Exfreund Alkoholiker

  • Hallo ich bin noch ganz neu hier. Ich möchte mich gerne mit Menschen austauschen die ähnliches erlebt haben wie ich und würde gerne wissen wie sie es geschafft haben erlebtes zu verarbeiten um wieder ein selbstbestimmtes glückliches leben zuführen.

    Ich (mitte 20) war bis vor kurzem in einer Beziehung mit einem 9 jahre älteren Mann. Die Beziehung war sehr intensiv und dauerte 8 Jahre! In diesen 8 Jahren habe ich leider (sehe ich erst jetzt, nach dem Besuch bei einer Suchtberatung) alle Entwicklungsstufen einer Alkoholkrankheit bis zur Chronischen Stufe bewusst/unbewusst miterlebt. Endstufe in meinem Fall mind. 10 Bier pro Tag (sind nur die von denen ich bescheid weis) das erste davon schon morgens um die Entzugserscheinungen zu lindern.

    In dieser letzten Phase habe ich selbst gesundheitliche Probleme bekommen und hätte Hilfe gebraucht. Die ich nicht bekommen habe. Sondern mein Exfreund hat sich in dieser Zeit von Tag zu Tag mehr von mir entfernt. Er wusste nicht wie er mit meiner Krankheit umgehen sollte und hat jeden Tag noch mehr getrunken und mich schlussendlich mit einer 14 Jahre jüngeren Frau betrogen und anschließend verlassen.

    Da der Streit um den Alkohol in den letzten Jahren exponentiell zugenommen hat und zum schluss unerträglich war, wollte ich schon lange aus dieser Beziehung ausbrechen. Vorallem in der Zeit wo ist selbst krank wurde, habe ich sehr intensiv gespürt dass ich mit so einem Partner mein Leben nicht verbringen will. Ich möchte einen Partner auf dem man sich verlassen kann in schwierigen Zeiten.

    Trotzdem bin ich unglaublich verletzt und verwirrt. Ich habe durch die Suchtberatungsstelle heraus gefunden das ich mich selbst nicht mehr kenne. Ich habe mich selbst verloren in dieser extrem ungesunden Beziehung. Und jetzt habe ich angst dass ich aus diesem Strudel nicht mehr herauskomme. Ich rolle erst jetzt schritt für schritt mit meiner Psychologin auf dass ich eigentlich von dem Menschen der mir einmal alles bedeutet hat ausgesaugt und manipuliert wurde. Ohne es selbst zu merken. :-[ und jetzt stehe ich da sehe diesen scherben haufen den die sucht hinterlässt und fühle mich ohnmächtig.

    Liebe Grüße an euch alle die auch etwas ähnliches durchgemacht haben.
    Sunrise

  • Liebe Sunrise,

    willkommen im Forum – und ein gutes, und Dich Dir wieder näher bringendes Neues Jahr!

    Ich bin abstinent lebender Alkoholiker, aber u.a. durch mein Engagement in der Suchtselbsthilfe und betroffene Freund*innen in meinem Umfeld auch Angehöriger von suchtkranken Menschen.

    Leider ist das, was Du von Dir berichtest, die häufige traurige Realität in Partnerschaften, in denen ein Part alkoholkrank ist – und der andere co-abhängig.
    Auch die meist psychosomatischen Krankheitsfolgen für die co-abhängige Partnerin sind nicht selten.

    Wenn Du Dich hier im Forum in die Geschichten von Angehörigen und Alkoholikern eingelesen hast, dann wirst Du oft davon lesen, dass Suchtkranke die größten Manipulationskünstler und die geschmeidigsten Lügner und Vertuscher sind, bzw. sein können.
    Es ist also keineswegs ein Versagen Deinerseits, sondern eher mehr dem trickreichen Verhaltens Deines Partners geschuldet, dass Du in die Co-Abhängigkeit so tief hineingeschlittert bist.

    Es toll, und auch die einzig richtige Entscheidung, dass Du Dich entschlossen hast, Deine sich nun verselbstständigte Krankheit – nichts anderes ist nämlich die Co-Abhängigkeit, auch wenn sie leider immer noch nicht von den Krankenkassen als solche anerkannt wird – zusammen mit einer Therapeutin zu bewältigen! Gratulation dazu!
    Auch weil ich weiß, dass sich relativ wenige durch die Sucht so gravierend geschädigte Angehörige von Suchtkranken dazu entscheiden können.

    Bestimmt werden Dir hier noch einige mitschreibende Angehörige behilflich sein bei Deinen Fragen, und Dich darin unterstützen, Dich von dieser Krankheit zu befreien.
    Ich stelle im Verlauf dieses Tages hier noch ein Dokument zur Co-Abhängigkeit für Dich ein, und wünsche Dir einen guten und weiterführenden Austausch im Forum!

  • Lieber Dietmar.
    Vielen lieben Dank für deine schnelle Antwort und deine aufmunternden Worte. Ich habe zwar viele liebe Menschen um mich die mir gerne zuhören aber niemanden der sich mit dieser Thematik auskennt. (Außer meiner Therapeutin) Deshalb fühle ich mich oft sehr allein.

    Um auf meine Krankheit zurückzukommen. Sie ist leider nicht psychosomatischer Natur sondern genetisch. Und hat somit nichts mit meiner coabhängigkeit zu tun. Ich versuche nur immer wieder zu verstehen, wie es möglich ist das Alkohol einen ursprünglich so lieben Menschen im Laufe der Jahre schleichend so verändert dass man kein Hauch von Mitleid, Empathie oder Fürsorglichkeit von ihm mehr bekommt. Unabhängig davon ob ich eine Beziehung führe oder nicht. Wie geht so etwas?

    Ich habe es auch nachwievor noch nicht geschafft mich vollkommen davon zu lösen das ich NICHTS gegen diese Krankheit machen kann. Ich würde so gerne helfen und auf der anderen Seite wäre es für mich aber auch sehr schlimm zu sehen wenn mein ehemaliger Partner es jetzt einfach so für eine Andere schafft mit dem trinken aufzuhören. Obwohl ich ihm von herzen nur das beste wünsche und auch niemehr eine Beziehung mit ihm führen möchte. Ich bin verwirrt und verletzt.

    Ich bin selbst sehr stolz auf mich dass ich mich nach viel zu vielen jahren dazu entschlossen habe für mich selbst hilfe zu holen. Auch wenn ich bis jetzt noch nicht sagen kann das es mir damit merklich besser geht. Es ist für mich teilweise sehr schockierend zu sehen wie sehr ich mich selbst aufgegeben habe, wieviel kraft und Lebensfreude mir geraubt wurde. Ich verstehe nicht wieso ich das alles jetzt erst realisiere. Wenn man mitten drin ist sieht man es nicht oder es wird einfach ausgeblendet. :-[

    Vielleicht kannst du als abstinent lebender Alkoholiker mir einige Gedanken zur Empathie bspw. versuchen zu erklären.
    Im voraus schon mal vielen vielen Dank.
    Liebe Grüße

  • Liebe Sunrise,

    Zitat

    Ich habe zwar viele liebe Menschen um mich die mir gerne zuhören aber niemanden der sich mit dieser Thematik auskennt. (Außer meiner Therapeutin) Deshalb fühle ich mich oft sehr allein.


    Genau aus diesem Grund gibt es Selbsthilfegruppen.
    Ich habe sehr gute Freund*innen, mit denen ich über alles, wirklich alles ohne Scheu reden kann. Nur, sie verstehen mich aufgrund ihrer völligen Unbefangenheit und Unwissenheit in der Sucht nicht so, wie ich es dann in schwierigen Zeiten benötige.
    Ich möchte Dir dazu ein Beispiel erzählen: Als ich mal mit einem meiner guten Freunde über eine äußerst schwierige und sehr komplizierte Situation in meinem Leben sprach, sagte ich u.a.: „Am liebsten würde ich mich jetzt wegbeamen und einen saufen, um mal im Kopf loslassen zu können.“
    Mein Freund schaute mich entsetzt und fassungslos an: „Dietmar! Wieso um Himmels Willen denkst Du in dieser komplizierten Situation an Alkohol? Du brauchst doch gerade jetzt Deinen ganzen Verstand!“
    Ich erzählte diese Begebenheit in meiner Selbsthilfegruppe. Meine Gruppenfreund*innen wussten sofort, wovon ich redete. „Genauso ist es uns auch schon ein paar Mal ergangen!“ antworteten sie.
    „Und – was habt Ihr in der Situation dann für Euch getan?“ fragte ich ….
    Und ging anschließend sehr zufrieden und bereichert Nachhause.

    Das mit Deiner Krankheit habe ich dann falsch aufgegriffen. Aber die Ernsthaftigkeit der Co-Abhängigkeit, die dann eben psychosomatische Krankheitsbilder nach sich ziehen kann, ist schon gegeben.

    Zitat

    Ich versuche nur immer wieder zu verstehen, wie es möglich ist das Alkohol einen ursprünglich so lieben Menschen im Laufe der Jahre schleichend so verändert dass man kein Hauch von Mitleid, Empathie oder Fürsorglichkeit von ihm mehr bekommt. Unabhängig davon ob ich eine Beziehung führe oder nicht. Wie geht so etwas?


    Das ist einfach zu erklären: Die Sucht, hier der Alkoholismus, ist so mächtig und allumfassend, dass daneben nichts mehr, keine Partnerin, keine wirkliche Liebe, keine Fürsorge, einfach nichts mehr Platz hat. Die Sucht, und alles was mit ihr zusammenhängt (die Beschaffung, die Entsorgung, das Trinken selbst, usw.) nimmt so viel Raum im Leben eines Abhängigen ein, und ist die absolute Nummer Eins in seinem Leben, dass er alles daneben nicht mehr so wahrnehmen kann, wie es nüchtern und gesund sein sollte.

    Zitat

    Ich habe es auch nach wie vor noch nicht geschafft mich vollkommen davon zu lösen das ich NICHTS gegen diese Krankheit machen kann. Ich würde so gerne helfen …


    Du kannst überhaupt nichts gegen die Sucht Deines Ex-Partners tun!
    Und genau darin liegt auch einer der möglichen Schlüssel: Indem Du eben keine Zeit und Energie dafür aufwendest Dir ständig zu überlegen, wie Du helfen könntest, und was Du tun könntest, damit er nicht mehr säuft, hilfst Du nicht nur dabei, seine Sucht nicht zu unterstützen, sondern ggf. abzukürzen – und Dir hilfst Du dabei auch, weil die Sucht keinen Raum mehr bei Dir einnimmt.

    Zitat

    und auf der anderen Seite wäre es für mich aber auch sehr schlimm zu sehen wenn mein ehemaliger Partner es jetzt einfach so für eine Andere schafft mit dem trinken aufzuhören.


    Also erfahrungsmäßig kann ich Dich da beruhigen. *lächel*
    Ich habe schon einige Alkoholiker kennengelernt, die primär wegen ihren Partnerinnen mit dem Saufen aufgehört haben – aber das hat nie lange gehalten.
    Solange der Süchtige keine eigene, von innen herauskommende Einsicht in seine Alkoholkrankheit hat, und solange er nicht primär wegen sich ganz alleine aktiv etwas gegen seine Sucht unternimmt, solange steht jede trockene Phase auf sehr, sehr wackeligen Beinen.
    Weil – die Partnerinnen sind ja austauschbar. Die Sucht aber bleibt ihm immer ganz alleine. Lebenslang.

    Zitat

    Ich bin verwirrt und verletzt.


    Das ist jetzt Aufgabe in der Therapie, diese Verwirrtheit zu klären und die Verletzungen zu heilen. Das kann in aller Regel nur funktionieren, wenn Du Dich ganz auf Dich selbst konzentrierst, und auch ganz bei Dir bleibst. Was anfangs wahrscheinlich mit das Schwierigste überhaupt sein dürfte.

    Zitat

    Ich bin selbst sehr stolz auf mich dass ich mich nach viel zu vielen jahren dazu entschlossen habe für mich selbst hilfe zu holen.


    Darauf kannst Du zu Recht stolz sein!
    Ich schrieb es schon, dass viele Angehörige, die durch die Sucht ihrer Partner schwer geschädigt wurden, leider keine Hilfe für sich in Anspruch nehmen. Sie meinen, sie würden „heilen“, wenn der Partner aufgehört hat mit dem Saufen. Aber das funktioniert halt meist nicht. Natürlich schon gar nicht, wenn er weitersäuft.

    Zitat

    Auch wenn ich bis jetzt noch nicht sagen kann das es mir damit merklich besser geht. Es ist für mich teilweise sehr schockierend zu sehen wie sehr ich mich selbst aufgegeben habe, wieviel kraft und Lebensfreude mir geraubt wurde. Ich verstehe nicht wieso ich das alles jetzt erst realisiere. Wenn man mitten drin ist sieht man es nicht oder es wird einfach ausgeblendet.


    Im Grunde genommen machst Du jetzt in der Therapie nicht viel anders, wie es auch wir, die Alkoholiker, in ihrer Therapie gemacht haben. Nach und nach kommt der Schock über das, was wir alles angestellt, verletzt, geschädigt und auch verloren haben. Erst nach einer längeren Zeit der Nüchternheit können wir realisieren, was die Sucht aus uns gemacht hat, und wie sehr sie uns von unserem eigentlichen Wesen her verändert hat.
    Während der aktiven Sucht ist man dazu nicht in der Lage. Das wäre, im Sinne einer fortwährenden Betreibung der Sucht, sogar sehr hinderlich beim Trinken.

    Zitat

    Vielleicht kannst du als abstinent lebender Alkoholiker mir einige Gedanken zur Empathie bspw. versuchen zu erklären.


    Natürlich ist es nicht so, dass ich als nasser Alkoholiker die Fähigkeit zur Empathie verloren habe. Aber sie war in nassem Zustand schon sehr stark reduziert – und, siehe oben, eher hinderlich. Manchmal sogar ein willkommener Grund um noch einen mehr hinter die Binde zu kippen. Wenn ich in lichten Momenten über mein nasses Wesen, meinen nassen Zustand und meine Gesamtverfassung anfing nachzudenken, dann konnte ich ob des Suchtdrucks gar nicht anders, als all diese Gefühle gleich wieder mit Alkohol zuzuschütten.
    Oft nahm ich auch mitfühlend die Sorgen und Nöten meiner Liebsten durch den Nebel meines Dauerrausches wahr, was mich dann vor lauter Verzweiflung und Traurigkeit gleich noch mehr saufen ließ.

    Ich habe auch relativ viele nasse Alkoholiker kennengelernt, die sich im Verlauf ihrer aktiven Sucht von ihren Partnerinnen trennten, und mit wehenden Fahnen in die Arme einer anderen wechselten.
    Das war meist immer ab dem Zeitpunkt, wo die „alte“ Partnerin allmählich die Sucht erkannt hat, und mit allen Mitteln versucht hat, den Alkoholiker dazu zu bewegen, damit aufzuhören.
    Da greift dann wieder – siehe oben – die strikte Regel: Alkohol ist die absolute Nummer Eins im Leben eines alkoholkranken Menschen. Alles, was sich der Sucht in den Weg stellt, muss weg. Oder sich ihr anpassen. Letztes ist halt leider bei vielen Angehörigen der springende Punkt, der sie dann in die Co-Abhängigkeit treibt.

    Ich möchte Dir auch noch scheiben, dass es mir heute immer sehr, sehr weh tut, wenn ich von Angehörigen wie Dir lese, die durch unsere Sucht so schwer geschädigt worden sind. Ich weiß auch, dass ich mit diesem Schmerz hier im Forum nicht alleine bin.
    Vielleicht können wir Euch, den Angehörigen, auf diesem Weg ein wenig wieder an Wiedergutmachung zurückgeben.

  • Hallo Subrise,

    Herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Als ich Deinen Beitrag gelesen habe dachte ich spontan da hätte meine Ex-Frau geschrieben. Naja ein paar Details stimmen nicht überein aber im großen und ganzen hätte sie es durchaus sein können. Aus Gesprächen mit ihr weiß ich, dass sie Ähnliches empfunden und gefühlt hat wie Du. Und ohne psychologische Hilfe wäre sie da wohl nicht heraus gekommen.

    Ich habe bestimmt über 10 Jahre heimlich getrunken und damit meine Ehe und meine Familie kaputt gemacht. Vielleicht interessiert es Dich oder vielleicht hilft Dir ja die Sicht eines Alkoholikers. Darum will ich Dir kurz mal meine damalige Sichtweise bzw. Die Kombination aus damals und heute erzählen.

    Ganz viel und ganz wertvolles hast Du ja bereits von Dietmar erfahren.

    Zu mir:
    Ich heiratete jung. Es war eine Liebesheirat und bald kam auch unser erstes Kind zur Welt. Alles war toll, es lief super, wir waren glücklich. Keine Krankheiten, toller Job, guter Freundeskreis, alles wie man es sich wünschen kann. Langsam, ganz langsam begann ich in die Sucht zu rutschen. Es begann im Grunde mit meinen Feierabendbierchen. Ganz harmlos, lange Jahre in ganz geringer Menge aber eben regelmäßig.

    Hätte ich es damals kapiert und die Reißleine gezogen, wir hätten sicher eine Chance auf eine gute Zukunft gehabt. Meiner Frau fiel mein regelmäßiges Trinkverhalten auf uns sie sprach mich immer wieder an. Anstatt aber tatsächlich etwas zu ändern, begann ich irgendwann heimlich zu trinken. Das war der Beginn in den richtigen, tiefen Einstieg in die Sucht.

    Langsam, ganz langsam veränderte sich dabei auch mein Charakter. Das ist sehr schwer zu beschreiben. Es gab irgendwann die ersten Tabubrüche. Damit meine ich z. B. Das ich begann meine Frau zu belügen. Erst kleine Lügen, später immer größere. Am Ende baute eine Lüge auf der anderen auf und ich wusste selbst nicht mehr was richtig oder falsch war. Lug und Betrug waren an der Tagesordnung. Das ging so weit, dass ich ein richtiges Doppelleben aufgebaut habe.

    Ein zweites Leben in dem ich auf Dienstreisen war (wobei nur vielleicht die Hälfte davon wirklich welche waren) und ich die Zeit zum Trinken in aller Ruhe nutzen konnte. Dinge, die ich zum Ende meiner Sucht hin gemacht habe, hätte ich mir ein paar Jahre vorher, wo ich zwar auch schon süchtig war, noch nicht vorstellen können. Je tiefer man in der Sucht hängt, desto niederträchtiger kann man agieren.

    Ach ja und LIEBEN, ich meine wirklich das richtige echte lieben, das kann man auch nicht mehr. Man glaubt zwar man würde es können oder es wäre so, jedoch ist es nicht so. Längst hat der Alkohol die Welt in der man sich befindet komplett verändert bzw. Die eigene Wahrnehmung ist so verquert, dass ein Außenstehender nur mit dem Kopf schütteln könnte. Man lügt sich selbst seine Welt so zurecht, dass man sie einigermaßen ertragen kann. Und kommen dann mal die kurzen klaren Momente, wo einem Bewusst wird, dass man ganz tief und ganz unten angekommen ist, dann greift man sofort zur Flasche, denn dieses Erwachen ist kaum auszuhalten.

    Was man dabei komplett ausblendet ist das Leiden der Menschen um einen herum. Meine Frau, meine Kinder (wir hatten inzwischen 2) litten ohne Ende. Zwar trank ich heimlich, jedoch war das für sie nicht weniger schlimm, denn sie wussten ja noch nicht mal was los ist.

    Heute kann ich kaum glauben, dass ich das gewesen bin, der all das damals getan hat. Und ich kann das für mich auch nicht entschuldigen. Ich kann nicht sagen, ich war das nicht, das war der Alkohol. Denn ich trank den Alkohol, freiwillig auch wenn ich süchtig war. Ich kann nur um Verzeihung bitten, was ich auch getan habe. Einen Anspruch darauf das man mir verzeiht habe ich allerdings nicht. Ich weiß nicht ob ich mir in umgekehrter Situation verzeihen könnte.

    Liebe Sunshine, das alles macht diese Sucht. Du wirst es als nicht süchtiger Mensch nicht einfach verstehen können, wenn selbst ein Süchtiger wie ich beim Rückblick das nackte Entsetzen bekommt und sich fragt, ob er das wirklich war, der das alles getan hat.

    Das Du verletzt bist, unendlich verletzt, das kann ich verstehen. Mehr als verstehen. Auch meine Frau litt am Ende unter einer unheilbaren Erkrankung, eine Autoimmunerkrankung und ich gehe mal davon aus, dass sie ein Ergebnis ihres jahrelangen Aushaltens an der Seite eines Alkoholikers ist.

    Achte Du jetzt auf Dich. Dietmar hat Dir aus meiner Sicht alles geschrieben was Du wissen solltest. Es wird für Dich kein einfacher Weg aber lass es bitte nicht zu, dass ein Alkoholiker Dein weiteres Leben auf Dauer belastet. Mach Dich frei und gewinne Dein Leben zurück. Er ist mit seiner Sucht geschlagen und wenn er es nicht schafft davon los zu kommen, dann wird er daran zugrunde gehen. Was er tut (das z. B. Sich eine 14 Jahre jüngere suchen) oder was er sagt, das kannst Du alles vergessen bzw. Solltest Du nicht mit normalen Maßstäben messen. Er ist nicht mehr der, den Du mal gekannt und geliebt hast. Er ist jetzt ein Werkzeug, ein Sklave seiner Sucht. Deshalb kann ich Dir nur raten, bei aller berichtigter Verleztztheit, auf Dich zu schauen und einen Strich unter alles zu ziehen. Und weil das ganz ganz schwer ist, nimm Dir dazu Hilfe von außen.

    Meine Ex-Frau und ich, wir haben heute eine sehr gute Beziehung. Das war bzw. Ist aus zwei Gründen möglich:
    1. Sie hat sich helfen lassen, sie hat einen Haken hinter „mich“ gesetzt und alles aufgearbeitet was sie belastet hat. Sie hat mir nie gesagt, dass sie mir verziehen hat, und das würde ich auch nicht erwarten. Aber sie kann gut und fair mit mir umgehen und was noch wichtiger ist, sie kann ihr eigenes Leben wieder leben.

    2. Ich habe meine Sucht besiegt. Das ist und war die Basis, das überhaupt irgendwas ins Positive gekehrt werden konnte. Das ich nach meiner Trennung (die von mir aus ging) überhaupt wieder zurück zu meinen Kindern finden konnte, dass ich meine Rolle als Vater (wenn es auch eine andere war als vorher) wieder finden konnte. Und, dass ich wieder eine Beziehung eingehen konnte und jetzt nochmal und richtig erfahren durfte, was Liebe eigentlich wirklich bedeutet.

    Ich bin übrigens Ende 40, wieder verheiratet und habe auch nochmal eine wunderbare Tochter geschenkt bekommen. Jetzt sind wir eine Patchworkfamilie (ich mag den Begriff eigentlich nicht) und es funktioniert sehr gut. Basis dafür ist meine Abstinenz und meine „beiden“ Frauen. Meine Ex-Frau, weil sie so mit mir umgehen kann wie sie das tut und meine Frau, weil sie mich in allem so unterstützt und auch meine Vergangenheit und die daraus resultierende Beziehung zu meinen Kindern und meiner Ex-Frau immer positiv begleitet. Ich bin heute ein sehr glücklicher Mensch, obwohl ich soviel Schuld auf mich geladen habe.

    Liebe Sunrise, ich wünsche Dir alles erdenklich Gute, ganz viel Kraft, damit Du schnell mit diesem schlimmen Kapitel Deines Lebens abschließen kannst. Dein Partner war bzw. Ist krank, vielleicht hilft Dir das ein wenig. Du hättest ihm bei dieser Krankheit zu keiner Zeit helfen können, nur er selbst könnte das. Du hast Dir hier also nichts vorzuwerfen, du warst machtlos und Du bist hier machtlos. Aber Du hast ja noch Dich. Und genau darauf kommt es an. Hol Dir Dein Leben zurück!

    LG
    Gerchla

  • Lieber Dietmar und Lieber Gerchla
    Vielen Dank für eure Antworten. Ich fühle mich dass erste mal von jemanden verstanden und das hilft mir sehr! Ich finde es interessant und auch traurig dass ihr mir von Sachen erzählt die es genau auf den Punkt bringen, ohne dass ich euch im Detail viel von meiner Geschichte erzählt habe.

    @Dietmar:
    mit wehenden Fahnen in die Arme einer Anderen trifft es genau. Die Trennung erfolgte prompt (2 Tage) nachdem ich komplett am Ende meiner Kraft mein jahrelanges Schweigen brach und schwerenherzens (ich fühlte mich wie eine Verräterin) seine Eltern darüber informierte wie tief ihr Sohn wirklich in der Sucht steckt. :-[ Seine jetzt gespielte übertriebene Selbstsicherheit und sein jetziges (immer noch nasses) Benehmen kränken mich zutiefst und verletzen auch mein ohnehin schon fast nicht mehr vorhandenes Selbstwertgefühl enorm. Deshalb weiß ich auch dass mein Wohlbefinden immer noch sehr stark von seinen Handlungen und Worten abhängt obwohl es dass nicht sollte.

    Lieber Dietmar vielen lieben Dank für deinen mitfühlenden letzten Absatz. Es hat mich zu Tränen gerührt. Tief hinter der Sucht verborgen steckt irgendwo ein Stück meines alten Partners. Und ich würde mir von Herzen wünschen, dass ich dieses Stück noch einmal sehen und erreichen kann.

    Gerchla danke für deine Erzählungen es hilft mir ein Stück weit alles besser zu verstehen.
    Die Charakterveränderung ist mitunter etwas vom schlimmsten für mich. Ich habe sehr lange Zeit und in sehr vielen Situationen nicht verstanden was hier gerade passiert. Ich war verwirrt.Habe genau gewusst, dass hier irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ein Beispiel dafür ist der Eifersuchtswahn. Ich habe diese Situationen nie auf den Alkohol bezogen, sondern ganz einfach nicht verstanden und mir Sorgen gemacht.
    Ich hatte oftmals Angst das mein Partner den Verstand verloren hat und trotzdem habe ich mich nicht getraut mit jemanden darüber zusprechen. Es war/ist zu quer, zu abstrakt, zu abartig.

    Vielleicht könnt ihr mir noch den ein oder anderen Tipp geben im Umgang mit anderen Menschen die ihm und mir nahe stehen.
    Es ist heute oftmals sehr schwer für mich zu sehen, dass soviele Menschen (Familie, Freunde, ehemalige Arbeit ect. ) dabei zusehen wie ein Mensch Schritt für Schritt ganz langsam in eine sehr schwere Abhängigkeit schlittert, und (fast) KEINER sagt etwas. Man ist komplett allein. Ich habe mich furchtbar allein dabei gefühlt.
    Auch sehe ich nun dabei zu, dass er viele Tricks und Lügen die ich mittlerweile durchschaut habe bei seiner Familie anwendet. Ich habe nun durch meine Therapie und auch den Austausch mit euch einiges schon verstanden/akzeptiert. Seine Familie und auch seine neue "Freundin" aber fangen jetzt genau dort an wo ich vor 8 Jahren am Anfang unserer Beziehung auch angefangen habe. (Vertrauen das es von allein besser wird,Vertrauen darauf wenn er beteuert er trinke eh nicht mehr soviel, ect.) Vielleicht könnt ihr mir sagen wie ich am besten mit dieser Situation umgehen kann.

    Nochmals ein ganz großes Dankeschön. Ich glaube es hilft mir sehr mich mit euch auszutauschen. Ich weiß jetzt dass es Menschen gibt die mich verstehen und genau wissen von was ich spreche. Vielen Dank für eure Zeit.

    Ich werde mir einige eurer Sätze aufschreiben und ganz oft vorsagen. Denn ich will mein Leben zurück!!
    Liebe Grüße Sunrise

  • Guten Morgen Sunrise,

    ich möchte Dir gleich mal meine Gedanken zu Deinen Fragen an uns schreiben. Du willst wissen oder Tipps, wie Du mit Menschen umgehen sollst, die ihm oder Dir nahe stehen. Wenn ich das richtig verstanden habe.

    Da stellte sich mir sofort spontan die Frage wie gut es für DICH ist, wenn Du Dich weiterhin mit ihm und seinem Umfeld beschäftigst. Bestimmt gibt es enge Verbindungen denn eine so lange andauernde Beziehung bringt das natürlich normalerweise mit sich. Vielleicht verstehst Du Dich gut mit seinen Eltern, Geschwistern oder anderen Verwandten und Bekannten. Und über sie wirst Du wahrscheinlich auch an Informationen über ihn, sein aktuelles Wohlbefinden, seine Beziehung usw. erhalten. Ich weiß nicht, ob das gut für Dich ist. Vielleicht wäre es hier angebracht, wenn Du / Ihr klare Regeln aufstellt.

    Ich denke jetzt hier einfach mal an die Situation mit meiner Ex-Frau. Sie hat nach wie vor ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und zu meinen Geschwistern. Wird dort auch eingeladen usw. Aber über mich wird dort nicht weiter gesprochen. D. h. Jetzt, nach vielen Jahren, ist das alles etwas anders geworden und wir machen auch mal Dinge sogar gemeinsam, also z. B. an Geburtstagen. Aber das war in den Anfangsjahren noch ganz anders. Und ich glaube das war für meine Ex-Frau enorm wichtig um überhaupt mit der ganzen Sache abschließen und klar kommen zu können.

    Es sollte also nicht Deine oberste Priorität sein anderen dabei zu helfen wie sie mit Deinem Ex umgehen können. Es sollte sich jetzt erst mal eben nicht mehr Dein Leben um Deinen Ex und dessen Sucht drehen. Natürlich solltest Du alles tun um diese Zeit aufzuarbeiten, das ist wohl mit das wichtigste. Aber es geht um aufarbeiten, um eben nicht weiter in der ganzen Geschichte gefangen zu bleiben. Auch nicht als „Beraterin“ oder Beobachterin von außen. Jetzt geht es doch darum DEIN Leben aufzubauen. Nur um Dich geht es jetzt erst mal.

    Dafür musst Du nicht jeden Kontakt zu seiner Familie abbrechen, jedoch Dir gut überlegen was Du zulassen kannst / willst und was nicht.

    Eines noch zum Thema „keiner sagt was“. Ja, da hast Du vollkommen Recht. Aber es ist auch nicht ganz einfach. Ich denke es ist in der Regel einer enormen Unsicherheit geschuldet, das niemand etwas sagt. Vielleicht irrt man ja? Geht es einem überhaupt was an? Reagiert er vielleicht aggressiv? Usw. Und ja, es ist falsch nichts zu sagen. Wenn einem an demjenigen der trinkt etwas liegt, dann sollte man es ansprechen wenn man glaubt ein Problem zu erkennen. Aber das ist nicht so einfach und kann, wenn man es „falsch“ macht, auch dazu führen, dass der Betroffene sich komplett abwendet. Es ist also nicht so leicht aber, das muss ich sagen, absolut notwendig und richtig einen Betroffenen anzusprechen.

    Was dann i. d. R. aber auch wieder nichts bringt, ist den Betroffenen ständig damit zu konfrontieren. Das führt dann normal dazu das er genervt ist und sich zurück zieht. Oder wie ich z.B. damit beginnt komplett heimlich zu trinken. Meine Frau hatte mich ja immer wieder angesprochen. Daraufhin reduzierte bzw. pausierte ich um irgendwann dann wieder weiter zu machen. Wieder sprach sie mich an. Selbes Spiel. Und wieder sprach sie mich an .... und irgendwann hörte ich dann offiziell quasi komplett auf Alkohol zu konsumieren - dachte sie. Ich trank natürlich weiter, aber heimlich. Hatte meine Ruhe und fing an meine Parallelwelt aufzubauen. Das ist alles ein sehr schwieriges und kompliziertes Thema und für eine nicht Süchtige sicher nicht so einfach nachzuvollziehen. Die Sucht verändert einen Menschen im Laufe der Zeit so enorm dass die Denk- und Handlungsweisen immer abstrakter und schwer nachvollziehbar werden.

    Was Dein Ex jetzt macht, also die ganzen Lügengeschichten die er erzählt, die Du mittlerweile durchschaust, das alles passiert in seiner Suchtwelt. Die Frage ist nur ob es gut für Dich ist, wenn Du da weiterhin mit involviert bist. Ich glaube es wäre besser für Dich wenn Du erst mal auf Distanz gehen würdest. Aber vielleicht kannst Du das auch mal mit jemanden vom Fach besprechen, einem Psychologen z. B.

    Alles Gute und viel Kraft für Dich!

    LG
    Gerchla

  • Guten Morgen Sunrise,

    Du tauschst Dich ja hier mit Betroffenen aus, also Alkoholikern, die wissen wie die Sucht funktioniert, und was uns geholfen hat, um die Sucht zum Stillstand bringen zu können, und was sie weiter aufrecht erhalten hat, und uns die Möglichkeit, damit aufhören zu können nur behindert und verbaut hat.

    Zitat

    und schweren Herzens (ich fühlte mich wie eine Verräterin) seine Eltern darüber informierte wie tief ihr Sohn wirklich in der Sucht steckt.


    Als ich das erste Mal überhaupt in einer qualifizierte Entzugsklinik eincheckte (weil zuvor hatte ich es immer unter falschen gesundheitlichen Vorwänden in ganz normalen Krankenhäusern probiert.), und ein Gespräch mit dem Stationsarzt hatte, sagte der mir lachend und unverblümt: „Sie haben nicht irgendeine Krankheit – Sie sind einfach nur Alkoholiker!“
    „Also jetzt hören Sie mal auf!“ erwiderte ich entrüstet, „nur weil ich ab und zu mal über die Stränge schlage, und jetzt Ihre medizinische Hilfe benötige, müssen Sie mich doch nicht gleich beleidigen! Ich und Alkoholiker!? Ich habe einen Top-Job, hab Familie für die ich sorge, verdiene richtig Schotter, und hab einen gutsituierten Freundeskreis, von dem andere nur träumen kann!“
    Der Arzt und Psychiater lachte lauthals: „Ja und? Hier auf meiner Station werden Sie mit Alkoholikern zusammenkommen, die sind mit ihrem Porsche vorgefahren und haben Zuhause in ihrer Villa Frau und Kinder sitzen. Trotzdem sind die genauso wie Sie Alkoholiker.“

    Ich habe noch selten einen Mensch im Nu so gehasst, wie diesen Arzt. Was erlaubte der sich?
    Als ich es später nochmal versuchte, ihm zu erklären, warum ich nun halt hier, in seiner Entzugsstation gelandet war, und mir von ihm Hilfe dabei erhoffte, wie ich ungeschoren und ohne großen Tamtam wieder aus der Sache herauskam, da sagte er zu mir: „Sie wollen wissen, warum Sie saufen? Ganz einfach: Weil Sie saufen müssen und wollen. Und weil Sie ihre Krankheit, nämlich dass Sie Alkoholiker sind, noch nicht verstanden und akzeptiert haben. Vor allem aber, weil Sie nichts gegen diese Krankheit tun, und meinen, sie würde von alleine auswachsen.“

    Ich habe diesen Arzt und Psychiater noch viele Male wiedergesehen, weil ich viele Mal dort aufgeschlagen bin, natürlich immer hacke dicht. Manchmal mit lebensbedrohlichen Promille, manchmal abgehoben unter Koks, manchmal unter Koks und Alkohol. Und ein anderes Mal mit so viel Benzodiazepin im Blut, dass man damit eine Kuh einschläfern können hätte.
    Im Verlauf meiner Gesundung, also meines Weges in meine endgültige Abstinenz, habe ich diesen Arzt sehr schätzen gelernt, der über 40 Jahre seines Lebens ganz uns Süchtigen gewidmet hat, und der unglaubliche Erfahrung mit der Sucht hatte, nie auch nur einen einzigen Betroffen aufgegeben hat, aber immer direkt und ohne Umschweife die Krankheit benannte.
    Er war der erste externe Mensch in meinem Leben, der mir, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, auf den Kopf zusagte, dass ich eben „nichts weiter, wie ein Alkoholiker war“, und nur deshalb unter dieser Sucht litt, weil ich nicht bereit war, etwas dagegen zu tun. Meine damalige Frau hatte mir das auch gesagt, aber die hatte ja sowieso kein Verständnis für mich – dachte ich damals.

    Warum ich Dir das erzähle: Den Blick auf die Welt, auf das Umfeld und die Menschen darin, den ein nasser Alkoholiker hat, kann niemand, der die Sucht nicht wirklich kennt, verstehen oder nachvollziehen. Die Realitäts- und Wahrnehmungsverzerrung in der Sucht ist so brutal, dass niemand, der die Sucht nicht kennt oder selbst suchtkrank ist/war, je verstehen kann, was in einem Alkoholiker vor sich geht, und mit welchen Tricks, Täuschungsmanövern, Vertuschungen und Heimlichkeiten er seine Sucht zu verteidigen und zu rechtfertigen versucht.
    In Wahrheit aber, und ich bleibe da mal ganz bei mir, obwohl ich weiß, dass es den meisten anderen Alkoholikern genauso ergeht, in Wahrheit war ich ein höchst unsicherer Mensch, dessen mühsam zusammengesoffenes Selbstbewusstsein nur noch unter Stoff aufrechterhalten werden konnte, und dessen ganzes Leben auf so morschen und wackligen Stützen stand, dass eben „nur“ ein paar ehrliche und direkte Worte genügten, um es komplett einstürzen zu lassen.
    Aber das tat – außer meiner Frau und diesem Arzt – niemand.

    Und dass das niemand tat, half mir, meine Sucht aufrechtzuerhalten. Sonst wäre sie mit hoher Wahrscheinlichkeit schon viel früher in sich zusammengebrochen.
    Dieser Arzt und meine Ex-Frau waren keine Verräter, wie Du Dich jetzt fühlst, nein, sie waren meine wahren Freunde und Helfer. Aber das konnte ich erst hinterher verstehen. Sie waren es, die die Grundfesten meiner zusammengezimmerten Legende erschüttert haben und mir endlich die Chance ermöglichten, mal gründlicher über mich und meine Trinkerei nachzudenken. Sie waren der Anstoß, den ich brauchte, um mich auf den Weg in mein heutiges abstinentes Leben machen zu können.

    Zitat

    Seine jetzt gespielte übertriebene Selbstsicherheit und sein jetziges (immer noch nasses) Benehmen kränken mich zutiefst und verletzen auch mein ohnehin schon fast nicht mehr vorhandenes Selbstwertgefühl enorm.


    Ich erinnere mich noch daran, dass ich etwa zu der damaligen Zeit, als noch niemand in meinem persönlichen Umfeld die wahren Ausmaße meiner Sucht verstanden und begriffen hat, an einer Fortbildung teilnahm. Es ging u.a. um Selbstbewusstsein und das Bild, das wir nach außen abgaben.
    Dazu mussten wir unsere Reflektion zu den anderen Teilnehmern in kurzen Worten niederschreiben, und die Zettel vor die jeweiligen Teilnehmer legen.
    Vor mir lagen lauter Zettel auf denen stand: Großes Selbstbewusstsein, manchmal arrogant, braucht keine Hilfe, hat keine Probleme, kommt mit allem zurecht, ist in seinen Überzeugungen unerschütterlich, usw.
    Meine Güte, Sunrise! Wenn die gewusst hätten, dass nichts von dem auch nur ein bisschen stimmte, und mein Bild, das ich nach außen abgab, nur mit Alkohol, Koks und Benzos mühsam zusammengehalten wurde!

    Zitat

    Deshalb weiß ich auch dass mein Wohlbefinden immer noch sehr stark von seinen Handlungen und Worten abhängt obwohl es dass nicht sollte.


    Noch! Weil Du hast ja jetzt erst die ganze Tragweite Deiner Verstrickung in seine Sucht erkannt, und Du stehst jetzt ganz am Anfang Deines Weges zur Befreiung aus Deiner Co-Abhängigkeit.

    Zitat

    Tief hinter der Sucht verborgen steckt irgendwo ein Stück meines alten Partners. Und ich würde mir von Herzen wünschen, dass ich dieses Stück noch einmal sehen und erreichen kann.


    Ich bin sehr davon überzeugt, ganz ohne dass ich Deinen Partner kenne, dass er das, was er heute nass vorgibt zu sein, in Wirklichkeit nicht ist.
    Die Sucht verändert immer auch das gesamte Wesen eines Menschen. Das merkt der Süchtige selbst gar nicht, das kommt schleichend – und zwingend. Weil die Sucht in jeden klitzekleinen Bereich seines Lebens eingreift.

    Zitat

    Ein Beispiel dafür ist der Eifersuchtswahn. Ich habe diese Situationen nie auf den Alkohol bezogen, sondern ganz einfach nicht verstanden und mir Sorgen gemacht.
    Ich hatte oftmals Angst das mein Partner den Verstand verloren hat und trotzdem habe ich mich nicht getraut mit jemanden darüber zusprechen. Es war/ist zu quer, zu abstrakt, zu abartig.


    Relativ viele Alkoholiker in Partnerschaften neigen zu extremen, alkoholkranken Eifersuchtswahn. Das ist den Fachleuten bekannt.

    Zitat

    Vielleicht könnt ihr mir noch den ein oder anderen Tipp geben im Umgang mit anderen Menschen die ihm und mir nahe stehen.


    Ich muss hier Gerchla zustimmen: Für Dich als Co-Abhängige ist es überhaupt nicht gut, wenn Du Dich nicht nur weiter um die Belange Deines Ex-Partners drehst, sondern dann auch noch über Deinen Umgang mit Menschen, die ihn kennen, nachdenkst, damit „Du ihm gegenüber nichts falsch machst.“
    Auf den Punkt gebracht, wie es ein gesunder Mensch sieht: Du bist Du, und er ist er. Nichts von dem, was Du sein möchtest und bist, sollte in seinem Ausdruck mit ihm zusammenhängen. Auch nicht Dein Umgang mit anderen Menschen, die Euch beide kennen.
    Ihr seid jetzt getrennt, das Thema ist zwar für Dich innerlich nicht abgehakt, und Du wirst noch viel darüber mit Deiner Therapeutin reden müssen. Aber in Deinem und seinem Umfeld sollte er für Dich kein Thema mehr sein.

    Das nennt man Loslassen. Oder auch „in Liebe loslassen“.

    Zitat

    Es ist heute oftmals sehr schwer für mich zu sehen, dass soviele Menschen (Familie, Freunde, ehemalige Arbeit ect. ) dabei zusehen wie ein Mensch Schritt für Schritt ganz langsam in eine sehr schwere Abhängigkeit schlittert, und (fast) KEINER sagt etwas. Man ist komplett allein. Ich habe mich furchtbar allein dabei gefühlt.


    Zum einen, siehe oben, bewirkt das seine Fassade, die er zur Aufrechterhaltung seiner Sucht zusammengezimmert hat. Und zum anderen ist die Unwissenheit über die Sucht selbst heute, in unserer informativen und aufgeklärten Zeit immer noch so groß, dass die meisten Mitmenschen damit einfach nicht umgehen können. Selbst wenn sie offenbar wird, dann berührt sie das Umfeld so unangenehm, dass man sie am liebsten totschweigt und nicht darüber redet.

    Zitat

    Seine Familie und auch seine neue "Freundin" aber fangen jetzt genau dort an wo ich vor 8 Jahren am Anfang unserer Beziehung auch angefangen habe. (Vertrauen das es von allein besser wird, Vertrauen darauf wenn er beteuert er trinke eh nicht mehr soviel, ect.) Vielleicht könnt ihr mir sagen wie ich am besten mit dieser Situation umgehen kann.


    Indem Du komplett loslässt! Alles, was er macht oder was mit ihm geschieht, liegt allein in seiner Verantwortung. Und genauso liegt es allein in der Verantwortung der Menschen um ihn herum, wie sie damit umgehen (möchten).

    In Deiner Verantwortung liegt jetzt, dass Du Dich lösen kannst, für Dich sorgst und Dir jetzt erst einmal selbst das Wichtigste bist.
    Das wird ein schwieriger, langwieriger Prozess sein, er braucht Deine ganze Geduld mit Dir selbst, viele Erfahrungen, und viel Ausprobieren. Er wird auch immer mal wieder mit Enttäuschungen und „Rückfällen“ gepflastert sein. Aber, wenn Du wirklich die Verantwortung für Dich übernimmst, und wirklich gesunden willst, aktiv etwas dafür tust (zum Beispiel in eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Suchtkranke gehst), und nicht nachlässt, bis Du frei bist – es lohnt sich!

  • Lieber Dietmar und lieber Gerchla
    Ich habe mir schon gedacht dass ihr mir bezogen auf den Umgang mit anderen Menschen raten werdet mich davon zu distanzieren. Und verstehe dies auch. Ich probiere es auch so gut wie es geht. Nur ist es auch mittlerweile bei seiner Familie so dass ich auch wenn es nicht ausgesprochen wird das Leid in ihren Augen sehe. Ich weiß wie belastend es für sie ist und wie hilflos sich insgeheim alle Familienmitglieder und gute Freunde fühlen. Deshalb denke ich mir oft, nicht darüber zu sprechen ist auch nicht richtig. Aber ich werde weiterhin so gut es mir gelingt versuchen mich auch zu schützen.

    Das Sucht etwas Mächtiges ist und nicht nachvollziehbar für einen Nichtsüchtigen Menschen versuche ich mir immer wieder zu verinnerlichen. Und ich hoffe das die Wunden irgendwann weniger schmerzen. Manchmal fühlt es sich für mich so an wie wenn mein ehem. Partner gestorben wäre. Weil er sich so fremd verhält wie eine andere Person.
    Aber ihr habt es schon öfter geschrieben. Das ALLES macht die Sucht. :-[

    Am Anfang meiner Therapie war es für mich oft so dass mir die Augen geöffnet wurden. Ich habe angefangen manches zu verstehen und somit ist es manchmal leichter sich davon abzugrenzen. Worte und Taten nicht mehr so ans Herz heran zulassen.
    Und oftmals wünsche ich mir, dass ich diese nun erworbenen Erkenntnisse von euch und der Beratungsstelle meinem Ehem. Partner mitteilen kann. Weil ich jetzt sovieles verstehe. Aber ich kann ihn nicht erreichen und das versuche ich zu akzeptieren. Und in Liebe Loszulassen.

    Ich besuche aktuell keine Selbsthilfe Gruppe da es nur eine Gruppe in meiner Umgebung gibt und ich mich dort absolut unwohl gefühlt habe. Liebe Grüße

  • Liebe Sunrise,

    Du siehst das Leid in den Augen seiner Angehörigen, ich kann mir das gut vorstellen. Aber weißt Du, auch sie können sich Hilfe suchen. So wie Du das ja jetzt auch machst. Auch sie sind für ihr eigenes Leben verantwortlich. Nur Du kannst in Deiner aktuellen Situation keinesfalls die Rolle der Helferin übernehmen.

    Und bitte verabschiede Dich unbedingt von den Gedanken, Deinem Ex-Partner irgendwas von den Erkenntnissen mitteilen zu wollen, die Du hier jetzt erlangt hast. Das ist genau das was Du nicht machen solltest. Mal abgesehen davon, dass Du ihn damit sowieso überhaupt nicht erreichen würdest, bedeutet allein die Tatsache, dass Du darüber nachdenkst, Dich damit beschäftigst, dass Du da noch ganz tief drin steckst. Das soll keinesfalls ein Vorwurf sein, nur eine Feststellung. Und natürlich ist mir klar, dass Du da nicht von heute auf morgen heraus kommst. Ist klar, aber versuche nicht mehr zu denken, Du könntest oder müsstest bei ihm irgendwas erreichen.

    Es funktioniert nicht! Es funktioniert einfach nicht. Dieses „in Liebe loslassen“, das habe ich lange nicht verstanden. Ich kenne diesen Spruch schon sehr lange, hatte auch in meiner nassen Zeit ein paar mal damit „zu tun“. Ich dachte immer: wenn man jemanden liebt dann kann man ihn doch nicht loslassen. Heute weiß ich was damit gemeint ist.

    Lass ihn ziehen, gib ihm Deine besten Wünsche mit auf den Weg, hege keinen Groll, schon gar keinen Hass (denn dieser würde nur Dich selbst zerstören), akzeptiere das er diesen Weg geht auch wenn Du ihn für ganz falsch hälst, lass ihm sein Leben fokussiere Dich auf Deines. Denke nicht darüber nach, wie es ihm geht, was er wohl macht usw. Er macht das was er für Richtig hält und das ist seine Sache.

    So lange Du emotional an ihm hängst, egal in welcher Form, blockierst Du Deinen Neustart. Erst wenn Du wieder frei bist in Deinem Kopf, wenn Du ihn in liebe losgelassen hast, dann wirst Du wieder zurück finden in Dein eigenes Leben. Bist wieder frei für Neues, wirst schnell merken, wie toll dieses Leben eigentlich sein kann und wirst Dich (vielleicht) auch fragen, warum Du eigentlich so lange in diesem schrecklichen Leben gefangen warst.

    Ich weiß nicht genau ob ich die richtigen Worte gefunden habe aber ich hoffe einfach, dass Du verstehst was ich meine. Und klar, es dauert, es geht nicht so einfach, alles ganz normal. Aber Du hast Dich ja jetzt auf den Weg gemacht, Du bist schon auf dem Weg. Und jetzt gehe ihn, Du wirst das schaffen!

    LG
    Gerchla

  • Liebe Sunrise,

    Deshalb denke ich mir oft, nicht darüber zu sprechen ist auch nicht richtig.


    Das haben wir, Gerchla und ich, auch nicht geschrieben, dass Du mit niemandem über die Sucht Deines Ex-Partners reden darfst/sollst.
    Natürlich darfst Du darüber reden! Aber eben


      [li]Indem Du bei Dir bleibst.[/li]
      [li]Indem Du weder versuchst die Sucht Deines Ex kleiner zu machen, als sie ist, oder nicht die ganze Wahrheit darüber sagst. [/li]
      [li]Indem Du das Thema, außer wenn die anderen Angehörigen auf Dich zukommen und mit Dir darüber reden und wissen wollen, wie Du damit umgehst, nicht forcierst. [/li]
      [li]Und vor allem, indem Du ihnen dann - wenn Du es kannst - den Weg aufzeigst, wie sie (und Du) aus der Verstrickung in seine Sucht herauskommen könnt. [/li]

    Es ist vollkommen klar, für uns hier und für alle, die sich schon einmal aus der Sucht oder der Co-Abhängigkeit befreien konnten, dass es ein langwieriger, gar nicht einfacher Prozess ist!
    Der aber nur gelingen kann, wenn Du ganz für Dich selbst da bist, und aktiv etwas gegen die Krankheit tust.
    Ich wurde schon oft gefragt: "Wie macht man das, nicht mehr daran zu denken und mitzufühlen, wie der Partner oder Ex-Partner an seiner Trinkerei zugrunde geht? Es ist doch normal, dass mich das Tag und Nacht beschäftigt, weil ich ihn immer noch irgendwie liebe."

    „Denken" und "Mitfühlen" kann niemand einfach so abschalten. Schließlich warst Du jahrelang Tag und Nacht unmittelbar involviert und hast ganz viel getan, dass Dein Partner (und Du) nach außen vor den abwertenden Konsequenzen geschützt ward, wenn seine Sucht offen gelegt wird.
    Es liest sich wahrscheinlich leicht, wenn ich Dir schreibe, dass Du in Deinem Fühlen und bei Deinen Wahrnehmungen zuerst einmal damit anfängst "Stopp" zu Dir selbst zu sagen, auch, wenn Du das Leid in den Augen der anderen Angehörigen siehst.
    Stopp - und dann darüber nachdenken: "Trage ich dafür Verantwortung? Liegt das in meiner Verantwortlichkeit?“

    Die Sucht Deines Ex liegt nicht in Deiner Verantwortlichkeit. Du kannst überhaupt nichts tun, was irgendetwas daran ändern könnte. So weit scheinst Du schon zu sein, dass Du das verstanden hast.
    Jeder wie auch immer geartete Versuch, jeder noch so gut gemeinte Einsatz Deinerseits, ihm die Augen zu öffnen und bei ihm Einsicht hervorzurufen, ist von vorne herein zum Scheitern verurteilt, und knabbert an Deiner Energie und Deinen Ressourcen, die Du dringend jetzt allein für Dich benötigst.

    Es ist genau die fatale Denkweise und völlig falsch interpretierte Hilfe der Co-Abhängigen, dass sie in dem Moment nicht an sich selbst denken, sondern in erster Linie an den Süchtigen.
    Der Süchtige selbst dagegen, der denkt nur an sich, an das Verlangen seiner Sucht, und sorgt diesbezüglich meist hervorragend für sich. Ohne Rücksicht auf Verluste.

    Ich schreibe Dir das, weil ich als abstinent lebender Alkoholiker weiß, wie man tickt, wenn die Sucht das Ruder übernommen hat. Versteh es bitte nicht falsch, aber solche Angehörige wie Dich, hätte ich in meinen nassen Zeiten mit links um den Finger gewickelt, und für meinen Zweck, nämlich der Aufrechterhaltung meiner Sucht, eingespannt und manipuliert.
    Und jeder, ohne Ausnahme, der versucht hat meine Sucht, meinen Nachschub zu behindern, oder mir die Zeit zum Saufen zu vermiesen, war mein Feind, den ich in dem Moment „bewusst“ verletzt habe, um ihn auf Abstand zu halten, und ihm keinen Einfluss auf meinen nassen Lebensbereich zu bieten. (Wenn ich „bewusst“ in Anführungszeichen schreibe, dann deswegen, weil das damals mein nasses Bewusstsein war. Eben diese totale Wahrnehmungsverzerrung, die in der Sucht stattfindet.)

  • Lieber Dietmar
    Lieber Gerchla

    Hass und Groll waren anfangs sehr starke Gefühle in mir, nun macht es mich eher nur mehr traurig zu sehen was Alkohol alles zerstört.

    Warum ich solange in diesem schrecklichen Leben gefangen war, frage ich mich sehr oft. Und immer wieder komm ich dabei zu dem Schluss, dass ich glaube das sehr viel damit zusammen hängt, dass ich viel zu jung war und immer noch bin. Ich glaube ich wusste einfach bei sehr vielen Sachen nicht was "normal" ist, ich habe es manchmal hinterfragt und war mir unsicher habe an meiner eigenen wahrnehmung sehr lange und oft gezweifelt. Ich war einfach unsicher. ( Wie viele im Alter von 15 Jahren)
    Das Gefühl von Groll hatte ich anfangs kurz nach der Trennung nicht nur auf meinen Partner sondern auch auf seine Eltern und Geschwister. Weil ich mich allein gelassen von ihnen gefühlt habe. Obwohl sie genau wusste was los ist wurde großteils geschwiegen,verniedlicht, heruntergespielt, weck geschaut. Einmal habe ich nachher von einem Familienmitglied gehört, sie dachten sich mehrmals solange ich da bin wird schon alles gut sein. Tja das war es nicht.
    Mittlerweile hat sich aber auch dieses Gefühl ein wenig in Verständnis gewandelt. Verständnis dafür, dass sie genau wie ich, nicht wussten wie man richtig handelt und auch vielleicht Angst davor hatten sich einzumischen.
    Trotz allem war ich viel zu jung und ich finde in diesem Alter zählt der Satz: "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied nicht. "

    Ich komme auch jetzt erst bei sehr vielen Dingen dahinter dass ich mich extrem beeinflussen habe lassen. Viele Dinge nicht verwirklicht habe, die ich wollte und auch in meinem Wesen unterdrückt wurde. Extrem bezogen auf mein Selbstbewusstsein. Da wurde mir sehr viel geraubt. ( Mit ganz kleinen unscheinbar wirkenden Gesten und Worten) Ich war am Anfang dieser Beziehung auch eine Andere. Sucht verändert also wirklich nicht nur euch (ex) Abhängigen sondern auch uns Partner massiv.

    Es tut gut von euch zu hören. Und ich sage nochmals ihr versteht genau von was ich spreche. Ich war und bin immer noch sein größter Feind, weil ich der einzige Mensch bin der genau über seine Sucht bescheid weis, in jedem kleinsten Detail. Deshalb wundere ich mich auch nicht mehr darüber, das ich einfach ausgetauscht wurde.

  • Update
    Mithilfe von meiner Psychologin und Euren Tipps und Ratschlägen habe ich es in den letzten Monaten geschafft dass es mir ein wenig besser geht. Ich schaffe es immer besser mich selbst zu schützen und auch NEIN zusagen.
    Ich arbeite sehr daran mir selbst gutes zu tun auch wenn es sehr viel kraft kostet.

    Einige Dinge fallen mir nachwievor schwer. Zum Beispiel dass ich in meinem Umfeld oft angesprochen werde wie es meinem Expartner geht. Ich werde öfter gefragt wie es IHM geht als wie es mir geht. Manchmal auch mit "Vorwürfen" verbunden ob ich wohl wisse dass dieser Mensch dringend professionelle Hilfe brauche. Was mich an solchen Situationen sehr traurig macht, ist dass die Menschen anscheinend nicht wahrgenommen haben wieviele Jahre ich genau dafür gekämpft habe, ohne Erfolg.

    Ein weiterer punkt der mich immer noch belastet ist dass mein Expartner allen vormacht es ginge ihm hervorragend. Es geht ihm gut. Alles ist ok. (Seitdem ich nicht mehr da bin) Es verletzt mich einfach zu tiefst, obwohl ich keine Liebe oder Sehnsucht nach ihm habe, verletzt es mich. Auch wenn ich weiß dass es eine Fassade ist.

    Vielleicht könnt ihr Lieben mir nochmals ein paar Gedanken von euch dazu mitteilen.
    Viele liebe Grüße Sunrise

  • Guten Abend Sunrise,

    es freut mich sehr, wenn ich lesen darf, dass Du Schrittchen für Schrittchen wieder zu Dir selbst zurückfinden kannst!
    Das Wichtigste dabei ist wohl die Geduld mit sich selbst. Wie auch bei uns Süchtigen ist das Fatalste, wenn man zu viel zu schnell erreichen will.

    Ich schrieb Dir schon über die verzerrte Realitätswahrnehmung eines nassen Alkoholikers. Du erlebst es jetzt hautnah mit:
    Dein Ex-Partner möchte allen vormachen, wie gut es ihm ginge, und dass er überhaupt keine (Alkohol)Probleme hat. Und sein Umfeld kommt auf Dich mit der Aufforderung zu, dass er dringend professionelle Hilfe benötigen würde.

    Zum Umfeld, das Dich damit konfrontiert, würde ich im Übrigen sagen: „Dann kümmert Ihr Euch doch darum! Redet Ihr doch mit ihm!“ (Und ruhig auch mal: Ich kann und will das nicht!)

    Dich schmerzt ja vor allem, dass er sich einer anderen Partnerin zugewandt hat, und nun so tut, als wäre alles Bestens bei Ihnen.
    Vielleicht hilft Dir ein anderer Blick auf die Situation?
    Sei froh, dass Du – im Gegensatz zu seiner neuen Partnerin – den Absprung geschafft hast, und das tagtägliche Elend eines uneinsichtigen, nassen Alkoholikers nicht mehr miterleben musst!
    Außerdem, das möchte ich Dir mit gehörigem Respekt entgegenbringen, kannst Du wirklich stolz auf Dich sein, dass Du den Weg zur Psychologin und zurück zu Dir gefunden hast!
    Ich schrieb es schon mal: Leider schaffen das relativ wenige Angehörige von suchtkranken Menschen.

    Ich freue mich für Dich, während mir die neue Freundin nur leid tut, weil sie das schlimme Drama noch vor sich hat. Hoffen wir, dass sie es früher kapiert!

  • Hallo Sunrise,

    es ist wunderbar, dass du langsam mit Hilfe deiner Psychologin auf dem Weg zu dir bist. Du machst genau das Richtige. Es ist völlig uninteressant, was andere Menschen sagen und denken… Du bist wichtig. Lass dich nicht beirren und mach weiter so, damit du ein glückliches Leben führen kannst. Vorwürfe sollten dir andere Leute nicht macht und du dir schon lange nicht. Du hast ja schließlich lange Zeit versucht, deinem Exfreund zu helfen. Mehr geht nicht.

    Ich wünsche dir alles Glück und sei sicher, du bist auf dem richtigen Weg.

    Ganz herzliche Grüße von Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Danke dass ihr mir immer so schnell antwortet, es hilft mir zu wissen dass es dort draußen menschen gibt die mir zuhören und mich verstehen, ohne mich zu kennen. Vielen Dank dafür, dass ist nicht selbstverständlich.

    @Dietmar:
    Geduld werde ich noch viel brauchen.

    Mich schmerzt nicht nur dass er sich einer anderen Partnerin zugewendet hat und so tut als wäre alles ok. ( Auch ich habe größtenteils eher Mitleid mit ihr) Sondern auch dass er generell bei allem so tut als wäre alles ok und in bester Ordnung. (Obwohl arbeitslos, mittlerweile keinen guten Draht mehr zur eigenen Familie) und auch bezogen auf seinen Tonfall und seine Arroganz wie er spricht, ein Fremder.

    Es ist einfach immer noch manchmal unfassbar für mich, zu sehen wie so ein rießiges Lügenkonstrukt so lange nach außen hin bestehen kann. Obwohl ich es extrem ins wanken gebracht habe läuft nun alles weiter wie gewohnt.
    Ich habe es großteils nun geschafft mich nicht mehr aktiv einzubringen und mir zusagen es ist und war nie meine Verantwortung!! Nur gefühlsmäßig klappts noch nicht immer. Ich weiß nicht ob es dafür hilfreiche Tipps gibt mit so etwas besser umzugehen. -.-

    Betty
    Ich dank dir für deine bestärkenden Worte. Ich weiß auch dass es jetzt nicht wichtig ist was andere Menschen sagen und denken und ich am meisten zähle.
    Nur ist auch dies leichter gesagt als getan. Es lässt einen nicht kalt wenn man darauf angesprochen wird dass man helfen soll und gerade dabei ist zu lernen NICHT mehr zuhelfen.

    Es interessiert mich und hilft mir auf meinem Weg wenn ihr mir von euch erzählt. Wie ihr in Eurer Krankheit gehandelt und gefühlt habt. Hoffe auf neue Antworten von euch. Viele liebe Grüße Sunrise

  • Liebe Sunrise,

    ich habe gegenüber Dir den Vorteil, dass ich sowohl die Situation eines Süchtigen, wie auch die als Angehöriger kenne.
    In meiner Eigenreflektion und Rückerinnerung an meine nasse Zeit weiß ich, dass ich mein vermeintliches Wohlergehen gerade gegenüber Mitmenschen, die mindestens meine Sucht erahnten, oft aber sogar wahrnahmen, beträchtlich übertrieben habe. Jede noch so lieb gemeinte Mahnung, dass es mir wohl nicht so gut gehen würde, erlebte ich als „unverschämten Angriff“ auf meine Unabhängigkeit.

    Der Hintergrund ist leicht erklärt: Sie redeten mir meine Sucht mies! Sie alle wollten mir das Saufen vermiesen. Und das, wo ich doch meiner Meinung nach überhaupt kein Suchtproblem hatte.
    In dieser Phase ist es leider so, dass überhaupt keine Intervention nützt. Wie Du von außen sehen kannst, helfen nicht einmal die arbeitsrechtlichen Konsequenzen und die soziale Vernachlässigung. (Nichts anderes sind die Kündigung und Kontaktabbrüche zur Familie.)
    Ich verstehe Dich heute, aus meiner Sicht als betroffener Angehöriger und Freund von Suchtkranken gut: Ja, da ist man einfach nur fassungslos und kann die völlige Realitätsverweigerung der Süchtigen nur schweigend hinnehmen.
    Und vor allem: Sich selbst zu distanzieren und ganz deutlich abgrenzen, sich nicht in den Strudel der Sucht mit hineinziehen zu lassen, das ist wichtig.

    Es hat viele Jahre gedauert bei mir, aber heute bin ich in der Lage, wenn so ein Freund anruft, und am Telefon erkennbar schon betrunken ist, das Gespräch konsequent abzubrechen. „Ruf mich wieder an, wenn Du nüchtern bist“, sage ich dann zu ihm, „in deinem jetzigen Zustand des Betrunkenseins macht es keinen Sinn, mich mit dir zu unterhalten.“
    Manchmal passiert es dann, dass mich die Betroffenen nie wieder angerufen oder angesprochen haben, aber häufiger geschieht, dass sie mich davon überzeugen möchten, überhaupt nichts getrunken zu haben. Da sage ich bestenfalls noch „lass stecken“ und lege auf oder wende mich ab.

    Wie oben geschrieben, so bekam ich das nicht gleich hin. Das hat einige Jahre gedauert. Wie bei Dir auch, spielten dabei meine Einstellungen zum Leben („so kann man doch nicht leben“) und zu meinen Mitmenschen („da muss ich doch irgendwie helfen können“) eine große Rolle. Ich kam mir „unmenschlich“ vor, wenn ich an diesem Punkt das besoffene Jammern oder die schlimme Realitätsverzerrung der Betroffenen abwürgte.

    Ich habe mir dann nach und nach angewöhnt zu solchen Freunden nur noch "orientierend" Kontakt von mir aus zu suchen. Also in dem Sinn: Wie weit ist die Suchtgeschichte fortgeschritten, hat der Betroffene schon Einsicht, ist er bereit für Hilfe von außen, usw.
    Ansonsten lernte ich, dass es besser ist, einfach nur abzuwarten, bis sie auf mich zukamen.

    Ich musste dabei auch viel über mich lernen. Dieses „Loslassen“ hatte ja vor allem mit mir selbst zu tun. Es „wurmte“ mich, trieb mich innerlich um, dass der Süchtige nicht mit meinem Blick seine Situation sehen konnte und wollte. Dass er meine (aufdrängende) Hilfe strikt ablehnte, und einfach nur in Ruhe weitersaufen wollte. Wie kann man nur „so blöd“ sein?
    In Wahrheit war ich der Blöde. Weil ich mich in das Leben von Menschen einmischte, die ein Recht darauf hatten, so zu leben, wie sie es eben mit ihrer Sucht taten.

    So viele Angehörigen kamen von außen auf mich zu, für mich oft wildfremde, hilfesuchende Menschen, die wussten, dass ich in der Suchtselbsthilfe aktiv bin, und flehten mich regelrecht an: „Du kennst dich doch damit aus, bitte versuch du mal mit ihm/ihr zu reden! Du kannst doch helfen mit deinen Erfahrungen und deinem Wissen!“

    Liebe Sunrise, ich konnte nicht!
    Ich konnte dem Süchtigen bestenfalls sagen, was er für sich tun könnte, wenn er wollte.
    Ich konnte ihm die Hilfen aufzeigen, mit denen er sich selbst helfen konnte, wenn er wollte.
    Mehr konnte ich nicht.
    Du liest: Das hat mit dem Wollen zu tun!
    Wenn Dein Ex nichts gegen seine Sucht tun will, dann ist das einfach so.
    Du kannst, was Du ja willst und auch tust, nur etwas gegen Deine Verstrickung in seine Sucht tun.

  • Liebe Sunrise,

    erst mal möchte Dir meinen Respekt dafür aussprechen, dass Du Dich auf den Weg gemacht hast, Dich von dieser Beziehung zu lösen. Was ich da von Dir lese, liest sich gut und mir scheint, Du bist klar und konsequent. Das finde ich sehr schön.

    Jetzt gibt's NATÜRLICH noch ein paar Dinge die Dich beschäftigen, über die Du Dir Gedanken machst und die Dich auch belasten. Aber, ganz ehrlich, ist das nicht völlig normal? Du befindest Dich doch gerade in einem Prozess, der sicher noch eine Zeit andauern wird. Ein langjährige Beziehung, noch dazu eine extreme Beziehung weil mit einem nassen Alkoholiker, die kann man nicht mal ebenso abstreifen. Auch nicht mit Hilfe von außen.

    Lass all diese Gedanken und Gefühle zu. Setze Dich damit auseinander, rede darüber und reife dadurch an Deiner Persönlichkeit. Ich müsste das gar nicht schreiben, denn genau das tust Du ja gerade.

    Lass mich mal ein paar Sätze dazu sagen:

    Zitat

    Sondern auch dass er generell bei allem so tut als wäre alles ok und in bester Ordnung. (Obwohl arbeitslos, mittlerweile keinen guten Draht mehr zur eigenen Familie) und auch bezogen auf seinen Tonfall und seine Arroganz wie er spricht, ein Fremder.


    Hier bist Du emotional einfach noch recht nahe dran. Da solltest Du Dich noch lösen. Sein Verhalten ist eines der möglichen Verhaltensmuster eines Alkoholikers. Er demonstriert Dir jetzt mal, wie gut es ihm doch geht, ohne Dich. Er erzählt das auch jedem der hören will und auch jenen, die es nicht hören wollen. Da lebt er in seiner eigenen Welt. Arroganz und Überheblichkeit sind bei Alkoholiker oft ein Begleiter, wechselweise auch manchmal kombiniert mit tiefer Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und dem Gefühl völlig wertlos zu sein. Im Grunde, und das solltest Du wissen und weist Du wohl auch, ist alles was er tut, wie er sich gibt, seiner Krankheit geschuldet. Vielleicht noch kombiniert mit seinen grundsätzlichen Charaktereigenschaften die eben durch die Sucht noch verstärkt werden können.

    Nun, das alles, liebe Sunrise, ist nicht Dein Problem. Es ist sein Leben und Du solltest sein Leben bei ihm lassen. Wenn Du das schaffst, Dich hier komplett zu befreien, dann hast Du einen ganz wichtigen Schritt für Dich selbst getan. Und ich finde, Du bist hier schon ganz weit gekommen.

    Kommen wir mal zu den Menschen, die Dich fragen wie ihm geht oder die darauf hinweisen, dass er professionelle Hilfe benötigt. Ich würde mich hier nicht rechtfertigen. Sag ihnen doch, sie sollen ihn selbst fragen. Sag ihnen doch, sie sollen ihm helfen, wenn sie der Meinung sind er bräuchte Hilfe. Sag ihnen, dass Du dabei bist, wieder Dein eigenes Leben zu leben und dass sie sich gerne um ihn kümmern können, wenn sie das für notwendig halten.

    Zitat

    Was mich an solchen Situationen sehr traurig macht, ist dass die Menschen anscheinend nicht wahrgenommen haben wieviele Jahre ich genau dafür gekämpft habe, ohne Erfolg.


    Das kann ich sehr gut verstehen. Aber ist das nicht ein wenig auch ein Spiegel unserer Gesellschaft? Redet man in unserer Gesellschaft nicht gerne über andere, gibt man nicht gerne schlaue Ratschläge, redet klug daher wenn man nicht selbst betroffen ist. Und das ganze ohne überhaupt auch nur einen Schimmer davon zu haben, wie die Situation in Wirklichkeit aussieht. Ist das nicht ein ganz normales gesellschaftliches Phänomen? Ich habe die Feststellung gemacht, dass es gar nicht so einfach ist, sich aus solchen Mechanismen zu lösen. Und ich habe auch die Feststellung gemacht, dass sich der Bekannten- und Freundeskreis ziemlich ausdünnt, wenn man Wert darauf legt, sich nur mit Menschen zu umgeben, die ein gewisses Bewusstsein für ihre Umwelt und ihre Mitmenschen besitzen.

    Aber, wenn ich die Wahl habe, dann umgebe ich mich nur mit den Menschen, die es mir wert sind. Und gerade in solchen schwierigen Lebenssituationen erkennt man, wer zu einem hält, wer eben "echt" ist und wer nicht. Das sind genau die Situationen, wo einem die Augen geöffnet werden. Das solltest Du als Chance sehen. Ich kenne jetzt keine Details von Dir, weiß nicht wer diese Menschen sind. Aber, überlege Dir wen Du in Deinem neuen Leben noch an Deiner Seite haben möchtest.

    Zitat


    Es ist einfach immer noch manchmal unfassbar für mich, zu sehen wie so ein rießiges Lügenkonstrukt so lange nach außen hin bestehen kann.


    Es ist SEIN Lügenkonstrukt. Lass es bei ihm!

    Zitat

    Obwohl ich es extrem ins wanken gebracht habe läuft nun alles weiter wie gewohnt.


    Es ist nicht Deine Aufgabe, sein Lügenkonstrukt zum Einsturz zu bringen. Warum auch? Sein Leben, seine Scheinwelt, sein Lügenkostrukt. Du bist gerade dabei das alles hinter Dir zu lassen. Lass es bei ihm!
    Dein Ziel sollte es sein, Dich soweit zu lösen, dass Du nichteinmal mehr nach dem Zusammenbrechen seines Kartenhauses sagst: Ich wusste es, ich hab's euch ja gesagt! Nicht mal mehr das sollte in Deiner Denke passieren. Wenngleich das höchst menschlich ist. Nein, wenn Du Dir wirklich darüber im Klaren bist, dass das alles nicht Dein Leben ist und es Dein Leben auch nicht mehr beeinflusst, dann wirst Du bestenfalls noch ein wenig Mitleid empfinden. Ehrliches und echtes Mitleid oder aber vielleicht sogar irgendwann mal etwas ehrliche Freude, wenn er es vielleicht doch geschaft hat, seine Sucht zu besiegen. Falls Du das dann überhaupt noch mitbekommst, denn vielleicht geht Dein Leben auch auch mal andere Wege und Du verschwindest ganz aus seinem Umfeld.

    All die anderen Gefühle, die Schuldgefühle, das Verletztsein, das sich vera**cht vorkommen, die Enttäuschung das andere nicht erkennen wie schlecht es Dir eigentlich ging usw., das alles hat in Deinem neuen Leben keinen Bedeutung mehr. Wenn Du mal ganz losgelassen hast haben diese Gefühle keinen Raum mehr. Du hast Dich bereits auf den Weg gemacht. Gehe ihn weiter, Du wirst das Ziel erreichen. Kann ein wenig dauern, aber das ist völlig in Ordnung.

    Alles alles Gute weiterhin.

    LG
    gerchla

  • Lieber Dietmar und lieber Gerchla.
    Ich habe es zwar schon mehrfach geschrieben, aber es berührt mich dass ihr euch um meine Anliegen kümmert und euch soviel Mühe gebt mir euer Erlebtes/Erlerntes Wissen mitzuteilen. Ihr leistet großartige Arbeit hier im Forum. Ganz großes Dankeschön. Es fängt mich immer wieder auf wenn ich von euch lese und bestärkt mich auf meinem Weg, auf dem ich mich so oft alleine fühle.

    Auch wenn ihr zwei viel Erfahrung habt, muss ich immer wieder den Kopf darüber schütteln wie genau eure Beschreibungen zutreffen und wie genau ihr wisst was mich wurmt, was mich aufreibt, wie ich mich fühle.

    Ich hoffe so sehr dass ich es schaffe diesen Weg bis zum Ende zu gehen um wieder frei zu sein. Manchmal habe ich furchtbare Angst und Alpträume, dass ich es nicht bewältigen kann, dass mir zu viel Kraft geraubt wurde, dass mein Expartner mich zu schwach gemacht hat um es zu schaffen. In diesen Stunden komme ich oft hierher ins Forum. Stehe auf und gehe den Weg weiter gerade aus. Irgendwann muss es ein Ende geben.

    Ich würde mir wünschen einmal so fühlen zu können ehrliches echtes Mitleid oder echte Freude. Vielleicht bekomme ich es irgendwann im Laufe der Zeit hin. Jetzt stehe ich noch an dem Punkt wo ich nach vielen Stunden im Kreis denken, immer wieder zu dem Schluss komme, dass diese Beziehung mir viel viel mehr geraubt als gegeben hat. Dabei fühle ich Mitleid aber auch Zorn. Zorn darüber wie klein ich jetzt bin, dass ich mir nun ein neues Leben erkämpfen muss obwohl mein Leben eigentlich einmal im Lot war. Ich bin nicht Alkoholkrank. Ich wollt immer nur das Beste. Für mich und für ihn. Für uns.

    Ob ich jemals sagen kann dass jeder Mensch ein Recht darauf hat so zu Leben wie er es für richtig hält (bezogen auf eine Suchterkrankung), kann ich mir derzeit nicht vorstellen aber vielleicht ändert sich auch diese Sichtweise irgendwann einmal. Vor allem deshalb weil der Alkohol das Leben so vieler Mitmenschen beträchtlich schädigt und nicht nur sich und sein Leben. Es wird immer "Coabhängige"- Mitmenschen geben die schreckliches durchleben müsse. Ich finde das "Coabhängiges"-Verhalten ein einfaches menschliches, liebendes Verhalten ist. Eine positive Charaktereigenschaft.

    Freu mich auf eure weiteren Antworten
    Liebe grüße Sunrise

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