Sich selbst den Weg frei machen

  • Moinsen Susanne,

    Schlafentzug macht frischgebackene Mütter nur nicht wahnsinnig, weil sie in den ersten Lebensmonaten des Kindes ein Hormon ausschütten, dass sie etwas schützt. Hab vergessen, wie es heißt. Ansonsten ist das tatsächlich ja eine beliebte Foltermethode.

    Bipolar ist meine damalige "Hauptkrankheit", die zur Erwerbsunfähigkeitsrente führte vor einigen Jahren. Und schlechter Schlaf ist bei mir auch immer das erste Alarmzeichen für eine Manie :(

    Habe ich das richtig verstanden, dass du jetzt dein Arbeitsleben so peu à peu einstellst? Und dann nur noch machst, was du willst? ;)

    Danke für dein Mitfühlen. Ich schreibe bei mir gleich noch etwas dazu.

    Sehr netten Gruß, ichso - die bei Arztbriefen immer noch die Suchtdiagnosen drinstehen hat. Da denke ich aber wie Greenfox, kann nicht schaden, wenn die Ärzte Bescheid wissen wegen Medis und so.

    PS: In der Psychiatrie ist ein geretteter Säufer w/m/d ganz klar ein Plus - nur die "Normalen" (am meisten wohl die, die auch am Rutschen sind) schauen auf uns Trockene herab ;)


  • Habe ich das richtig verstanden, dass du jetzt dein Arbeitsleben so peu à peu einstellst? Und dann nur noch machst, was du willst? ;)

    Ja. Ich mach noch ein paar Restarbeiten. Und schreib noch ein paar Rechnungen. Die Steuern muss ich abschliessend auch noch regeln.

    Ich hab ein paar Pläne, die ich bisher geschoben habe, bis ich mal aufhöre. Vor allem will ich noch einige längere Wanderungen machen, so lange ich noch laufen kann. Und mit Leuten nur so viel, wie mir gut tut. Da wird es mit Sicherheit Zeiten geben, wo mir alle den Buckel runter rutschen können und ich weit weg bin.
    Dafür war der Psych-Aufenthalt übrigens gut, ich bin jeden Tag mehrere Stunden gelaufen. Das hat meiner geistigen Verfassung wie meiner Fitness gut getan. Eigentlich wars wie betreuter Urlaub.
    Berührungsängste habe ich wegen meinen anderen Dauerbaustellen zum Glück keine, also ich bin auch in der Lage, mir die Hilfe zu holen, wenn ich sie brauche. Ich lasse das dann darin einfliessen, das mich niemand mehr in einen Job stecken kann, denn das Risiko bestünde bei meiner Qualifikation. Für mich gäbe es gleich Jobs, aber das will ich verhindern.

    Und jetzt hab ich überschlagen, dass das Geld reicht und ich nicht mehr arbeiten muss. Ich war eigentlich schon immer der Meinung, dass man sich mit Arbeit das ganze Leben versauen kann, und jetzt mache ich ernst.

    Soweit zumindest mal der Plan, wenn nichts dazwischen kommt.

    Ja, Sucht spielt in meinen Diagnosen schon lange keine Rolle mehr, weil ich damit auch nie zu kämpfen habe. Egal wie es läuft, saufen oder Drogen machen mich einfach nie an. Gilt schon lange als bewältigt.

    Zu der Komapatientin, da fällt mir nur ein, das bei mir in der Patientnenverfügung drin steht, dass ich nicht künstlich am Leben gehalten werden will. Natürlich erst, wenn keine Aussicht auf Besserung mehr besteht. An sich bin ich, was mich angeht, in so einem Fall für Sterbehilfe. Sinnloses Leiden.

    Gruß Susanne

  • Moin Susanne,
    schon ne ziemlich heftige Geschichte, die du da zu erzählen hast... Klingt aber, als wenn du da halbwegs gut rausgekommen bist....

    Mit restless legs habe ich auch so meine Erfahrungen machen dürfen, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Seit ich ein bestimmtes Medikament nehme, geht’s ganz gut.

    Manische Phasen habe ich zu meinem Glück nur eine bestimmte Zeit lang erlebt. Hab sie fürchten gelernt ....

    Schlafentzug als Methode kenne ich auch, allerdings hab ich die nur bei meinen heftigsten depressiven Phasen ausprobiert. Hat teilweise geholfen, teilweise hat der Schlafentzug dazu geführt, dass ich innerlich noch mehr unter Strom stand und Medikamente nehmen musste, um endlich schlafen zu können.

    Drei Wochen auf Station mit mehr oder minder nassen Alkoholikern stelle ich mir auch gerade einfach vor...Gut, dass du diesbezüglich gefestigt bist...

    Verstehe ich das richtig: Du wirst mit sofortiger Wirkung in deinem Unternehmen aufhören?
    Wie geht’s dir damit?

    Wünsche dir, dass du weiterhin gesund bleibst und dich nicht mehr überanstrengst/ überanstrengen musst.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Moin amSee,

    der Schlafentzug ist bei mir ja an sich nicht beabsichtigt, sondern er ergibt sich aus den Restless Legs und der Spastik infolge meiner Teilquerschnittslähmung. Und mit Schlafmitteln und anderen Medis bin ich aufgrund meiner Vorgeschichte äusserst vorsichtig und zurückhaltend, ich ziehe es da normalerweise sogar vor, lieber etwas mehr zu leiden.

    Die Medis, die ich nehmen muss, sind an sich echte Hämmer, deswegen bleibe ich da auch grundsätzlich sogar unter der angegebenen Minimaldosierung. Nur wenn der Schlafmangel selbst dann schon zum gesundheitsbeeinträchtigenden Problem wird, lasse ich da mit mir reden. Aber der Schlafmangel könnte mich auch einige Lebensjahre kosten, da ist das Risiko auch eine Sache der Abwägung, was ist mir da wichtiger. Bisschen Suchtrisiko gehe ich dann eben ein. Aber ich schlucke mich nicht in die Kompfortzone, um alle Symptome loszuwerden, müsste ich wesentlich höher dosieren und dann wirds von daher wieder riskant. Behalte ich mir für meine letzten Lebensjahre vor.

    Ich stelle fest, ich plane mit meinen Krankheiten...

    Bis jetzt war ich da immer hart im Nehmen, deswegen kann ich nur vermuten, das sich schon mal schwer depressiv und auch schon manisch war, denn ich bin deswegen ja nie zum Arzt. Ich hab das immer mit mir selbst ausgemacht. Früher wars mir auch egal, ob ich das überlebe. Heute hätte ich gerne halt noch ein paar Jahre mehr.
    Und ich bin auch immer noch leicht manisch, ich hab gesagt, das Glas darf gerne etwas mehr als halb voll sein, es darf nur nicht überlaufen. Runterziehen tun mich meine Baustellen irgendwann wieder von ganz alleine. Das muss jetzt gar nicht medikamentös runtergeregelt werden.

    Aus der Firma raus (mein Partner macht noch weiter, seine Projekte laufen noch) ist für mich psychisch kein Problem. Für mich war Arbeit immer nur Mittel zum Zweck. Ich hab mich damit nie identifiziert, mir gings bei der Selbstständigkeit vor allem drum, meinen Lebenunterhalt mit möglichst wenig Aufwand zu verdienen. Den Computer dazu nutzen, wofür er eigentlich erfunden wurde, nämlich Prozesse zu automatisieren und selbst weniger zu tun.
    Und mein letztes Projekt wirft dank Corona und China-Lieferengpässen fast nichts mehr ab, ich hätte was Neues entwickeln müssen und bis das was abwerfen würde, würde ja auch dauern. Kommt mir so gerade recht. Ich mach noch die Hintergund-IT, die internen Netzwerke etc, ganz raus bin ich eh nicht, aber ich muss nicht mehr.

    Gruß Susanne

  • Ganz raus kann ich mir bei dir auch nur bedingt vorstellen ;)

    Warst du denn auf einer Entzugsstation, oder hat AmSee das missverstanden?

    Mit den Medis mache ich es auch wie du. Lieber was aushalten, dann sagt einem der Körper schon Bescheid, in welche Richtung er es gerade besser aushalten kann.

    Leider hatte die Freundin meiner Tochter mit 37 Jahren keine Patientenverfügung. Und auch da denke ich wie du, inklusive Sterbehilfe. Auch wenn das gerade Megasch... ist, wasder jungen Frau passiert. Oder gerade weil...

    Dir wünsche ich auf jeden Fall noch gute "Renntnerinnenjahre" <3 Ich lebe im Gegensatz zu früher auch wieder gern.


  • Drei Wochen auf Station mit mehr oder minder nassen Alkoholikern stelle ich mir auch gerade einfach vor...Gut, dass du diesbezüglich gefestigt bist...

    übrigens das... das war ziemlich einfach.
    Grob gesagt gabs zwei Fraktionen.

    Die einen waren praktisch auf Bewährung da, ob sie noch mal ne längere Therapie kriegen, und dazu mussten sie trotz Ausgang nüchtern bleiben können.

    Andere mussten, weil sie ihr Leben draussen gar nicht mehr bewältigen können und sie auch schon negativ aufgefallen waren, mit Zwangseinweisung. Die hatten keinen Ausgang. Und es war sicher für die meisten auch weniger entspannt als für mich.
    Aber ich kann da ziemlich leicht einfach zuhören und ich sag dann vielleicht auch mal was, aber es nimmt mich nicht mit. Die wollen ja auch nichts von mir.

    Ausserdem hatte ich bislang nicht auf dem Schirm, dass es wohl viele Alkoholiker gibt, die z.B ihre Psychosen damit erträglich trinken. Also eine noch mal andere Klientel, als ich sie aus Foren oder Gruppen kenne.

    Es war sogar so, dass welche dann mit mir als Begleitung raus und zum Einkaufen durften, aber dabei war klar, das ich nicht für sie verantwortlich bin. Nur als Stabilsator.
    Mich fanden sowieso mehrere Leute eine netten Menschen, ich kann manche Sachen so im Vorbeigehen, dass es mich gar nicht anstrengt.

    @ichso, das war allgemeine Psychiatrie, wo alle reinkamen, bei denen was unklar war und die dann z.B auf die Sucht- oder die Depressionsstationen verteilt werden sollten. Aber auch Drehtürpatienen, die während meines Aufenthalts gingen und schon wieder da waren, bis ich gegangen bin, bis hin zu Leuten, die seit 30 Jahren praktisch in der Psychiatrie leben. Aber wohl nicht nur Süchtige.
    Bei mir hats offensichtlich gereicht, das ich irgendwann mal schlafen konnte, weitere Behandlung ausser meinen beantragten Beschäftigungen hatte ich nicht.

    Gruß Susanne

  • Moin Susanne,
    dann tickst du vom Prinzip eigentlich wie ich. Ich schlucke auch nur, wenn’s unbedingt nötig ist. Medis haben ja immer irgendwelche Nebenwirkungen und deshalb wäge ich da gut ab, ob‘s so noch geht oder eben doch nicht mehr.

    Was Schlafmittel betrifft, bin ich äußerst vorsichtig. Da macht mir einfach das, was meiner Mutter als jungem Menschen geschehen ist, weshalb davon abhängig geworden ist und später nach ihrem Klinikaufenthalt stets alles in die Richtung abgelehnt hat, zu schaffen. Und nun, da ich auch noch alkoholabhängig geworden bin, erst recht.

    In der Klinik damals war ich schließlich bereit, eine Vierteltablette Mirtazapin zu nehmen. Das Bisschen hat bei mir damals tatsächlich gereicht, dass ich endlich wieder schlafen konnte. Monate später wurd‘s wegen Verdacht auf Restless Legs wieder abgesetzt.

    Schlafmittel hab ich nur drei Tage lang akzeptiert, als ich nach der zweiten heftigen Kortison-Stoß-Therapie wegen eines MS-Schubs überhaupt nicht mehr schlafen konnte.

    Nee, ich nehme andere Medikamente, bei denen eben kein Abhängigkeitspotential besteht und ich die Nebenwirkungen in Kauf nehmen kann. Lange Zeit wollte ich überhaupt keine Medikamente zu mir nehmen außer Aspirin und was bei Magen und Darm.

    Ich nehme morgens und abends ein AD, morgens einen Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, abends einen Melatonin-Agonisten. Die Abend-Tablette halbiere ich sogar, weil mir der „Überhang“ am nächsten Tag zu viel war. Und wegen Restless legs nehme ich ein Medikament, das ursprünglich für Parkinson Patienten erfunden worden ist. Und noch ein Eisenpräparat, da bei Menschen, die Restless Legs haben, der Eisenspeicher voller als normal sein sollte.

    Find ich gut, dass du noch ein paar Jahre mehr haben möchtest. ;) Kommt mir irgendwie bekannt vor, was du diesbezüglich schreibst. Es hat bei mir nicht wenig Zeiten gegeben, das hab ich gehofft, nicht mehr wieder aufzuwachen, nun dürfen‘s gerne noch ein paar Jahre mehr sein....

    Bezüglich Schlafentzug hab ich dich wohl missverstanden. Das klang zunächst so, als ob du diese Methode absichtlich bei dir angewandt hättest.

    Wegen Arbeit und Beruf: Ja, so etwas hast du öfter mal geschrieben. Andererseits ist solche Arbeit aber doch auch das, was deinen Grips fordert und keine Langeweile aufkommen lässt. Deswegen hab ich gefragt, wie‘s dir damit geht.

    Natürlich bin ich ziemlich erleichtert, nicht mehr in meinem Beruf oder einem anderen arbeiten zu müssen und ich kann meine Zeit gut füllen, aber andererseits fehlt mir mein Beruf irgendwie auch.
    Ich selbst bin viel zu schnell und überraschend rauskatapultiert worden, als ich gerade mit viel Mühe versucht hatte, wieder reinzukommen. Nicht mehr zu können, fühlt sich nicht so dolle an...


    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo ichso,
    nee, ich hab da nicht an eine Entzugsstation gedacht, sondern eher an so eine Art Auffangbecken...Susanne hatte nur erzählt, wie viele da mit Alkoholproblem rumliefen...


    Aber ich kann da ziemlich leicht einfach zuhören und ich sag dann vielleicht auch mal was, aber es nimmt mich nicht mit. Die wollen ja auch nichts von mir.

    Gut, dass du das kannst! Hattest ja mal erzählt, dass du diese „Gabe“ hast.
    Ich erinnere mich mit Grausen, wie‘s mir ging, als ich drei Monate auf der Depressions-Station war, denn ich hatte deine „Gabe“ nicht. Heute wäre das vielleicht anders, weil ich gelernt habe, mich zu schützen und rauszuziehen.

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Wegen Arbeit und Beruf: Ja, so etwas hast du öfter mal geschrieben. Andererseits ist solche Arbeit aber doch auch das, was deinen Grips fordert und keine Langeweile aufkommen lässt. Deswegen hab ich gefragt, wie‘s dir damit geht.

    Natürlich bin ich ziemlich erleichtert, nicht mehr in meinem Beruf oder einem anderen arbeiten zu müssen und ich kann meine Zeit gut füllen, aber andererseits fehlt mir mein Beruf irgendwie auch.
    Ich selbst bin viel zu schnell und überraschend rauskatapultiert worden, als ich gerade mit viel Mühe versucht hatte, wieder reinzukommen. Nicht mehr zu können, fühlt sich nicht so dolle an...

    Mein Grips wird trotzdem noch gefördert. Ich bin noch in einer Arbeitsgruppe an der Uni und ich hab immer noch woanders einen Expertenstatus und schreibe Artikel. Wenn ich mich beschäftigen will, gibts genügend ehenamtliche Tätigkeiten, aber selbst das habe ich ja bereits etwas zurück gefahren, schon bevor dieser Schub jetzt war.

    Ansonsten spielt wahrscheinlich auch das Alter eine Rolle. Mit 60 plus denken viele über Vorruhestand nach.

    Und ich bin ja auch nicht rauskatapultiert worden, niemand würde mich dran hindern, weiter zu machen...wenn ich unbedingt wollte, ich will nur nicht.

    Medis...so ein Parkinsonmedikament ist bei mir auch dabei, ging allerdings schon mal nach hinten los. Ich hatte dann Augmentation (da machts das Medi selbst noch schlimmer) deswegen bin ich auch da vorsichtig. Ausserem noch drei Andere. Und ich bin tagsüber grundsätzlich ganz ohne Medis, nur vor dem schlafengehen.

    Gruß Susanne

  • Guten Morgen, Susanne,


    Mein Grips wird trotzdem noch gefördert. Ich bin noch in einer Arbeitsgruppe an der Uni und ich hab immer noch woanders einen Expertenstatus und schreibe Artikel. Wenn ich mich beschäftigen will, gibts genügend ehenamtliche Tätigkeiten, aber selbst das habe ich ja bereits etwas zurück gefahren, schon bevor dieser Schub jetzt war.

    Das hört sich gut an. Möglichkeiten bleiben dir somit weiterhin offen.

    Zitat


    Ansonsten spielt wahrscheinlich auch das Alter eine Rolle. Mit 60 plus denken viele über Vorruhestand nach.

    Und ich bin ja auch nicht rauskatapultiert worden, niemand würde mich dran hindern, weiter zu machen...wenn ich unbedingt wollte, ich will nur nicht.

    Gewiss ist das alles ein entscheidender Unterschied.
    Die Hauptsache ist jedenfalls, wie es dir damit geht, und wenn du tatsächlich nicht mehr willst und auch nicht mehr musst, dann passt es ja offenbar für dich, obwohl du gewiss auf diesen Krankheits-Mist auch gerne verzichtet hättest.

    Zitat


    Medis...so ein Parkinsonmedikament ist bei mir auch dabei, ging allerdings schon mal nach hinten los. Ich hatte dann Augmentation (da machts das Medi selbst noch schlimmer) deswegen bin ich auch da vorsichtig. Ausserem noch drei Andere.

    Darf ich einen bösen Scherz machen? - Offenbar hast du, als der ganze Krankheits-Mist vergeben worden ist, noch lauter geschrieen als ich.... ;)

    Musste erstmal googeln, was „Augmentation“ bedeutet, kannte dieses Phänomen bislang noch nicht.
    Verständlich, dass du bei den Medis noch vorsichtiger bist als ich.

    Wünsche dir jedenfalls, dass sich bei dir Besserung einstellt.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Moinsen,

    gerade eben im Radio. Billy Joel mit I go to extremes. Plus die Erklärung, dass er bipolar ist. Evtl. schon lange bekannt (altes Lied, ich kapiere es erst immer auf deutsch, weil mein Englisch ungenügend ist).

    ---
    I GO TO EXTREMES LYRICS ÜBERSETZUNG

    Nenn mich Witzbold, nenn mich Narr,
    genau jetzt bin ich völlig entspannt,
    klar wie Kristall, scharf wie ein Messer.
    Ich fühle mich auf dem Höhepunkt meines Lebens
    Manchmal denke ich, ich gehe zu weit
    ich weiß nicht, wie lange diese Gefühl andauern wird
    vielleicht nur noch heute Nacht.

    Chorus 1:
    Liebling ich weiß nicht, was mich zu den Extremen treibt
    zu hoch oder zu tief, es gibt kein dazwischen
    Und ob ich stehe oder falle
    es ist immer alles oder nichts.
    Liebling, ich weiß nicht, was mich zu den Extremen treibt.


    Manchmal bin ich träge, manchmal wie erschossen.
    Manchmal weiß ich nicht, was noch alles in mir steckt,
    vielleicht bin ich schon über den Gipfel hinaus,
    vielleicht bin ich schon für den Abschuss bereit.
    Sag mir, wieviel du noch aushalten kannst
    bis dein Herz zerbricht.
    Manchmal denke ich, es ist soweit.

    Chorus 2:
    Liebling, ich weiß nicht, was mich zu den Extremen treibt,
    zu hoch oder zu tief, es gibt kein dazwischen
    du kannst dir sicher sein, wenn ich weg bin,
    werde ich nicht lange fort sein.
    Liebling, ich weiß nicht, was mich zu den Extremen treibt.

    Raus aus dem Dunkeln, rein ins Licht,
    den Ort des Verbrechens schnell zu verlassen,
    entweder liege ich verkehrt oder genau richtig,
    manchmal liege ich wach Nacht für Nacht
    bis alles aus den Fugen gerät,
    manchmal möchte ich gefallen, manchmal suche ich Streit,
    warum gehe ich bis zum Extrem?

    Und wenn ich stehe oder falle,
    es ist immer alles oder nichts.
    ---

    So hat es sich früher oft angefühlt. Und gerade bin ich traurig, dass ich alt und ängstlich geworden bin. So ängstlich, dass das wilde Nachbarsmädchen mir gestern abend im Wortsinn Herzschmerzen bereitete. Wo ich doch früher selbst eins war.

    Naja, laberrhabarber. Warum ich das schreibe? Weil ich wissen will, ob Susanne das bipolare auch so ähnlich erlebt/e? Und weil ich mich gerade mit virtuellen Maßnahmen davor drücke, an die Realität zu denken. Die heute u.a. bedeutet, ca. 300 km zu fahren. Alter Falter! Wo ich mich seit Jahren in einem Umkreis von gefühlt 1 km bewegte. Mist! Tausche Rente gegen gesunde Psyche ;)

    ichso - die froh ist, dass Susanne wieder mal schreibt. Horridoh, macht Blödsinn! ;)

  • Hallo ichso,
    ich mag dir mal schnell antworten.

    Interessant, welchen Hintergrund das Lied hat und den Text mal genauer zu lesen!
    Finde mich darin irgendwie wieder, da kommt mir was bekannt vor, obwohl ich nicht bipolar bin.

    Ich kann gut nachvollziehen, dass dir die Realität heute gerade Angst bereitet und du am liebsten davor fliehen möchtest. Ist ja gerade auch alles n bisschen too much!

    Siehst du dich in der Lage, dich deinem Angstgefühl und deiner Traurigkeit zu stellen? Sie wahrzunehmen, anzuschauen, als das zu sehen, was sie sind und sie anzunehmen?

    Die Angst warnt dich letztlich vor möglicher oder tatsächlich vorhandener Überforderung. Eigentlich möchte sie dich davor beschützen... Und auch die Trauer ist derzeit berechtigt....

    Herzliche Grüße, ich schick dir mal eine virtuelle Umarmung!

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo ichso,
    noch so ein Gedanke für deine heutige Fahrt:

    Höre gerade das Lied und es klingt für mich auch sehr powerful und weckt bei mir positive Emotionen.

    Wie wäre es, wenn du dir für dich passende Musik für die Fahrt zusammenstellst? Etwas, was dich stark macht und zugleich zu deinen derzeitigen Emotionen passt....

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Moin ichso,

    Du fragst, ob ich das genau so erlebe oder erlebt habe wie Billy Joel das beschreibt.

    Äh, nein.
    Wie ich jetzt gelernt habe, gibt es Bipolar Typ 1 und Typ 2.
    Was ich bisher unter bipolar kannte, war wohl alles Typ 1, von einem Extrem ins Andere. Das hatte ich in meinem engeren Freundeskreis, war wirklich schlimm, wurde mir jetzt aber von jemandem bestätigt, dass es bei mir anders ist.

    Das hab ich zwar ein bisschen, aber nicht so extrem. Da ich einen normalen Lebensweg aber schon immer als langweilig empfinde, ist mir das auch ein bisschen Banane, so normal will ich gar nicht sein. Ich hab nichts gegen eine Extrawurst. Bei mir haben sie Typ 2 diagnostiziert, und ich hatte ein bisschen den Eindruck, dass das so eine Art Sammeldiagnose ist, wenn sie nicht genau wissen, was Sache ist. Typ 2 hatte irgendwann mal Depris und bekommt dann irgendwann mindestens einen manischen Schub. Den ich ja jetzt hatte.

    Die depressive Phase endete bei mir ziemlich genau vor 37 Jahren mit einem Selbstmordversuch. Eigentlich waren das die 10 Jahre harte Drogen. Seitdem bin ich nicht mehr depressiv.
    Die Scheissegalität beim Saufen genau so wie meine zwischenzeitlichen, auch noch immer vorkommenden Ansätze schlechter Laune empfinde ich nicht als depressiv im eigentlichen Sinn, ich war bzw. bin da weder antriebslos noch fehlt mir die Lebensfreude, ich bin dann nur ein bisschen mehr aggro und stinkstiefelig unterwegs als normalerweise. Vielleicht merk ich es ja auch nur nicht, aber ich finde, schlechte Laune kann auch ganz brauchbar sein, das will ich oft gar nicht ändern.
    Und was mich beim Saufen runtergezogen hatte, endete mit der Trockenheit. Die Unzufriedenheit, die ich dann irgendwann hatte, war dann nicht passiv, sondern trieb mich dazu, was an meinem Leben zu ändern, war von daher durchaus produktiv und im Ergebnis positiv. Wut empfinde ich als nützliche Emotion.

    Meistens bin ich, seit dem ich mit dem Saufen und dem Rauchen aufgehört habe, eher in gehobener Stimmung. Schon lange nicht wirklich depri. Ausserdem hab ich wohl keine psychotischen Züge und keinen Realitätsverlust. Mich haben sie ja bei der freiwiligen Einlieferung bis morgens um 3 auseinandergenommen und mit Fragen bombardiert. Ich hab das schriftlich, dass ich zwar wie voll auf Speed, aber jederzeit voll orientiert war.
    Mich plagen auch keine übertriebenen Ängste. Ich würde, wenn ich nicht aufpasse, wahrscheinlich eher zur Tollkühnheit neigen, zu sehr ins Risiko gehen.

    Das hört sich schon wieder so abwiegelig an. Im Währenden war es nicht lustig, aber trotzdem ging es ja relaiv schnell auch wieder vorbei, als ich dann schlafen konnte. Von daher nicht vergnügungssteuerpflichtig, aber auch keine Katastrofe. Es ist nichts dauerhaft kaputt gegangen. Aber es ist ja auch so, das ich mich für meine Verhältnisse momentan auch wieder völlig normal fühle. Ein bisschen anders war ich schon immer, das bin ich ja auch ganz gern.
    Und ein bisschen extrem erlebe ich durchaus so, wie wenn ich mein Leben in alle Richtungen ausgekostet habe. An sich sind mir die wirklichen Katastrophen ja immer erspart geblieben, immer kurz vor knapp noch die Kurve gekriegt.

    @AmSee, dazu noch. Vielleicht hab ich ein bisschen lauter bei den Krankheiten geschrien. Trotzdem erlebe ich es eigentlich so, dass ich im Normalfall etwas zufriedener und weniger jammerlappig unterwegs bin als viele sogenante Normalos. Und faktisch sehe ich ziemlich viele Leute, mit denen ich nicht tauschen möchte. Und zwar schietegal ob das nun Alkis sind, die nicht aufhören können, oder auch Leute, deren ganzer Sinn im Leben aus Leistungsfetischismus und Karrieredenken besteht. Die wirken auf mich meistens nicht zufriedener als ich mich selbst fühle.

    Von daher, ja ich hab mein Päckchen zu tragen, aber trotzdem gehts im Großen und Ganzen. Mir scheint das Päckchen nicht so sehr viel größer als das von Anderen. So wie das jetzt aussieht, werde ich mein Leben nicht bereuen.

    BTW...trotz diesem ganzen Krempel hab ich am Wochennde eine Wanderung gemacht, da wurde mir dann geagt, dass das die meisten Dreißigjährigen nicht schaffen.
    Und heute morgen in der Krankengymnastik Trampolinspringen. Ich mache wegen diesem Zeugs Sachen, die ich sonst vielleicht nie gemacht hatte. Die Seite gibt es ja auch noch.

    Gruß Susanne

  • Guten Morgen, Susanne,
    um genau diese Lebenseinstellung, die in deiner Antwort an mich steckt, bemühe ich mich auch stets.
    „Nützt ja nix.“ sagt man bei uns in der Gegend. Und so sehe ich das für mich auch.
    Mein Leben ist nun einmal, wie es ist, und ich kann für mich ja nur das Beste daraus machen.

    Jammern sollte man zwischendurch auch mal dürfen, damit wird man sich selbst und seinem Kummer ja durchaus auch mal gerecht. Dauerjammern bringt nix und gar nicht jammern bringt auch nix. So jedenfalls meine Erfahrung.

    Prima, dass du trotz all dem Krempel am Wochenende eine Wanderung machen konntest, die manche Dreißigjährige nicht schaffen! Das macht irgendwie auch Mut und gibt Anlass zur Hoffnung, nicht wahr?

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Moin AmSee,

    ich mach das so, dass ich reale Probleme, die ich habe, ernst nehme, und entsprechend handle. Ich finde es z.B. uneingeschränkt gut, dass ich diesen Aufstand gemacht habe (und es war wirklich ein Aufstand), um in die Klinik zu kommen. Oder dass ich die entsprechenden Ärzte habe, Krankengymnastik mache, alles was notwendig ist. Mich um eine gute Versorgung der Dinge kümmere, die ich alleine nicht kann.

    Auf der anderen Seite...war schon die zweite Wanderung seit meiner Entlassung aus der Klinik, die lief wie zuletzt vor mindestens 5 Jahren.
    Ausserdem konnte ich seit drei Jahren nicht mehr Radfahren, konnte nicht mehr absteigen, wegen der Lähmung. Hab mir während meines Klinikaufenthaltes ein Ebike zugelget. Jetzt gehts wieder. Auch ein Spassfaktor. Ich bin ein Bewegungsmensch...

    Aber ich will nicht lügen, ganz so spurlos ist das nicht an mir vorüber gegangen, es hat mir zumindest zu denken gegeben, dass ich mit Unvorhersehbarkeiten rechnen muss. Dass ich quasi in Frührente gehe, ist ja auch ein Eingeständnis, vielleicht doch kränker, als ich dachte. War halt doch noch mal was Neues. Und sowas macht mir auch immer deutlich, dass die Zeit läuft. Wenn ich noch was unternehmen will, muss ich damit anfangen.

    Gruß Susanne

  • Hallo Susanne.

    Ich bin doch ziemlich betroffen, als ich gelesen habe ,was dir widerfahren ist und welche Diagnose du erhalten hast.
    Ich habe mich gefragt, wie das sein kann ,dass erst jetzt so spät ,dieses Krankheitsbild herauskam.
    Hat sich das erst jetzt entwickelt?
    Oder hast du tief in dir drin eine gewisse Ahnung davon gehabt, dass bei dir etwas in der Art schlummert?
    Ich will dir nicht zu nahe treten mit meinen direkten Fragen.
    Wenn dir das zu viel ist ,dann bitte einfach ignorieren.
    Orangina13

  • Hallo Orangina,

    danke der Nachfrage.

    Die Behinderung, die Restless Legs und die Schlafprobleme habe ich schon lange.
    Und schon allein der Schlafmangel kann zu manischen Schüben führen, das ist z.B von Schichtarbeitern bekannt.
    Also würde der Schlafmangel als Erklärung schon völlig ausreichen. Und so lief es ja auch, als ich wieder schlafen konnte, wurde ich gesund (relativ)

    Mein früherer Therapeut hat ja mal so was vermutet, dass ich Borderliner oder bipolar gewesen sein könnte. Unbehandelt, mit Alkohol und Drogen selbst therapiert. Klar könnte ich mich fragen, ob das was damit zu tun hatte, nicht unwahrscheinlich, aber nun auch schon ein paar Jahre vorbei. Sicher war bei mir manches "anders"...aber da gibts noch mehr Punkte. Von Alkikind bis Hochbegabung, ich kann mit verschiedenem dienen. Aber offensichtlich lebe ich ja trotzdem und meistens nicht schlecht, so what?

    Ob das deswegen noch mal wieder kommt, oder ob das bei früherer Behandlung schon vorher gestoppt werden kann, muss ich sowieso abwarten. Jetzt hats mich ja vor allem genervt, dass ich erst niemanden erreicht habe und auf den Krisentermin normalerweise hätte zwei Wochen warten müssen. Das war mir zu lange. Wenn das in Zukunft einfacher geht, passiert ja vielleicht gar nicht viel.

    Ja, vielleicht komisch, für mich war das in erster Linie eine weitere Lebenserfahrung. Brauch ich nicht öfter, aber trotzdem ist es ja auch wieder vorbei.
    Ganz nebenbei, bei nichts, was ich habe, wäre Alkohol gut.

    Gruß Susanne

  • Hallo Susanne
    Danke für deine Antwort.
    Insgesamt ergibt sich aus deiner Beschreibung ein etwas schlüssigeres Bild für mich und trotzdem bleiben viele Fragen offen. Die Psyche ist schon ein komplexes Thema.
    Zudem frage ich mich ,wie sich manche Erkrankungen unbehandelt entwickeln.
    Das bleibt mir ein Rätsel..
    Dass Schlafentzug die Psyche desreguliert klingt logisch.
    Ich wünsche dir ,dass du in Zukunft nicht mehr solche Erfahrungen machen musst und wünsche dir in jeglicher Hinsicht eine gute Stabilität.
    Orangina

  • Hallo Orangina,

    bei der Psyche bleibt auch noch lange vieles unklar. Vieles wird auch immer noch nur nach Erfahrungswerten behandelt, nicht, weil man genau wüsste, warum etwas so ist oder hilft.


    Ich wünsche dir ,dass du in Zukunft nicht mehr solche Erfahrungen machen musst und wünsche dir in jeglicher Hinsicht eine gute Stabilität.

    Danke für die guten Wünsche.
    Dieser Schlafmangel, der kommt und geht, seit über 20 Jahren. Differentialdiagnostiziert seit 15. Da ist auch mit Entspannungsübungen oder Meditation nichts zu machen, das geht da gar nicht mehr.
    Dazu der Wirbelsäulenschaden.
    Diese Baustellen werden mir schon bleiben. Ich brauch mir da auch nichts vorzumachen, den Zahn haben sie mir längst gezogen.

    In Normalfall muss man damit rechnen, dass das wiederkommt. Einfach, weil der Schlafmangel ja auch wiederkommen wird. Also da helfen nur Strategien, das frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Hoffnung ist zu wenig. Wenn nichts passiert, um so besser. Das ist jetzt schon seit vielen Jahren im Sommer am Schlimmsten.
    Ich sehe zu, dass ich mich ambulant anbinden lasse, damit das im Rahmen bleibt.

    Der Schrecken, was da passiert, der hat sich schon mit der Wirbelsäulengeschichte erledigt. Das hat mich wirklich ein Jahr lang runtergezogen, dagegen ist das jetzt ja harmlos. Auch wenn es gar nicht so harmlos ist. Seitdem ich diesen Schock überwunden habe, mit dem ich ja auch die Hoffnung begraben habe, dass trocken alles möglich ist, sehe ich das realistisch. Das ist jetzt eigentlich nur so ein i-Tüpfelchen drauf. Und mir ist auch zunehmend bewusst, dass Älterwerden auch für Trockene mit Veränderungen einher geht, auf die man eventuell nicht so viel Lust hat. Du musst Dich gar nicht beeilen, ein alter Hase zu werden ;). Ich muss später auf dem Friedhof ja auch nicht die Gesündeste sein ;D.

    Das ist jetzt einfach so wie es ist.

    Gruß Susanne

    PS: da fällt mir noch ein, dass ich gelegentlich lese, dass Leute, die sich mit Unabänderlichem abfinden können, zufriedener sind als solche, die immer damit hadern. Das gilt wohl für Sucht, aber auch bei solchen Themen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!