Wie wird es in Zukunft?

  • Hallo ihr Lieben,
    Ich habe mich frisch angemeldet, da ich Hilfe suche. Ich bin 29 Jahre alt, stehe fest im Leben und habe 2 wunderbare kleine Mädchen und bin verheiratet. Meine Mutter ist Alkoholikerin, kriegt ihr Leben aber noch ‚normal‘ hin, wobei das immer mehr nachlässt. Der Rest der Familie ist co alkoholiker. Naja, und ich sehen bei mir immer mehr die Tendenz in die falsche Richtung. Ich trinke oft nicht nehr für den Genuss, sondern wegen dem Gefühl. In den letzten Wochen war es sehr stressig, daher auch mehr getrunken. Und langsam kriege ich Angst, dass ich wie meine Mutter dauerhaft trinken werde. Zudem gefalle ich mir mit der trinkerei auch überhaupt nicht, da ich mich irgendwie verändere. Also eigentlich will ich auf dem Weg zum trocken werden kommen. Kann mir jemand Tipps geben, wie ich am besten vorgehen sollte.
    Ich habe große Angst vor diesem Schritt.

    Lieben Gruß

  • Hallo Fraudrschneider

    Ich bin ebenfalls erst seit vorgestern in diesem Forum und natürlich hat
    es mich riesige Überwindung gekostet, mich hier anzumelden. Es war das beste was ich tun konnte, denn ich habe in kürzester Zeit sehr hilfteiche Impulse bekommen und bn für mch schon wesentlich klarer.

    So wie es klingt, steckst du wie ich noch mittendrin im Problem und gehörst noch nicht zu denen, die es bereits geschafft haben. Vielleicht können wir uns ja gegenseitig ein wenig begleiten.

    Ähnlich wie du war ich erst coabhängig und bin es jetzt selbst. Ich gehöre nicht zu den regelmässigen Trinkern, in „normalen Phasen“ kann die ganze Bude voll mit Wein oder Bier stehen. Oder ich trinke Abends mal ein Glas und gut ist. Details über mich findest du etwas weiter unten unter dem Stichwort Hilfesuche.

    Nun ist es bei mir so, dass ich coabhängig von meinem Partner bin, also quasi täglich damit konfrontiert werde. Wir sind 17 Jahre auseinander, er in Rente, ich im Vollzeitjob. Auch ich trinke oft gegen Stress. Richtig schlimm wird es aber, wenn mein Partner mir ins Gesicht lügt und ich dann die leeren Flaschen finde. Dann gibt s auch für mich kein Halten mehr. Ja ich weiss, das klingt völlig irrational.

    Mir ist klar geworden, dass ich Hilfe brauch. Die braucht auch mein Partner, er leugnet allerdings jegliches Problem.

    Inzwischen habe ich mich vor meinem Hausarzt geoutet und die Geschwister meines Partners ebenfalls ins Vertrauen gezogen. Auch von dort erwartet mich Unterstützun.

    Weiter bin ich leider auch noch nicht, aber jede Reise beginnt bekanntlich ja mit dem ersten Schritt und ich bin stolz auf mich, die erste Schritte gegange zu sein. Ganz sicher wirst du in diesem Forun viel Unterstützung erhalten

    Alles Liebe

    Juschaj

    H

  • Hallo, Fraudrschneider, und HERZLICH WILLKOMMEN hier bei uns im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin m, 55, Alkoholiker und nun schon einige Jahre trocken.

    Du schreibst, Du hast Angst, dass bei Dir "die Tendenz in die falsche Richtung" geht und Du "wie Deine Mutter dauerhaft trinken wirst".
    Hast Du denn schon mal versucht, eine Weile (sagen wir mal 4 Wochen) überhaupt keinen Alkohol zu trinken? Wenn ja - wie ist es Dir mit diesem "Versuch" ergangen?

    Ich habe große Angst vor diesem Schritt.

    Warum? Was, glaubst Du, wird Dir dadurch, dass Du keinen Alkohol mehr trinken willst, "weggenommen" oder "angetan"?

    Aus eigener Erfahrung kann ich Dir nur sagen: Im Gegenteil gewinnst Du ganz viel an Lebenqualität und Lebensfreude! Okay, ich war/bin Alkoholiker und haber zum Schluß schon kräftig gesoffen/saufen müssen - und so tief scheinst Du noch nicht zu stecken. Trotzdem drehen sich Deine Gedanken um den Alkohol - sonst hättest Du Dich nicht überwunden (Respekt 44. ) und hier angemeldet.

    Ich kann Dir nur empfehlen, mal in einer Suchtberatung vorzusprechen (ist anonym und kostenlos) und Dich beraten zu lassen. Ansonsten lies Dich ruhig erstmal hier ein. Ans Herz legen kann ich Dir auch unsere Linksammlung - hier findest Du viele weiterführende Informationen, u.a. zu Suchtberatungsstellen und SHG (Selbsthilfegruppen). Wir haben übrigens auch ein Glossar, falls Dir mal ein Begriff oder eine Abkürzung "spanisch" vorkommt ;)

    Ansonsten: Stell Deine Fragen! Wir antworten gerne!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Juschaj, na klar gerne. Lass uns das gemeinsam angehen. So kann man sich Gegenseitig unterstützen.
    Vielen Dank für deine Antwort. Deine Taten ähneln an meine. Auch wenn es verrückt für andere klingen mag, immer wenn es mir schlecht geht, weil meine Mutter wieder so betrunken war, habe ich erstmal zum Glas gegriffen. Absolut verrückt.


    Greenfox,hallo, vielen dank für die Antwort.
    Ja ich habe schon mal mehrer Tage/Wochen nichts getrunken. Bei Schwangerschaft und stillen auch über 1 Jahr. Allerdings habe ich das Gefühl, dass es nach Abstinenz Phasen immer ‚schlimmer‘ wird. Trinke mehr als vorher und ‚unkontrollierter‘.

    Ja, irgendwie habe ich schon das Gefühl, dass dann etwas fehlen würde. Also es geht um den einen Sekt hier und da. Aber scheinbar kann ich das nicjt mehr. Gesellschaftlich gehört es ja irgendwie auch immer dazu.

    Vielen Dank, es hilft mir erstmal hier über mein Problem bewusst zu werden, und mich auszutauschen. Und hoffe, dass ich bald den richtigen Weg einschlagen werde.

    Vor knapp 2 Jahren habe ich mit dem Rauchen aufgehört. Auch dabei dachte ich würde einem etwas fehlen. Habe aber dann festgestellt, dass es mir nur mehr Lebensqualität verschafft hat.
    Den Weg will ich auf jeden Fall gehen, und trocken werden. Alleine auch, um ein gutes Beispiel für meine Kinder zu sein!!

    Liebe Grüße!!

  • Gesellschaftlich gehört es ja irgendwie auch immer dazu.

    Ich habe für mich festgestellt, dass diese Ausrede immer weniger zieht - sorry. Aber zu den meisten Anlässen werden ganz selbstverständlich (auch) alkoholfreie Getränke gereicht, im Urlaub erlebe ich immer wieder, dass die Menschen zwar gerne Bier bestellen, aber eben "alkoholfreies" ...
    Das sah vor 10 Jahren, als ich aus meiner Sucht ausstieg, noch völlig anders aus ... da war man wirklich der Außenseiter, wenn man zu alkoholfreien Sachen griff.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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    können wir nur selber tun!

  • Hallo Fradrschneider,

    Ich komme gerade von meinem Hausarzt.

    Ich bin im Moment echt in einer akut abhäningen Phase, weil ich im Moment mein Leben auf den Kopf stelle. Und je konkreter das wird, umso mehr Angst bekomme ich. Und umso mehr trinke ich und wache mit körperlichen Folgen auf.

    Er hat mir ein Mittel gegen Entzugserscheinungen verschieben und ich hoffe sehr, dass ich kurzfristig meinen körperlichen Zustand wiedee herstellen kann, um wieder Sport zu treiben. Mental hat mir das immer geholfen, und ich hoffe, damit zumindest die Energie für die nächsten Schritte zu gewinnen.

    Ich kann nicht beurteilen, wie gefährlich das ein oder andere Glas Sekt zum Geburtstag oder zu Silvester ist, weil das nie mein Problem war. Aber abgesehen von den Gründen, die ich ja schon beschrieben hatte, kommen auch noch Gewohnheiten dazu. Wenn ich zum Beispiel etwas aufwendiges koche, fliesst ein Driitel der Weinflasche in de Sauce und der Rest in mich. Fahrradtouren oder Wanderungen enden ebenfalls grundsätzlich im Biergarten. Ich habe dann eine Weile versucht, mich mit alkoholfreiem Zeugs zu retten. Aber genau dadurch wurde mir klar, dass es um das "Gefühl " ging, Alkohol in der Hand zu halten, die Gewohnheit nicht ganz aufzugeben. Natürlich ging das immer nur für kurze Zeit gut.

    Da mein Partner wie gesagt ebenfalls trinkt, dies aber komplett leugnet, muss ich mein Leben komplett aufbrechen. Entweder er ist bereit, sich ebenfalls Hilfe zu suchen oder aber wir müssen uns trennen.

    Ich bin gespannt, wie dein weiterer Weg verlafen wird und drücke dir fest die Daumen.

  • Hallo Fraudrschneider,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich stelle mich mal kurz vor: Ich bin Ende 40, Alkoholiker und lebe schon längere Zeit ohne Alkohol.

    Mir sind ein paar Sachen bei Dir aufgefallen, die mich an meine Situation erinnern:

    Zitat

    stehe fest im Leben und habe 2 wunderbare kleine Mädchen und bin verheiratet.


    War bei mir auch so, wobei ich Papa von meinem schon etwas größeren Sohn und meiner kleinen Tochter war (äh und noch bin, wobei mein Sohn jetzt längst erwachsen ist und meine Tochter fast). Ich liebte sie beide über alles (das trifft auch heute natürlich noch zu). Trotzdem konnte diese Liebe zu meinen Kindern nicht verhindern, dass ich immer tiefer in die Sucht rutschte!

    Zitat

    Naja, und ich sehen bei mir immer mehr die Tendenz in die falsche Richtung. Ich trinke oft nicht nehr für den Genuss, sondern wegen dem Gefühl.


    Diese Phase hatte ich auch. Ich merkte: "hoppla, da gerät doch was aus dem Ruder", jedoch konnte ich nicht richtig gegensteuern. Was folgte waren Trinkpausen. Ich wollte es nicht zulassen, dass ich einfach so weiter trank. Also zwang ich mich zu Pausen (hast Du ja auch schon gemacht, gell?). Diese klappten auch. Am Anfang meiner Sucht konnte ich sogar mal monatelang ohne Alkohol leben, später dann immerhin noch ein paar Wochen, dann ein paar Tage und irgendwann war es ein großer Erfolg, wenn ich mal nur 4 oder 5 Bier am Tag trank statt 10 oder 12.

    Und wie bei Dir, steigerte ich mein Trinknieveau nach jeder Pause. Als ob ich nachholen wollte, was ich verpasst hatte. Leider steigerte sich das Niveau immer auf Dauer. Waren vor der Pause 3 oder 4 Bier am Tag, waren es danach (schleichend) 4 oder 5 Bier. So war es eigentlich immer wenn es eine längere Pause war. Am Ende ist das dann alles egal, weil da kann man dann eh keine Pausen mehr machen. Bzw. ich wollte gar keine mehr machen, war eh alles egal.

    Zitat

    Aber scheinbar kann ich das nicjt mehr. Gesellschaftlich gehört es ja irgendwie auch immer dazu.


    Siehe die Anmerkung von Greenfox. Du hast schon Recht, Alkohol ist gesellschaftlich anerkannt, wird überall gereicht usw. Aber trinken tust Du ihn. Du wirst nicht dazu gezwungen. Du meinst nur Du müsstest es tun um dazu zu gehören. Und ja, je nachdem in welchen Umfeld Du unterwegs bist, kann es sein, dass die Menschen Dich ansprechen, wenn Du nicht trinkst. Aber ehrlich, das ist deren Problem, nicht Deines. Und ich will Dir auch sagen, dass ich mir darüber auch viele Gedanken gemacht habe, am Anfang meiner Trockenheit.

    Aber die Erfahrung hat dann gezeigt, dass es meist genügt zu sagen: Ich trinke keinen Alkohol. Und dann greift man zu was anderem.

    Zitat

    Zudem gefalle ich mir mit der trinkerei auch überhaupt nicht, da ich mich irgendwie verändere.


    Körperlich habe ich mich erst in den letzten Jahren meiner Trinkerei verändert. Ich wurde stark übergewichtig und sah auch sonst eher aus wie ein Darsteller aus einem Zombiefilm. Die psychische Verändern begann jedoch viel früher. Diese Veränderung ist ganz schlimm. Das ganze bei mir in Kombination mit ganz viel lügen und betrügen (ich trank heimlich). Über die Jahre baute ich eine eigene Parallelwelt auf. In dieser lebte ich dann. Mein ganzes Denken war von Alkohol geprägt. Die Herausforderung war, diese über Jahre antrainierten Denkweisen dann wieder zu überwinden. Zu lernen, wieder die Wahrheit zu sagen und nicht einfach ganz automatisch zu lügen um aus einer unangenehmen Situation heraus zu kommen.

    Das waren mal so meine Gedanken. So wie Du schreibst, bist Du gerade auf dem Weg so richtig in die Sucht hinein. Das was Du von Dir beschreibst waren bei mir nicht mehr die Anfänge. Es ist vergleichbar mit meiner mittleren Phase. Da trank ich täglich, noch nicht ganz so viel jedoch deutlich zu viel und war natürlich längst süchtig. Die Gedanken drehten sich schon viel um Alkohol, ich wollte meiner Kinder zu liebe aufhören, ich legte immer mal Pausen ein, um dann doch wieder zu trinken. Das war zugleich auch die längste Phase meiner Sucht. Sie dauerte viele Jahre. Man merkte es mir nicht an (wie gesagt ich trank heimlich) und konnte meine Fassade noch ganz gut und ohne den ganz großen Aufwand aufrecht erhalten.

    Deine Frage war ja: Wie soll ich am besten vorgehen, was soll ich tun?

    Meine Antwort ist, mit der Erfahrung die ich selbst gemacht habe:
    Gehe es offensiv an. Versuche nicht heimlich mit dem Trinken aufzuhören (da kann ich Dir ein Lied von singen). Geh zum Arzt, sprich mit ihm/ihr darüber. Macht gemeinsam einen Plan. Besuche auch eine Suchtberatung. Vielleicht denkst Du auch über eine reale SHG nach. Und ja, natürlich muss dann Dein nächstes Umfeld davon erfahren. Dein Mann, Deine Familie evtl. auch Deine engen Freunde.

    Geh es offensiv an, such Dir Hilfe und lass Dir helfen. Du bist 29 Jahre alt, mein Gott, Du hast quasi alles noch vor Dir. Du hast wunderbare Kinder, sie brauchen eine Mama ohne Alkoholsucht. Du solltest Dein Leben nicht an den Alkohol verschwenden sondern es selbst in die Hand nehmen. Je früher desto besser und wahrscheinlich auch desto einfacher. Einen ersten und ganz wichtigen Schritt hast Du ja gemacht: Du hast Dich hier geoutet. Jetzt geh weiter auf Deinem Weg. Wir werden Dich begleiten wenn Du das möchtest!

    LG
    gerchla

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