Steinbock84

  • Ich möchte auch zu dem Beitrag von ich bin ich noch etwas antworten, ja ich versuche auch mich abzugrenzen, das was er da manchmal so von sich gibt nicht an mich heran zu lassen, allerdings ist das zumindest für mich nicht wirklich einfach, aber es funktioniert mit der Zeit immer besser, ich komme zwar immer besser damit klar, aber für die Ewigkeit ist das glaub ich keine Lösung sondern nur eine "überbrückende" Lösung bis man soweit ist den nächsten Schritt zu gehen. Aber auch dir vielen Dank für deine Erfahrungen.
    Lg
    Steinbock

  • Guten Morgen Steinbock,

    falls es missverständlich war, ich meinte mit dem "nicht schlimm genug" nur, dass Du Dich nicht überwinden konntest, Dir Hilfe vor Ort zu suchen. Zum Thema Trennung hatte ich gar nichts gesagt und es liegt mir auch fern, Dich da zu einer Entscheidung zu drängen.

    Da ich vergleichbare Situationen auch bei Anderen schon miterlebt habe und mich auch schon einmal getrennt habe, hoffe ich, Du hast nichts dagegen, wenn ich Dir meine Sicht auf das Thema Trennung in Kurzform erzähle.

    Es gibt da den alten Satz, dass der Mensch nicht gerne alleine ist und der trifft ja auch immer noch auf die Meisten zu. Es gibt ein paar überzeugte Singles, aber das ist sicher keine Mehrheit und auch da sind Einige dabei, die erst nach unerfreulichen Erfahrungen zu dem Schluss gekommen sind, dass sie lieber alleine leben. Die meisten anderen Singles haben einfach keinen passenden Partner gefunden. Das ist das Eine, und das Andere ist, dass mit so einer Beziehung, auch wenn die Verliebtheitsphase durch ist, ja doch auch meistens ziemlich viele Hoffnungen und Erwartungen verbunden sind, die das eigene Leben betreffen.

    Also wenn man sich über Trennung Gedanken macht, muss man sich einerseits auf ein eventuell ungeliebtes Alleinleben einstellen, der nächste passende Dauerpartner läuft einem meistens auch nicht gleich über den Weg, wenn man gewisse Ansprüche stellt (damit meine ich weniger finanzieller, eher menschlicher Art), und außerdem muss man die Träume begraben, die mit der bestehenden Partnerschaft verbunden waren und es ist für viele auch eine persönliche Niederlage, wenn eine Beziehung scheitert. Und in vielen Fällen ist es ja auch nicht einfach, die beiden Leben dann auseinander zu fieseln.

    Also die Hürden für eine Trennung sind schon da und sie sind auch oft nachvollziehbar. So lange man noch Hoffnung hat, dass sich das anderweitig ändert und auch noch Gefühle / Liebe für den Partner da sind, ist es wohl schwierig, sich zu trennen (wenn man Rechnungen offen hat und unbedingt Recht behalten möchte, übrigens auch) . Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und es kommt ja auch in einigen Fällen vor, dass ein Alkoholiker in dieser Phase tatsächlich selbst zur Einsicht kommt. Wobei man ja auch immer wieder hört, dass Alkoholiker das dann wegen ihren eigenen Trennungsängsten und dem Preis, den sie für das Trinken bezahlen würden, überhaupt erst merken, was es geschlagen hat. Das funktioniert aber wohl auch nur dann, wenn sie der Sauferei keinen höheren Stellenwert einräumen wie ihrer Partnerschaft...Alkohol ist wie eine Geliebte. Ich habe das Alles auch schon selbst in meiner näheren Umgebung so mitgekriegt.

    Was Du immer machen kannst und was ich auch für empfehlenswert halte, ist, das Du Dir selbst etwas Gutes tust. Erstens kannst Du damit Deine Lebensfreude verbessern, zweitens nimmt Dir das vielleicht ein wenig die Angst davor, wie es Dir gehen könnte, wenn Du einmal den Schritt zur Trennung gehen und dann alleine sein solltest - weil Du Dich ja da auch selbst um Dein Wohlergehen kümmern müsstest - und drittens kann es mit viel Glück sogar sein, das Dein Partner Dich damit ernster nimmt als bisher, wenn er schnallt, dass Du Dich ein wenig abnabelst. Wie fühlt sich der Gedanke, ohne Deinen Partner zu sein und selbst etwas zu unternehmen, für Dich eigentlich an?

    Die zentrale Frage ist in dem Fall eigentlich immer: was willst Du und was kannst Du für Dich selbst Gutes tun? Hast oder hattest Du irgendwelche Hobbies, die Du gerne wieder aufleben lassen wolltest, gehst Du gerne mit Freund(inn)en ins Cafe, legst du Dich gerne in die Badewanne, liebst Du Deinen Garten oder was immer Du sonst gerne machst. Oder war es Dein einziger Lebenswunsch, glücklich verheiratet zu sein und eine Familie zu haben? - das gibt es ja auch.

    Das ist jetzt die Kurzfassung, ich habe auch nicht so viel Zeit, aber vielleicht kannst Du ja ein paar gedankliche Anregungen daraus mitnehmen.

    Gruß Susanne

  • Noch ein Nachsatz. im Lauf der Diskussion meinte ich auch beim Thema Trennung "wenn es schlimm genug ist, geht es" und das stimmt aus meiner Sicht auch, aber ursprünglich meinte ich das in Bezug auf "Hilfe holen". Und ich möchte betonen, das ich diese "Fachliche Hilfe vor Ort holen", was Du jetzt ja auch getan hast, für eine wesentliche Voraussetzung dafür halte, dass man eventuell noch retten könnte, was zu retten wäre - sofern Dein Partner das doch noch einsehen würde. Aber wenn Du selber erst mal weißt, was Du tun kannst, damit es Dir auch ohne sein Zutun gut geht, bist Du ja auch viel freier, das, was Dein Mann tut, ohne Angst auf Dich zukommen zu lassen.

  • Hallo Steinbock 84
    Super dass du dir telefonisch schon mal Hilfe geholt hast. Bei mir war es damals so dass ich cirka 3 Wochen auf einen Termin warten musste. Ich wollte sofort Hilfe und hatte Angst das ich es mir in den 3 Wochen nochmals anders überlege. Trotzdem glaub ich war es im nachhinein gar nicht so schlecht dass dazwischen ein wenig Zeit lag. Ich konnte meine Gedanken in der Zeit für mich selbst ein wenig sortieren und bekam hier im Forum viel Hilfe für die ich sehr dankbar bin.

    Ich kann dich sehr gut verstehen in deinen Ängsten sich zu trennen. An manchen Tagen habe ich es ganz klar und genau gewusst dass ich mich trennen muss und habe dies manchmal auch ausgesprochen. An anderen Tagen dachte ich er ist im Grunde kein schlechter Kerl, wenn er nur nicht mehr trinken würde, wäre alles in Ordnung. Aber genau dieses WENN und WÜRDE ist ein sehr wichtiger Punkt. Man kann nicht ewig im "Wenn" und "Würde" leben. Eigentlich gibt's nur JETZT.

    Ab welchem Zeitpunkt mir klar wurde dass mein Partner ein Alkoholproblem hat, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Was ich aber bestimmt erst nach der Trennung verstanden habe ist dass eine Alkoholsucht eine Krankheit ist.
    Als wir uns kennengelernt haben, hat mein Partner auch schon täglich getrunken. In meiner Anwesenheit cirka 2-3 Bier. Da in meiner Familie so gut wie überhaupt kein Alkohol getrunken wird, ist mir das damals auch schon aufgefallen. Es gab auch damals schon hin und wieder Streit darüber. Da es in unserer Gesellschaft (vorallem am Land) aber als vollkommen normal angesehen wird nach der Arbeit seine Bier zutrinken, habe ich sehr lang meiner eigenen Intuition zu wenig Achtung geschenkt.
    Die Trinkmenge hat sich dann im Laufe der Jahre stetig erhöht. Wie du schon sagst dies passiert schleichend.
    Mein Partner hat meist nur eine geringe Menge in meiner Anwesenheit getrunken und den Rest heimlich. Ich habe mir Jahre lang nur gedacht ok er trinkt halt recht viel. Da mein Expartner ein Pegeltrinker ist, war er auch eher selten so richtig betrunken, was es oft schwieriger macht die Situation früher richtig zu erkennen. Auch für das gesamte andere Umfeld.
    Mein Partner hat sich zusehends im Laufe der Jahre verändert, körperlich und psychisch. Zum Schluss war es nicht mehr zu übersehen. Aber so richtig verstanden habe ich dies alles erst viel später, nach der Trennung. Wie sich die Alkoholkrankheit wirklich auswirkt auf dass gemeinsame miteinander im täglichen Alltag. Wie viele Lügen dahinter stecken um diesen Suchtkreislauf aufrecht zu erhalten. Wie sich die Psyche verändert und das Verhalten. Das alles habe ich währenddessen nicht bewusst mit einer Alkoholkrankheit in Verbindung gebracht. Ich habe mich viel mehr oft gefragt was passiert da gerade? Warum ist er so schnell grundlos gereizt? Wieso distanziert er sich so von mir? Wieso kann er sich nicht mehr an Dinge erinnern über die wir gestern gesprochen haben? Dies alles habe ich nicht verstanden. Sowas lässt einen schon mal an der eigenen Wahrnehmung zweifeln.
    Als ich die ersten Gespräche mit meiner Psychologin hatte ist mir vieles wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich dachte mir warum habe ich das nicht früher bewusst wahrgenommen.
    Deshalb bin ich der Meinung es ist sehr wichtig über seine Wahrnehmungen zu sprechen, mit Menschen die sich damit auskennen.
    Sich ein wenig mit Sucht auseinander zusetzen und wie es Menschen verändert, hat mir geholfen die Verletzungen und Enttäuschungen leichter zu verzeihen und irgendwann vielleicht zuheilen. Es ist mir leichter gefallen loszulassen und Handlungen und Worte nicht mehr direkt ins Herz zulassen.

    Ich hoffe ich konnte dir ein wenig weiter helfen. Schreib mir sehr gern weiterhin was dich beschäftigt.
    Ganz liebe Grüße Sunrise

  • Liebe Steinbock84,

    vielleicht hast Du in anderen Threads schon von mir gelesen, falls nicht möchte ich mich kurz bei Dir vorstellen:

    Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker und Papa von 3 Kindern. Meine erste Frau (mit der ich zwei wunderbare Kinder habe) habe ich , nachdem ich trocken wurde, verlassen. Ich lebe jetzt schon länger ohne Alkohol, bin wieder verheiratet und habe noch eine wunderbare Tochter bekommen. Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben.

    So, nur damit Du Dir ein kleines Bild machen kannst wer Dir hier schreibt.

    Ich möchte Dir sagen, dass ich sehr gut verstehen kann, dass Du Dich nicht "einfach so" trennst. Ich möchte auch nicht mit "dann ist der Leidensdruck noch nicht groß genug" oder "dann bist Du noch nicht am Tiefpunkt angelangt" kommen. Auch wenn das vielleicht richtig ist möchte ich Dir erst mal nur sagen, dass ich das verstehen kann, ohne die genauen Hintergründe zu kennen. Ich will und kann nicht beurteilen ob es richtig ist, das Du Dich (noch) nicht trennst, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, auch wenn ich auf der anderen Seite stand, wie schwer es ist sich zu trennen! Und wie viele Gedanken man sich macht und dass dabei oft auch ganz surreale Gedankengänge aufkommen die einem außen stehenden Menschen wahrscheinlich völlig unlogisch vorkommen. Von außen ist es immer leichter auf eine Situation zu schauen, aber Du lebst ja dieses Leben und Du steckst in diesem Leben.

    Du schreibst, Du hast noch mehr Punkte auf der "Bleiben"-Seite als auf der "Gehen"-Seite. Ich glaubte heraus lesen zu können, dass die LIEBE auf der Bleiben-Seite stand. Das ist eine ganz starke Macht, ein ganz starker Grund. Fehlende Liebe meinerseits war bei mir letztlich der entscheidende Grund weshalb ich mich von meiner Frau trotz zahlreicher Gründe die für ein Bleiben gesprochen hatten, getrennt habe. Mit meiner Lebenserfahrung weiß ich aber heute auch, dass es manchmal besser sein kann, "in Liebe los zu lassen", als in Liebe unterzugehen.

    Ich möchte Dir erst mal noch sagen, dass ich die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen habe, nicht über die absolute Wahrheit verfüge, mich schon oft in meinem Leben geirrt habe und Dir nur meine Meinung und meine Sichtweise schreiben möchte. Ich bin kein Angehöriger eines trinkenden Partners, ich stand auf der anderen Seite. Alles was ich Dir schreibe ist geprägt von diesen Erfahrungen, passt also nicht 100%ig zu Deiner Situation sondern kommt eben von Seiten des Alkoholikers. Bitte habe das immer im Blick, wenn Du über meine Zeilen nachdenken solltest. Das war mir jetzt nochmal wichtig Dir vorab zu schreiben.

    Also, dann mal meine Gedanken:
    Wenn Du ihn noch liebst und um ihn "kämpfen" möchtest, dann solltest Du Dir aus meiner Sicht klare Grenzen setzen. Denn sonst läufst Du Gefahr einen langen und aussichtslosen und am Ende für Dich vernichtenden Kampf zu führen. Aktuell schreibst Du ja, dass er 6 - 10 Bier trinkt, heimlich wahrscheinlich noch was oben drauf (was ich als ehemaliger Heimlichtrinker als sehr wahrscheinlich finde) und sich mehr und mehr verändert hat. Negativ. Wie Du schreibst poltert er herum, tickt aus und ich hoffe nur, er wird Dir oder den Kindern gegenüber nicht gewaltätig. Denn das wäre aus meiner Sicht dann ein nicht mehr verhandelbarer Grund ihn sofort zu verlassen. Davon gehe ich jetzt aber mal nicht aus.

    Sein Verhalten ist normal, ganz normal für einen Alkoholiker. Anfangs merkt man gar nichts, mit zunehmender Dauer der Sucht und steigender Menge verändert sich der Charakter ganz enorm. Am Ende lebte ich in einer Parallelwelt und war nur noch damit beschäftigt diese aufrecht zu erhalten. Ich log und betrog was das Zeug hielt und versuchte irgendwie die Fassade aufrecht zu erhalten. Jedoch war ich nie agressiv, verbal ausfällig oder ähnliches. Jedoch sagte meine Ex-Frau mal zu mir: Ich wünschte Du hättest mich geschlagen, dann hätte ich gewusst woran ich bin und hätte Dich sofort verlassen - über diese Aussage kannst Du Dir ja mal Deine eigenen Gedanken machen.....

    Zurück zu Dir. Die absolute Trinkmenge ist gar nicht entscheidend. Es geht doch nur darum, wie Du Dich damit fühlst. Aktuell scheinst Du also noch mehr pro Partner als contra zu sein. Obwohl er Dir und ich nehme mal an auch Deinen Kindern stark zusetzt. Deshalb: Setze Dir und ihm Grenzen die dann auch einzuhalten sind. Sei ganz klar darin, was Du tun wirst, wenn diese Grenzen überschritten oder missachtet werden. Kommuniziere das auch und bitte bitte halte Dich dann auch an das was Du kommuniziert hast. Nichts schlimmer, als wenn er merkt, dass Du immer wieder einknickst und er machen kann was er will.

    Ich will ehrlich sein. Es hat meiner Meinung nach keinen Sinn dauerhauft mit einem uneinsichtigen Alkoholiker zusammen zu leben. Das ginge nur dann, wenn Dich sein Konsum und Verhalten nicht stören sollte und es Dir nichts aus macht das er säuft und sich so benimmt. Wenn Du Dir sozusagen "nur" Sorgen um seine köperliche Gesundheit machen würdest und ihn ansonsten aber so nehmen könntest wie er ist. Ich gehe aber davon aus, dass das bei Dir nicht der Fall ist und Du eigentlich einen richtigen Partner möchtest und nicht ein zustätzliches, uneinsichtiges aggresives Kind um das Du Dich kümmern musst.

    Ich weiß nicht was Du alles schon unternommen hast. Aber ich würde mich an Deiner Stelle auch mal mit dem CRAFT-Programm beschäftigen. Bitte google das einfach mal. Das ist ein Programm das speziell für Partner uneinsichtiger Alkoholiker konzipiert ist die eben nicht einfach alles hinwerfen wollen sondern die noch um ihre Beziehung kämpfen möchten. Vielleicht ist das ja was für Dich / Euch und es hilfrt Dir weiter. Es macht aber meiner Meinung nur Sinn, wenn Du Dir ein Zusammenleben mit ihm überhaupt noch vorstellen kannst, wenn also nicht schon zu viel Porzelan zerbrochen wurde. Aber da Du ihn noch liebst.....

    Ansonsten sehe ich das so, dass Du irgendwann mal eine Entscheidung treffen musst / treffen solltest. Kannst Du mit ihm darüber sprechen? Wie reagiert er denn, wenn Du ihn direkt darauf ansprichst? Sieht er sich selbst als Alkoholiker? Will er was unternehmen oder schließt er es komplett aus?

    Fatal wäre aus meiner Sicht, wenn Du eine Never-Ending-Story aus Deiner Situation machen würdest. Solche Stories können Alkoholiker leider sehr gut produzieren in dem sie die Angehörigen immer wieder mit unterschiedlichsten Methoden bearbeiten. Drohen, hinhalten, versprechen, sogar mal was machen (halbherzig), tiefe Liebe schwören, um Verzeihung bitten, flehen und verkünden, dass sie ohne ihren Partner nicht leben können, dem Partner die Schuld geben das man säuft, usw. usf.

    Manipulieren gehört zum Handwerkszeug eines Alkoholikers und er beherrst es wie kein Zweiter. Deshalb musst Du Dir ganz klar werden, was DU möchtest. Es geht nur um DICH! Lass ihm sein Leben, wenn er dann tatsächlich weiter trinken möchte, dann lass ihn trinken. Er ist erwachsen, er entscheidet das selbst. Nur DU solltest Dich dann auch für DICH entscheiden.

    Das waren mal meine Gedanken.

    Und ich glaube tatsächlich, dass Du für Dich ein wenig das Tempo heraus nehmen solltest (nur ein Gefühl von mir), dass Du Dich in Ruhe strukturieren solltest um dann aber ganz konsequent zu handeln. Und ich glaube da hilft es Dir nicht, wenn ich Dir schreibe "nimm die Beine in die Hand und laufe so weit Du kannst", weil ich denke dass das eben auch nicht Dein Weg ist. Noch nicht....

    Liebe Steinbock84, bitte achte auf Dich! Du musst der wichtigste Mensch in Deinem Leben sein. Das hat nichts mit Egoismus zu tun. Und, was ich auch als ganz wichtig empfinde: Du hast die Verantwortung für Deine Kinder (sie werden noch nicht volljährig sein, oder?). Achte auf sie! Ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen, dass die Kinder am meisten leiden. Und viel viel viel mehr mitbekommen, als Du auch nur ansatzweise vermuten würdest. Meine Tochte musste nach meinem Ausstieg erst mal in psychologische Behandlung und das war das beste was wir machen konnten. Mein Gott, ich hatte überhaupt nicht geschnallt wie tief sie (damals ein kleines Mädel im Grundchulalter) mit vertrickt war. Und das, wo ich doch nur heimich trank, nie gewaltätig war, nie austickte, nie herum schrie....

    Ich schrieb, dass Du auf Dich schauen musst. Aber natürlich auch auf Deine Kinder, denn sie haben niemand anderen. Dein Partner wird es nicht können, für ihn ist nur noch seine Sucht wichtig, für ihn steht nur der Alkohol im Mittelpunkt. So war es bei mir auch.

    Liebe Steinbock, nimm aus meinen Zeilen was Dir hilft, den Rest verigss einfach. Ich wünsche Dir von Herzen das Du einen, das Du DEINEN Weg in ein freies und selbstbestimmtes Leben finden wirst!

    LG
    gerchla

  • Guten Morgen sunrise, guten morgen gerchla,
    Vielen Dank für eure Beiträge, denn eure Worte sind sowas von wahr, und ich sehe mich im Beitrag von sunrise in vielen Dingen die du beschreibst wieder. Es ist eben wirklich dieses... Er ist ja kein schlechter Kerl, oft ist er zu den Kindern ein toller Vater, hilft ihnen, macht Hausaufgaben mit ihnen, repariert und baut mit ihnen usw. Er kann wenn er "will" ein toller Ehemann sein, er hilft zu Hause, man kann mit ihm reden, etc, doch dann kommt eben wieder sein erschreckendes ich zum Vorschein, teilweise ohne Vorwarnung und dann scheint der weg zu gehen ganz klar, wenn er dann aber am nächsten tag wieder "normal" ist, sich wieder um die Kinder gut kümmert wenn ich arbeiten bin, stellt man alles wieder auf den kopf und das spiel beginnt von neuem. Das das nicht richtig sein kann und nicht gut sein kann ist mir im Kopf ja eigentlich klar, doch das Herz spielt da (noch) nicht mit. Und ja genau das können viele nicht betroffene nicht verstehen. Und ich denke mir dann manchmal, wie sollen nicht Betroffene das auch verstehen können, wenn ich mich manchmal selbst nicht verstehe.
    Und es hilft sehr, mit Menschen zu reden, die es zumindest ansatzweise verstehen warum man so handelt und auch wie hier oder mit der Dame per Telefon, die Tipps geben wie man sich selbst die Situation erleichtern kann im zusammenleben solange man eben noch nicht "bereit" ist diese Beziehung aufzugeben.
    Ich ärgere mich auch manchmal über mich selbst, das ich dieses schleichende mehr trinken nicht früher erkannt habe. Ja es wird bagatellisiert in der Gesellschaft und im allgemeinen glaube ich viel zu leichtfertig hingenommen das jemand eben mehr trinkt als manch anderer. Wir wohnen auf dem Land und da ist es ja "normal" das nach Feierabend getrunken wird, gerade jetzt im Sommer, da kommt mal der, dann der zum Grillen, quatschen etc und dann wird eben getrunken, und wenn es dann erstmal zu spät ist, lassen die sogenannten Freunde, die sonst auf ein Bier abends vorbei kamen den der dann ein Alkoholproblem hat einfach fallen.
    So wie gerchla es beschreibt, ist es eins zu eins bei meinem Mann, körperliche Veränderungen und vor allem das Verhalten und wie sunrise habe auch ich das lange nicht als Folgen des Alkoholikers gesehen, sondern mich immer wieder gefragt woher und was diese Veränderung auslöst, da vieles nicht unbedingt gleich auf das Alkoholproblem zurückzuführen ist. Gewalttätig ist er bisher nie geworden, weder zu den Kindern, noch zu mir. Und gerade unser kleiner Sohn hängt trotz allem sehr an seinem Vater. Unser großer, hängt unheimlich an unserem "Standort" er hat hier eine befreundete Familie mit großen Bauernhof, die mittlerweile sein 2. Zu Hause geworden sind und er somit immer einen Rückzugsort hat. Wie schon erwähnt wohnen wir sehr ländlich und wenn ich jetzt im Moment eine Trennung in Erwägung ziehen würde, müsste ich ihm das in gewisser Weise nehmen da es in der näheren Umgebung (nur kleine Dörfer ringsum) keine Chance auf eine Wohnung für mich und die Kinder gibt. Zudem besuchen beide Schulen in unterschiedlichen Richtungen, was mindestens für einen, einen schulwechsel bedeuten würde, dies ist auch nur einer der Gründe der mich zögern lässt eine Trennung in Erwägung zu ziehen. Und natürlich, wenn er wieder zumindest ansatzweise ein guter Ehemann und Vater ist, merke ich das ich ihn noch liebe und ihn einfach nicht im Stich lassen kann/will....
    Die Dame der Beratungsstelle meinte es gäbe kein richtig oder falsch, sondern nur ein "das beste aus der momentanen Situation" für mich und die Kinder zu machen und ich glaube (hoffe) das ich mit den Ratschlägen der Beratungsstelle und den Ratschlägen von euch hier erstmal eine gute Basis habe um viel für mich zu lernen Bis ich dann wenn mein Mann wirklich nicht zur Vernunft kommt den Punkt erreicht habe dann doch eine Trennung zu unternehmen.
    Lg Steinbock

  • Auch zum Beitrag von Susanne möchte ich mich kurz noch äußern,
    Ja es gab Zeiten da habe ich Freundschaften und Hobbys außer Acht gelassen und vernachlässigt, bin mittlerweile aber aus diesem Punkt raus, gehe wieder hin und wieder alleine mit meinen Mädels weg und mache wieder Sport, denn es macht die Situation nicht besser wenn ich nur zu Hause sitze und keinen Ausgleich habe.
    Und zu dem Punkt, das man nicht allein sein möchte, ja am Anfang war die Vorstellung befremdlich und hat mich abgeschreckt, aber dann habe ich versucht in den Zeiten wo mein Mann mal wieder" seine Tage" hatte mich nur auf mich zu konzentrieren, was kann ich alleine schaffen, wozu bin ich alleine im stande etc. Somit habe ich für mich die Erkenntnis gewonnen, das ich auf keinen mann an meiner seite angewiesen bin um mein leben zu regeln, natürlich, wenn man dann nur noch alleine ist und niemand hat der abends mit einem redet, einen film schaut o. Ä. Ist das nochmal ganz was anderes aber, niemand zu haben wäre in dem fall nicht viel schlimmer als jemand zu haben, der dann oft aus der Rolle fällt oder abends um neun im bett liegt weil man mal wieder zuviel erwischt hat. Wie ich oben in meinem beitrag schon erwähnt habe, der kopf hat vieles schon begriffen, doch solange das herz noch nicht mitspielen will.....
    Ich hänge einfach noch zu sehr an dem menschen der mein mann mal war, und teilweise auch noch sein kann.

    LG Steinbock

  • Hallo Steinbock 84.
    Ich finde du solltest dich auf keinen Fall ärgern dass du die Trinkmenge nicht früher bemerkt hast. Es ist schon super dass du jetzt überhaupt auf dem Weg bist für dich und deine Familie etwas an der Situation zu ändern und Hilfe suchst. Es hätte nichts geändert wenn DU früher gesehen hättest wieviel dein Mann trinkt. ER muss es sehen.

    Über körperliche Gewalt habe ich vor kurzem in einem anderen Thread erst geschrieben. Mein Partner war lange Jahre ein friedliebender Mensch der keiner Fliege was zu leide tun würde. Am Ende unserer Beziehung war dies leider nicht mehr der Fall. Ich hätte niemals damit gerechnet, meinen einst lieben, verständnisvollen Partner einmal so zu erleben.
    Doch psychische Gewalt ist nicht besser als körperliche. Geht manchmal vielleicht noch viel tiefer. Man hört und liest oft: "aber geschlagen hat er mich nie denn dann würde ich ihn sofort verlassen" Ich glaube dass dieser Satz auch als eigenes Schutzschild verwendet wird um dir selbst einzureden dass es eigentlich doch gar nicht sooo schlimm ist. Weil man es selbst nicht wahr haben will.

    Du schreibst du hängst an dem Mann der er einmal war und manchmal auch noch ist. Ich habe es auch immer so beschrieben. Ich glaube aber dass dein Mann wenn er nichts ändert immer mehr zu dem Mann wird den du nicht kennst. Mein Expartner hat sich jedenfalls zu jemandem verwandelt den ich nicht kenne.
    Meine Therapeutin hat mir dazu folgendes erklärt, vielleicht hilft es dir auch weiter:
    Es gibt den weißen Stein : Dein Mann den du kennengelernt hast, der Verantwortung übernehmen kann, der gut von böse und richtig von falsch unterscheiden kann
    Und es gibt den schwarzen Stein: der Suchtstein, der vom trinken bestimmt wird, nicht mehr viel Verantwortung übernehmen kann und nicht mehr rational von richtig und falsch unterscheiden kann
    Immer wieder wechseln sich diese zwei "Persönlichkeiten"/Steine ab, aber je weiter die Sucht voranschreitet desto öfter ist er der schwarze Stein bis es den weißen Stein irgendwann gar nicht mehr gibt.

    Was ich auch gerne wissen würde ist was dein Mann sagt wenn du ihn auf seinen Konsum ansprichst? Wie reagiert er? Wenn du möchtest beschreib doch einmal seine Reaktionen. Ich glaube es gibt viele hier im Forum die dir einiges hilfreiches dazu erklären können.

    Ganz liebe Grüße sunrise

  • Tja, wie reagiert er wenn er auf sein trinkverhalten und seinen Konsum angesprochen wird, das kommt immer darauf an... Mal reagiert er "ganz normal" (ja da und da hatte ich etwas viel, aber ist ja nicht jeden tag und er könne jederzeit aufhören, auch wenn ich und vielleicht er auch weiß das das nicht wahr ist), mal wird er gereizt und mal übergeht er das ganze thema und lässt sich gar nicht darauf ein. Ich bin mir nicht sicher ob er selbst schon soweit ist und erkannt hat das er Alkoholiker ist oder er es wirklich nicht sieht oder sehen will.

    Der Vergleich mit den steinen ist ziemlich gut, für mich fühlt es sich ebenso an, der weiße Stein,der Mann der er war, auf der anderen der schwarze, und mitten drin ein anfangs weißer Stein der immer mehr grau wird, bis er irgendwann schwarz ist und bei dem schwarzen liegen bleibt und ich wahrscheinlich, so hoffe ich und so male ich mir das langsam aus, wenn der Stein schwarz geworden ist, ist für mich der punkt erreicht an dem ich den mann den ich liebte nie mehr kennen werde und einen Schlussstrich ziehen kann....

    Ich hätte da auch eine Frage an dich, wann, durch was, bzw gab es etwas was für dich den endgültigen Schlussstrich bedeutet hat? Natürlich ist jede Geschichte in vielen gleich und trotzdem anders und jeder hat so seine eigene "Grenze" wie lange man bleibt aber dennoch ist es interessant Gründe zu hören was anderen "geholfen" hat sich zu lösen. Und wie lange hat deine Beziehung insgesamt gedauert. Musst mir natürlich nur darauf antworten wenn du möchtest, vielleicht hast du es auch schon mal erwähnt und ich habe es überlesen.
    Lg Steinbock

  • Guten Morgen Steinbock84,

    Zitat

    Mal reagiert er "ganz normal" (ja da und da hatte ich etwas viel, aber ist ja nicht jeden tag und er könne jederzeit aufhören, auch wenn ich und vielleicht er auch weiß das das nicht wahr ist), mal wird er gereizt und mal übergeht er das ganze thema und lässt sich gar nicht darauf ein. Ich bin mir nicht sicher ob er selbst schon soweit ist und erkannt hat das er Alkoholiker ist oder er es wirklich nicht sieht oder sehen will.

    Was Du da schreibst sind recht typische Reaktionen eines nassen und (noch) nicht so recht einsichtigen Alkoholikers. Es kann durchaus sein, dass er selbst schon weiß oder merkt, dass bei ihm was nicht stimmt. Ich vermute sogar, dass es so ist. Denn wenn ich an mich selbst zurück denke, dann war der Zeitpunkt an dem ich mir darüber klar wurde, dass ich wohl ein gewaltiges Alkoholproblem habe weit vor dem Zeitpunkt meines Ausstiegs. Allerdings hat einen die Sucht derart im Griff, dass man sich selbst in die Tasche lügt und dann nur das glaubt, was man glauben will. In lichten Momenten jedoch war ich mir sehr bewusst, dass ich da in was hinein geraten bin, aus dem ich wohl so einfach nicht mehr heraus kommen werde.

    Aber es geht ja hier gar nicht um Deinen Mann sondern um Dich. Mich würde jetzt noch eines interessieren:

    Wie deutlich wirst Du denn, wenn Du mit ihm über dieses Thema sprichst? Ich meine damit ob Du "nur" so Dinge sagst wie "meinst du nicht du trinkst etwas zu viel?" oder ob Du ihm ganz deutlich machst das Du das nicht mehr möchtest. Das es Dich und Deine Kinder enorm belastet und Euch die Lebenfreude nimmt. Und ihm auch erklärst, was Du von ihm erwartest, wie Du Dir eine Beziehung oder Partnerschaft mit ihm vorstellst. Letzltich, so jedenfalls meine Meinung, wirst Du irgendwann mal ganz deutlich sagen müssen was Du tun wirst, wenn er sein Trinkverhalten nicht ändert. Und daran solltest Du Dich dann auch halten.

    Denn, ich schrieb es bereits, Du solltest auf Dich und Deine Wünsche und Bedürfnisse achten. Anderfalls wird er Dich mit in den alkoholischen Abgrund reißen. Wenn er sieht welche Konsequenzen Du aus seiner Trinkerei für Dich ziehst und wenn er wahr nimmt, was das für ihn bedeutet, dann wird auch er sich entscheiden müssen: Ob er diese (also Deine) Konsequenzen irgnoriert und weiter trinkt oder ob er sein Leben verändern möchte um z. B. Dich und seine Familie nicht zu verlieren. Nun sagt man ja immer, ein Alkoholiker sollte von sich aus trocken werden wollen. Stimmt m. E. grundsätzlich auch und ist sozusagen die Idealvoraussetzung. Aber manchmal braucht es auch einen "Wachrüttler" um zu realisieren wie ernst die Lage eigentlich ist.

    Wobei ich leider auch sagen muss, dass sich trotz "Wachrüttler" viele Alkoholiker einfach für den Alkohol entscheiden....

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla,

    Zu deiner Frage.... Wie ich ihm sage das ich mit seinem Alkoholkonsum nicht einverstanden bin....
    Da muss ich schon gestehen das ich in diesem Punkt oft zu halbherzig bin. Ich sage ihm zwar deutlich das es für mich zu viel ist und er sich dadurch zum negativen verändert, wenn er darauf beharrt er wäre kein Alkoholiker, sage ich ihm auch ganz klar das ich ihm das nicht glaube und er es mir eben zeigen soll wenn er so sicher ist das er ohne kann, allerdings bringe ich selten oder nie Konsequenzen zur Sprache, das das nicht der richtige Weg ist und ich so nicht weiter kommen kann habe ich oft im forum hier jetzt gelesen und da wurde mir dann auch klar das nur die Aussage alleine, das er es mir dann beweisen soll ihn nicht dazu bringen wird es zu tun, denn warum auch... Bisher dachte ich immer das der Anreiz es mir eben zu beweisen das ich Unrecht habe für ihn reicht es zu tun, aber vielleicht bringt ihn das dann nur tiefer in den Teufelskreis weil er es vielleicht versucht, nicht schafft und zugeben das ich doch recht habe kann er dann ja schlecht

  • Liebe Steinbock84,

    Zitat

    Denn im Grunde ist es ja wie bei der Erziehung von Kindern, Konsequenzen androhe und nicht einhalten funktioniert nicht sonst ist jeglicher Respekt verloren....


    Das hast Du natürlich richtig erkannt. Aber weißt Du, es geht auch beim Einhalten der angekündigten Konsequenzen eigentlich nicht um ihn sondern um Dich. Du tust Dir etwas Gutes wenn Du diese Konsequenzen dann auch ziehst, machst Du aber einen Rückzieher verletzt Du Dich selbst. Er befindet sich ohnehin in einer anderen Welt.

    Anders als bei der Kindererziehung kannst Du ihn eben nicht erziehen, denn er ist nasser Alkoholiker und für ihn zählt nur der Alkohol. D. h. Du kannst darauf hoffen, dass Deine Konsequenzen, also z. B. das Du Dich trennst und ausziehst, eigenen Wege gehst, etwas bei ihm bewirken. Aber mehr als hoffen bleibt Dir nicht. Und auch dieses hoffen solltest Du idealerweise lassen (ich weiß dass das leicht daher gesagt ist), denn Du ziehst diese Konsquenzen ja für Dich, nicht für ihn. Völlig unabhängig davon, wie er reagieren wird, regaieren könnte, idealerweise reagieren sollte. Verstehst Du was ich meine? Ist wahrscheinlich schwer zu verstehen, aber so lange Du Deine Entscheidungen mit seinen (gewünschten) Reaktionen oder seinem Wohlbefinden etc. verknüpfst, drehst Du Dich um ihn. Und genau davon solltest Du Dich aber lösen.

    Was nun aber nicht bedeuten soll, dass Du, sollte er tatsächlich z. B. eine Therapie antreten und ernsthaft versuchen auszusteigen, nicht nochmal darüber nachdenken kannst, wie Du damit umgehst. Das wäre eine ganz neue Situation, die bräuchte eine neue Bewertung, ich könnte hier jetzt nur spekulieren.

    Aber die Tatsachen sind ja gerade andere. Gut, dass Du mit eiiner Beratungstelle sprichst. Sehr gut. Weißt Du, dass ist ja nicht gerade ne Kleinigkeit, die Du da im Moment durch machst. Es ist wohl ein Meilenstein in Deinem Leben, etwas großes, eine große Veränderung, so oder so. Und es ist eine sehr emotionale und sehr schwere Situation. Ich kann Dich nur ermutigen Dir möglichst viel Hilfe zu holen.

    Ich möchte jetzt auch erst mal nicht weiter darauf eingehen, ob eine Trennung realisierbar ist oder nicht. Ich habe mir eine Trennung von meinen Kindern auch nie vorstellen können (ich sage bewusst Kindern, weil ich bei meiner Entscheidung mich zu trennen primär immer nur an meine Kinder gedacht habe, was aber nicht bedeutet, dass mir meine Frau total egal gewesen wäre). Ich dachte, es wäre absolut UNMÖGLICH das meinen Kindern anzutun. Bis ich merkte, dass ich ihnen noch viel schlimmeres Leid antun würde bzw. werde, wenn ich bleiben würde. Denn ich wusste, dass ich dann früher oder später wieder trinken würde. Und dann, dann hätte es kein Halten mehr gegeben und ich hätte sie mit in den Abgrund gerissen.

    Vielleicht ist das Thema Trennung und warum es Dir nicht möglich erscheint ja etwas, das Du bei der Beratung mal ansprechen kannst.

    Zitat

    Ich hätte auch noch eine Frage an dich, wie bzw was hat dich dazu bewogen, nichtmehr zu trinken und dir Hilfe zu holen?

    Ich verstehe, dass Dich das interessiert. Ich denke, Du wirst Dir Gedanken darüber machen, ob das bei Deinem Mann auch passieren könnte. Nehme ich jetzt mal an. Ich schreibe es Dir auch gerne, aber es hat keine Bedeutung für Dich. Denn es gibt kein Schema, nichts wirklich Nachvollziehbares, was sein oder passieren müsste, dass ein Alkoholiker plötzlich entscheidet seiner Sucht den Kampf anzusagen. Es können bestimmte Ereignisse sein, die das auslösen. Also z. B. der Verlust des Partner, der die Nase voll hatte. Bei manchen reicht ein abgenommener Führerschein oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Andere bekommen ein paar Takte von Arzt geblasen, sehen mit Schrecken ihre Blutwerte und kommen zur Einsicht. Ich kenne auch die Geschichte von jemanden, der bei einer Wanderung in den Bergen ins Tal blickte und plötzlich wusste: Jetzt ist es vorbei - und es war vorbei (sehr vereinfacht gesprochen).

    Oft spricht man auch vom persönlichen Tiefpunkt, den ein Alkoholiker erreichen muss bevor es schaffen kann. Nur ist es eben der PERSÖNLICHE Tiefpunkt und der ist eben individuell und bei jedem anders. Wie gesagt, vom Verlust des Führerscheins bis hin zum Aufwachen in der Entgiftungsstation inkl. Reanimation weil der Kreislauf zusammen gebrochen war ist alles dabei.

    Und leider, das will ich auch sagen und das zeigt Dir auch ein Blick in die Statistik, scheint es bei der überwiegenden Mehrzahl der Alkoholkranken diesen Tiefpunkt nicht zu geben oder sie erreichen ihn nicht. Denn es sind ja die Wenigeren, die überhaupt was gegen ihre Krankheit unternehmen und leider schafft es dann von diesen auch nicht die große Masse dauerhaft abstinent zu leben. Es ist also wirklich schwer aus dieser Sucht heraus zu kommen. Genau deshalb solltest Du eben auf Dich schauen, Deine Hoffnungen fahren lassen und nur dann tiefer über Deinen Mann nachdenken, wenn sich bei ihm wirklich etwas verändert.

    Kurz wie das bei mir war: Ich war ein Wrack, psychisch total am Ende, körperlich ebenfalls schon ziemlich angegriffen (stark übergewichtig, konnte nicht mehr auf dem Bauch liegen = Schmerzen und hatte Darmprobleme). All das hatte ich aber schon eine längere Zeit, mal schlimmer, mal wieder etwas besser. Und nach außen hin funktionierte ich noch, war erfolgreich im Job, konnte die Fassede gerade noch so aufrecht erhalten.

    Am Ende kann ich Dir nicht sagen, warum ich gerade zu diesem Zeitpunkt ganz spontan und ganz plötzlich beschloss nie mehr trinken zu wollen. Es war eine Sekundenentscheidung, vielleicht sogar nur Bruchteile. Plötzlich schoss es in mein Hirn: OVER - jetzt machst reinen Tisch, jetzt ist es vor bei und jetzt wirst du alles dafür tun, wirklich ALLES um nie mehr trinken zu müssen.

    Auslöser bei mir war am Abend, als ich von der Arbeit heim kam (bereits 4 oder 5 Bier intus wie immer), eine Konfrontation mit meiner Frau. Sie hatte eine schwere Lüge meinerseits aufgedeckt und mich frontal damit konfrontiert. Normalerweise hätte ich mich aus dieser Situation heraus gelogen. So wie ich es unzählige Male vorher auch getan hatte. Ich bin mir ganz sicher, dass mir das auch gelungen wäre, denn Alkoholier sind wahre Meister im Lügen und Manipulieren. Aber warum auch immer, ich wollte nicht mehr!

    Und dabei wusste ich ganz klar und ganz genau, was das bedeuten würde. Alles würde zusammen brechen, alles kaputt gehen. Mein ganzes Leben und das Leben meiner Familie würde unmittelbar nach meiner Entscheidung aus den Angeln gehoben werden. Du weißt ja vielleicht, dass ich gut 10 Jahre heimlich getrunken habe, meine Frau wusste nichts (zumindest hat sie mir das ernsthaft versichert in einem späteren Gespräch). D. h. mein Satz: Ja es ist so wie Du sagst und ich möchte Dir noch sagen, dass ich Alkoholiker bin (sinngemäß, meinen genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr), hat alles verändert. Erst mal musste ich noch beweisen, dass ich wirklich Alkoholiker bin, was schnell passiert war. Ich zeigte ihr einfach all meine Verstecke die voll waren mit diversen Flaschen. Danach begann ich sofort weitere schwerste Lügen meinerseits zu beichten. Und glaube mir, Du willst nicht wissen was ich alles zu beichten hatte.

    Und dann war mein und ihr bisheriges Leben vorbei. Einer ihrer letzten Sätze war, das werde ich wohl nie vergessen: bis eben war ich glücklich....

    Ok, das ist ja jetzt nicht das Thema. Wieso, weshalb und warum ich das genau zu diesem Zeitpunkt tat? Keine Ahnung, vielleicht war das mein persönlicher Tiefpunkt. Ich kann Dir nur sagen, dass ich unglaublich dankbar bin, dass ich diesen Moment hatte. So schwer die Monate danach waren, so froh bin ich, dass ich durch wen oder was auch immer dieses Geschenk bekommen habe und mein Leben zurück gewinnen konnte.

    Aber wie gesagt, so war es halt bei mir. Bei anderen ganz anders, bei vielen niemals.

    LG
    gerchla

  • Lieber Gerchla,

    Ich muss sagen ich finde absolut bemerkenswert wie du das geschafft hast, wie offen und selbstreflektiert du jetzt darüber sprichst und ich fühle mich wenn ich deine Geschichte so lese, als wäre mein mann dein Zwillingsbruder mit nur kleinen unterschieden im verhalten. Vorallem das mit dem lügen und täuschen kommt mir unheimlich bekannt vor, dachte aber nicht das das Auswirkungen der Sucht sind, sondern brachte das mit seinem Charakter in verbindung. Ja mir ist durchaus bewusst das jede geschichte unterschiedlich verläuft und endet und ich anhand deiner geschichte nicht von meinem Mann ausgehen kann. Ich kann mir nicht vorstellen das bei ihm einfach so der Groschen fällt und er für sich beschließt jetzt muss ich was tun.

    Aber ich merke das es mir hilft, erstens klarere Grenzen für mich selber zu setzen wenn ich ein bisschen verstehe wie ein Alkoholiker so denkt und handelt. Und mir geht es gut/besser damit wenn ich für mich eine klare Linie habe, mir selbst Grenzen setzten kann nicht alles was er so sagt und tut an mich heran zu lassen. Ich merke das ich mich dadurch leichter tue mich von dem Gedanken zu lösen ihm helfen zu müssen /wollen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Die Trennung allerdings ist für mich immer noch die wirklich allerletzte Konsequenz, für die ich mich momentan noch nicht bereit fühle. Ich möchte mir bevor ich das mache zu 100% sicher sein, vieles im Vorfeld schon geregelt haben, denn wenn ich diesen letzten Schritt wirklich gehe, dann gibt es kein Zurück mehr, selbst wenn er dann aufhören würde zu trinken, würde es das Leben was wir hatten in der Form nichtmehr geben. Hört sich vielleicht jetzt ein wenig dumm an aber ich weiß es im Moment nicht besser auszudrücken. Den Kontakt zu der Beratungsstelle möchte ich auf jeden Fall aufrecht erhalten denn auch beim sezario einer (evtl.) Trennung wird mir das sicher helfen.
    Auf jeden Fall bin ich dir unheimlich dankbar für deine Worte, ich kann sehr viel davon mitnehmen. Vielen lieben Dank dafür.

    Liebe Grüße
    Steinbock 84

  • Liebe Steinbock 84
    Das Ende meiner Beziehung war ein Kampf und hat sich eigentlich über Jahre hinweg gezogen. Der Ausschlag gebende Grund das es vorbei war, war allerdings das mein Partner mich betrogen hat, ich selbst gerade mit einer schweren Krankheit zukämpfen hatte und mich zu null Prozent auf ihn verlassen konnte. Unsere Beziehung hat 8 Jahre gedauert. Ich glaube nicht dass dir dies viel weiter helfen wird, aber beantworte dir natürlich gerne Fragen aus denen du dir nehmen kannst was du möchtest. Der Punkt an dem ich verstanden habe in liebe loszulassen und mich nicht mehr für seine Krankheit verantwortlich zu fühlen ist allerdings erst lange nach der Trennung gewesen, nach vielen Gesprächen mit meiner Therapeutin bei der Suchtberatungsstelle. Manchmal falle ich auch heute noch kurz zurück in die Verantwortung und das Helfen wollen, aber schaffe es mittlerweile recht gut mich abzugrenzen und mir zu sagen dass ich alles erdenkliche gemacht habe und einmal eben auch genug ist. Ganz liebe Grüße sunrise

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!