Liebes Forum,
ich schreibe nur unregelmässig, dennoch wollte ich heute etwas mit Euch teilen. Meine Mutter ist seit meiner Kindheit Alkoholikerin. Meine Eltern lebten bis zum Tod meines Vaters dieses Jahr im September zusammen. Wir haben als Familie immer sehr unter der Sucht meiner Mutter gelitten. So viele Zusammenbrüche, Abstürze, egal was gerade im Leben der anderen passierte. Ich habe jetzt in den Unterlagen meines Vaters einen kurzen Tagebuchauszug gefunden, den er im Krankenhaus vor neun Jahren geschrieben hat, als er nach langer Wartezeit endlich eine Spenderniere erhalten hatte. Eine grosse Sache war das damals, plötzlich war es soweit, es wurde ihm noch einmal ein Leben geschenkt. Es hat mich dieser Text sehr betroffen gemacht, obwohl ich immer Teil des seelischen Leidens und dieser Szenen war.
Ich stelle ihn nun in anonymisierter Form hier rein (Namen sind alle geändert), da ich hier immer wieder von Partnern lesen, die sich fragen, wie und ob sie mit einem Menschen noch zusammen leben wollen, der an Alkoholismus leidet. Mein Vater ist geblieben, aber diese Geschichten wiederholten sich bis zu seinem Sterbebett. Auf der Trauerfeier meines Vaters orderte meine Mutter eine Kiste Wein bei einem Gast, der Weinhändler war. 6 Tage später wurde der Wein geliefert, sie trank ihn, stürzte und brach sich den Oberschenkel. Mit 1,8% wurde sie in der Klinik aufgenommen.
Hier sind die Aufzeichnungen meines Vaters, den er damals im Krankenhaus geschrieben hat:
Transplantation-C
5.3.11
Anruf der Klinik um ca. 6.30 Uhr mit der Aufforderung in der zu erscheinen, da evtl. unter allen Vorbehalten eine Niere zur Verfügung steht.
Eintreffen in der Klinik gegen 7.15 Uhr und Beginn der Untersuchungen mit dem Ergebnis, dass ich für einen Dialysepatienten in einer guten Verfassung bin und transplantationsfähig bin. Zunächst waren die Nieren nach XX in die Klinik gebracht worden, sie
waren zuvor durch ein Chirurgenteam der Uni XX in XX bei einem Spender entfernt worden.
Endlich gegen 18.00 Uhr kam die erlösende Nachricht, dass die Organe
transplantbierbar sind und dann ging alles ganz schnell. Gegen 20.00 Uhr
war ich im OP und wurde operiert.
Sonntag, den 6.3.2011
Im Aufwachraum habe ich im Unterbewusstsein die große Uhr an der Wand
wahrgenommen, sie zeigt ca. 3.30 Uhr. Nachdem ich dann auf der Intensivstation
endgültig aufgewacht bin wurde mir mitgeteilt, dass ich zwei Spendernieren
erhalten habe.
9.3.11
Kein Besuch von Barbara. Am Telefon Eindruck von Trunkenheit
10.3.11
Besuch von Barbara, jedoch sehr fahrig und alles vergessen, was mitzubringen
war.
11.3.11
Am Telefon nicht erreichbar, weder am Haus- noch am Mobiltelefon
Um 16.00 Uhr dann am Telefon. Total betrunken.
12.3.11
Kurzer Besuch und Versprechen nicht mehr zu trinken.
13.3.11
Kein Besuch von Barbara, da mit dem Auto liegengeblieben.
14.3.11
Besuch Barbara, angeblich Schmerzen weil auf Treppe gestürzt
15.3.11
Besuch Barbara
16.3.11
Kein Besuch, da betrunken.
17.3.11
Kein Besuch, da betrunken.
18.3.11
Kein Besuch, da betrunken.
19.3.11
Barbara geht wie in den letzten Tagen nicht an das Telefon.
Anruf von der Nachbarin bei mir in der Klinik mit der Frage was mit Barbara
los ist. Sie sei seit Tagen nicht mehr gesehen worden und sie würden sich Sorge
machen. Ich bat die Nachbarin deshalb doch mit Julia zu sprechen, da sie über
einen Haustürschlüssel verfügt.
Julia ist dann zusammen mit Jutta in die Wohnung gegangen und fanden Barbara
bis zur Bewußtlosigkeit betrunken vor. Nach vielen Telefonaten habe ich dann
darum gebeten, Barbara ins Krankenhaus zu bringen.
Julia hat dann die Sache als Ärztin in die Wege geleitet und sie zusammen mit
Peter aus der Wohnung gebracht und im Krankenwagen in die Uni Klinik
in die Psychiatrie gebracht.
Da ist Barbara bis 28.3.11 geblieben und wurde mit der Auflage entlassen sich weiterhin einer Therapie zu unterziehen.