Wie viel ist zu viel?

  • Hallo liebe Leute...ich habe mich extra angemeldet, weil ich gerne eine Meinung hätte, von Menschen, die neutral und mit dem Thema vertraut sind. Es wird ein bisschen wirr, ich bin nicht gut in sowas. Ich entschuldige mich im Vorraus ;)

    Mein Mann hat vor ca eineinhalb Jahren für die Arbeit erfolgreich mit dem kiffen aufgehört. Seitdem begeistert er sich leider zunehmend für Alkohol. Als es anfing waren es täglich zwei Dosen Jack Daniels mit Cola und zwischendurch natürlich auch mehr. An Wochenenden manchmal auch schon nach dem aufstehen, "man hat ja schließlich nichts mehr vor"
    Etwas später fing er an, wenn er privat gearbeitet hat, regelmäßig vier Dosen zu trinken. Eigentlich musste zu jeder Gelegenheit der gute Jack mit dabei sein. Und wenn es nur das begleiten des sechs jährigen Sohnes beim Cross fahren im Wald ist. Zwei Dosen müssen mitgenommen werden, sonst macht es wohl keinen Spaß.
    Zwischendurch wollte er es mir zu liebe reduzieren, mit nur zwei bis drei Dosen am Tag, selten auch keine. Für seinen Führerschein den er vor kurzem wiederbekommen hat, wollte er nochmal runterfahren. Nur noch eine Dose zwischendurch. Aber war wohl nichts. Es sind im.er noch zwei bis drei Dosen täglich und was er dann doch mal weniger trinkt, wird scheinbar doppelt nachgeholt. Letztens wurden aus "ich trinke ein, zwei mit einem Kumpel" 15!!! Dosen und gestern zb hat er eine halbe Flasche Whiskey getrunken, ohne übrigens merklich angetrunken zu sein.
    Und bei jeder Party muss er natürlich auch der jenige sein, der am meisten trinkt.

    Auch wenn ich nicht glaube das er ein Alkohliker ist, stört mich seine Einstellung zum Alkohol total. Ich bin was das Thema angeht allerdings auch extrem abgeneigt (was ich ihm an Tag eins unserer Beziehung auch gesagt habe und damals war es eigentlich auch noch gar kein Thema).
    Ich trinke selbst keinen Alkohol, habe früh die Erfahrung machen müssen, was das Zeug anrichten kann, später mit meiner Alkoholkranken Stiefmutter gewohnt, wo ziemlich verrückte Dinge passiert sind und allgemein löst alleine der Geruch ein schreckliches Unbehagen in mir aus und selbst nur angetrunkene Menschen könne mir Angst machen, weshalb ich denke, dass ich meinem Mann vielleicht auch einfach unrecht tue, wenn ich ständig sauer und enttäuscht bin oder traurig oder was auch immer.
    Sollte ich vielleicht einfach ein bisschen lockerer werden?

    Ich hoffe es ist einigermaßen verständlich....

  • Hallo,

    das sind ja zwei wesentliche Themen, die zwar zusammenhängen, die ich aber trotzdem getrennt sehen würde.

    Das eine ist der Alkoholkonsum an sich. Dazu gibts medizinische Empfehlungen, was risikoarm und gesundheitlich vertretbar ist. Das findest Du z.B. hier
    https://www.kenn-dein-limit.info/risikoarmer-konsum.html

    ..natürlich ist vielen das Risiko bis zu nem bestimmten Punkt egal, ist ja bei vielen Sachen so wo es auch um den Spaß geht, dafür geht man schon mal ein Risiko ein. Motorradfahren, Gleitschirmfliegen, Reiten, usw., da kann überall was passieren und es wird trotzdem gemacht.

    Der andere, ist wohl wesentlichere Punkt ist wohl der, dass Du Dich so in Deiner Beziehung unwohl fühlst. Ich meine, man kann niemanden gegen seinen Willen verändern, auch dann nicht wenn man mit demjenigen verheiratet ist, und wenn er auf Deine Wünsche nicht eingeht oder auch nicht eingehen kann (das weiß ich nicht) Du musst dann halt irgendwann mal für Dich entscheiden, ob Du Dich in irgendeiner Weise damit arrangieren willst oder ob Du unter diesen Umständen bis das der Tod euch scheidet mit ihm verheiratet bleiben möchtest. Wie wirst Du denn in zwanzig Jahren drauf zurückblicken (musst Du nicht mir beantworten, sondern Dir)?


    Gruß Susanne

  • Liebe Hilde,

    Willkommen im Forum, gut dass du dich hier informieren willst.

    Ich bin Rina, w, 38J und seit einem Jahr abstinent. Ich habe lange im Alkoholismus rumgetümpelt und musste auch einige Rückfälle wegstecken, ich bezeichne mich selbst als Alkoholikerin. Ich habe aber nie täglich getrunken und auch nicht in diesen Mengen wie du es von deinem Mann beschreibst...man muss nicht erst trinkender Obdachloser sein ums als Alkoholiker zu gelten.

    Alles was du vom Trinkverhalten deines Mannes beschreibst zeugt von einem sehr grossen Alkoholproblem, Alkoholiker oder nicht ist da nicht so wichtig, denn so lange er weiter trinkt ändert sich deshalb ja nichts in deinem Alltag falls er keiner sein sollte. Und er trinkt ja wie du schreibst viel...und oft...auch mitten am Tag...Versuche weniger zu trinken gelingen nicht...Schon mal Führerschein verloren...Ist immer derjenige der am meisten trinkt...Trinkt bereits nach dem Aufstehen am Morgen am Wochenende...Naja, es spricht schon einiges dafür, dass er sehr wahrscheinlich Hilfe benötigen würde wenn er denn aufhören möchte. Reduzieren geht ja nicht wie du sagst und das ist normal, als Alkoholiker kann man das nicht.

    Aber er möchte ja gar nicht aufhören und darum geht es ja. Es bleibt für dich dann die Option das zu akzeptieren und zusehen wie es (sehr wahrscheinlich) immer schlimmer wird, oder zu gehen, mit deinem Kind. Du übertreibst überhaupt nicht, es ist normal dass man so ein Trinkverhalten als nicht normal empfindet, es ist normal, dass dir dabei nicht wohl ist.

    Wie locker möchtest du denn noch werden? Ich meine, wieviel mehr müsste er denn noch trinken damit du dich NICHT mehr fragst ob mit DIR etwas nicht in Ordnung ist? Er hat ein heftiges Alkoholproblem, du hast ein Problem mit seinem Problem...lösen kannst du nur deines. Du kannst nichts tun damit er entweder aufhört oder plötzlich seinen Konsum kontrollieren kann.

    Ich rate dich hier durch das den Angehörigen-Teil durchzulesen, es ist im Grossen und Ganzen immer die selbe Geschichte...leider.

    Gebe Sorge zu dir und deinem Kind, vor allem Kinder werden stark von trinkenden Vorbildern geprägt, nicht im positiven Sinne versteht sich. Zweifle nicht an deinem Urteilsvermögen, du hast recht dass der Konsum sehr hoch ist.

    Ich habe während meiner nassen Zeit meiner Familie sehr viel zugemutet, es war eine traurige Zeit. Ich hätte es auch verstanden wenn mein Mann die Sachen gepackt hätte, ganz ehrlich. Wenn du dich hier durchliest und eine Beratungsstelle für Angehörige aufsuchst kannst du einiges über diese Krankheit erfahren. Je mehr du darüber weisst umso besser für dich du kannst dann abschätzen was auf dich zukommen kann und in meinen Augen auch wird.

    Viel Kraft wünscht dir,
    Rina

  • Er sieht wohl selber das es recht viel ist, aber er versteht nicht warum es schlimm sein soll. Er sagt, er ist ja abends höchstens angetrunken und er tut mir nichts schlechtes dabei. Und in dem Moment fühle ich mich wieder schlecht ihm gegenüber, weil ich keine Anwort darauf habe. Er hat ja recht. Es könnte schlimmer sein und er tut mir nichts wenn er an/betrunken ist. Also warum nicht?

  • So wie ich Dich verstehe, bist Du ja aber in der Beziehung nicht glücklich. Dazu muss er Dir ja nicht direkt was tun.

    Ich meine, wenn ich in einer Beziehung auf Dauer nicht glücklich bin und daran aber nichts ändern kann, weil der andere irgendwas macht, womit ich nicht klar komme, dann kann mein Gegenübr ja der netteste Mensch der Welt sein, deswegen darf ich mir doch trotzdem ein Leben aussuchen, was mich glücklich macht, also ich darf dann auch gehen, und der Andere muss dann damit klar kommen. Ich bin doch nicht verpflichtet, mit dem zusammen zu bleiben, nur weil der mir nichts tut. Dann ist er halt nicht der Mensch, mit dem ich zusammen leben will.

    Dir tut es ja was, egal ob er das mit Absicht macht oder nicht. Dich stört es und er ändert es nicht. Reicht das nicht?

    Das ist meine Sicht. Wie siehst Du das denn?

  • Hallo,


    Er hat ja recht. Es könnte schlimmer sein und er tut mir nichts wenn er an/betrunken ist. Also warum nicht?

    Ja warum nicht? IHN stört der Alkoholkonsum ja nicht.
    Du aber hast dich hier doch angemeldet weil es dich stört. Er hat in dem Sinne natürlich recht, er muss dir zuliebe gar nichts tun,du kannst ihn als trinkenden Mann akzeptieren und damit leben oder nicht. Es muss ja auch niemand zum Nichtraucher, Veganer, Buddhisten oder Selbstversorger mutieren, nur weil der Partner das möchte. Es geht doch aber gerade um Dich, Du hast schlechte Erfahrungen gemacht mit Alkoholikern, dir geht es dabei nicht gut. « Es könnte schlimmer sein »? Keine Angst es wird schlimmer, Alkoholismus ist eine fortschreitende Entwicklung, der Konsum steigt stetig wenn man sich nicht aktiv um eine Kehrtwende bemüht.

    Ich schließe mich Susanne s Frage an, mich interessiert ehrlich auch wie du das siehst. Nur weil ich zu Hause nicht geprügelt und misshandelt werde darf ich trotzdem sagen dass es mir in dieser Beziehung nicht mehr gut geht. Manche Beziehungen enden auch ohne triftigen Grund, Menschen entwickeln sich und dann passt es später einfach nicht mehr.

    Wie gesagt, es geht hier um dich und deine Gefühle. In meinem Freundeskreis habe ich eine Freundin die mit einem Trinker verheiratet ist. Es stört sie nicht im Geringsten und sie ist glücklich. Ich könnte das nicht. Stell dir einfach die Frage ob DU glücklich bist. Wenn nicht solltest Du das ändern, man hat nur ein Leben.

    Lg
    Rina

  • Tja...an der Liebe hat sich nichts verändert. Dieser Mann ist mein Anker und ein Leben ohne ihn kaum vorstellbar. Er hat es immer schwer gehabt und heute tut er alles was er kann, um uns glücklich zu machen. Er geht hart arbeiten um seine Familie zu versorgen, hat sein heiß geliebtes Gras dafür aufgegeben und auch sonst hat er sich wirklich positiv verändert. Für uns. Das es so endet war natürlich nicht geplant. Ich kann ihn nicht fallen lassen und will es auch nicht. Aber so wie es jetzt ist....?!
    Vielleicht würde ich es schaffen irgendwann meine Einstellung dazu zu ändern. Meine Gefühle dabei sind vielleicht eher die von früher, denn wie gesagt, er ist in der Regel "normal" zu mir und alles ist okay.
    Es fühlt sich einfach oft an, als wäre ich das Problem.
    Wie ich das letztendlich sehe....keine Ahnung.

  • Dich stört sein Trinkverhalten extrem, Du fühlst Dich unwohl – nimmst Dich aber selbst nicht ernst mit diesem Gefühl. Du denkst, solange er Dich oder Deinen Sohn nicht verprügelt, ist es nicht schlimm. Doch, ist es. Du denkst, solange er nicht rumbrüllt und randaliert, hast Du keinen Grund Dich zu beschweren. Zum einen: Dein schlechtes Gefühl reicht. Es reicht, dass Du so nicht leben möchtest. Es reicht, dass Du unglücklich bist, ganz ohne Prügel und Rumbrüllen und Randalieren. Zum anderen: Die Chancen stehen gut, dass es nicht so bleibt, wie es gerade ist. Dass sich die Mengen steigern und dass sich der Charakter verändert. Ob er dann prügelt, rumbrüllt und randaliert, kann man natürlich nicht sagen. Möglich ist es. Auf jeden Fall steht für einen Alki immer der Alk an erster Stelle, und ich glaube, das spürst Du. Der Alk ist das Wichtigste, Du bist die Nr. 2.

    Hilde, das ist ganz neutral gemeint: Natürlich kannst und darfst Du entscheiden, bei ihm zu bleiben und abzuwarten, wie es weitergeht, zu hoffen, dass es sich bessert. Ich wäre da skeptisch: Vom Kiffen zum Alk – eine typische Suchtverlagerung. Eigentlich hat er nicht aufgehört, sondern einfach das Medium gewechselt. Er trinkt an Wochenenden schon nach dem Aufstehen, Eskalationen bei Partys. Aber wie gesagt: Du hast das Recht, Deine Entscheidung zu treffen, und die kann eben auch lauten: Ich bleibe, auch wenn es mir schlecht geht dabei. Du musst ihn nicht “fallenlassen” – Du musst Dir nur auch bewusst sein, dass es vielleicht eher schlimmer als besser wird. Und dass ohne seinen Willen, etwas zu verändern, sich nichts zum Positiven ändern wird.

    Ich wünsche Dir Kraft und das Bewusstsein, dass Deine eigenen Gefühle zählen.

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