Trinkt mein Partner zu viel oder ist es noch normal???

  • Hallo!

    Ich bin nun ein halbes Jahr mit meinem Freund zusammen und frage mich nun allmählich, ob der Alkoholkonsum von ihm noch normal ist. Er trinkt fast täglich sein Bier. Es sind dann auch nicht nur 1 oder 2 Flaschen, nein es sind dann auch mal 6 Flaschen. Er wird nicht ausfallend, wenn er betrunken ist. Aber an diesem Wochenende als er mal wieder etwas zu viel getrunken hatte, da hat er mir vorgeworfen ich würde es gerne wollen, dass ich nur ihm gehöre und das will er nicht. Ich meinte dann nur zu ihm, dass die Behauptung überhaupt nicht stimmt. Ich gebe ihm sehr viel Freiraum, weil ich aus vorherigen Beziehungen weiß, dass Klammern ganz schlecht ist.
    Dann fragt er mich manchmal, wenn wir unterwegs sind und er etwas trinkt, ob er denn noch ein Bier trinken dürfte. Ich sage dann ja, obwohl ich mir manchmal denke eigentlich reicht es auch. Ich frage mich dann immer nur warum er mich das fragt.
    Ich wurde auch schon von einigen seiner Freunde angesprochen, ob ich nicht mal mit ihm über dieses Thema reden könnte und ihm die Trinkerei nicht mal schnell abgewöhnen könnte. Ich finde es nur mega schwierig dieses Thema anzusprechen,weil ich glaube es steckt etwas ganz anderes dahinter warum er überhaupt trinkt. Er hat viel in seinem Leben durchmachen müssen und hat das ganze glaube ich nie mal mit einem Psychologen besprochen.
    Ich liebe meinen Freund und ich werde auch immer hinter ihn stehen und alles mit ihm durchstehen. Aber ich wollte mir hier einfach mal Rat holen, denn ich sollte ja auch schauen, dass ich nicht selber in eine Abhängigkeit gerate.
    Ich hoffe, dass mir jemand einen Rat geben kann.
    Schöne Grüße

  • Hallo Celtic Girl

    was ist schon normal? Wenn Du die Empfehlungen für risikoarmen Konsum liest, dann darf er zwei Gläser Bier am Tag trinken, eine gute Halbe, und an zwei Tagen die Woche gar nichts. Wenn man jung ist, wie ich bei euch vermute, sieht man das sowieso anders und viel wichtiger wäre ja, was Du mit machen würdest.

    Und wenn man einen Partner hat, den man erst hinbiegen muss, damit er zu einem passt, dann wird das auf Dauer meistens sowieso nichts. Weil der nämlich so ist, wie er ist, mitsamt seinem Alkoholkonsum. Er tut ja nichts verbotenes und wenn er das so will, dann will er das eben so.
    Mehr, als ihn in einem ruhigen Moment fragen, ob er das ändern möchte, kannst Du nicht tun. Und auch dann, wenn er das behauptet, dass er aufhören möchte, müsstest Du noch aufpassen, ob er Dich nicht damit nur bei der Stange halten möchte und dann genügend Ausreden findet, um trotzdem zu trinken. Es findet sich immer ein Problem oder eine Party oder ein sonstiger Anlass, wegen dem man trinken darf oder muss, und Du wirst Dich immer wieder drüber ärgern oder mit ihm leiden, je nach dem wie Du selbst drauf bist.

    Dass Du zu ihm hältst und alles mit ihm durchstehen wirst, ist schon mal die beste Voraussetzung dafür, dass er nichts ändern wird, denn damit hast Du schon mal Dein einziges wirkliches Druckmittel versenkt.

    "Ihm die Trinkerei mal schnell abgewöhnen" zeugt höchstens von "Keine Ahnung, aber davon recht viel". Wie viele Raucher kennst Du, die einfach mal aufhören, weil mans ihnen sagt?
    Das ganze Forum hier ist voll mit den Erfahrungen, dass Trinker nur aufhören, wenn sie das wirklich wollen. Und erstens dauert das meistens sehr lange, bis sie das wirklich wollen, und dann ist es noch lange nicht sicher, ob sie das dann überhaupt können.

    Und Du stehst machtlos daneben, glaubs mir. Wenn das nicht von ihm aus kommt und er selbst wegen seinen Schwierigkeiten nicht Anderes unternimmt, als deswegen zu trinken - was ich im Übrigen bezweifle, denn Spaß macht es ihm sicherlich auch - dann kannst Du Dir die Zunge wund reden. Und wenn Du zu ihm hältst, wunderbar, dann hat er es dabei auch noch gemütlich. Wenn Du moserst.. das kann man runterspülen.

    Mich wollten früher viele Leute retten, sind alle durch die Bank gescheitert. Wenn sie zu nervig werden, kann man sie wechseln. Erst als es mal mir selbst so richtig schlecht ging, und zwar wegen der Sauferei, hab ich dann die Lust dran verloren. Was andere dazu sagen, das hat man vergessen, so bald der Durst kommt.

    Les Dich hier mal durch den Angehörigenbereich und versau Dir nicht Dein eigenes Leben damit. Nach einem halben Jahr kann man noch leicht gehen.

    Gruß Susanne

  • Hallo Susanne!
    Vielen Dank für deine Antwort.
    Also mein Partner ist 38 und ich bin 30. Nur zu dem Alter. Mein Partner steht auch mit beiden Beinen voll im Leben. Er hat einen sehr gut bezahlten Job, ist in der freiwilligen Feuerwehr, beim Fussball.
    Ich könnte ihn aber nicht verlassen, weil ich ihn zu sehr liebe.

  • Guten Morgen Celticgirl

    OK, bisschen älter als ich erst vermutet habe, aber im Vergleich zu mir immer noch zu ziemlich jung :)

    Du musst ihn ja auch nicht verlassen, erstens entscheidest das sowieso Du selbst, und zweitens war es ein Worst-Case-Szenario. Vielleicht lässt er mit sich reden, vielleicht kannst Du Dich auch damit arrangieren. Nur zwingen kannst Du ihn halt zu nichts. Viele Angehörige leiden drunter, ob sie sich deswegen trennen oder nicht steht aber genau so in den Sternen wie die Frage, ob einer schon Grund genug sieht, um mit dem Trinken aufzuhören oder sich dabei einzuschränken.
    Als Aussenstehende kann man nur Möglichkeiten aufzählen. Und niemand, den das nicht schon beschäftigt, fragt in so einem Forum, denke ich.

    Bei der freiwilligen Feuerwehr kenne ich mehrere, die erklärtermaßen genau deswegen dort sind, weil ihre Ehefrauen dann nichts dagegen sagen können, wenn sie gemeinsam zum Saufen gehen. Weil sie haben ja dann gute Argumente.

    "Normalität", also das was Du ursprünglich gefragt hast, kommt oft aus dem Umfeld, in dem man sich bewegt. Es gibt keine festgelegte DIN-Norm, wie viel Alkohol man trinkt, nur eben diese Risikoabschätzungen und Regelungen für den Autoverkehr oder den Arbeitsplatz.

    Ansonsten ist normal, was man als normal empfindet. In einem Freundeskreis, wo viel getrunken wird, ist etwas anderes "normal", als wenn da kaum einer trinkt. Könnte ich mir jedenfalls leicht vorstellen, das da eben die freiwilige Feuerwehr bei Deinem Partner eine Rolle spielt, er das erstens vielleicht will und er zweitens vielleicht auch dazu gehören möchte.

    Gruß Susanne

  • Hallo CelticGirl,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Im Grunde hast Du von Susanne schon alle Fakten genannt bekommen. Ich kann und möchte ihren Ausführugen einfach nur 100% zustimmen.

    Auf ein paar Dinge möchte ich trotzdem noch eingehen:

    Zitat

    Er wird nicht ausfallend, wenn er betrunken ist.


    Das war ich auch nicht. Auch nicht nach 10 Bier oder 12. Ich war immer friedlich, nie gewalttätig, auch nicht beleidigend. Trotzdem habe ich bei meinem Umfeld, bei meiner Familie mit meiner Trinkerei ganz erheblichen Schaden angerichtet. Ich trank über 10 Jahre und die meiste Zeit davon trank ich heimlich. Ich habe in dieser Zeit ziemlich viel Mist gebaut, den meisten davon auch "heimlich". Sprich: meine Frau bzw. Familie wusste überhaupt nicht was ich alles so getrieben habe. Lügen über lügen aber nach außen hin war ich der tolle Partner, der gute Papa und sehr erfolgreich im Job. Im Grunde bis zum Schluss.

    Aber, die Rechnung gibt's ja immer erst am Schluss. Und als ich dann irgendwann so weit war endlich mit der Trinkerei aufhören zu wollen (siehe auch die Ausführungen von Susanne), da hinterließ ich dann ein Trümmerfeld. Da kam dann alles an die Oberfläche und danach war nichts mehr so wie vorher. Auch was die Beziehung zu meiner Frau und meinen Kindern bzw. der gesamten Familie betrifft.

    Was ich damit sagen will: Man sieht beim Trinker oft nur die Spitze des Eisbergs. Was darunter ist, das sieht man nicht und das können die meisten auch sehr gut verbergen. Nicht jeder ist gleich und ich will Deinem Freund nichts unterstellen. Aber aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur sagen, dass man immer sehr aufpassen sollte, ob man einem Süchtigen vertrauen kann oder nicht. I. d. R., so meine Erfahrungen mit mir selbst aber auch mit anderen, kann man einem Alkoholiker kein Vertrauen schenken. Es sei denn es ist einem egal, wenn es enttäuscht wird.

    Wobei ich natürlich nicht weiß wo Dein Freund steht, ob er überhaupt bereits Alkoholiker ist oder nicht. Das kann ich nicht beurteilen, das kann wahrscheinlich niemand beurteilen außer er selbst. Zu dem was "normal" ist oder nicht hat Dir ja Susanne bereits geschrieben. Aus meiner Sicht betreibt Dein Freund in jedem Fall Alkoholmissbrauch. Inwieweit er bereits süchtig ist.... Aber da Du ja auf jeden Fall Dein Leben dauerhaft weiter mit ihm teilen willst, wollte ich Dir einfach mal schreiben was da noch so auf Dich zukommen könnte. In den Anfangsjahren meiner Sucht war ich durchaus noch moralisch gefestig, hatte noch Werte, hatte noch einen Charakter den ich als einigermaßen positiv bezeichnen möchte. Klar mit Schwächen aber im Grunde war ich kein schlechter Kerl, sag ich jetzt einfach mal so. Das änderte sich mit zunehmender Dauer meiner Sucht.

    Am Ende habe ich Dinge getan bei denen ich, wenn ich heute darüber nachdenke, einfach nur vor Scham und vor blankem Entsetzen in den Boden versinken könnte. Und wenn ich dann noch darüber nachdenke, mit welchen Argumenten ich diese Taten vor mir selbst gerechtfertigt habe, dann könnte ich nur schreiend davon laufen.

    Ich will einfach nur sagen: Alkohol oder die Sucht verändert Menschen. Nicht sofort aber über einen längeren Zeitraum auf jeden Fall. Und er verändert die Menschen nicht zum Positiven. Zumindest ist mir hier kein Fall bekannt. Insofern kannst Du Dir ja mal überlegen, ob Du diese Langzeitprognose in Deine Überlegungen mit einbeziehen möchtest. Es ist, wie alles, Deine Entscheidung.

    Zitat

    Aber ich wollte mir hier einfach mal Rat holen, denn ich sollte ja auch schauen, dass ich nicht selber in eine Abhängigkeit gerate.

    Da Du ihn ja auf keinen Fall verlassen wirst, das sozusagen kategorisch ausschließt, ist es schwer überhaupt etwas zu raten. Wenn Du hier ein wenig gelesen hast, dann wirst Du erkannt haben, dass Du "für ihn" nichts tun kannst. Normalerweise bleiben zwei Optionen: 1. Man spricht den Trinker an und macht seine eigenen Wünsche deutlich und kündigt dann auch die Konsequenzen an, wenn diese nicht erfüllt werden = in letzter Konsequenz dann das Beenden der Beziehung oder 2. man lebt und arrangiert sich mit der Situation so wie sie ist.

    Da Du ersteres ausschließt bleibt Dir nur Punkt 2. Und hier hast Du natürlich die Möglichkeit ihn Anszusprechen, kannst Deine Sorgen und Ängste forumulieren, kannst auch Deine Wünsche äußern. Und wenn er noch nicht süchtig ist, wenn er selbst vielleicht schon dran war (gedanklich) etwas ändern zu wollen, wenn Du vielleicht auch noch seine große Liebe bist, dann kann das natürlich auch zu einer Veränderung bei ihm führen, dann kann hier auch noch "alles gut" werden. Wenn das aber nicht passiert oder nur in nicht eingehaltene Versprechungen mündet, dann wirst Du damit leben müssen. Weil Du ihn ja keinesfalls verlassen wirst.

    Ich wünsche Dir, dass Du ein gutes Gesrpäch mit ihm führen kannst und dass er noch nicht abhängig ist und gleichzeitig auch einsichtig. Und dass Euch beiden dann eine wunderbare gemeinsame Zukunft bevor steht.

    Alles alles Gute für Dich!

    LG
    gerchla

  • Guten Mittag!
    Vielen Dank für die Antworten von euch. Sie waren sehr hilfreich und informativ ich werde mir mal meine Gedanken machen.
    Mein Freund, meine Tochter (4,5 Jahre) und ich fahren in den Sommerferien für eine Woche in den Urlaub. Mal gucken wie es dort wird.
    Also ich würde meinen Freund noch nicht als Alkoholiker bezeichnen. Aber das er ein Problem mit dem Konsum von Alkohol hat glaube ich schon, da er fast täglich trinkt und nicht nur zwei Gläser.
    Liebe Grüße CelticGirl

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