Als Angehöriger auf Betrunkenheit hinweisen?

  • Hallo an alle,

    eine Vorstellung folgt eventuell später. Macht es Sinn für den Angehörigen und den Abhängigen jedesmal darauf hinzuweisen, daß er betrunken ist oder soll man, nachdem eine Abhängigkeit seit langem bekannt ist, darüber hinweg sehen? Soll ich als Angehöriger den Abhängigen jedesmal unter Druck setzen, endlich trocken zu werden? Ich fürchte mich davor, weil ich glaube, daß,je mehr ich den Abhängigen in eine Richtung dränge, er desto schneller in die andere Richtung laufen wird. Welches Verhalten erwarten oder erwünschen Abhängige von ihren nicht abhängigen Angehörigen?

  • Hallo Angehöriger,

    Willkommen hier im Forum. :)

    Zu Deiner Frage: Ich habe bei Al-Anon (Gruppe für Angehörige von Alkoholikern)
    gelernt, dass es KEINEN Sinn macht, das Trinken zu thematisieren, wenn das
    Gegenüber betrunken ist. Außer, um damit zu begründen, dass man selbst in
    diesem Moment nicht (weiter) diskutieren möchte.

    Der Süchtige "lernt" nicht "besser", was sein Problem ist, indem man es wieder-
    holt.

    Dass er/sie ein Problem hat, muss ihm/ihr selbst aufgehen.

    Dazu kann man beitragen, indem man sagt: ICH kann damit nicht länger umgehen.
    Und wenn man so weit noch nicht ist, wenigstens gut für sich selbst (mental) sorgen,
    z.B. indem Du eine Selbsthilfegruppe besuchst, um zu erleben, dass an Deiner Situation
    nichts völlig "seltsam" oder unnormal (leider) ist.

    Eine Frage noch: Schreibst Du hier, weil Du wissen willst, wie der Weg zur Trockenheit
    am besten zu ebnen ist? Machst Du es zu Deiner Aufgabe, weil Du ja noch klar denken
    kannst? (Dein Gegenüber nicht, durch die Sucht?) - Falls das so sein sollte, spricht auch
    das für einen fachlicheren Austausch mit anderen Betroffenen (Selbsthilfegruppe).
    (Ich schreibe "fachlich", weil die Sucht in immer gleicher Weise auch das Umfeld trifft
    und Abläufe, Zuständigkeiten, Gefühle, Ausdrucksfreiheit und vieles mehr "verschiebt".
    Das muss man als Angehöriger erstmal durchschauen, sonst gerät man ins Hamsterrad.)

    Soweit meine ersten Ideen zu Deiner Frage, ich schreibe als Erwachsene Tochter aus
    alkohol-betroffener Familie.

    Ich fänd's nett, wenn Du Dich vorstellst. Dann können wir hier viel besser auf Deine
    Situation eingehen.

    Viele Grüße
    Wolfsfrau

  • Auch von mir: Willkommen hier im Forum!

    Ich selbst bin Alkoholiker und nun schon einige Jahre trocken und in der Suchtselbsthilfe aktiv.

    Und von daher kann ich Dir sagen, dass es zum Einen "nichts bringt", den Betroffenen ständig darauf hinzuweisen, dass er mal wieder besoffen ist und ihn ständig zu drängen und unter Druck zu setzen, endlich trocken zu werden. Denn - wie Du schon richtig erkannt hast - Druck erzeugt Gegendruck: Auch wenn man ihm nur helfen will (?), kommt dies bei ihm als massiver persönlicher Angriff an. Und es war bei mir so und ich habe es auch bei vielen Anderen so erlebt: Man geht zum Gegenangriff über und keilt nur noch um sich ...
    Zum Anderen bringt eine Therapie oder ein freiwilliger Suchtausstieg nur dann dauerhaft etwas, wenn der Entschluß freiwillig von dem Betroffenen kommt, wenn er/sie selbst es WOLLEN.
    Zwang bringt gar nichts. Im Gegenteil..

    Das Einzige, was Du tun kannst, ist, Dich abgrenzen und auf Dich selbst achten. Du kannst ihm/ihr gerne sagen, dass Du zur Hilfe bereit bist, wenn er/sie selbst etwas gegen die Sucht unternehmen möchte - aber ansonsten ist er/sie für sich selbst verantwortlich. Und Du für Dich - und eventuell vorhandene Kinder.
    Sorge für Dich und Dein Wohlergehen. Und wenn eine Trennung dazugehört, dann ist das zwar traurig - aber manchmal unvermeidlich.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

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