. Ich war auch weder in Entgiftung noch in LZT. Aber vom Hörensagen weiss ich, dass sich dort sehr unschöne sachen ereignen. Hier kennt sich der Autor aus. "Der einzige Ort auf Erden, wo man schon beim Einchecken gefragt wird, ob man schon was aus der Minibar hatte." LOL.

    Kap. 5: Feste Posten, alte Muster:
    - Der Suchtdruck (auch Craving oder Saufdruck genannt) kommt oft aus heiterem Himmel - Suchtgedächtnis, "antizipierte Entzugserscheinungen", Phantomrausch, Phantomkater). Gedankliche Cravings, das Ausblenden negativer Konsequenzen des Trinkens, innerer Dialog pro und kontra des Trinkens, alte Rituale sitzen tief
    - der Rückfall, Rückfallbegünstigung, Rückfallprophylaxe
    jedenfalls muss der Rückfall nicht schnell und heftig sein, sondern kann schleichend kommen mit langsamer Steigerung. Probetrinker, die sich beweisen wollen, dass sie über dem Berg sind. der "doofe", aber nützliche "Notfallkoffer", Rückfallgründe: der Leichtsinn, mangelnder Selbstschutz, Absicht. Sinnvollste Art mit Rückfällen umzugehen, ist die Analyse.
    - Angehörige und Co-Abhängigkeit (das ist der gestörte Typus des Bleibers; der Alkohiliker sieht keine Veranlassung, sein Verhalten zu ändern; oft wird er/sie sogar noch darin bestärkt oder unterstützt), Kriegsgewinnler (die, die vom Alkholismus des anderen profitieren), der Schwierigkeit, die sich ergibt, den veränderten nun abstinent lebenden Menschen nach der Therapie, mit dem umzugehen, neue Rollenverteilung.
    - die Suchtverlagerung (unterschiedlichste Formen)

    Anmerkung: das Kapitel fand ich recht gut (bereichernd?), gedankliches Craving habe ich leider auch immer wieder
    Für Rückfälle gibt es so schöne Wörter wie Vorfall, Zwischenfall oder Abstinenzunterbrechung (dieses finde ich lustig, weils so verniedlicht wird ;)),
    was vor dem Rückfall passiert: Phasen des Blackouts und wie ferngesteuert (wie richtig, ja, das kenne ich)

    Kap. 6: Was wissen wir über SUCHT?:
    Das Wort ist nicht mit Suche (allg. Irrtum) verwandt, eher mit Siechtum
    Die Suchtzutaten:
    - Gene: (eher bei Söhnen, bei Töchtern nicht; sie vertragen von Haus aus gleich mehr un der Abbau geht viel schneller; Grund bei genetisch bedingt: anscheinend Unterbelohnung im Gehirn durch zuwenig Dopamin; das holen einige oder viele durch Alkohol nach bzw. Alkohol liefert das dann),
    - SOZ (Milieu: soziales Umfeld, Vorbild, erlerntes Verhalten), "Feindberührung" (= die Verfügbarkeit), kommt auf die Kultur an, als gewolltes Mittel: Alkohol gezielt in Gesellschaften erlauben, damit untere Schichten nicht zuviel aufmucken oder mitbekommen oder dumm halten
    - PSYCH Der Mensch will sein Gleichgewicht finden, unterschieden in a) konfliktscheue und harmoniesüchtige (echte Gefühle werden unterdrückt, will nach aussen hin immer nett und freundlich sein) b) Ohnmacht und Schuldgefühle (wird mit Trinken stark und mutig) c) grössenwahnsinnige (Fachwort megaloman) (fühlen sich zuwenig geachtet durch andere, wenn sie, wie sie glauben, eh schon so super sind). Das sind dann auch die Voraussetzungen, diese Typen zu erkennen und dann je nach dem den richtigen Behandlungsansatz zu finden.

    Anmerkung: dieses Kapitel finde ich etwas zu komprimiert. Wahrscheinlich sind es meist Mischformen. Vielleicht gibt es auch Leute, die aus purer Lust am Alkohol und am Rausch trinken, wer weiss. Oder einfach immer in vermeintlicher Hochstimmung sein wollen und keinen Alltagstrott haben möchten? Und oft steckt eine Depression dahinter. Exzessiver Sport sei auch Suchtverlagerung? Dann ist das jedoch so ziemlich die beste Art davon.

    Kap. 7: Von der Abwehr zur Bereitschaft:
    Es gibt verschiedene Ausprägungen des Alkoholismus. Bei unsichtbaren Krankheiten trifft man auf wenig Verständnis ("jemand mit interessanter Krankheit sei ein interessanter Mensch"), es gibt generell ein Problem mit dem Begriff Krankheit beim Alkohol.
    Die Krankheitseinsicht bzw. das (dem Autor nach bessere Wort) Alk-Einsicht: die Bezeichnung "alkoholkrank" hört (verständlicherweise) niemand gern. erstens die Furcht vor der Bezeichnung und zweitens die damit verbundenen Konsequenzen: (Verlustängste, lebenslange trockenheit, Abschied nehmen; Hilfe annehmen (müssen),
    Leben ändern, dass sich andere in mein leben einmischen -> führt zu Widerstand: "Lasse ich mir das (alles) gefallen?)
    Lügen, leugnen, abwehr (wie man oft zum Lügen getrieben wird). Lügen könne nur ein Mensch, der die Wahrheit kennt, Verleugnung (auch die Gefahr des Alks vor sich selbst verleugnen, um den Alkbewusstsein zu entkommen).
    Man wiegt sich als trockener Alkoholker manchmal in falscher Sicherheit. Es wird eine Immunität gegen Abschreckung entwickelt.
    Das Trinkmotiv führt zum Heilungsansatz. Helfen kein Leugnen mehr, ist es zu offensichtlich, dann beginnt die Zeit der Rechtfertugungen für das Trinken des aktiven oder ehemals Trinkenden nach dem "warum".
    (lange liste von Angsttrinken über Spasstrinken bis zum Überforderungstrinken) (meist sind es Mischformen), aber doch auf ein paar Grundmuster reduzierbar.
    Therapeut als Beistand hilft bei Ursachenklärung und Aufarbeitung. Das führt oder soll zu Verhaltenstherapie führen. -> welche Therapie passt zu mir, brauche ich überhaupt eine?

    Anmerkung: Ich fand das Kapitel wieder sehr gut gelungen. Seite 146: (was einem täglich für Leute unterkommen): das ist auch meine Einschätzung, danke Herr Borowiak! "die eigene Person gehört doch zu den Ausnahmen" wie wahr, das dachte ich auch immer bei mir. ;) bei mir im Ggs. zu anderern funktioniert das kontrollierte Trinken, ich schaffe das. tja, war wohl doch nicht so...

    Kap. 8: Behandlungsformen:
    Die Therapieziele sind nach Abhängigkeitsgrad gestaffelt (von reinem Überleben bis hin zum glücklichen leben). Viele Trinker träumen von einem Leben mit "kontrolliertem Trinken".
    Amateure können das eventuell schaffen, Profis nicht (zumindest nicht auf lange Sicht; es sei zu nervenaufreibend und freudlos.
    Abstinenz wird oft als lebenslange Einschränkung, Verzicht, Kontrolle gesehen. Es geht in Richtung Kampf oder Kapitulation.
    Man kann es auch als ein Weg in ein freies, unabhängiges Leben sehen.
    Es gibt die "Selbstheiler" (Autoremission) und die, die es mit Hilfe von aussen, von anderen den Absprung schaffen/schafften (hier stellt sich die Frage, an wen oder wohin wende ich mich?).
    Dauerhafte Abstnenz oder Abstinenz bis zum nächsten Rückfall.
    Chemie:
    Antabus (zur Abschreckung, heute nur mehr selten, da besonders heftige bis gefährliche Wirkung bei Alkoholkonsum (der ja verhindert werden soll) auftriff), Campral (Anticraving, wirkt auf NMDA Rezeptoren (wie auch der Alkohol auf diese wirken würde)), kleiner Ausflug zum Thema "hat man einen freien Willen?"; d.h. helfen nur Medikamente oder hat psychologische Behandlung (auch) einen Sinn?),
    Psychotherapie (bedeutet Arbeit; Cchwierigkeiten, richtige/n Terappeut/in zu finden und dranzubleiben; man muss schon selbst was tun bzw. mittun)

    Anmerkung: Baclofen, Naltrexon, ... fehlen mir hier (vlt. noch nicht, als das buch 2005 geschrieben wurde, noch bicht so gebräuchlich)

    Kap. 9: Einige Super Alki-Angebote im Überblick:
    Unzählige tiefenpsychologische und verhaltensosychologische und andere Ansätze und Therapieformen. Das ganze auch noch gemischt (interdisziplinär).
    Klärung notwendig, ob "reinrassiger Alkoholiker" oder primär andere seelische Störung (Komorbidität) vorliegt.
    Es kann nach Alkstop auch (kurzfristig) schlechter werden, weil die Primärmedizin Alk fehlt.
    Suchtberatungsstelle, ambulante Entwöhnung, teilstatiobär (Tagesklinik), stationär (Langzeittherapie; Problem oft die Wartezeit),
    bei den ganzen Procedere laufen viele Sachen schief und Abhängigkeisverhältnis wird tw. sehr ausgenutzt (näheres im Buch)
    (Übergang vin der "Käseglocke" in den Alltag oft schwierig; zu diesem Zweck gibts dann Nachsorgeeinrichtungen), Selbsthilfgegruppen.
    Auch unter Trockenen gibt es die unterschiedlichsten Leute von ziemlich ungut bis angenehm. (Trockene sind (natürlich) nicht automatisch bessere Menschen)

    Anmerkung: zu den vielen Arten der Behandlungsformen: da vergehts mir schin beim Lesen, ist kompliziert, langwierig, teuer und zweifelhafte Erfolge. Was wäre, falls das wider Erwarten, etwas ernsthaft in Erwägubg gezogen werde würde, das richtige? Autor empfielt LZT, da man seiner Meinung nach viel profitieren und mitnehmen kann; dasselbe gilt für ihn für die SHG).

    Anhang:
    Wie konnte es soweit kommen bzw. das Jellinek Schema. Dreizehnjähriger möglicherweise braucht nur ein halbes Jahr, Erwachsene meist 5 bis 10 jahre, um abhängig zu werden. Ein "normalisierter" Verlauf: voralkoholische Phase (gelegentliches und Erleichterungstrinken), Anfangsphase, Kritische Phase (Kontrollverlust, Perioden der Abstinenz, ein Trinksystem entwickeln, Gedanken kreisen ums Trinken, Verleugnungen, Rechtfertigungen ...), chronische Phase (Trinken wird zur Besessenheit, Abbau seelisch und körperlich)
    Jellinek Fragebogen: sind Sie Alkoholiker? 29 Fragen, 5 Ja-Antworten genügen für das Indiz Alkoholabhängigkeit, Fragebogen nach Co-Abhängigigkeit


    Mein Fazit:
    Ich habe das Buch sehr gemocht. Ich war positiv überrascht, es sind mehr Informationen enthalten und besser als ich erwartet habe.
    Ich halte den Autor für sehr intelligent, geistreich und witzig.
    Aufschlussreich finde ich aber auch die negativen Amazon Rezensionen.
    Der Humor und die Abgleiter gehen manchmal ins derbe, jedoch zum Glück nicht zu oft und der Autor verweilt nicht dabei,
    geht zurück zum Thema und damit wieder zum Sachlichen. Im Amazon wurde das Lustige des öftere als primitiv und derb kritisiert. Aber so ist es halt oft und es wurde überspitzt geschrieben. Schon als reine Unterhaltungslektüre würde einen Kauf des Buchs rechtfertigen.
    Auch viele mir ungeläufige "typisch deutsche" (nicht abwertend gemeint, aber in AT nicht gebräuchlich) Ausdrücke und Wörter waren interessant.
    Das Motivierende geht mir ein bisschen ab (welche Vorteile bietet alkoholfreies Leben, was spornt mich an?).
    Ich würde es mit 4 1/2 Sterne bei Amazon bewerten (tu ich jetzt aber nicht). Ein lohnenswertes Buch!

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (2. September 2016 um 16:14)

  • Na da bin ich dann aber mal gespannt auf Deine Meinung! :)

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Also jemand hat im privaten Bereich geschrieben, dass beim Lesen des Buches "Alk" gelegentlich das Verlangen nach Alk aufkommt.

    Ich wollte nicht seinen Faden zerreißen, deswegen schreibe ich hier meine Meinung dazu:

    Mir ging es auch gelegentlich so. Nicht jedesmal, aber manchmal.

    Das musste ich mal loswerden, bei aller Liebe zu dem Buch.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“


  • Kap. 4: show me the way to the next entgiftung:
    ...
    Anmerkung: das Kapitel fand ich durch diese Sprachwahl nicht so gut, war mir schon fast zu wie soll ich sagen, übertrieben. Ich war auch weder in Entgiftung noch in LZT. Aber vom Hörensagen weiss ich, dass sich dort sehr unschöne sachen ereignen. Hier kennt sich der Autor aus. Der einzige Ort auf Erden, wo man schon beim Einchecken gefragt wird, ob man schon was aus der Minibar hatte. LOL.

    Sorry - aber man merkt, dass Du nicht bei einer Entgiftung warst. ICH habe leider mehrere hinter mir. Und ich bin immernoch des Öfteren auf Entgiftungsstationen - zum Glück aber nur zum Vorstellen meiner SHG ;)
    Meiner Erfahrung nach wird die Situation auf der Station locker dargestellt. Es geht (LEIDER) auch schlimmer.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Sorry - aber man merkt, dass Du nicht bei einer Entgiftung warst. ICH habe leider mehrere hinter mir. Und ich bin immernoch des Öfteren auf Entgiftungsstationen - zum Glück aber nur zum Vorstellen meiner SHG ;)
    Meiner Erfahrung nach wird die Situation auf der Station locker dargestellt. Es geht (LEIDER) auch schlimmer.


    Na ja, ich meinte die Sprachwahl, mit der Darstellung des Verhalts bin ich schon einverstanden.

    Ja, ich bin froh, noch nie in der Entgiftung (ich habe die sogenannte Auto- bzw. Selbstremission [dieses schöne Wort beschrieben im Buch] durchgeführt) gelandet zu sein (und das sollte auch so bleiben, gibt sicher lustigeres) ???

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (30. August 2016 um 21:28)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!