verzweifelt, unsicher und unschlüssig

  • Ich bin neu hier in diesem Forum - bin zwar schon seit Monaten/Jahren stille Leserin diverser Foren bezüglich Alkohol in der Partnerschaft, aber nun ist es so weit, dass ich hier aktiv werden muss. Kurz zu mir: Ich (w), 34 Jahre bin seit 2 1/2 Jahren mit meinem Freund, 42 Jahre zusammen. Von Anfang an war mir klar, dass er dem Alkohol nicht abgeneigt ist. Da ich aber selbst damals wenig getrunken hatte, dachte ich mir, ich müsste hinsichtlich Alkohol einfach toleranter sein. Der Durchschnitt der Bevölkerung trinkt einfach mehr als ich. Wieviel ist schon normal?! Im Laufe der Beziehung hatte ich das Gefühl, dass sein Alkoholkonsum (er trinkt "nur" Bier) stetig steigt. Diesen Gedanken versuchte ich zu verwerfen, in dem ich mir einredete, dass ich mir das nur einbilde. Mittlerweile trinkt er täglich. Es gibt Ausnahmetage, wo er nur 1 Bier trinkt (ca. 3 x im Monat) - an den anderen Tagen trinkt er zwischen 3 und 10. Obwohl wir ursprünglich vorhatten zusammen zu wohnen, ist es nie wirklich dazu gekommen, weil ich ihn nicht sehen möchte, wenn er betrunken ist. Da ich meine eigene Wohnung habe, flüchte ich mich in die eigenen vier Wände, wenn ich die Vermutung habe, dass es beim Stammtisch oder beim Pizzamann um die Ecke ausarten könnte. Ich begleite ihn nie ins Wirtshaus; er trinkt aber auch zuhause. Er ist ein herzensguter Mensch und wird überhaupt nicht ungut mir gegenüber, wenn er getrunken hat. Ich verstehe ihn nur nicht mehr, weil er so verwaschen redet - daher bin ich an einer Kommunikation in solch einem Zustand nicht mehr interessiert. Hinzu kommt, dass er am nächsten Tag sowieso nicht mehr weiß, worüber wir gesprochen haben; somit ist jegliche Konversation ja zwecklos.
    Der Grund, warum jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, mein Leid mit anderen zu teilen ist, dass ich das Gefühl habe, dass er todunglücklich ist, wenn er mit mir Zeit verbringt. Er wirkt total apathisch, depressiv und antriebslos. Es macht mich unglaublich traurig ihn so zu sehen und ihm nicht helfen zu können, geschweige denn ihn nicht glücklich machen zu können. Vor zwei Tagen wollten wir uns bei mir zuhause sehen - mittags hat er mir dann mitgeteilt, dass er doch nicht zu mir kommt. Es läge nicht an uns - er möchte einfach nur alleine sein. Ich kann es absolut nachvollziehen, dass man hier und da alleine sein möchte, aber ich denke, dass er die Zeit nicht zum Alleine sein nützt, sondern sich lieber im Beisl betrinkt, als mich zu sehen. Wieder etwas, was mich echt kränkt. Ich hab schon echte Selbstzweifel. Nicht nur, weil er mich nicht sehen möchte, sondern auch, weil ich das Gefühl habe, nicht mehr attraktiv für ihn zu sein. Ich hab ihn schon auf das Thema Sex angesprochen (wir haben schon ca. einem 3/4 Jahr nicht mehr miteinander geschlafen): er meint, dass er im Moment so viel Stress in der Arbeit hat und durch seinen Führerscheinverlust er derzeit einfach nicht kann. Seinen Führerschein hat er nun wieder (er hat bereits drei Mal den Führerschein verloren, aber "erst" 1 x seit wir zusammen sind), aber mehr als auf der Couch Arm in Arm zu liegen ist nicht. Des Weiteren leidet er unter extremen Schlafstörungen, sodass es uns nicht möglich ist, ein Bett zu teilen. Wenn er schläft, schnarcht er so laut und knirscht mit den Zähnen, dass ich nicht schlafen kann oder er ist eben munter und will fernsehen. Natürlich ist er dann tagsüber für kaum was zu gebrauchen. Ich selbst bin eher ein aktiver Mensch, habe Hunde und ein Pferd, die ich allesamt vernachlässige, damit ich mit meinem Freund Zeit verbringen kann. Durch seine antriebslose Art zieht er mich natürlich auch runter. Eine Zeit lang habe ich versucht ihn für diverse Aktivitäten zu begeistern, z.B. Spazieren gehen mit den Hunden, ausreiten, aber es ist ihm alles zu anstrengend. Er ist starker Raucher und bewegt sich kaum. Mich stempelt er als sportsüchtig und hyperaktiv ab. Wenn ich ihn auf, meiner Meinung nach übermäßigen Alkoholkonsum anspreche, belächelt er das nur und meint, dass ich nicht normal bin, weil ich (mittlerweile) gar nichts mehr trinke. Ich bin echt ratlos, was ich machen soll,...wir teilen ein einziges gemeinsames Hobby miteinander: das ist das Motorrad fahren, aber das kann ja nicht die Basis einer Beziehung sein. Er sagt er liebt mich und ich liebe ihn, aber langsam hab ich diese Achterbahnfahrt satt. Es ist ein ewiges auf und ab. Einige Zeit gehts gut, obwohl er nie das Trinken einstellen würde und dann zieht er sich zurück. In den 2 1/2 Jahren in denen wir zusammen sind, kamen diese Rückzugsphasen ca. 8 x vor (immer etwa für 1 Woche bis 10 Tage). In der Zeit schreibt er mir nur Nachrichten und teilt mir mit, dass ich ihm fehle. Ich bin so ratlos, gekränkt und traurig,...Hat schon Jemand etwas Ähnliches erlebt? Über einen Gedankenaustausch wäre ich dankbar!

  • Hallo Husky1984,

    willkommen im Forum!

    Als ich Deinen Beitrag las, dachte ich: Es ist so offensichtlich, wo das tatsächliche Problem liegt, es springt einem ja direkt aus Deinem Beitrag an, aber leider können viele Betroffene es selbst nicht erkennen – und vor allem sind sie noch nicht in der Lage, die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
    Angehörige von Alkoholikern lassen sich m. E. oft viel zu sehr in die Sucht des trinkenden Partners verstricken, statt ihr eigenes Problem die Co-Abhängigkeit, zumindest aber die Gefahr, in die Co-Abhängigkeit zu rutschen, erkennen zu können.
    So scheint es auch bei Dir zu sein.
    Da Du schon viel hier im Forum gelesen hast, weißt Du aus den Erfahrungen der Forumsteilnehmer, dass nur der trinkende Partner etwas gegen seine Sucht tun kann, wenn und wann er das will.
    Daraus geht auch hervor, dass sich leider sehr viele Angehörige an ihren vergeblichen Bemühungen, den Partner zur Umkehr bewegen zu wollen, auf- und abarbeiten.
    Solange, bis sie selbst so tief in die Suchtproblematik verstrickt sind, dass sie eine eigenes Krankheitsbild, eben die Co-Abhängigkeit entwickeln, und selbst per Definition „krank“ werden.

    Die Signale Deines Partners sind klar und deutlich:


      [li]Ich will noch nicht mit dem Trinken aufhören.[/li]
      [li]Ich will ungestört trinken (ohne Dich und Deine Meckerei – die auch still erfolgen kann.). [/li]
      [li]Ich bin lieber mit meiner Nr. 1, dem Alkohol zusammen, als mit Dir. [/li]
      [li]Ich will zwar beides haben, den Alkohol und Dich, aber wenn ich die Wahl habe, ziehe ich meine Nr. 1 Dir vor. [/li]
      [li]Es interessiert mich (noch nicht), wo die Grenzen zum schädlichen Missbrauch sind, und ob die von mir konsumierte Menge zu gravierenden Schäden an meinem Körper und Geist führen kann. [/li]
      [li]Jeden Deiner Versuche, mich darauf hinzuweisen, oder mir andere, nüchterne und alkoholfreie Wege nahezubringen, ziehe ich ins Lächerliche, weil ich auf meine Nr. 1, den Alkohol, unter keinen Umständen verzichten möchte. [/li]


    Das sind klare, sehr starke Botschaften, die Du aber momentan nicht verstehen und akzeptieren möchtest.

    Was dann wiederum bedeutet – siehe oben – dass Du immer tiefer in diesen Strudel der Sucht hineingezogen wirst, in Deiner Hilflosigkeit Deine eigene Autonomie verlierst, und sich schließlich alles nur noch um Deinen Partner, sein Trinken, und dessen Auswirkungen drehen wird. Kurz: Du hast Dich selbst dann völlig aus den Augen verloren …

    Ich verstehe sehr gut, wie schwer es ist, an diesem Punkt dem Partner die klare Botschaft zukommen zu lassen: Solange Du weitertrinkst, will ich nicht mehr mit Dir zusammen sein, egal was für ein lieber Mensch Du bist, egal wie sehr ich Dich liebe und mich nach Dir (nüchtern) sehne. Ich möchte nicht auch krank werden, mich in Deine Dich und mich schädigende Sucht verstricken, sondern ein freies, autonomes Leben führen, dass mir nicht von Deiner Sucht diktiert wird.
    Ich liebe Dich trotzdem, aber solange Du trinkst, werde ich meinen Lebensweg ohne Dich weitergehen, weil das „meine Rettung“ ist.
    Wenn Du so weit bist, dass Du Dich um „Deine Rettung“ kümmern willst, bin ich gerne wieder für Dich da.

    Das nennt man dann: In Liebe loslassen.

    Wie es mit Dir weitergeht, wenn Du nicht loslässt, kannst Du aus den vielen Angehörigenbeiträgen im Forum hier lesen.
    Relativ oft tritt dann auch bei den Angehörigen ein Zustand ein, den man genauso von trinkenden Alkoholikern kennt: Sie stecken irgendwann so tief in ihrer Sucht, dass sie sich nur noch sehr, sehr schwer daraus befreien können.

    Empfehlenswert wäre für Dich ggf. auch ein Gespräch bei einer Suchtberatung, die Angehörige von Suchtkranken in ihrer eigenen Co-Abhängigkeitsproblematik berät. Auch der reale Besuch einer Selbsthilfegruppe für Angehörige, wie sie von diversen Suchtselbsthilfe-Verbänden angeboten werden, wäre hilfreich.

  • Hallo Husky1984,

    schön, dass Du Dich entschlossen hast hier selbst aktiv zu werden.

    Ich werde bald 50 Jahre alt, bin Alkoholiker und lebe jetzt schon länger ohne Alkohol. Dietmar hat Dir eine sehr wichtige Analyse der Situation in der Du Dich gerade befndest gegeben. Ich kann dem inhaltlich wirklich nichts hinzu fügen.

    Ich will Dir nur noch einen kleinen Einblick in mein Alkoholiker-Inneres geben. Dir meine Gedanken und Erfahrungen aus meiner nassen Zeit berichten. Denn als ich las, wie sich Dein Partner Dir gegenüber verhält, wie er sich zurück zieht, wie er sich kaum noch am Alltagsleben beteiligt und immer nur "seins" macht, da musste ich mehrmals nicken. Nicken deshalb, weil ich das auch so bei mir erlebt habe. Vielleicht ist meine Situation nicht ganz übertragbar, weil ich komplett heimlich trank und meine Frau nichts wusste (wohl aber ahnte das etwas nicht stimmen konnte).

    Aber auch ich wollte meine Ruhe, ich wollte und konnte mich nicht mehr am Alltagsleben beteiligen. Ich konnte keine sportlichen Aktivitäten mehr machen und suchte immer Ausreden wenn meine Frau z. B. mal wieder mit mir Laufen gehen wollte. Dazu war ich rein körperlich gar nicht mehr in der Lage, hatte ich doch fast immer Alkohol im Blut und war einfach völlig ausgebrannt. Soziale Kontakte, sich mit Freunden treffen, mal irgendwo hin gehen usw. - ich versuchte es zu vermeiden so gut es ging. Weil ich dort i. d. R. nicht trinken konnte! Nur deshalb. Und wenn doch, dann nicht in dem Maße wie ich es gebraucht hätte. Ich konnte mir ja nicht bei einem Nachmittags-Besuch bei Freunden 5 Bier reinkippen. Die ich aber mindestens brauchte um mich einigermaßen normal zu fühlen.

    Also vermeiden, tarnen, täuschen. Und wenn es unvermeidbar war, irgendwie den Alkohol mitschmuggeln und auch auswärts heimlich trinken. Was natürlich ein hoher Stressfaktor war. Deshalb lieber vermeiden und abschotten.

    Bei mir ging das "in Ruhe trinken wollen" so weit, dass ich sogar Dienstreisen vortäuschte, die es gar nicht gab. Oder Dienstreisen länger dauerten, als sie eigentlich dauerten. Um dann in der "gewonnenen" Zeit in Ruhe trinken zu können. Es ist unvorstellbar für einen gesunden Menschen wie erfindungsreich (positiv ausgedrückt) ein süchtiger Mensch werden kann um seine Sucht zu befriedigen. Lügen, betrügen, manipulieren - die gesamte Palette, ich hatte alles drauf. Nur eines war wichtig: Alkohol um damit die Flucht aus meinem Leben erreichen zu können. Wieder und immer wieder und am Ende immer exzessiver.

    Stellt sich die Frage nach dem Grund. Tja, ich hatte keinen klar zu bennenden Grund, weshalb ich das tat. Nicht weil meine Frau so schlimm gewesen wäre (im Gegenteil, sie hat alles versucht unsere Beziehung irgendwie zu retten), nicht weil mein Job so schlimm gewesen wäre (im Gegenteil, ich saß fest im Sattel und war sehr erfolgreich), nicht weil ich irgendwelche Schicksalsschläge nicht verarbeitet hätte, nein, ich hatte keinen offensichtlich erkennbaren Grund, weshalb ich so in diese Sucht gerutsch bin. Die wahren Gründe erfuhr ich erst, nachdem ich trocken war und alles aufgearbeitet habe, was aber jetzt ein ganz anderes Thema ist.

    Nichts konnte mich da heraus holen. Immer wieder mal hatte ich helle Momente, wo ich mein Trinkverhalten wieder in den Griff bekommen wollte. Heimlich natürlich weil ja keiner davon wusste. Es scheitere immer, es musste immer scheitern. Selbst die tiefe Liebe zu meinen Kindern, die wirklich mein ein und alles waren, konnte mich nicht dazu bewegen mit dem Trinken aufzuhören. Geschweige denn meine Frau, die zwar nicht wusste das ich trank, jedoch genau spürte das ich krank war. Und alles versuchte unser gemeinsames Familienleben irgendwie wieder ins Lot zu bringen. Konnte sie aber nicht, denn sie konnte mich nicht mehr erreichen. Da war ja schon, wie Dietmar schön beschrieben hat, meine Nr. 1, der Alkohol.

    Ich habe meine Sucht erst dann überwinden können, als ich ich das wollte. Ich allein, niemand sonst. Niemand von außen, kein Anstoss von außen. Ich wollte es, plötzlich, ungeplant, quasi spontan, ohne vorher eine Strategie dafür entwickelt zu haben. Ich wollte es und ich wusste auf einmal: Jetzt ist schluss! Niemanden zu liebe, nur meiner selbst wegen.

    Und da funktionierte es. Für meine Ehe war es längst zu spät, für mich glücklicherweise nicht.

    Warum schreibe ich Dir das jetzt, wo doch Dietmar schon alles gesagt hat? Ich schreibe es Dir, damit Du die Parallen zu Deinem Partner ziehen kannst. Mit dem Wissen, dass Dein Partner wahrscheinlich ähnlich tickt wie ich damals, wie alle trinkenden Alkoholiker eben meist ticken. Es sind immer ähnliche Verhaltenweisen, ähnliche Muster. Du wirst ihn nicht retten können, aber Du kannst für Dich sorgen und Dich retten.

    Das alleine sollte Dein Ziel sein.

    Was mit ihm passiert hat er selbst in der Hand.

    Alles Gute wünsche ich Dir und einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

  • Hallo Husky1984,
    Zunächst möchte ich dich hier begrüssen und hoffe sehr, dass du vom Austausch mit den „Profis“ hier im Forum profitieren kannst, bzw. dir die Dinge vielleicht klarer werden.

    Ich selbst bin noch relativ neu hier und trinke seit über 8 Monaten keinen Alkohol mehr. Meinen Werdegang kannst du hier im Forum nachlesen. Kurz zusammengefasst bin ich 56 Jahre und habe über 30 Jahre mehr oder weniger heftig getrunken.

    Als ich deinen Beitrag gelesen sind mir einige Dinge durch den Kopf gegangen und deshalb möchte ich dir ein paar Gedanken und auch eigene Erfahrungen schildern.

    Zunächst hat mich dein Beitrag deshalb so berührt, weil deine Schilderungen vor einem Jahr genauso von meiner Freundin hätten stammen können.
    So wie du deinen Freund beschreibst war ich im Prinzip auch. Immer nur Bier, manchmal auch wenig oder gar nichts und manchmal (leider) auch viel zuviel.

    Genau wie du, hatte meine Freundin anfangs wenig Probleme mit meinem Konsum weil ich eben auch betrunken immer noch ein „netter“ Kerl war.
    Meine Freundin hat mich damals so ähnlich wahrgenommen wie du es bei deinem Freund schilderst.

    Teilweise apathisch, meistens null Bock auf gemeinsame Unternehmungen (obwohl ich da doch öfter mitgemacht habe) und vor allem hatte sie erkannt, dass ich im Grunde meines Herzens „todunglücklich „ war.

    Insofern kann ich dir sagen, dass du eine sehr gute Beobachterin bist.

    Ich rauche zwar nicht und kenne deinen Freund nicht aber mein Gefühl sagt mir, dass er sich in einer ähnlichen Gedankenfalle befindet in der ich auch lange war.
    Im Grunde wusste ich genau, dass ich zu viel trinke und dass das auch die Ursache für meine schlechte Laune und meine Antriebslosigkeit war.

    Allerdings wollte ich mir das nie eingestehen und habe auch nicht gesehen, wie sehr ich meine Freundin damit belaste.

    Wir waren zu diesem Zeitpunkt schon fast 12 Jahre zusammen. Jetzt im Nachhinein kann ich erst erkennen, dass sie mir immer wieder mit Andeutungen und ihrem Verhalten zeigen wollte, dass sie leidet (z.B. ist sie auch in ihre Wohnung gefahren wenn ich mal wieder zu viel getankt hatte).

    Das mir das nicht wirklich aufgefallen ist, bzw. dass es mir so ging wie du bei deinem Freund vermutest, nämlich dass ich dann sogar froh war um mich ungestört weiter zu betrinken, zeigt mir im Nachhinein wie sehr der Alkohol die Wahrnehmung und vor allem die Empathie anderen Menschen gegenüber, die man liebt, zerstört.
    Wie du in meinen Beiträgen nachlesen kannst, hat sie eben vor über 9 Monaten die Reißleine gezogen und ist gegangen.

    Es gab keinen großen Streit davor aber ich wusste genau weshalb sie diesen sehr großen Schritt gemacht hatte.
    Sie wollte sich schützen und damit lag sie goldrichtig.

    Der Rest ist soweit schnell erzählt. Ich bin aufgewacht und trinke seitdem nicht mehr. Meine Freundin ist zu mir zurückgekehrt und jetzt haben wir die Beziehung, die sie sich immer gewünscht hatte und ich natürlich auch.

    Ich zitiere mich mal aus einem anderen Beitrag, wie das Ganze damals aus meiner Sicht abgelaufen ist:

    „Als ich vor über 8 Monaten wieder einmal die Schnauze voll hatte und mich meine Freundin wegen meiner Trinkerei verlassen hatte, war die erste Einstellung auch nicht anders.
    Aber ich habe im Gegensatz zu meinen bisherigen Abstinenzversuchen diesmal eine Gruppe aufgesucht und mich umfassend mit meinem Problem auseinandergesetzt.
    So nach cirka 2 Monaten und einer anfänglichen Euphorie, dass ich ja gar nicht so abhängig bin, ist mir jedoch allmählich klar geworden, dass ich mich mein Leben lang im Kreis gedreht habe.
    Ich habe mir grundlegende Gedanken gemacht und kam zu einem klaren Ergebnis:
    Ich kann nicht mit Alkohol umgehen, er macht mich unglücklich und schadet mir!
    Weshalb also nicht ganz darauf verzichten und mich auf ein zufriedenes alkoholfreies Leben einstellen in dem der Alkohol keine Rolle mehr spielt?
    Je länger ich auf den Alkohol verzichtet habe desto besser habe ich mich gefühlt.

    Dinge die ich gar nicht mehr für möglich gehalten habe konnte ich ohne Alkohol bewältigen und je mehr davon, desto mehr ist mein am Boden liegendes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen zurückgekehrt.
    Nach nunmehr 8 Monaten fühle ich mich in dieser Richtung bestätigt und ich habe so etwas wie eine, ich nenne es mal, „stabile Zufriedenheit“ erreicht und die entwickelt sich von Tag zu Tag immer mehr.
    Ich weiß natürlich, dass es immer eine Gefahr gibt aber ich bin im Moment so zufrieden und die Dinge haben sich in jedem Bereich meines Lebens so positiv entwickelt (meine Freundin ist auch wieder zurück ), dass ich im Moment sagen kann, dass es mir an nichts fehlt und dass ich den Alkohol in keinster Weise vermisse.
    Das ist jetzt bei mir so und wahrscheinlich bei jedem anders.
    Ich möchte dir einfach ein positives Feedback geben, wie es laufen kann.
    Ich war 30 Jahre mehr oder weniger ein unglücklicher zerrissener Mensch, dem man das nach außen hin nicht ansah, dass er Probleme mit Alkohol hatte.
    Mich hat auch noch keiner darauf angesprochen und nur meine Freundin weiß von meiner „Geschichte“.
    Ich bin jetzt in einer Situation in der ich gar nicht mehr darüber nachdenke ob ich vielleicht irgendwann ein Bier oder ein Glas Wein trinken kann, bzw. möchte.“
    Mir hat jedenfalls der Verzicht auf dieses Teufelszeug eine ganz neue und positive Lebensqualität zurückgegeben auf die nie mehr verzichten möchte.
    Alleine das Gefühl jeden Tag aufzuwachen und wirklich ich selbst zu sein. 24 Stunden mit klarer Birne durch die jetzt wieder spannende Welt zu laufen.
    Nicht mehr planen müssen wie ich mein Leben mit meiner Sauferei in die Reihe bekomme.
    Die Liste könnte ich noch endlos weiterführen und ich schreibe mir auch jeden Tag auf wie ich mich fühle und wie es mir geht.
    Auch das bringt mich immer weiter weg von meinem falschen „Freund“.

    Wie du unschwer erkennen kannst, stand ich unter einem großen Leidensdruck und habe mich in meiner Trinkerzeit so verhalten, wie es mir der Alkohol vorgegeben hat.
    Das soll keine Entschuldigung sein aber vielleicht eine Erklärung.

    Ich habe mich immer wieder gefragt, was hätte sein müssen, dass ich bereits früher zu der Erkenntnis gekommen wäre, ohne dass es erst zu einem Bruch kommen musste.

    Genau kann ich es nicht sagen aber ich denke, wenn ich bereits früher erkannt hätte, was ich meiner Freundin mit meinem Verhalten antue, dann hätte ich mich auch früher intensiver damit auseinandergesetzt.

    Ihre Andeutungen waren zu wenig für mich denn ich wollte es nicht wahrhaben.

    Insofern wäre eine deutliche Ansage da besser gewesen. Auch wenn ich nicht ausschließe, dass ich dann erst recht dicht gemacht hätte.
    Hätte meine Freundin einen ähnlichen Beitrag damals in solch ein Forum gestellt und ich hätte das „zufällig“ mitbekommen, dann glaube ich, hätte es bei mir vielleicht eher Klick gemacht.

    Wenn ich heute daran denke, wie oft ich sie mit meinem Verhalten unglücklich gemacht habe, natürlich ohne es zu wollen, könnte ich heute noch weinen.

    Ich war unglücklich und wusste es auch. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass einzig und allein der Alkohol daran schuld war. Ich wollte diesem Gefühlschaos entkommen und hatte einfach nicht die Kraft dazu, vielleicht auch weil mein Leben bis dahin nach außen hin gut funktioniert hat.

    Der Impuls, den ich gebraucht habe kam durch das konsequente Handeln meiner Freundin.

    Indem ich gesehen habe, dass ich nicht nur mich unglücklich mache.
    Ich weiß jetzt nicht ob dir meine Geschichte oder Sichtweise etwas nützt.

    Ich weiß auch nicht ob dein Freund in einer ähnlichen unglücklichen Gefühlswelt lebt wie es bei mir war.

    Wenn es so ist, dann solltest du ihm einen eindeutigen Anstoß oder Hinweis geben, wie es in dir aussieht.
    Wenn er in einer ähnlichen „hoffnungslosen“ Lage ist, wird er vielleicht erkennen wo der Ausweg liegt.
    Ich habe den Ausweg gefunden und das ist das Beste was ich in meinem Leben bisher erlebt habe.
    Es ist nicht leicht aber machbar und man bekommt jeden Tag seine Belohnung dafür. Man muss sie nur erkennen.
    Das entspannte Lachen meiner Freundin wenn sie jetzt mit mir etwas unternimmt und sie keine Angst mehr haben muss, dass ich mal wieder zu viel trinke ist es mir jeden Tag aufs Neue wert.

    Allerdings funktioniert das nur wenn er es auch selbst will.

    Ich hatte nach dem Aus mit meiner Freundin 3 Monate in denen ich alleine war. Das war gut so und in dieser Zeit habe ich erkannt, dass ich es für mich selbst und für niemand anders tun muss.
    Diese Erkenntnis ist das Wichtigste.

    Ansonsten wird sich nichts ändern.
    Dann musst du auf dich schauen und dich eben auch selbst schützen.

    Ich wünsche dir alles Gute 44. und hoffe, dass du noch viel mehr Anregungen bekommst, wie du mit der Situation umgehen kannst.

    Changemaker

  • Hallo, Husky1984, und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin m, 56, Alkoholiker und nun schon seit einigen Jahren trocken.

    Mir ging es ähnlich wie Dietmar:

    Als ich Deinen Beitrag las, dachte ich: Es ist so offensichtlich, wo das tatsächliche Problem liegt, es springt einem ja direkt aus Deinem Beitrag an, aber leider können viele Betroffene es selbst nicht erkennen – und vor allem sind sie noch nicht in der Lage, die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
    Angehörige von Alkoholikern lassen sich m. E. oft viel zu sehr in die Sucht des trinkenden Partners verstricken, statt ihr eigenes Problem die Co-Abhängigkeit, zumindest aber die Gefahr, in die Co-Abhängigkeit zu rutschen, erkennen zu können.
    So scheint es auch bei Dir zu sein.

    Und ich musste erst einmal auf das Datum Deines Post schauen - so bekannt kam mir alles vor. Ich hatte das Gefühl eines Déjà-vus, meinte, das alles schon einmal gelesen zu haben.
    Aber so wie sich die Geschichten von uns Betroffenen oft ähneln, so ähneln so auch die Geschichten der Angehörigen. Immer wieder höre ich, wie sich die Angehörigen die Schuld dafür geben, dass der Mann, der Bruder, die Frau ... trinkt, sich abkapselt.
    Und auch hier im Forum wirst Du "Deine" Geschichte wiederfinden ...

    Ich bin so ratlos, gekränkt und traurig,...Hat schon Jemand etwas Ähnliches erlebt?

    All zu oft. Und deshalb bist Du hier an der richtigen Adresse: hier sind die wahren "Profis" - die, die dasselbe wie Du erlebt haben. Die Angehörigen.
    Aber auch die, die Dir sagen können, dass es nicht explizit gegen Dich geht - sondern an der Sucht liegt. Die Betroffenen.

    Ich wünsche Dir jedenfalls viel Kraft - und einen guten, nutzbringenden Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ein herzliches Dankeschön an euch Vier für eure Antworten, Selbsterfahrungen, Anregungen und Tipps. Ich bin begeistert von eurer Hilfsbereitschaft und trotzdem hab ich Tränen in den Augen, weil ich andere Antworten erhofft hätte. Insgeheim hab ich mir nämlich gewünscht, dass man mir sagt, dass ich vollkommen übertreibe und ich das Problem habe und nicht mein Freund. Tagtäglich konfrontiere ich mich mit der Frage, warum er sich betrinken muss bzw. sich phasenweise so abkapselt - ganz plötzlich aus dem Nichts heraus. Jedes Mal denke ich mir, dass es an mir liegt, weil ich ihm vielleicht zu anstrengend bin und er sich deshalb einfach betrinken muss. Der Gedanke ist natürlich auch nicht schön und ich versuche, wenn wir zusammen sind, auf mich und mein Verhalten zu achten, ob dies wirklich ein Grund für ihn sein könnte, sich zu betrinken. Mir ist schon bewusst, dass er vor unserer Zeit auch getrunken hat, aber dieses Wissen gerät in Vergessenheit bzw. will ich es nicht wahr haben. Viel lieber würde ich mir die "Schuld" in die Schuhe schieben und an mir arbeiten, aber ich weiß eben nicht woran. Das lässt mich verzweifeln. Und ihr habt vollkommen recht: ich hab mich selbst verloren: ich weiß nicht mehr, was mir wichtig ist und was mir Spaß macht, weil ich auf alles verzichtet habe um die Zeit zu nützen, wenn mein Freund noch halbwegs nüchtern ist. Daher gestalte ich natürlich auch schon meinen Alltag nach seinen Trinkgewohnheiten und versuche ihn vor Situationen, wo er noch mehr trinken könnte, abzuhalten. Allerdings gelingt es mir ja eh nicht, ihn von etwaigen extremen Besäufnissen abzuhalten, weil er sich bei Bedarf eben zurück zieht und nichts mehr von sich hören lässt. Ich weiß zu dem Zeitpunkt nie, wo er gerade ist oder was er macht oder ob er noch lebt. Ich hasse es, wenn sich meine Gedanken an diesen Tagen nur noch um sein Rückzugsverhalten drehen. Dennoch bin ich dann zu stolz, ihn an solchen Tagen anzurufen und zu fragen, was los ist.
    Ich war ziemlich erschüttert, wie ich gelesen habe, dass ich Gefahr laufe, in eine Co-Abhängigkeit zu rutschen. Ich habe schon viel davon gelesen und mir immer gedacht, dass mir das nie passieren würde. Leider glaube ich, dass ihr recht habt und ich tatsächlich gefährdet bin, co-abhängig zu werden (oder vielleicht bin ich es ja schon). Das macht mir Angst und ich würde mir wünschen, diese Situation schnellstens möglich in den Griff zu kriegen. Derzeit fühle ich mich nur nicht in der Lage einfach alles so hinzuwerfen und meinem Freund zu sagen, dass er mal zur Vernunft kommen soll. Ich kann mit meinem Freund ja nicht mal streiten, weil er so "in sich ruht" oder eben in seine eigene Welt abtaucht. Ich denke, der Vorschlag, dass ich selbst mal professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollte, ist eine äußerst gute Idee, allerdings kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Therapeut es schaffen würde, mir wieder mehr Selbstbewusstsein zu geben und mir das Gefühl nehmen kann, dass ich nicht Schuld an seiner Trinkerei habe. Ich fühle mich nicht nur für ihn verantwortlich, sondern auch für sein Verhalten. Das macht mich wahnsinnig und lässt mich nicht fliehen. Die ganze Situation macht mich so traurig, weil ich davon überzeugt bin, dass die von euch vorgeschlagene Lösung sich einfach von ihm zu verabschieden, die absolut Richtige wäre.
    Ich danke euch jedenfalls für eure Zusprüche, denn es gibt kaum Menschen, mit denen ich mich darüber austauschen kann - schließlich hab ich ja nicht nur mein Leben aus den Augen verloren, sondern auch meine Freunde, bis auf eine Freundin, die ich leider viel zu selten sehe und wenn wir telefonieren, möchte ich sie nicht mit meinen ständigen Problemen mit meinem Freund volllabern. Also nochmals Danke, dass es hier die Möglichkeit gibt, sich auszutauschen!

  • "Natürlich" möchtest du Deine Freunde nicht mit Deinen Problemen "belasten" - dazu sind sie ja auch nicht da. (Sarkasmus-Modus aus).

    Früher war ich immer für meine Freunde und ihre Probleme da und habe geholfen, wo und wie ich konnte. Nur - wenn ICH Hilfe brauchte, stand ich allein auf weiter Flur ... Nur Einer hat mir "geholfen" - der Alkohol.
    Der hat dann nicht nur meine Probleme gelöst, sondern auch meine Freundschaften ....

    HEUTE weiß ich, dass Freundschaft keine Einbahnstraße ist. Ich helfe gerne, sofern und soweit ich kann. Und wenn es auch nur durch das Vermitteln von Hilfe ist.
    Und ich scheue mich nicht (mehr), den Mund aufzumachen, wenn ICH Hilfe brauche.

    Das solltest Du auch nicht - Dich scheuen, um Hilfe zu bitten. Und wenn es einfach nur Jemand ist, der Dir zuhört.

    Und gerade in einer Selbsthilfegruppe für Angehörige wirst Du kompetente Zuhörer finden - die Dir dann auch noch kompetente Ratschläge (weil aus eigener Erfahrung) geben können.
    Ich möchte es Dir nur empfehlen und ans Herz legen.

    Du kannst Dich natürlich auch weiterhin für alles Elend auf dieser Welt verantwortlich machen.
    Aber DU bist nicht für Ihn (und/oder Andere) verantwortlich - und es hilft weder ihm noch Dir. Es macht Dich im Gegenteil kaputt.

    Dann kümmere Dich lieber um DICH und DEIN Wohl!

    Gruß
    Greenfox

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  • Guten Morgen Husky,

    ich möchte Dir einfach nochmal kurz meine Sicht der Dinge darlegen.

    Alles in Dir kreist um Deinen trinkenden Partner. Als ich Deine Zeilen las musste ich ein ums andere mal den Kopf schütteln. Ich will ehrlich sein: ich glaube nicht, dass Du Gefahr läufst Co-Abhänig zu werden, ich glaube da bist Du schon einen Schritt weiter. Du hängst da schon ziemlich tief drin.

    Es ist wichtig dass Du weißt und verstehst, dass Co-Abhängigkeit ebenfalls eine Krankheit ist. Das ist keine Lapalie die sich eben mal nebenher mit ein wenig Disziplin und ein paar guten Tipps lösen lässt. Ich glaube, man kann die Co-Abhängigkeit auch ganz gut mit der Alkoholsucht vergleichen. Hängt man mal drin, ist es eine große Herausforderung wieder heraus zu kommen.

    Weißt Du, es geht ja "nicht nur" darum, jetzt erst mal von Deinem trinkenden Partner weg zu kommen, sondern es geht viel weiter. Es geht darum, dass Du auch dauerhaft von ihm fern bleibst (wenigstens so lange er weiter trinkt) und, was ebenfalls ganz wichtig ist, dass Du dieses Verhaltensmuster ablegst und nicht wieder an ein ähnliches Exemplar gerätst. Wenn ich hier mal den Vergleich zum Alkoholiker ziehen darf: Es reicht nicht, mal eine längere Trinkpause einzulegen und mal eine Zeit lang weg vom Alkohol zu kommen, sondern es geht darum, dauerhaft ohne Alkohol leben zu wollen und zu können. Sonst beginnt das Elend immer wieder von neuem.

    Das ist keine banale Angelegenheit und ich denke aber, dass Dir das bewusst ist. Du musst m.E. also unbedingt lernen, dass es NICHT um Deinen Partner geht sondern ausschließlich um DICH. Du solltest lernen ihn loszulassen, Dich um Deine Belange und um Dein Wohlbefinden zu kümmern und ihm sein Leben lassen. Das er so gestaltet, wie er es möchte. Aktuell will er trinken, dann soll er trinken.

    Ich habe Dir in meinem vorherigen Post hier geschrieben, wie ich selbst als nasser Alkoholiker getickt habe, was in mir vor ging. Mir ist wichtig Dir zu sagen, dass Du daraus NICHT schließen solltest, dass der nasse Alkoholiker ja nichts dafür kann, weil er ja krank ist. Es ging mir nicht darum, dass Du Verständnis für ihn aufbringen kannst sondern nur darum das Du VERSTEHST. Trotz seiner Krankheit hat er es in der Hand seine Situation zu verändern, er ist absolut verantwortlich für das was er tut und für seine Entscheidungen. So wie ich es war. Hätte er eine Krankheit wie z. B. Krebs, hätte er es selbst nicht mehr in der Hand. Aber er ist alkoholsüchtig, genau wie ich auch, und dafür ist er alleine verantwortlich und nur er könnte es ändern, wenn er wollte.

    Es geht also NUR UM DICH. Und sonst um nichts. Das solltest Du verstehen lernen und dann wirst Du es auch schaffen Deine Kranheit zu überwinden. Aber, aus vielen Geschichten weiß ich, dass das nicht einfach ist und oft einen langen Weg bedeutet. Mach Dich auf den Weg, hole Dir Hilfe. Idealerweise professionelle aber auch andere, wie z. B. eine SHG für Angehörige. Es ist wichtig für Dein Leben, dass Du Dich wieder in den Fokus rückst und Dich selbst als das wichtigste in Deinem Leben wahr nimmst.

    Alles Gute wünsche ich Dir dabei!

    LG
    gerchla

  • Hallo Husky1984,

    als ich jetzt deinen zweiten Beitrag gelesen habe wurde mir viel deutlicher bewusst, wie sehr du unter dieser Situation leidest.
    Wie du aus den anderen Antworten bereits mitbekommen hast, befindest du dich anscheinend bereits in einer Co- Abhängigkeit.

    Das kam in deinem ersten Beitrag nicht so massiv bei mir an.

    Jedenfalls scheinst du unter einem massiven Leidensdruck zu stehen und versuchst nun einen Weg zu finden die Situation zu verbessern.

    Allerdings wirst du am Hauptproblem nichts ändern können denn das ist die Trinkerei deines Freundes.

    Meine Freundin hat damals mit mir Schluss gemacht um sich zu schützen, obwohl es ihr unendlich schwer gefallen ist.
    Im Nachhinein hat sie mir erzählt, dass ihr ganzes Denken nur noch um mich und meine Trinkerei gekreist ist.
    Sie hat dadurch ihre Lebensfreude fast verloren und hat die Konsequenz gezogen.

    Mir selbst ist das in meinem Nebel gar nicht aufgefallen und auch das ist eine typische Auswirkung des Trinkens. Es ist einem einfach nicht wichtig genug und man hat eine ganz klare Priorität gesetzt, nämlich das Trinken.

    Allerdings hat sie es mir auch nie in aller Deutlichkeit gesagt, vielleicht hätte mein Umdenken dann schon früher eingesetzt.
    Ich weiß nicht wie dein Freund da so tickt, aber ich vermute, dass es ihm durchaus auch bewusst ist, dass er ein Alkoholproblem hat.

    Den Gedanken dich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen finde ich sehr gut.

    Dort triffst du auf Gleichgesinnte und dir wird vielleicht viel klarer, was das Ganze mit dir macht.
    Es ist dein Leben und so wie ich es gelesen habe, hast du zurzeit fast keins mehr.
    Du denkst es liegt an dir?
    Mitnichten, ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass meine Trinkerei durch meine Freundin verursacht ist.

    Ich kann mich nicht in einen Co-Abhängigen reinversetzen aber ich denke, dass es so ist wie Gerchla schreibt, nämlich dass das ein ähnlich großes Problem ist wie die Abhängigkeit selbst.
    Aber du nichts am Grundproblem ändern, das liegt einzig und allein bei deinem Freund.

    Vielleicht hast du das Glück, dass er zur Besinnung kommt wenn du ihm glasklar aufzeigst was es mit dir macht und dass du darauf keine Lust mehr hast, so wie es bei mir war.

    Wenn nicht, dann bist du machtlos und dann bleibt dir nur die Konsequenz der Trennung.
    Ich weiß, dass du das nicht hören willst aber ich kenne keinen anderen Weg, bzw. kenne ich keinen.

    Was wäre denn deine Wunschvorstellung?

    Dass er weniger trinkt? Das funktioniert leider nicht.

    Ich habe meiner Freundin damals gesagt, dass ich mich ändern werde.
    Sie hat mich dann gefragt wie ich mir das vorstelle.
    „Dann trinkst du halt mal 2 Wochen nichts und dann geht’s wieder von vorne los“ waren ihre Worte.
    Ich bin dann in mich gegangen und musste ihr in jeder Beziehung Recht geben.
    Da sie mich fast täglich sieht, wurde ihr nach ca. drei Monaten klar, dass ich tatsächlich etwas verändert hatte.
    Erst dann konnte sie sich wieder auf mich einlassen
    Es kann auch so laufen aber das ist halt eher die große Ausnahme.

    Du schreibst ja auch, dass du das Gefühl hast, dass er sich in deiner Gegenwart todunglücklich fühlt und dass es an dir liegt.
    Ich kenne das aus meiner Zeit. Ich war allerdings nur deshalb „todunglücklich“ wenn meine Freundin mit mir zusammen war, weil ich dann nicht so trinken konnte wie ich es eigentlich wollte.
    Gleichzeitig war mir bewusst, dass ich ein massives Problem hatte und um diesem >Gefühlschaos zu entkommen gab es für mich nur die Lösung mir das Ganze erträglich zu trinken.
    Es ist ein Teufelskreis für den du in keiner Weise verantwortlich bist.

    Natürlich kann man das Ganze nicht so einfach ablegen.

    Meinen bisher erfolgreichen Weg verdanke ich der Tatsache, dass ich angefangen habe mich mit mir selbst zu beschäftigen, insbesondere mit meinem eigenen Selbstwertgefühl.
    Ich habe begonnen mich mit mir selbst und meinen ureigensten Bedürfnissen auseinanderzusetzen und habe eine Unmenge an Büchern darüber gelesen.
    Da stand Vieles drin was mich so richtig zum Nachdenken gebracht hat.
    Insbesondere die Frage, wie ich mich selbst wahrnehmen würde wenn ich mir begegnen würde.
    Ich habe gemerkt, dass ich zu dem damaligen Zeitpunkt wohl nicht mit mir befreundet hätte sein wollen.
    Inzwischen akzeptiere und mag ich mich selbst.
    Das ist die Grundvoraussetzung.
    Ich gebe mir nicht mehr an allem die Schuld und kann mit meinen Fehlern leben, bzw. versuche mich zu verbessern.
    Dadurch habe ich wieder Lebensfreude entwickelt und das hat diese ganze positive Entwicklung bei mir erst in Gang gesetzt.
    Ich weiß jetzt, dass ich selbst der wichtigste Mensch in meinem Leben bin.

    Diese Sichtweise solltest du auch mal überdenken.

    Du richtest im Moment dein Leben ganz nach deinem Freund aus und verlierst dich dadurch selbst.
    Das kann weder in deinem Sinne noch im Sinne deines Freundes sein.
    Wenn er dir nicht gut tut dann verbanne ihn aus deinem Leben.
    Suche dir eine Gruppe mit Gleichgesinnten denn alle noch so gut gemeinten Ratschläge ersetzen nicht das Gespräch.
    Das habe ich als erstes in meiner Gruppe gemerkt.

    Ich wünsche dir alles Gute und dass du die richtigen Schritte gehst.

    Was für deinen Freund gilt, gilt hier auch für dich.
    Nur du selbst kannst es tun.

    Changemaker


  • Hallo Husky1984,

    … befindest du dich anscheinend bereits in einer Co- Abhängigkeit.

    Das kam in deinem ersten Beitrag nicht so massiv bei mir an.

    Jedenfalls scheinst du unter einem massiven Leidensdruck zu stehen und versuchst nun einen Weg zu finden die Situation zu verbessern.

    Allerdings wirst du am Hauptproblem nichts ändern können denn das ist die Trinkerei deines Freundes.

    Manchmal bin ich geplättet, welche Schlussfolgerungen aus der eigenen Erkenntnis gezogen werden ... :o
    Reicht denn jetzt Co-Abhängigkeit als "Hauptproblem" der davon Betroffenen nicht mehr?

  • Nochmals herzlichen Dank für eure Erfahrungsberichte. Heute gehts mir bisschen besser - vermutlich weil ich meinen Freund zwei Tage nicht gesehen hab (weil er sich wieder mal zurück zieht) und ich ein bisschen zum Nachdenken gekommen bin. Ihr habt mir in den letzten Tagen ziemlich die Augen geöffnet. Das war vielleicht in der kurzen Zeit auch etwas viel für mich. In meiner ersten Nachricht war ich noch nicht mal sicher, ob das (Trink)Verhalten meines Freundes bedenklich ist oder ob ICH überreagiere und ein paar Tage später ist mir nun bewusst, dass meine Probleme größer sind, als ich je befürchtet hatte. Aber ich werde mich tatsächlich nach einer SHG umsehen - ich denke, dass es gut tut darüber zu reden (das Schreiben hat mir schon extrem viel geholfen), auch wenn ich nicht so gern um Hilfe bitte und immer gern Alles selbst in die Hand nehme. Immer so zu tun, als wäre man stark und taff ist auch anstrengend - jetzt bin ich, denk ich, bald bereit Schwäche zu zeigen - das hab ich ja eigentlich auch schon getan, wie ich meinen ersten Beitrag hier geschrieben habe. Ich denke, es liegt ein elendslanger, mühsamer Weg von mir, der von Rückschlägen und neuerlicher Hoffnung geprägt sein wird, aber zumindest ist mir jetzt bewusst geworden, dass ich ein ähnlich großes Problem habe wie mein Freund. Meine Gedanken kreisen nur um sein Trinkverhalten, während seine Gedanken vermutlich nur darum kreisen, wann er wie sein nächstes Bier ergattert. Beides ist krank, aber ich bin ihm einen Schritt voraus: ich bin mir der Problematik bewusst und ich möchte was ändern. Liebend gerne würde ich das mit ihm gemeinsam durchstehen, aber ich bin realistisch genug, dass das eher unwahrscheinlich ist. Das ist traurig, aber ich habe nur ein Leben
    Was mich noch interessieren würde: Mein Freund hat mich letztens gebeten ihm Bier vom Einkaufen mitzunehmen - ich habe gemacht, weil ich mir dachte, dass es eh egal ist, woher er es bekommt. Im Supermarkt ists zumindest billiger. Ich war nur irritiert von der fehlenden Selbstkritik und fehlenden Reflexion. Das Thema Alkohol war schon so oft Thema bei uns und trotzdem soll ich ihm das blöde Bier kaufen?! Wie würdet ihr das in meiner Situation handhaben? Kaufen oder nicht kaufen? Am selben Tag hat er mir außerdem einen Zeitungsartikel geschickt, wo behauptet wurde, dass Bier ein besseres Schmerzmittel als Paracetamol sei. Will er mich damit ärgern oder sucht er nur nach Vorteilen des Trinkens? Ich habs nicht verstanden,...ich hab ihn nur gefragt, ob er Schmerzen hat und gegen den Verfasser des Textes in dieser Klatschzeitung hab ich einen unglaublichen Zorn gekriegt,...nun gut,...wie die Gesellschaft mit der Droge Alkohol umgeht und man ja eher zu den Außenseitern gehört, wenn man nicht trinkt ist ja wieder ein anderes großes Problem,...
    Nochmals Danke für eure Hilfe!!!

  • Guten Morgen Husky,

    ich möchte ein wenig auf das eingehen, was Du geschrieben hast:

    Zitat

    In meiner ersten Nachricht war ich noch nicht mal sicher, ob das (Trink)Verhalten meines Freundes bedenklich ist oder ob ICH überreagiere


    Du hattest ja geschrieben, dass er nahezu täglich irgendwas zwischen 3 und 10 Bier trinkt. Und Du nicht sicher bist, ob es nicht noch mehr ist. Also ehrlich, wenn das nicht bedenklich ist, dann weiß ich auch nicht... ABER, eigentlich ist das gar nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass es DICH stört. Egal welche Menge, egal ob es unbedenklich ist oder nicht. Also, musst Du dafür sorgen, DEINE Wünsche durchzusetzen. Selbstverständlich funktioniert eine Partnerschaft nur, wenn man auch bereit ist mal Kompromisse einzugehen, jedoch sollten diese beiderseitig sein. Dein Partner ist bezüglich seines Alkoholkonsums absolut kompromisslos. Somit musst Du Deine Konsequenzen ziehen.

    Zitat

    Aber ich werde mich tatsächlich nach einer SHG umsehen


    Das würde ich für sehr wichtig erachten!

    Zitat

    Ich denke, es liegt ein elendslanger, mühsamer Weg von mir, der von Rückschlägen und neuerlicher Hoffnung geprägt sein wird,


    Das ist möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich. Aber Du machst Dich wenigsten auf den Weg und wenn Du ihn konsequent zu Ende gehst und Dich trotz möglicher Rückschläge nicht beirren lässt, dann wirst Du dafür reichlich belohnt werden. So wie ich das auch wurde, nachdem ich geschafft hatte meine Sucht zu überwinden. Dieser Weg lohnt sich, glaube mir. Mit der Alternative die Du hättest, nämlich zu verharren und weiter vor Dich hin zu hoffen und zu leiden, würdest Du einfach nur weitere wertvolle Lebenszeit verschwenden. Nichts würde sich ändern, es ginge einfach immer so weiter. Dann lieber einen langen Weg einschlagen der am Ende aber eine mehr als positive Veränderung bedeutet.

    Zitat

    Liebend gerne würde ich das mit ihm gemeinsam durchstehen, aber ich bin realistisch genug, dass das eher unwahrscheinlich ist


    Schon wieder ER - lass ihm sein Leben! Wenn er aufhören will mit dem Trinken, dann soll ER sich darum kümmern und aufhören. Hilfe dazu gibt es genug, er muss es wollen und die Hilfe annehmen. Und wenn er trinken will, dann soll er trinken.

    Du bist NUR für Dich verantwortlich. Kümmere Dich um Dich, damit hast Du mehr als genug zu tun.

    Zitat

    Mein Freund hat mich letztens gebeten ihm Bier vom Einkaufen mitzunehmen


    Das Du für ihn Alkohol besorgst ist ein Co-Abhängiges Verhaltensmuster. Genau wie z. B. für ihn zu lügen usw. Du übernimmst damit seine Aufgaben, in dem Du Dich um seinen Alkoholnachschub kümmerst. Solltest Du auch für ihn lügen, dann würdest damit quasi seine Probleme zu lösen versuchen, z. B. das Problem dass er aufgrund seiner Sauferei nicht in die Arbeit kann oder nicht mit zu einer Verabredung etc. Das alles sind Merkmale einer Co-Abhängigkeit. Richtig wäre es, wenn er seinen Stoff selbst besorgt, denn er will ihn ja, nicht Du.

    Zitat

    Im Supermarkt ists zumindest billiger.


    Naja, ich denke das dient Dir jetzt eher als Rechtfertigung Dir selbst gegenüber. Weil Du wohl irgendwie schon weißt, dass es nicht richtig ist, wenn Du für ihn auch noch den Alkohol besorgst.

    Zitat

    Ich war nur irritiert von der fehlenden Selbstkritik und fehlenden Reflexion.


    Ich nehme mal an Du meinst hier die fehlende Reflexion seinerseits, oder? Also bitte, für ihn ist doch alles wunderbar. Du hast mal wieder so funktioniert wie er es sich wünscht, was will man(n) mehr? Das, was ihm am wichtigsten ist hat er doch bekommen, seinen Alkohol. Alles gut aus seiner Sicht.

    Zitat

    Am selben Tag hat er mir außerdem einen Zeitungsartikel geschickt, wo behauptet wurde, dass Bier ein besseres Schmerzmittel als Paracetamol sei. Will er mich damit ärgern oder sucht er nur nach Vorteilen des Trinkens?


    Warum beschäftigst Du Dich damit? Warum denkst Du darüber nach was er Dir damit sagen wollte? Wenn er überhaupt irgendwas wollte dann Dich manipulieren. Ich meine, Du musst doch eine eigene Meinung haben. Und so eine Aussage wirst Du doch für Dich einordnen können. Alleine schon wenn Du seinen "Gesamtzustand" ansiehst. Er ist Alkoholiker, nass, will nicht aufhören, hat keinerlei Ambitionen irgendwas an seinem Leben zu verändern was auch sein gutes Recht ist. Und DU? Du denkst über so schwachsinnige Nachrichten von ihm nach?

    Ich kann's nur wiederholen. Kümmere Dich um Dich un Dein Leben und lass ihm seins. Wenn er lieber säuft weil Bier bei Schmerzen angeblich besser wirkt als Paracetamol, ja dann darf er das doch. Ist doch seine Sache. Darum geht es doch gar nicht. Es geht doch um Dich, völlig egal was er denkt, glaubt, erreichen will etc.

    LG
    gerchla

  • Am liebsten hätte ich Dir ... dasselbe geschrieben wie Gerchla es schon "eben" getan hat. Also schließe ich mich dem nur an ...

    Es ist doch immer wieder erstaunlich/traurig, wie sehr manche Menschen ihrem Elend verhaftet sind:
    Ich als Betroffener habe EWIG gebraucht, um mich vom Alk zu trennen, obwohl ich schon längere Zeit wusste, was er mir antut. Aber die Sucht hat mich nicht losgelassen.
    Viele Angehörige kommen von ihrem trinkenden Partner nicht weg, obwohl sie sehen/merken/fühlen und immer wieder aufgezeigt bekommen, dass er/sie in den Abgrund zieht und kaputt macht. Aber die Co-Abhängigkeit hält sie fest in den Krallen.
    Und auch bei Gewalt in der Ehe/Partnerschaft sehe ich das beruflich leider immer wieder (mit schlimmsten Ergebnissen) - und auch hier ist oft (aber nicht immer!!) Alkohol im Spiel ...

    nixweiss0 ;(

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich schon wieder,....
    Erst mal möchte ich mich wieder bei euch bedanken für Eure Beiträge/Sichtweisen und Tipps. Ich finde dieses Forum sehr wertvoll hier und bin froh hier aktiv geworden zu sein. Leider bin ich schon wieder verwirrt und irritiert,...
    Ich habe heute mit meinem Freund gesprochen: es ging bei dem Gespräch nicht um den Alkohol. Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich mit seiner emotionslosen, apathischen, zurückgezogenen Art mir gegenüber, nicht zurecht komme. Er war ziemlich überrascht, dass ich darunter so leide - das war ihm nicht bewusst. Ich habe ihn gefragt, woran es liegt, dass er sich so verhält. Er hat gemeint, dass ihm derzeit Nichts im Leben Freude bereitet. Ich denke, man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass es sich dabei um eine Depression handelt. Er glaubt, dass die Arbeit ihn so deprimiert - er sieht allerdings derzeit keine Möglichkeit daran etwas zu ändern (er würde in keinem anderen Job so gut verdienen wie jetzt) und es tut ihm leid, dass er mir nicht zeigen kann, wie sehr er mich mag. Ich hab ihn gefragt, ob ich ihn irgendwie glücklich(er) machen kann. Darauf hatte er keine Antwort. Das Gespräch hat ziemlich lang gedauert: wir haben uns im Kreis gedreht: eigentlich wollen wir beide eine glückliche Beziehung miteinander: er ist aber unglücklich und emotionslos und ich bin unglücklich, weil ich einen unglücklich, trinkenden Mann an meiner Seite hab, der mich runter zieht, sobald ich ihn sehe. Ich hab ihm den Vorschlag gemacht, dass er erstmal glücklich werden soll und er sich melden soll, wenn er wieder beziehungsfähig ist. Ich hab ihm auch gesagt, dass das für mich ein Cut ist. Er hat den Vorschlag angenommen, aber gemeint, dass es für ihn kein Schlussstrich ist. Ich fühl mich ziemlich mies, weil ich (m)einen depressiven Freund im Stich lasse. Bin ich überhaupt noch im richtigen Forum? Was war zuerst da? Die Depression oder der Alkohol? Ich musste das heute durchziehen, weil ich selbst bald depressiv werde, aber es ist verdammt hart, einen Menschen den man liebt im Stich zu lassen, weil man selbst zu schwach ist, das Verhalten des Partners auszuhalten,...:(

  • Hallo Husky,

    Depressionen sind häufig ein Begleiter der Sucht. Im Grunde ist es egal, ob er durch die Sucht depressiv wurde oder wegen Depressionen mit dem Trinken begann. Denn eine Behandlung seiner Depressionen kann erst nach dem Stillstand seiner Sucht beginnen.

    Solange er trinkt ist das sinnlos. Oft ist es auch so, dass die Depressionen mit Beendigung des Trinkens verschwinden.

    Es ist also wie es vorher schon war. Er hat es in der Hand und Du kannst nichts tun außer auf Dich selbst zu schauen. Du brauchst kein schlechtes Gewissen haben. Er kann einfach zum Arzt gehen und sich Hilfe holen. Das wäre ein normales Verhalten.

    LG
    Gerchla

  • ... siehe Gerchlas Ausführungen.

    Ansonsten bist Du schon wieder bei Dir am Schuld suchen - und das ist Quark! Das ist der Casus knacktus: ER ist alleine verantwortlich für sein Leben.

    Allerdings ist mir noch etwas aufgefallen:

    Ich habe heute mit meinem Freund gesprochen: es ging bei dem Gespräch nicht um den Alkohol. Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich mit seiner emotionslosen, apathischen, zurückgezogenen Art mir gegenüber, nicht zurecht komme.

    Warum denn eigentlich nicht? Warum hast Du dieses große, Dich belastende Thema unter den Teppich geschoben?? Und nun ist es wieder da, dieses: "Ooch, der Arme - hat Depressionen. Da MUSS er ja trinken. Geht ja gar nicht anders. Bin ja hier im völlig falschen Forum ..."
    DU suchst für IHN die Ausreden, warum es ihm schlecht geht und er zur Flasche greifen muss. Der Arme. Dass es DIR dabei schlecht geht - mein Gott, passiert halt mal ...

    Ich hatte früher auch Depressionen - aber WEIL ich trank. Okay, das habe ich erst später begriffen, als ich dann trocken wurde - aber das bin ich nun schon seit einigen Jahren. Und in diesen Jahren habe ich in meiner Aktivität in der Suchtselbsthilfe viele, sehr viele Menschen kennengelernt, denen es genauso erging (suchtindizierte Depression) - und nur relativ wenige, bei denen tatsächliche Depressionen vorlagen, welche sie dann mit Alkohol versucht haben zu bekämpfen (was natürlich nach hinten losging).

    Mein Rat: Zieh Deinen Cut wirklich und konsequent durch - und such nicht mehr nach irgendwelchen Gründen, warum er nicht anders kann/konnte und/oder Du schuld haben könntest! Und Du wirst sehen, dass es Dir wieder besser gehen wird.

    Gruß
    Greenfox

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    können wir nur selber tun!

  • Hallo ihr Lieben,
    kurzes Update: es fällt mir noch immer ziemlich schwer, den Partner einfach im Stich zu lassen. Die letzten Tage hat er sich paar Mal via WhatsApp gemeldet, aber von Tag zu Tag wird's weniger. Ziemlich traurig, dass er nicht mal versucht um die Beziehung zu kämpfen. Ich versteh das nicht,...wir hatten teilweise eine echt schöne Zeit,...Ich weiß eh, dass ich froh sein muss, endlich diesen Weg gegangen zu sein, aber er ist schon ziemlich hart und steinig. Mein Kopf sagt, das war die richtige Entscheidung und das Herz das Gegenteil, aber sein Herz schlägt offensichtlich für etwas Anderes, sonst würde er sich ja schon ein bisschen mehr um uns bemühen. Vermutlich werden wir uns ja in den nächsten Wochen sehen, um unsere Sachen aus den Wohnungen zu holen - davor fürchte ich mich schon. Ich hab die Befürchtung, dass ich nicht standhaft bleiben könnte. Es reicht ja, wenn er mich in den Arm nimmt und mich fest drückt - und schon verzeih ich ihm Alles. Naja, ....es ist tagtäglich eine emotionale Achterbahnfahrt: phasenweise bin ich froh, dass ich den Schritt gegangen bin und Sekunden später bin ich am Boden zerstört. Dass ich mittlerweile unter einem Schlafdefizit leide, ist natürlich auch nicht förderlich. Aber egal,...ich freu mich wieder auf schönere Zeiten.
    Greenfox : zu deiner Frage, warum ich das Thema Alkohol bei meinem letzten Gespräch mit meinem Freund nicht angesprochen habe? Weil ich es schon unzählige Male angesprochen habe und ich lediglich die Antwort bekomme, dass ich abnormal bin, weil ich nichts trinke - das wollte ich mir nicht anhören und ich wollte nicht streiten. Ich glaube er ist einfach noch weit entfernt von dem Gedanken, dass eine Therapie für ihn nützlich wäre. Dabei würde ich ihn gerne dabei unterstützen. Aber so lange die Einsicht fehlt, kann ich nicht helfen.
    Schönen Abend euch Allen!

  • Hallo Husky,

    erkläre mir doch bitte mal warum Du ihn im Stich lässt. Das würde mich wirklich interessieren. Nicht im Stich lassen würde bedeuten, dass Du ihn bei der Ausübung seiner Sucht begleitest. Nichts anderes. Damit verminderst Du seinen Leidensdruck und verlängerst damit gleichzeitig seinen Verbleib in der Sucht. Du machst es ihm dann richtig bequem in seiner Sucht.

    Kann man machen, wenn man selbst dabei mit drauf gehen möchte. Da Du auch krank bist, werden Dich meine Worte wahrscheinlich nicht so erreichen wie ich es mir gerne wünsche. Ich hoffe aber trotzdem, dass ich Dich zum Nachdenken anregen kann. Du heulst einer Beziehung nach, die dabei ist Dein Leben kaputt zu machen. Natürlich schlägt sein Herz für etwas anderes, nämlich für den Alkohol. Wenn Du aber Ruhe gibst und ihn schön betütelst und es ihm mit seiner Nummer 1, dem Alkohol, bequem machst, bist Du gerne an seiner Seite willkommen. Wenn Du unbequem wirst oder gar eigene Bedürfnisse in den Vordgrund stellst, dann störst Du. Dann werden erst mal ein paar Tricks ausgepackt um Dich wieder in die Spur zu bekommen. Ein wenig Depressionen, ein paar Liebesschwüre, vielleicht auch ein wenig "Du hast was Besseres verdient" kombiniert mit "zusammen schaffen wir das" - die Liste ist lang und es gibt zahlreiche Variationen. Er wird wissen, welche Knöpfe er bei Dir drehen muss. Und wenns am Ende dann halt eine Umarmung ist...

    Dein lieber Freund, der Alkoholiker, wird nicht im Stich gelassen. Denn sobald er sich dafür entscheiden würde etwas gegen seine Sucht zu unternehmen, hätte er ganz viele Menschen an seiner Seite die ihn dabei unterstützen würden seine Sucht zu überwinden. Schau mal, z. B. dieses Forum hier, oder er könnte in eine SHG gehen, natürlich zum Arzt, oder zur Suchtberatung, er könnte eine Therapie machen, er könnte ganz ganz viel machen und so aus der ganzen Geschichte heraus kommen. Aber, er will nicht. Der arme bedauernswerte Alkoholiker, er ist ja so elend dran, weil er einfach nur trinken will und keine Hilfe sucht. Und Du würdest ihn dabei am liebsten auch noch unterstützen in dem Du ihn nicht im Stich lässt. Na dann: Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß im velängerten Elend.

    Mir ist schon klar, dass Du, weil Du eben auch krank bist, nicht einfach einen Schalter umlegen kannst. Ich hoffe nur, Du nimmst genau das ernst und lässt Dir auch noch anderweitig helfen. Ich wünsche Dir ganz fest, dass Dich eine Umarmung nicht schwach werden lässt. Vielleicht solltest Du ihn genauso meiden wie der Alkoholiker den Alkohol meiden sollte.

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchia,
    Danke für deine Nachricht. Ich denke, ich verstehe Alles was du schreibst - du bist ja auch ziemlich deutlich geworden ;) - dafür ein großes DANKE - ich kann mir vorstellen, dass für Viele das Verhalten und die Denkweise von Angehörigen von Alkoholikern unverständlich klingen mag. Ich habe das Gefühl, ihn im Stich zu lassen, weil ich befürchte, dass mein (Ex?)Freund derzeit gar nicht in der Lage ist, Probleme zu erkennen, geschweige denn Lösungen dafür zu finden. Und in einer Partnerschaft ist man meiner Meinung nach füreinander da - auch in schlechten Zeiten. Daher hab ich das Gefühl eine schlechte Partnerin zu sein. Aber ich hab ihm ja auch gesagt, dass ich ihn gerne unterstütze, wenn ich darf und kann. Bis dato hat er noch nicht mal den Versuch unternommen mit mir neuerlich über unser letztes Gespräch zu reden oder wie/ob es weiter gehen soll. Daher verhalte ich mich jetzt auch passiv. Ich würde mir einfach wünschen, dass er genauso zur Vernunft kommt wie du und wie Andere hier in diesem Forum, die den Weg aus der Sucht gesucht und gefunden haben und dann auch gegangen sind! Ich wäre extrem stolz auf meinen (Ex)Freund. Ihr habt meine Hochachtung!
    LG, Husky

  • Und in einer Partnerschaft ist man meiner Meinung nach füreinander da - auch in schlechten Zeiten.

    Yepp. Und - war er für Dich da? Oder hat nicht vielmehr er Dich im Stich (sprich: mit Deinen Problemen alleine) gelassen!?!

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