Ist mein Mann alkoholkrank?

  • Hallo und guten Abend allerseits!

    Ich bin neu in diesem Forum und kann mir vorstellen, dass meine Frage schon sehr häufig gestellt wurde.

    Habe auch z. T ähnliche Geschichten gelesen, dennoch finde ich, ist jede Geschichte anders.


    Ich fange einfach mal an :

  • Guten Abend Leonie,

    das wäre ja einfach, wenn alle Geschichten von betroffenen Alkoholiker*innen und Angehörigen gleich wären. Die Sucht hat ebenso wie die Co-Abhängigkeit ganz individuelle Gesichter.

    Zitat von “Leonie“

    Er trinkt zwar nur Bier. Aber das jeden Tag. Mal 3 mal 6.
    Am Wochenende gerne 10,12


    Wenn Du mal die Suchfunktion hier bemühst, wirst Du einige Beiträge finden, aus denen sehr deutlich hervorgeht, dass es „alkoholtechnisch“ egal ist, ob Bier, Sekt oder Schnaps. Allein die Menge des absoluten Alkohols im Getränk ist ausschlaggebend, und bei der Menge Bier, die Dein Mann konsumiert, ist das eine gewaltige, sehr schädliche Menge.

    Zitat von “Leonie“

    Ich überlege schon sehr lange mich zu trennen und ich weiß, dass ich es machen muss.


    Was hält Dich davon ab?

    Zitat von “Leonie“

    Immer wenn das Maß bei mir voll ist (oops), dann sprudelt es aus mir heraus, er bekommt seine moralpredigt und macht einen auf verständnisvoll, gibt zu, dass er übertreibt, ich es aber trotzdem doch bitte akzeptieren soll, dass er sein Bier trinkt. Er verspricht dass er zb Pause macht ect. Richtig geschafft hat er es nie.


    Das ist der leider übliche Werdegang der meisten co-abhängigen Partnerinnen. Guckst Du mal hier: Co-Abhängigkeit, die verkannte Krankheit

    Zitat von “Leonie“

    Das Trinken ist das eine, was so schrecklich ist. Aber was der Alkohol mit seinem Wesen macht ist viel schlimmer.


    Alkohol gehört zu den psychoaktiven Suchtmittelsubstanzen. Neben seiner schädigenden Wirkung auf die Organe und das Gehirn, greift Alkohol sehr stark in das Wesen der Betroffenen ein, und verändert sie, teils bis zur Unkenntlichkeit der vorherigen Persönlichkeit.
    Die ständige Gier nach dem Suchtmittel, wenn sich die Sucht bereits tief im Süchtigen manifestiert hat, lässt ihn an nichts anderes mehr denken.

    Zitat von “Leonie“

    Ich bin total am Ende und würde gerne eure Meinung dazu hören.


    Falls Du es noch nicht getan hast, würde ich Dir dringend empfehlen eine Suchtberatung aufzusuchen, die Angehörige von Suchtkranken berät und begleitet.
    Das eine ist nämlich die Alkoholsucht Deines Mannes – das andere Deine Co-Abhängigkeit. Ich vermute zudem, dass Eure Kinder angesichts der langandauernden Alkoholkarriere ihres Vaters bereits mitgeschädigt sind, und nötigenfalls ebenso eine Unterstützung durch erfahrene Fachleute (Caritas, Diakonie) benötigen.

  • Vielen Dank für die Antwort und Einschätzung.
    Ich weiß ca 2 Jahre von der Krankheit der Co Abhängigkeit früher wie au g heute gibt's dort Punkte die überhaupt nicht zutreffen nämlich dass ich niemals seine Sucht entschuldigt habe, gedeckt habe. Ich habe ihn eher doof dastehen lassen, aus Wut und mir war es nie unangenehm ob es ihm peinlich war oder so.
    Ich würde ihn niemals decken, das Gegenteil ist der Fall.


    Bin ich jetzt trotzdem betroffen?

    Viele Grüße und einen schönen Tag gewünscht!!

  • Guten Morgen Leonie,

    bei solchen Beschreibungen treffen meistens nicht alle Punkte zu.

    Dein Mann beruft sich möglicherweise auch darauf, dass er nicht jeden Tag betrunken ist oder auch mal einen Tag ohne Alkohol kann, also ist er ja kein Alkoholiker. So sieht das eben für ihn aus und so will er das vermutlich auch sehen, weil er nicht aufhören will oder kann.

    Ihr eiert doch beide im Prinzip gleich herum - große Ankündigungen, denen keine Taten folgen.
    Dabei ist es doch schon lange unerträglich, wie Du schreibst. Warum suchst Du dann immer noch nach Argumenten, warum Dich das nicht betrifft? So viel Angst davor, selbst etwas zu verändern?

    Gruß Susanne

  • Aktueller Stand. Es wird wieder mal versprochen bis Freitag keinen Alkohol zu konsumieren.
    Wir wissen alle, dass das wohl eher wieder nicht klappt. Trotzdem, er ist sehr gut gelaunt heute morgen und möchte dass ich genau so voll Freude bin. Er merkt aber heute morgen dass mich das thema richtig nervt das wiederum zeigt ihm wieder sein problem auf und er ist davon richtig genervt.

    Er müsste jetzt arbeiten und soll ihn damit bitte nicht belasten...


    Jetzt unter Menschen, die mich verstehen geht's mir endlich etwas besser und ich weiß dass nicht er der Einzige ist, der leidet. Wer fragt mich denn. Gestern Abend früh ins Bett gegangen, damit ich mal etwas mehr schlafe. Und man hängt im Alkohol forum bis 23 Uhr...


    Würde ich ihm das jetzt sagen, käme zurück : selber schuld zwingt dich ja niemand zu.
    :-X

  • Dein Genervtsein wird sich für ihm demnächst wieder in einen Grund zu Trinken verwandeln. Jede Wette.

    Versteh mich nicht falsch, ich gebe Dir keine Schuld an seinem Trinken, Nur, wenn er abhängig ist, dann ist ihm jeder Grund zum Trinken recht, und Du lieferst solche Gründe. Das ist übrigens auch Co-Abhängigkeit.

  • Hallo Susanne, danke für die Antwort.

    Wie gesagt, er verspricht viel. Er hat es immer ausgereizt. Er weiß genau bzw wusste immer genau was er wie zu tun hat, damit es so weitergehen kann.

    Wenn ich die ersten 2 Jahre abziehe bleiben noch 5 Jahre die mein Mann es geschafft hat, obwohl ich wusste, dass er ein Problem hat mich immer wieder hinzuhalten, Hoffnung zu machen usw. Top Leistung.

    Aber ich muss auch sagen : wären wir kinderlos wäre ich schon längst ausgezogen. Ich werde das aber nicht tun, weil ich es nicht einsehe, dass die Kinder das zu Hause wechseln müssen und auf Garten evt verzichten müssen. Deswegen muss er ausziehen.
    Das ist aber leider in seiner Hand, er muss quasi rechtlich dazu bewegt werden. Dann würde es klappen.

    Das wäre der nächste Schritt. Anwalt, Frist zum Auszug einstweilige Verfügung


    Usw

    Das ist in etwa der Grund, warum ich noch mit ihm zusammen bin.
    Natürlich sehe ich in uns auch eine Familie. Abgesehen von dem Alkoholprob lieben wir uns.

  • Hallo Leonie,

    Ich will es mal so ausdrücken:

    So, wie er immer einen Grund zum trinken finden kann, kannst Du natürlich immer einen Grund finden, mit ihm zusammen zu bleiben und das weiter mit zu machen.

    Das Ganze wird sich erst ändern, wenn eine(r) von Euch beiden wirkliche Konsequenzen zieht.
    Das muss nicht unbedingt die Trennung sein, schon wenn Du sonst etwas FÜR DICH tust, und das kann eine Selbsthilfegruppe sein (wie der Name sagt: hilft Dir selbst) kann das eventuell etwas in Bewegung bringen.

    Jedenfalls, einer von Euch beiden muss auf jeden Fall was machen, wenn sich etwas ändern soll. Und wenn Dein Mann nichts ändert, musst Du es tun. Du kannst natürlich auch noch ewig warten, bis er vielleicht mal irgenwann zur Einsicht kommt.
    Da solltest zu aber auch wissen, dass viele (die meisten) Alkoholiker nie zur Einsicht kommen oder erst nach vielen Jahren, in denen Du auch nicht jünger wirst.
    Damit machst Du dein Leben von ihm, und dem was er tut oder auch nicht, abhängig. Deine Entscheidung.

    Ach, und noch was. Ich bin mit einem trinkenden Vater aufgewachsen. Meine Eltern haben sich auch deswegen gestritten. Ich war glücklich, als sie sich endlich haben scheiden lassen. Gemeinsam waren sie unerträglich...nur als Kind kann man ja nicht gehen, im Gegensatz zu einer Ehefrau. Jedenfalls, denk mal drüber nach, ob das für Deine Kids so toll ist..und Du bist mitverantwortlich, denn Du bist erwachsen und könntest ja, wenn Du wolltest.

    Gruß Susanne

  • Hey Susanne, du hast recht. Das weiß ich auch, er gibt mir immer Gründe neu zu hoffen obwohl ich genau weiß dass sie noch was ändern wird.Und du sagst es, man wird nicht jünger.


    Wenn ich ihn dann so sehe, wie er dann zum 1000. Mal probiert, aufzuhören oder zu pausieren gibt's Momente wo ich Mitleid mit ihm habe. Ganz verrückt.
    Erst bin ich so wütend und könnte die Flaschen kaputt schlagen, hasse ihn quasi dafür dass das blöde Getränk alles kaputt gemacht hat und dann... Mitleid.

    Warum

  • Gefühle muss man nicht unbedingt begründen. Aber man muss sie aushalten, wenn sich etwas ändern soll.

    Guck mal, Dein Mann: wenn er wirklich aufhören wollte, müsste er vermutlich seine eigene Gier und seinen Saufdruck aushalten, ohne Alkohol würde ihm ganz gewaltig was fehlen.

    Du müsstest Dein Mitleid und Deinen inneren Druck, ihm zu helfen, aushalten. Trotz dieses inneren Drucks nichts tun, wie Dein Mann ja mit seinen inneren Druck trotzdem nichts trinken dürfte, wenn er Erfolg haben wollte. Du müsstest auch konsequent sein.

  • Liebe Leonie,

    ich schrieb schon, dass Co-Abhängigkeit, genauso wie Alkoholismus, viele Gesichter haben kann.
    Die fachlich aufgeführten Kriterien, die für eine Co-Abhängigkeit sprechen, sind eine allgemeine Zusammenfassung der Kriterien, die auf die meisten Betroffenen zutreffen. Weil aber Co-Abhängigkeit eine genauso individuelle Krankheit ist, wie z.B. Alkoholismus, zwar vielleicht auf den ersten oberflächlichen Blick die Betroffenen sich in ihren Geschichten alle gleichen, aber bei tieferem Hinschauen viele unterschiedlichen Facetten vorhanden sind, ist auch diese Krankheit nur schwer punktgenau zu erfassen.

    Grob gesagt könnte man sagen: Wenn man co-abhängig (geworden) ist oder Gefahr läuft, es zu werden, ist man mehr außerhalb sich selbst, und mehr auf die Probleme anderer fixiert.
    Das Problem Deines trinkenden Mannes ist zu Deinem Problem geworden.
    Dein Leben, Deine Empfindungen und Deine Augenblickssituation (wie kommt er heute wieder nachhause?) werden dominierend von seinem Verhalten (betrunken oder nicht) beeinflusst.
    Kurzum – Du fühlst Dich schlecht, weil er etwas tut, das mit Dir überhaupt nichts zu tun hat, nämlich sich in den Alkohol zu flüchten.

    Wenn Du seine Sucht nicht „deckst“, sondern öffentlich u.a. im Freundeskreis klar und deutlich ansprichst, dann ist das schon mal gut. Leider wird Sucht, wenn es anfänglich noch möglich ist, meist verheimlicht.
    Frag Dich aber mal, was Du einer guten Freundin empfehlen würdest, wenn sie Dir von der aktiven Sucht ihres Mannes erzählen würde, und dass sie diese Sucht schon lange Zeit mitmacht – und duldet.
    Wahrscheinlich, so nehme ich an, würdest Du zu ihr sagen: „Warum machst Du das schon lange mit und duldest es, ohne die notwendigen Konsequenzen zu ziehen?“

    Die Situation wird nicht einfach dadurch, dass Ihr Kinder, Haus und Garten habt. Aber genau besehen muss gerade deswegen dringend eine Lösung gefunden werden.

    Ich stimme überhaupt nicht zu „dass einer von Euch beiden etwas machen muss“.
    Ihr solltet beide „etwas“ machen, und zwar jeder für sich. Du solltest Dir professionelle Hilfe holen, was Deine Mitgefangenschaft in seine Sucht, also Deine Co-Abhängigkeit anbetrifft, und er sollte sich Hilfe holen, um seine Sucht zum Stillstand bringen zu können.
    In relativ vielen Berichten hier im Forum kannst Du lesen, dass oft die betroffenen Alkoholiker aktiv etwas gegen ihre Sucht unternommen haben. Nur halt die Partner*in, die von der Sucht lange Zeit in Mitleidenschaft gezogen wurden, haben nichts für sich gemacht, und gemeint, es würde wieder alles in der Beziehung in Ordnung kommen, wenn der Partner nicht mehr trinkt.
    Das Resultat war oft eine Trennung in der abstinenten Zeit des Alkoholikers. Sie haben und konnten sich weiterentwickeln, während die Partner*in, in ihrem alten Verhalten stehen geblieben sind.


  • Ich stimme überhaupt nicht zu „dass einer von Euch beiden etwas machen muss“.
    Ihr solltet beide „etwas“ machen, und zwar jeder für sich.

    Ich spiel mal Radio Eriwan: im Prinzip "Ja"

    nur, wenn er nichts macht, was ich nach Leonies Beschreibung für eher wahrscheinlich halte, dann kann sie ja bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten, bis "beide"...
    Beide ginge ja nur, wenn er von sich aus etwas (und mit "Etwas" meine ich etwas Konkretes, wie z.b. selbst aktiv Hilfe suchen) unternehmen wollte...aber das habe ich nirgends gelesen.

    Gruß Susanne

  • Vielen lieben Dank für eure Antworten. Gut dass ich hier gelandet bin. Danke!!!

    Ich bin so gespannt, was jetzt passiert. Ich merke dass sich irgendetwas ändern wird.


    Wie seht ihr das mit Vorwürfe, aufzeigen von Problemen usw mit dem Süchtigen?

    Lese dazu ganz unterschiedliche Meinungen.


    Einerseits sind es kranke Menschen..
    Andererseits machen sie uns auch krank..

    Das löst in mir Wut aus, die irgendwie raus muss.


    Würde ihm gerne heute Abend das mit der Co Abhängigkeit erzählen.

  • Die Vorwürfe ändern meistens nicht viel und wenn, dann nur kurzfristig. Starker Alkoholkonsum setzt außerdem auch die Stresstoleranz herunter und die Vorwürfe sind Stress für den Trinker, also hat er zwar vielleicht ein schlechtes Gewissen, aber weil er das nüchtern kaum aushalten kann muss er dann wiederum trinken. Ein Teufelskreis.

    Das heisst aber auf der anderen Seite nicht, das Angehörige nun alles kommentarlos "schlucken" müssen. Angehörige dürfen genau so sagen, wie sie sich dabei fühlen.
    Ich denke wichtig dabei ist, bei sich selbst zu bleiben. Also nicht "Du Vollpfosten bist schon wieder besoffen", sondern eher "mir geht es schlecht damit, wenn ich Dich nur noch betrunken sehe und wir gar nichts mehr zusammen machen können. Deswegen muss ich mir nun etwas suchen, was mir hilft.
    Letztendlich kann man sich ja auch so trennen, dass der Andere nicht der Schuldige ist, sondern weil es einfach nicht mehr geht.

    Es gibt ein Buch von dem Paartherapeuten Michael Möller "Die Wahrheit beginnt zu zweit". Da geht es ganz unabhängig vom Alkohol darum, dass Paare sehr oft einen vorwurfsvollen Kommunikationsstil pflegen "Du hast aber".." - "Aber Du auch" und das "ewige Spielchen" das man mit Vorwürfen und Gegenvorwürfen führen kann, ist wohl ziemlich verbreitet. "Kolonialisierung" ist auch so ein Konzept, das darin vorkommt, dass man dem Anderen alles mögliche unterstellt, Absichten, Gedanken, etc. und dass man überhaupt meint, man wüsste schon was der andere so meint oder man glaubt, man wüsste besser als der Andere, was gut für ihn wäre, man sich also "in seinem Kopf" bewegt. Es geht um so ganz normale, alltägliche Herabwürdigungen und Verletzungen im Beziehungsalltag, die sehr oft vorkommen, von denen die meisten Leute aber gar nichts merken..nur die resultierende schlechte Stimmung, und jeder fragt sich, woher das nun wieder kommt.Ist ganz interessant zu lesen und damit zu arbeiten.

  • Liebe Susanne,
    vielleicht ein Missverständnis?
    Ich meine, dass Beide, Leonie für sich, und ihr Mann für sich, ganz unabhängig voneinander aktiv etwas gegen ihre Krankheiten/Abhängigkeiten machen sollten.
    Selbst wenn er jetzt Hilfe annimmt, um seine Sucht zum Stillstand bringen zu können, sollte Leonie etwas für sich tun.
    Beides, Co-Abhängigkeit genauso wie Sucht, sind separate Krankheitsbilder, die sich nicht damit „auswachsen“, weil eines davon aktiv bearbeitet wird.

    Liebe Leonie,

    Vorwürfe bringen in der Tat überhaupt nichts, und sind eher kontraproduktiv.
    Was völlig anderes ist Abgrenzung, konsequentes Handeln und deutliche Distanzierung, wenn er getrunken hat, bzw. weiterhin nichts gegen seine Sucht macht.
    Die klare Benennung dessen, was „im Argen liegt“ ist immer besser, als ein Verschweigen und einfach nur Abwarten.

    Zitat von “Leonie“

    Einerseits sind es kranke Menschen..
    Andererseits machen sie uns auch krank..


    Gilt im Übrigen auch für die Co-Abhängigkeit!

    Lies Dir mal den Beitrag von Gerchla durch, und informiere Dich über Craft, wenn Du Deinen Mann sinnvoll und gesund in seinen Bemühungen, die Sucht zum Stillstand bringen, unterstützen willst, ohne Dich selbst dabei aus den Augen zu verlieren!

  • Lieber Dietmar,

    Vielleicht stehe ich ja selbst auf der Leitung oder habe etwas missverstanden.

    Deswegen frage ich jetzt mal Dich, Leonie, ganz direkt:
    hast Du denn den Eindruck, dass Dein Mann mit dem Trinken aufhören möchte? Ich meine jetzt nicht, wenn Du ihm Vorwürfe machst und er Dir unter Druck irgendetwas verspricht, sondern so wirklich "auch von sich aus"?

    Zu der Art der Kommunikation noch was:
    Je klarer Du selbst weißt, wie es Dir geht, und je genauer Du weißt, was Du willst, was Du auszuhalten bereit bist und was Du eventuell auch durchziehen würdest, desto genauer kannst Du Deinem Gegenüber sagen, wie weit Du mitmachst oder eventuell auch nicht mehr. Und Klarheit in der Kommunikation, also auch selbst nicht immer wieder Rückzieher zu machen, ist in der Kommunikation mit dem Abhängigen ganz wichtig. Denn genau das, viel ankündigen und dann bei nächster Gelegenheit wieder umwerfen, kann man im Prinzip jahrzehntelang machen, ohne dass sich viel dabei ändert. Das ist ja genau die Situation, die Du mit ihm so satt hast.

    Auch der Abhängige merkt, wenn Trennungsdrohungen nur "leere Sprüche" sind, das beeindruckt ihn über kurz oder lang nicht mehr. Und Streitereien..kommen und gehen, deswegen muss man auch nichts machen.
    Dagegen habe ich schon öfter erlebt und gelesen, dass es Abhängige durchaus merken und dann auch selbst etwas ändern, wenn es der Co-Partner dann wirklich ernst meint. Ohne Garantie.

    Und dann noch was: Du schreibst, dass es Dir mit der Situation sehr schlecht geht. Hast du den Eindruck, das es Deinem Mann in dieser Situation genauso schlecht geht? Das ist wieder der Punkt: bist nur Du an Deinen Grenzen oder ist er auch schon an SEINEN Grenzen?
    Jedenfalls darfst Du Deine eigenes Leiden an der Situation schon ernst nehmen, und Du hast ja genau so ein Recht darauf, nach "Deiner Fassung" glücklich zu werden, wie Dein Mann es auch hat, nach seiner Fassung zu leben.

    Gruß Susanne

  • Hallo Susanne,

    vermutlich hast Du schon richtig gelesen, dass Leonie wenig von der Veränderungsbereitschaft ihres Mannes schreibt.
    Meinem Verständnis nach geht es hier, im Angehörigenbereich, aber nicht primär darum, über die trinkenden Partner zu reden (schreiben), sondern eine Hinwendung zur eigenen Persönlichkeit und dmn eigenen Problem in Gang zu setzen.
    Die völlig Konzentration auf den trinkenden Partner, das krampfhafte Bemühen, ihn in seiner Sucht verstehen zu wollen, die gesamte Spekulation über ihn, hat ja letztlich zur eigenen, selbstständigen Problematik der Angehörigen geführt.

    Die ganzen Tipps „wie gehe ich mit dem Süchtigen um“ usw. führen eher dazu, dass Angehörige sich noch mehr in seine süchtige Verhaltensweisen verstricken, weil sie dabei ja unbedingt auf sein Verhalten angewiesen sind.
    Es geht darum, dass sie wieder zu sich „zurückfinden“. Ihre eigenen Wünsche, Wahrnehmungen und Lebens- und Partnervorstellungen ernst nehmen. Sich nicht (mehr) vom Verhalten des Partners abhängig machen, und ihr Empfinden nicht davon abhängig machen, wie er gerade drauf ist.

    Dann spielt es auch zunächst einmal überhaupt keine Rolle, ob er nun selbst den Wunsch hat, mit dem Trinken aufzuhören, oder nicht. Ganz unabhängig davon, sollten Angehörige ihren Weg finden können, wie sie mit sich selbst umgehen wollen.
    Und um das (wieder) zu erlernen, müssen sie meist – völlig eigenständig, egal was der trinkende oder nichttrinkende Partner macht – etwas für sich tun.

    Ich hoffe, Du verstehst meine Intention!?

  • Hallo Dietmar,

    Ja ich denke, ich verstehe Deine Intention schon.

    Und ich denke, so weit weg davon


    Meinem Verständnis nach geht es hier, im Angehörigenbereich, aber nicht primär darum, über die trinkenden Partner zu reden (schreiben), sondern eine Hinwendung zur eigenen Persönlichkeit und dmn eigenen Problem in Gang zu setzen.
    Die völlig Konzentration auf den trinkenden Partner, das krampfhafte Bemühen, ihn in seiner Sucht verstehen zu wollen, die gesamte Spekulation über ihn, hat ja letztlich zur eigenen, selbstständigen Problematik der Angehörigen geführt.

    bin ich nicht. Das meine ich eigentlich mit dem "sie muss was tun", denn sie hat ja auch das Problem mit der Situation (ob er auch eins hat, weiß ich nicht)...falls rübergekommen sein sollte, ich meinte, sie müsste sich primär um ihn oder die Beziehung bemühen, wenn er das nicht tut - das meinte ich nicht.

    Gruß Susanne

  • Hallo Leonie,

    ich möchte Dir auch ein paar Gedanken von mir da lassen.

    Ich denke, Du solltest Dir immer eines bewusst machen:

    Du und Deine Kinder sind das Wichtigste in Deinem Leben. Sei Dir wichtig! Bei allem was Du tust oder nicht tust solltest Du Dich, Dein Leben, Dein Wohlbefinden in den Vordergrund rücken. Das gilt ungeingeschränkt natürlich auch für Deine Kinder.
    Das ist das eigentlich Entscheidende. Es geht nicht um Deinen Mann, um seine Sucht, sein Leben sondern es geht um Deines. Es ehrt Dich ja, wenn Du erkennst, dass Dein Mann krank ist. Und das stimmt natürlich auch. Das darf aber nicht dazu führen, dass Du deshalb Dein Leben (inkl. das Deiner Kinder) dauerhaft hinten an stellst.

    Weißt Du, hier geht es ja nicht um eine Krankheit wie z. B. Krebs, wo der Patient es selbst nicht mehr in der Hand hat, wo er angwiesen ist auf fremde Hilfe. Es geht auch nicht um einen Pflegefall, der sich selbst nicht mehr versorgen kann und den man nicht einfach mal so sitzen lassen will. Es geht um Alkoholsucht, eine schlimme Krankheit, deren Genesung jedoch im Gegensatz zu z. B. einer Krebserkrankung, ausschließlich in den Händen des Betroffenen selbst liegt. Dein Mann (wie jeder andere Alkoholiker auch) hat es in der Hand. Es ist seine Entscheidung: weiter trinken oder die zahlreich vorhandenen Hilfsangebote annehmen und etwas gegen die Sucht unternehmen. Er ist dieser Krankheit also nicht hilflos ausgeliefert.

    So sieht es einfach mal aus.

    Vielleicht stellst Du Dir jetzt die Frage: Was kann denn dann jetzt dazu führen, dass er umdenkt, dass er tätig wird, etwas unternimmt? Würde er vielleicht zur Erkenntnis kommen, wenn Du und die Kinder ihn verlassen würden?

    Und genau das wäre meiner Meinung nach der falsche (Denk-)Ansatz. Du solltest Dir keine Gedanken darüber machen, was Du tun könntest, dass er "zur Vernunft" kommt. Du solltest einfach nur das tun, was Du möchtest und was idealerweiese auch gut für Dich und Deine Kinder ist. Kompromisslos. Sollte das dann dazu führen, dass er in Grübeln kommt, schön führ ihn. Sollte es dazu führern, dass er nochmehr säuft, nicht schön für ihn aber seine Entscheidung. Verstehst Du was ich Dir sagen will? Es wird Dir (und auch ihm) nichts helfen, wenn Du seine Krankheit, sein Wohlbefinden in Deinen Fokus rückst. Du musst Deine Bedürfnisse und Wünsche durchsetzen, notfalls auch harte Entscheidungen treffen.

    Zitat

    Natürlich sehe ich in uns auch eine Familie. Abgesehen von dem Alkoholprob lieben wir uns.


    Zu diesen beiden Punkten möchte ich noch etwas sagen:

    Die Familie, die Kinder. Kinder leiden am meisten, ich weiß es aus eigener Erfahrung. Meine Tochter (im Grundschulalter als ich aufhörte), hatte anschließend psychologische Betreuung um das ganze verarbeiten zu können. Es ist fatal der Kinder zu liebe eine Beziehung aufrecht erhalten zu wollen. Fatal für die Kinder, aber auch fatal für einen selbst. Und was die Liebe betrifft: Liebe ist keine Einbahnstraße und Lippenbekenntnisse sind keine Basis für eine echte Liebe. Ich bin selbst Alkoholiker und ich sage heute, dass ich in meiner nassen Zeit nicht fähig war zu lieben. Nicht so, wie es dieses große Wort eigentlich meint. Zwar gab es Liebesschwüre meinerseits zu jeder passenden Gelegenheit, jedoch waren es nur Worte. Der Alkohol hat die eigene Seele viel zu sehr im Griff um noch Platz für echte Liebe zu lassen. Am Ende hat er immer gesiegt, hat immer verhindert das ich mich gegen ihn und für die Liebe entschieden habe.

    Das waren meine Gedanken zu Deiner Geschichte. Alles Gute wünsche ich Dir und das Du die richtigen Entscheidungen treffen kannst.

    LG
    gerchla


  • Lieber Dietmar,

    Vielleicht stehe ich ja selbst auf der Leitung oder habe etwas missverstanden.

    Deswegen frage ich jetzt mal Dich, Leonie, ganz direkt:
    hast Du denn den Eindruck, dass Dein Mann mit dem Trinken aufhören möchte? Ich meine jetzt nicht, wenn Du ihm Vorwürfe machst und er Dir unter Druck irgendetwas verspricht, sondern so wirklich "auch von sich aus"?

    Hallo nochmal. Nein, er macht immer nur den Anschein aufhören zu wollen wenn bei mir das Maß bis zum Anschlag VOLL ist.

    Von sich selbst aufhören, niemals.

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