Hi.
Ich bin der Olli und inzwischen fast 49 Jahre alt. Und nun seit knapp vier Wochen ohne. Läuft bisher erstaunlich einfach, eigentlich merke ich kaum einen Unterschied und zwar in keinerlei Hinsicht. Medizinische Parameter stehen allerdings noch aus. Gut, der Blutdruck sinkt trotz leicht reduzierter Sartan-Dosis. Schon mal nicht schlecht.
Den Erstkontakt mit Alkohol hatte ich etwa mit 15, abgesehen von einigen Abstürzen bei Parties o.ä. habe ich aber nur zu Anlässen getrunken, dann allerdings ordentlich. Geändert hat sich das erst mit Mitte 20, als ich bei meinen Eltern aus- und bei meiner damaligen Freundin eingezogen bin, mit der ich zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre zusammen war. Alkohol, vorrangig Bier, war zum Feierabend bzw. am Wochenende quasi ein ständiger Begleiter. Meine Freundin war quasi auch mein Trinkkollege. Dieses Zusammenleben endete dann nach weiteren zwei Jahren, wir hatten uns einfach auseinander gelebt nach knapp 10 Jahren. Der Alkohol hatte damit nichts zu tun.
Nach drei Jahren Singleleben und sozusagen täglichem Alkoholkonsum bin ich dann mit meiner jetzigen Partnerin zusammen gekommen, natürlich auf einer Party mit reichlich Alk. Auch in dieser inzwischen fast 20jährigen Beziehung ist Alkohol ein nahezu täglicher Begleiter. Mit knapp 40, ausgelöst durch mein bisher letztes alkoholbedingtes Kötzerchen, wollte ich dann einfach gesünder leben und habe den Konsum reduziert, es blieb jedoch beim täglichen Trinken. Meine Freundin hat da super mitgezogen. Neu in unser Leben kam in diesem Zuge auch der Sport. Zuerst das Rennrad, etwas später dann Laufen. Zwei bis drei Jahre habe ich dann deutlich weniger getrunken, gleichzeitig habe ich ordentlich abgenommen (von etwas zu viel auf sehr schlank) und meine sportliche Leistungsfähigkeit stieg vehement an. Mit 42 kam es dann zu einer langwierigen Meniskusverletzung, durch die sportliche Untätigkeit kam dann auch der Alkohol zurück, aber längst nicht mehr auf das vorherige Niveau. Von einer vorübergehenden Verschiebung der Sucht in den Sport möchte ich nicht reden, ich war zwar ehrgeizig und fokussiert, aber nie verbissen oder konnte kein Ende finden. Ich habe mich nach Plan ernährt und auch trainiert, da war halt kaum Platz für Alkohol.
In den letzten Jahren hatte ich immer wieder das Gefühl, dass ich in Sachen Reduzierung/Abstinenz tätig werden sollte, konnte mich aber letztlich zu nichts durchringen. Vor ein paar Monaten fiel mir dann zufällig "Weder geschüttelt noch gerührt" von Timm Kruse in die Hände, in dessen Schilderungen ich mich häufig (zumindest teilweise) wiedererkennen konnte. Besonders hängen geblieben ist die Formulierung "Ich hatte genug davon genug zu haben". Danach habe ich immer weiter den Alkohol reduziert, mir verschiedene Literatur zum Thema besorgt. Die gesundheitlichen Gefahren waren mir zwar bekannt, aber das kennt ihr bestimmt, die blendet man einfach aus. Trotzdem war etwas in Gang gekommen. Aus diesen Büchern stammt dann auch mein Nick, das "Just for today" der AA, welches ich mir einfach mal als Motto ausgesucht habe. Immer dann, wenn der Kopf sagt "Och, jetzt ein Bier wäre nett" habe ich mir die folgende Frage ausgesucht, die ich mir stelle "Was genau tut der Alkohol für mich und was bringt mir das?". Einen echten Vorteil findet man logischerweise nicht. Dann greift in den letzten Wochen das "Just for today". Ich denke mir heute halt nicht, morgen denke ich noch mal drüber nach. ::)
Jetzt was zu den Mengen: In den letzten 6 Jahren habe ich, von kurzen bis mittleren Phasen abgesehen, nahezug täglich getrunken. Vorrangig Bier, gerne auch mal Cola-Rum aus der Dose, teils Rotwein. Pur Hochprozentiges sehr selten. Tagesdoses zwischen 0,5 und 2l Bier (oder äquivalent viel Alkohol aus den anderen genannten Quellen), auf Feiern auch mal etwas mehr. Mein letztes Kötzerchen ist 10 Jahre her, Filmrisse noch viel länger. In den Jahren 25-39 war es tendenziell mehr.
In 2017 habe ich dann den Sport wieder intensiviert, aber schnell gemerkt, dass auch an mir das Alter nicht spurlos vorbei geht. Es lief aber wieder halbwegs, dennoch war 2018 nicht nennenswert besser und 2019 tendenziell eher schlechter. Zusammen mit den oben genannten Fakten hatte ich noch einen Hut, den ich in den Ring werfen konnte. Der gute, alte GluckGluck-Scheiß. Wir sind dann Mitte August in den Urlaub gefahren, die ersten drei Tage alles beim alten, dann war es plötzlich so weit: Ich habe mitten im Urlaub einfach aufgehört, da hätte ich einen Tag vorher nie mit gerechnet. Es gab keinen Auslöser. Ich habe überlegt was ich zum Abendessen trinken könnte und habe mich für ein alkoholfreies Bier entschieden. Dabei ist es geblieben und ich vermisse genau nix. nixweiss0 Ach doch, ich mag sehr, sehr gerne ein kühles Alt. Alkoholfreies Alt schmeckt aber leider wirklich mies.
Alkoholkonsum haben wir all die Jahre nie versteckt, eher offen ausgelebt. Ob nach der Radtour auf einer Bank, im Biergarten, beim Spaziergang durch's Veedel, egal. Unsere Beziehung ist glücklich und ausgewogen, meiner Freundin hat sich in den letzten Wochen sehr stark eingeschränkt und plant eine weitere Reduzierung. Wir kennen nur eine übliche/harmlose Streitkultur, mehr nicht. Erst recht keine Gewalt. Zudem haben wir beide seit vielen Jahren gut bezahlte Jobs, Fehlzeiten mehr als unterdurchschnittlich. Als Basis für das neue Leben schon mal geeignet.
Es war wohl einfach genug. Ich denke, ich hatte in den letzen knapp 35 Jahren auch genug an Alkohol für ein Leben.
Dieses Forum habe ich mir als Erinnerung und Stütze ausgesucht. Damit ich nicht vergessen, dass Alkohol ziemlich genau nix für mich tut.
Just for today!
Olli