Wie einem Alkoholiker eine gute Frau sein - Verständnis haben

  • Mein Mann trinkt regelmäßig und (in meinen Augen) zu viel. Genaue Mengen weiß ich nicht, da volle Bierflaschen und Leergut in der ganzen Wohnung verteilt ist. Früher habe ich noch Kronkorken aus dem Müll gesammelt um die Menge zu zählen. Er richt auf jeden Fall jeden Abend im Bett sehr unangenehm nach Alkohol und auch das ganze Schlafzimmer riecht so.

    Mit ihm darüber zu reden ist absolut sinnlos. Er meint, er braucht halt sein Feierabendbier und wird sehr ungehalten bis aggressiv, wenn er darauf angesprochen wird.

    Er hat inzwischen auch einige gesundheitliche Baustellen, die ich mit dem Alkohol in Verbindung bringen (hoher Blutdruck, Herzrhytmusstörungen, fehlende Belastbarkeit). Er sieht die Ursache im Bewegungsmangel und der falschen Ernährung. Er hat aber keine Zeit regelmäßig zu kochen und Bewegung zu machen. Der Alkohol spielt seiner Meinung nach dabei keine Rolle. Letztes Jahr war er ein paar Wochen trocken. Am 2. Tag ist es ihm körperlich sehr schlecht gegangen mit dem Herz. Ich habe damals sogar die Rettung gerufen, die aber nichts festgestellt hat. Danach ist es rasant mit ihm aufwärts gegangen. Er hat aber auch vernünftiger gegessen und viel Bewegung gemacht.

    Dann ist er irgendwann wieder in den Alkohol gekippt, zuerst nur beim Weggehen und dann sehr schnell auch wieder zu Hause. Seither hat er auch jeden Antrieb Familienaktivitäten zu machen verloren. Er sagt nicht nein, aber er geht auch nicht auf entsprechende Vorschläge ein. Oder er diskutiert so lange, bis es nicht mehr geht. Dann vereinbaren wir, dafür aber nächstes Wochenende.

    Inzwischen meint er seine Kondition würde sportliche Aktivitäten nicht zulassen und jammert wie schlecht es ihm geht. Und ich bin eine schlechte Ehefrau. Ich schaff kein Mitgefühl, denk mir nur dann sauf halt weniger, dann geht es dir besser. Wenn es ihm aus einem anderen Grund schlecht gehen würde, hätte ich auch mehr Mitgefühl, würde versuchen ihm zu helfen. Warum kann ich das so nicht? Ich habe immer das Gefühl es steht ein weißer Elefant im Raum, aber keine darf was sagen.

    Es tut so verdammt weh untätig seiner Selbstzerstörung zusehen zu müssen.

  • Grüß Dich, ratlos123, und Herzlich Willkommen hier im Forum!

    Kurz zu mir: Ich bin m, 57, Alkoholiker und seit 12 Jahren trocken.

    Du beschreibst die typischen gesundheitlichen Probleme und Ausreden eines Alkoholikers.

    Was ich mich allerdings Frage ist: Was ist Deine Frage/Dein Problem/Dein Begeht?

    Willst Du jetzt von uns wissen, wie Du für Deinen Alkoholiker-Mann eine gute Frau sein kannst? Also wie Du eine gute Co-Abhängige wirst?
    Oder willst Du von UNS hören, dass Du Dich trennen sollst/solltest?

    Am besten liest Du Dir hier im Angehöriigen-Bereich Mal die Berichte von anderen Angehörigen durch ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Danke für deine Antwort. Ich weiß leider überhaupt nicht, wo ich hin will. Wir haben auch eine Tochter. Das Problem ist den eigenen Gefühlen trauen. Vielleicht bilde ich mir alles nur ein und raube meiner Tochter den Vater und eine unbeschwerte Kindheit. Vielleicht raube ich ihr auch die unbeschwerte Kindheit indem ich weitermache. Er hat es leider auch geschafft mich sehr zu isolieren. Wenn ich mit einer Freundin was ausgemacht habe, dann hat er meist selbst was vor und kann nicht auf unser Kind aufpassen. Inzwischen nehme ich sie trotzdem mit, aber da kann man natürlich sowas nicht besprechen.

    Der Alkohol ist ein riesiger Berg, eine Trennung ist ein riesiger Berg.

    Und leider wird die Situation jedes Jahr schlimmer. Wobei es auch besser wird. Früher wurde er im Rausch leicht aggressiv, inzwischen nicht mehr. Er wird immer müder und schläft ein. Es ist aber auch belastend, wenn es keine gemeinsame Abende gibt. Dafür ist er jetzt in der Früh immer so grantig.

    Und mein Herz zerbricht, wenn mich meine Tochter fragt, warum der Papa in der Früh so ist. Ich erkläre immer was mit schlecht geschlafen. Dann denke ich mir es kann so nicht weitergehen.

    Wenn mich dann aber meine Tochter fragt, ob ich mich eh nicht von Papa trenne, dann schlägt es wieder ins Gegenteil um.

    Es ist auch gar nicht so, dass ich ihn nicht mehr liebe, sondern es ist der Alkohol, der was mit ihm macht. Und dann der Gedanke, er müsste einfach nur aufhören und wir könnten glücklich sein. Und ich weiß, dass ich dafür nichts machen kann außer warten und hoffen, dass der Punkt kommt, wo er anders leben möchte. Wir haben früher so viele schöne Ausflüge gemacht. Das alles hätte ich gerne zurück. Nicht immer im abgedunkelten Wohnzimmer sitzen und fernsehen.

    Ich weiß gar nicht was ich mir hier gerade erhoffe, meine Gedanken sind zu wirr.

  • Liebe Ratlos,

    als ich die Frage las, wie Du ihm eine gute Ehefrau sein kannst, war ich ehrlich verwundert.
    Und das sogar unabhängig, ob er Alkoholiker ist oder "nur" einen kritischen Umgang damit hat.
    Ich musste ein wenig an ein 60-er Jahre Klischee denken.
    Der Mann ist das Familienoberhaupt und die Frau ist "adrett", freundlich, fürsorglich, hübsch zurechtgemacht und sorgt für das traute Heim. Sie hat immer gute Laune und lächelt seine kleinen Unfreundlichkeiten weg. Sie ist sein Sonnenschein und hält ihn bei Laune
    Das war so mein Bild.
    Du fragst, wie Du eine gute Frau sein kannst.
    Ist er denn Dir ein guter Mann?

    Er raunzt nur noch am Morgen. Ist das schon "nett"?
    Nur ein Detail, doch es klingt alles danach, als gestaltest Du allein ein halbwegs normales Familienleben, immer angepasst an seine jeweilige Befindlichkeit.

    Ist denn Dir das nicht zu wenig?
    Schau doch "einfach" mal auf Dich, auf Deine Bedürfnisse und auf das, was Du brauchst.
    Und sage das auch ihm.

    Gruß aus dem Norden

  • Vielleicht raube ich ihr auch die unbeschwerte Kindheit indem ich weitermache.

    Als ALKOHOLIKER, der seit Jahren trocken und in der Suchtselbsthilfe unterwegs ist und schon so Einiges gehört und gesehen hat, kann und darf ich Dir nur sagen:

    Nicht "vielleicht" - DU TUST ES! Und Du schädigst nicht nur Dich, sondern Dein Kind.

    Du kommst mir selbst so vor wie ein Kind, dass die Augen zumacht und denkt: Wenn ich die Anderen nicht sehen kann, dann können die mich auch nicht sehen!
    Du verschließt die Augen vor dem Ernst der Lage bzw. willst ihn einfach nicht wahrhaben und klammerst Dich an die Hoffnung, dass Alles wieder gut wird. Aber diese Hoffnung ist eine Seifenblase.
    Und Seifenblasen sind bekanntlich alles andere als tragfähig und belastbar ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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