Die Kunst des Rettens oder: Mein Bruder, der keine Hilfe will

  • Hallo,

    mein Name ist (nicht wirklich) Sorra, ich bin hier, da mein Bruder, nennen wir ihn Dylan, alkoholkrank ist.

    Würde ich mich als co-abhängig bezeichnen?
    Ich kann mich in der Definition nur zum Teil wiederfinden, Teile, die in der Vergangenheit pathologisch einzustufen waren, jedoch würde ich meinen heutigen Zustand nicht mehr so drastisch einstufen. Ich sehe mich nicht als co-abhängig, in dem Sinne, dass ich das Suchtverhalten des Betroffenen fördere.

    Momentane Situation:
    Mein Leben ist, ohne in Details gehen zu müssen, für meine Verhältnisse stabil. Seit zwei Monaten gab es einige persönliche Veränderungen bezüglich Wohnen und Beruf/Ausbildung, die mehr Leistung von mir abverlangen und mich unter größeren Stress aussetzen als sonst, an dem ich etwas leide, aber es ist auch aufregend und noch tragbar.

    Unabhängig davon gibt es meine Familie, die bis auf meinen Vater, gesammelt in einer Stadt wohnt die 2-3 Stunden von der Stadt entfernt ist, in der ich lebe. Das ist bewusst von mir vor über 4 Jahren gewählt worden, und ich bin überwiegend glücklich, damals umgezogen zu sein, da ich das Gefühl hatte, ich könnte nicht atmen.
    Ich bin die Jüngste von 3 Kindern, habe zwei ältere Brüder und ich fühle mich wie die Sekretärin und Sozialarbeiterin meiner Mutter und meines mittleren, alkoholkranken Bruders. Der Älteste war immer schon sehr selbstständig und unabhängig.
    Ich fühle mich verantwortlich für beide, ich befürchte, dass meine alleinstehende Mutter in Einsamkeit und Depression versinkt, zudem hat sie zunehmend gesundheitliche Probleme. Mein Bruder ist seitdem ich klein bin, einer der Hauptquellen meines blutenden Herzens, ich habe große Angst um ihn und weiß nicht, wie ich mit ihm in Beziehung treten kann, da er wegen des Alkohols meistens geistig nicht da ist.

    Nun, ich komme aus schwierigen Familienverhältnissen, also diese beschriebenen Probleme und Ängste sind nicht neu, sondern seit vielen Jahren präsent.
    Der Auslöser war der Besuch meines Bruders Anfang dieser Woche. Er hat vor einigen Wochen seinen schrecklichen Job gekündigt und nun viel Zeit. Er war 3-4 Tage hier und es war ... anstrengend und kraftraubend. Es war anstrengend ihn so zu sehen, es war anstrengend meine eigenen Reaktionen und Gefühle zu fühlen und reflektieren und kontrollieren. Dass sich sein Konsumverhalten so verschlechtert hat, habe ich (zum Glück) durch die Distanz nicht mitbekommen. Nun habe ich es mitbekommen und es hat mich dementsprechend (wieder) aufgewühlt.
    Und wenn sowas passiert, wende ich mich an verschiedene Medien, immer öfter natürlich dem Internet. Es führt mich immer an neue Stellen: Literatur, Therapie, philosophische Konzepte, Telefonseelsorge, praktische Lösungen, Beratungsstellen usw.
    Diesmal bin ich hier.
    Diese Dinge haben mir immer schon geholfen, schon als Kind, wenn ich traurig war, habe ich mich in Bücher und Comics geflüchtet. Das Letzte mal hat mir ein Buch sehr geholfen, quasi mein Leben verändert um etwas pathetisch zu werden, ich möchte es euch nicht vorenthalten. Es ist von einem Alkoholiker über Alkoholismus und heißt: "Sich das Leben nehmen" von Jürgen Heckel. Es ist nicht so negativ, wie der Titel scheinen mag. Es ist wirklich gut.

    Zurück zu Dylan. Als er zu Besuch war, habe ich ihm (mehrmals) angeboten, dass ich ihm zu einem AA-Meeting begleite. Er möchte nicht. Ich habe ihm erzählt, dass ich auch schon bei einem Alanon-meeting mit unserer Mutter war. Er gesteht sich (endlich) ein, ein Problem zu haben (nachdem es mir schon seit gut 10 Jahren klar war/ist), aber er möchte keine Hilfe.
    Ich überlege nun, ihn regelmäßig dezent mit Nachrichten zu bombardieren, die Infos über Anlaufplätze beinhalten, á la "Hallo Dylan, ich wollte dich informieren, dass heute ein AA-Treffen um --:-- in der Helferstraße 1 stattfindet. Vielleicht hast du heute Lust hinzugehen" oder "Als Info: Eine gute Suchtberatunsstelle befindet sich am Infoplatz, die können dir bei dem Problem helfen."
    Was meint ihr dazu?

    Mir geht es nicht gut seitdem Besuch. Ich bin sehr wütend auf ihn und auf mich, da ich mich nicht so verhalten konnte wie ich wollte. Es macht mich aggressiv. Mir bricht es das Herz, ihn bei seiner Selbstzerstörung zuzusehen und es fällt mir schwer mich davon zu distanzieren. Ich habe normalerweise einpaar Menschen mit denen ich darüber reden kann, möchte es diesmal aus versch. Gründen nicht. Mir fällt auch auf, wie es mir förmlich meine Lebensenergie raubt.

    Das war's vorerst,
    ich bin an alle Ansichten und Gedanken dazu interessiert.
    Alles Liebe,
    sorra

  • Hallo sorra, :)

    ich bin erwachsene Tochter aus dysfunktionaler Familie (Alkohol), bei uns war
    aber äußerlich alles "intakt": Haus, Garten, Jobs meiner Eltern, Auto, Mode, ..
    meine Ausbildung und unser gehobener Lebensstil.

    Von meinen eigenen Problemen hatte ich Jahrzehntelang überhaupt keine Ahnung,
    eben weil ja alles bei einander, vorzeigbar, solide und lückenlos war. (Nach außen.)


    (...) Ich sehe mich nicht als co-abhängig, in dem Sinne, dass ich das Suchtverhalten des Betroffenen fördere.


    Co-Abhängigkeit ist nach allem, was ich seit Beginn meiner eigenen Suche erfahren
    konnte, viel mehr als das - aktive oder indirekte - Fördern fremder Sucht. Es ist
    der raumgreifende Prozess im eigenen Innern, sich unbemerkt immer mehr um das
    Wohlergehen des Süchtigen, bzw. seine Sucht zu drehen. Im Versuch, sie auszumerzen.
    Schon so früh (als Kind um Schutz / stabile Eltern ringend), dass ich mich gar nicht als
    seelisch ungesund unterwegs (fixiert aufs Wohl meiner Mutter) begreifen konnte. Für
    mich ist das der tückische Anteil der eigenen inneren Verdrehung (Überverantwortung).

    Für meine eigenen tiefsten Belange oder ursprünglichen Gefühle war nie Raum, die
    habe ich quasi gar nicht von innen her spüren und kennen gelernt. Ich war immer nur
    auf den möglichst unbedrohlichen Gesichtsausdruck meines Vaters bedacht (selbst de-
    pressiv und süchtig), oder darauf, dass meine Mutter sich wieder fing, nachdem er sie
    verbal nieder gemacht hat. (Auch sie wuchs mit einem Alkoholiker als Vater auf.)

    Diese emotionale Wüste zwischen uns - Sprechen über Gefühle oder eigene Klarheit
    gab es nicht - war mir so vertraut, dass ich erst durch "gesunde" Gleichaltrige drauf
    gebracht wurde, dass ich kaum Gefühle "hätte". (Was nicht stimmte. Aber ich wusste
    gar nicht, wie ich sie zeigen kann, oder dass das für Nähe zu anderen wichtig wäre.)

    Auch Du scheinst mit einigen Verschiebungen aufgewachsen zu sein:

    Hier sitzt die echte Co-Falle, die auch mich immer wieder gegen mich
    und meine begrenzten (!) Möglichkeiten anrennen und mich müde
    laufen lässt: Ich will DARÜBER reden, mit meiner Mutter (sie trinkt nicht
    mehr, ist aber weiterhin innerlich einsam und isoliert). Und genau DAS
    GEHT NICHT, weil sie blockt, sich selbst von Gefühlen abschneidet, ...
    und was noch alles reinspielt. Auch Angst, meinen Vater zu reizen,
    wenn sie mir näher ist als ihm.

    Mein schlimmster innerer Kampf war/ist, dass ich nicht hinnehmen will,
    einen anderen Menschen NICHT ERREICHEN ZU KÖNNEN, solange er eben
    in dem Problem (Sucht) steckt, das ich so gern mit ihm (und für mich!)
    lösen möchte. Damit ich ihn zurück bekomme, für echten Kontakt.

    Selbst Kontakt wollen - und das mit einem Süchtigen - führt in die Wüste.
    Für mich eine schlimmere Wüste, als mein Alleinsein MIT meinen eigenen
    Gefühlen.

    Auch ich werde in diesem emotional erstarrten Umfeld (meiner Eltern)
    zu einem Zombie, als träte Kaltluft und Nebel zwischen mich und mein
    Fühlen. Ihre Lethargie, ihre ständigen Wertungen und Rationalisierungen,
    ... das alles lässt bei mir jeden inneren Fluss erlahmen, jedes Mitteilungs-
    bedürfnis.

    Auch ich kenne Al-Anon. Es gibt auch EKS (Erwachsene Kinder sucht-
    kranker Eltern/Erzieher). Dort habe ich noch mehr über MEINE verschüttete
    Lebendigkeit und zerstörerischen Muster der verschobenen Verantwortlichkeiten
    gelernt. Mir geht es - Schuldgefühle inclusive - besser, wenn ich Abstand habe
    zum Geschehen meiner Eltern. Das stelle ich jetzt, nach einem eigenen Umzug
    fest. (Innerhalb der Stadt, wo ich schon lange wohne.) Dieses Projekt hat mich
    wieder zurück zu mir und meinen eigenen Belangen gebracht. Dort gibt es genug
    zu tun. Vorher hatte ich gar keine Kraft dafür, weil ich im Leiden an meiner Ohn-
    macht (Mutter nicht retten zu können) versank.

    Ich trug dann also ihre Depression aus, wachte verquollen und apathisch auf, mit
    Druck auf dem Gemüt. Ich kam nicht von der Stelle (liest sich bei Dir glücklicher-
    weise anders!) und kam meinem eigenen Leben und den drängenden Themen im-
    mer mehr abhanden. Wie ein Süchtiger. Nur dass mich anstelle einer Substanz
    dieser innere K(r)ampf von mir weg trug: Dinge (Menschen) verändern wollen,
    die ich nicht verändern kann. - Die nicht einmal sich selbst oder ihre Lebenslage
    verändern wollten!

    Seit ich das begriff, hilft mir die Wut ein wenig dabei, Abstand einzunehmen.
    Keine Gleichgültigkeit, aber eine innere Abtrennung von der fremden inneren Ver-
    wahrlosung. Die ist nicht da, weil ICH irgendwie bin oder nicht bin, sondern weil
    der andere nicht BEI SICH SELBST ist. Nicht genug, um wirklich zu begreifen, dass
    er seine eigenen Beine gebrauchen muss, um in eine andere Richtung zu finden.

    Abstand ist der einzige Weg, Raum für dieses fehlende Bewusstsein zu schaffen.
    Die emotionale Versorgungslücke des anderen nicht mehr füllen, schon gar nicht
    mit "dem Thema" (Alkohol), das ohnehin jeden authentischen Kontakt torpediert.

    Dazu passt:


    Mir geht es nicht gut seitdem Besuch. Ich bin sehr wütend auf ihn und auf mich,
    da ich mich nicht so verhalten konnte wie ich wollte. Es macht mich aggressiv.
    Mir bricht es das Herz, ihn bei seiner Selbstzerstörung zuzusehen und es fällt mir
    schwer mich davon zu distanzieren.

    Mir fällt auch auf, wie es mir förmlich meine Lebensenergie raubt.

    Tu' Dir Gutes! Wichtig ist, dass Du über DEINE THEMEN sprechen kannst. :blumen2:

    Das habe ich oft völlig "vergessen", weil mein Kopf ja voll war mit der Lösungssuche
    für meine Mutter. Selbst meine Therapie habe ich streckenweise noch ihr geopfert.
    Ihr Leid wog lange noch viel mehr als meins. Ich konnte meine Verluste kaum fühlen.
    Ich konnte nur fühlen, dass sie mir fehlt. Nicht aber sehen, dass SIE DAS WAR. Die,
    die trinkt UND damit mich allein lässt. - Ihre Depression täuschte mich immer wieder
    über ihre Verantwortung hinweg. Lange fühlte ich mich zuständig dafür, sie aufzuhellen.


    Du klingst schon sehr klar bzgl. Deiner Grenzen im Helfen: Hinweise geben ... (wo
    Meetings sind) ... die Verantwortung dann aber wirklich bei Deinem Bruder lassen. 44.


    Einfach liebe Grüße, Mut und Kraft, immer wieder "die inneren Besitzverhältnisse zu klären".
    (Das ist ein Motto aus Melody Beattie's Buch "Kraft zum Loslassen")

    Das wünsche ich Dir!

    :sun:

    Wolfsfrau

  • Hallo, Sorra, und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Vorab kurz zu mir: Ich bin männlich, 55, Alkoholiker, und nach mehreren Anläufen nun schon einige Jahre trocken. Außerdem bin ich ebenfalls seit einigen Jahren in der klassischen Selbsthilfe aktiv, d.h., ich gehe in Krankenhäuser/Entgiftungsstationen, habe über 7 Jahre eine SHG moderiert.

    Da ich mich natürlich nicht nur mit den Betroffenen, sondern auch mit Angehörigen unterhalte, kann ich Dich und Deine Situation ganz gut verstehen und auch nachvollziehen.
    Aaaaber ... ich kenne natürlich auch die andere Seite, sozusagen die "dunkle Seite der Macht".

    Und von daher kann ich Dir sagen, dass Deine Idee

    ihn regelmäßig dezent mit Nachrichten zu bombardieren, die Infos über Anlaufplätze beinhalten

    vermutlich auf Gegenwehr stossen wird. Denn dies stellt einen massiven Angriff auf ihn dar. ICH hätte damals entweder mit absolutem Rückzug (hätte mich also überhaupt nicht mehr bei der betreffenden Person gemeldet) oder mit Gegenangriff reagiert. Denn wie kann es jemand wagen, meine Integrität in Frage zu stellen und mich entmündigen zu wollen!!?!! Was bildet sich diese Person überhaupt ein??

    Ich hoffe, Du verstehst, was ich damit meine! Dein Bruder ist für sich selbst und sein Handeln selbst verantwortlich! Nur er selbst entscheidet, ob er in seinem Leben etwas ändern möchte (also aufhören WILL, zu trinken) und dann, ob er bereit ist, Hilfe anzunehmen.
    NIEMAND anderes kann ihm diese Entscheidung abnehmen! Im Gegenteil. Ich kenne Menschen, die sind dazu verdonnert worden, eine Entwöhnungsbehandlung/Langzeittherapie zu machen (gegen ihren Willen). Viele Betroffene, die WOLLEN, müssen lange Wartezeiten auf freie Plätze in Kauf nehmen. Und drei Mal darfst Du raten, was 98% dieser Leute taten, nachdem diese LZT abgeschlossen war ...

    Das Einzige, was Du tun kannst, ist auf DICH zu achten!

    Tu' Dir Gutes! Wichtig ist, dass Du über DEINE THEMEN sprechen kannst. :blumen2:

    Du kannst Deinem Bruder signalisieren, dass Du für ihn da bist, wenn er denn Hilfe WILL, ernsthaft will - aber ansonsten achte auf DICH!
    Das mag hart klingen. Aber wir Alkoholiker haben leider die Gabe, andere Menschen (auch die, die wir eigentlich lieben) mit uns in den Abgrund zu reissen - solange wir uns nicht selbst von diesem Abgrund entfernen wollen.

    Ich wünsche Dir viel Kraft und uns allen hier einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

    Einmal editiert, zuletzt von Greenfox (7. Oktober 2018 um 10:54)

  • Hallo Sorra, ... nochmal ich ...


    Ich überlege nun, ihn regelmäßig dezent mit Nachrichten zu bombardieren, ...

    Das "Bombardieren" mit weiteren Nachrichten, auch nach dem 1. Versuch, könnte
    tatsächlich die Co-Rollen aufrecht erhalten: Du "weißt, wie es geht", Dein Bruder nicht.
    Du strengst Dich an, willst etwas für ihn, "an seiner Stelle", er will das aber aktuell nicht.
    Das hält ein Ungleichgewicht aufrecht, ein für beide Seiten anstrengendes Gerangel.

    Dieses "Detail" übersehe ich selbst auch gern. Dass erst der Süchtige selbst wollen muss.
    Vorher bin ich ihm, egal mit welchem "Bemühen", absolut keine Hilfe. Im Gegenteil ... die
    Gegenwehr, die nötige Abgrenzung mir gegenüber, kann den Verbleib in der Sucht unnötig
    verlängern. Dann werde ich zum Problem für den Süchtigen.

    Um aus meiner still-duldsamen Rolle, die Sucht meiner Mutter (das Trinken) mit zu leugnen,
    raus zu kommen, empfahl mir mein Therapeut zwar die klare Ansage, DASS ich ihre Sucht
    sehe. Da hörte aber mein Gelände auf. Ich konnte nur diese Info zwischen uns stellen.

    Damals schrieb ich ihr auch mutig und mit Herzklopfen (wegen des Tabus, dass darüber nicht
    gesprochen werden darf) einen Brief. Mit MEINEN Gefühlen, meinen Erfahrungen mit Sucht und
    mit AA. (Als Angehörige durfte ich in offenen Meetings viele hilfreiche Erfahrungen hören.)
    Ich wollte ihr trotz Benennen ihrer Sucht unbedingt die Scham nehmen, dass man es mitkriegt.
    Und ICH wollte, dass sie sich traut, sich Hilfe und Menschen zu holen, um darüber zu sprechen.
    (Damit ICH sie endlich versorgt und auf dem Weg ihrer Heilung wüsste. SIE wollte das nicht.)

    - Und es ging, wie Greenfox beschrieb, komplett nach hinten los. (Sucht und Gegenwehr eben.)

    Ich bekam zwei Zeilen zurück: "Ich habe keine Verwendung dafür" (beigelegte Broschüren).
    Das war ihr klares Statement. (1. Habe kein Problem, 2. will noch viel weniger drüber sprechen,
    3. und am allerwenigsten mit Dir.) Für mich galt: Das war jetzt klar eine Faust in meinen Bauch.
    Es - die Sucht - war brutal, ich bildete mir das nicht länger ein. Kein Platz für meine Belange.
    Auf so verlorenem Posten wollte ich nicht bleiben, mit meiner Lebendigkeit weiter leer ausgehen.

    Erst ab da ging es auch mit meiner Therapie besser vorwärts, weil ich an MEINE Trauer und meinen
    Schmerz heran kam. (Endlich.) Vorher wollte ich sie retten - eigentlich meinen Wunsch, dass es
    Nähe zwischen uns gibt. Es war aber eine verschrobene Nähe des stummen miteinander Leidens.
    Verbunden in Ohnmacht. Für mich fiel da gar nichts ab. Das begriff ich erst durch die "Aussprache".

    Danke Greenfox und alle Alkoholiker, die hier im Forum so ehrlich von sich teilen!

    Liebe Grüße,
    Wolfsfrau

  • Hallo Wolfsfrau und Greenfox,

    ich danke euch beiden sehr für eure Antwort. Beide Sichtweisen sind für mich sehr bereichernd!
    Ich möchte getrennt auf eure Antworten eingehen:
    Wolfsfrau:
    Ich bin sehr dankbar für deine ausführliche Antwort und konnte mich oft in deinen Beschreibungen wiederfinden. Ich denke, die Konstellation Bruder-Schwester im Zusammenhang der Krankheit ist nicht so häufig, oft lese ich hier über alkoholkranke PartnerInnen, und es fällt mir da etwas schwerer mich damit zu identifizieren, da ich finde, durch die andere Positionen, sich etwas andere Problematiken ergeben. Da man quasi mit der Krankheit "aufwächst" Deine Situation ist natürlich auch anders, aber ich wuchs in ähnlichen schwierigen Familiensituationen auf (auch wenn Alkohol damals nicht das Problem war). Du beschreibst das sehr gut. Verstehe ich es richtig, dass du noch Kontakt zu deiner Mutter hast? Und sie trinkt noch? Wie gehst du damit um, und über das Thema Alkohol? Gibt es Rahmenbedinungen,( zB. gewisse Uhrzeiten, sie muss nüchtern sein etc.)
    Deine Geschichte klingt traurig, es war sicher nicht einfach, als Kind keine Sicherheit und Perspektive aufgezeigt bekommen zu haben, was du verdient hättest.
    Aber ich finde du drückst dich sehr schön und empathisch aus und ich bewundere deine Reflektionsweite.

    Greenfox:

    Ich bin sehr froh, über deine Antwort. Da ich diesen Austausch unter Betroffenen außerhalb meiner Familie gar nicht kenne, bin ich sehr an der Ansicht eines (trockenen) Alkoholikers interessiert. Ich möchte meinen Bruder besser verstehen können. Und auch wenn du mir im Kern nichts neues bzw. das Gleiche wie meine Therapeutin gesagt hast, ist es sehr gut es nochmal zu lesen.
    Wiederholung ist wichtig.

    Ich bin auch noch in einem anderen Forum aktiv, und möchte euch diese Texte nicht vorenthalten.
    Da der Beitrag zu lange wird, werde ich dafür neue schaffen.

  • Informationen zu meiner Familiensituation in der Kindheit:

    Mein Vater war psychisch und physisch gewalttätig. Er war kein Alkoholiker. Die Wut hat sich gegen alle gerichtet. Mein Bruder, der älter ist als ich, hatte es mit Abstand am schlimmsten. Mit Abstand. Es war... brutal. Warum gerade er kann man sich jetzt fragen, aber Antworten wird es viele geben. Ich denke, er hatte meinem Vater unwissend genug Angriffsflächen gegeben und hat sich selbst in meinem Bruder sehen können, wer weiß.
    Mein Vater hat ziemlich sicher eine psychische Krankheit, ich weiß aber nicht genau was. Er war sehr irrational, leicht gereizt, und irgendwie auch paranoid.

    Meine Mutter hat nichts dergleichen gemacht, sie war sehr weich. Ihr Problem war, dass sie teilweise nicht mitbekommen hat, was passiert, es nicht wahrhaben wollte, zu wem ihr Mann geworden war, und dachte (wie so viele Frauen leider) sie könnte ihm "helfen"/ändern. Zudem wurde sie auch von ihm fertig gemacht bzw. in seinen verrückten Machtspielchen involviert. Sie sagt auch selbst, dass sie sehr naiv war damals. Sie hat sich zu unserem Schutz getrennt von ihm, auch wenn erst spät. Ich mache ihr keine Vorwürfe, vielleicht kann ich mich als Frau auch besser in ihre Situation damals hineinversetzen, meine Brüder haben eine etwas andere Meinung dazu.

    Wichtig ist auch zu erwähnen, dass meine Familie Migrationshintergrund hat.
    Wenn man in ein neues Land kommt, gibt es viele große Herausforderungen und Belastungen, die man sich schwer vorstellen kann, wenn man es selber nicht erfahren hat. Es geht über finanziell, sprachlich, sozial, kulturell usw. Vorallem wenn die Kinder noch so jung sind, wie wir es waren. Da meine Mutter beteuert, dass er damals nicht so war, vermute ich, dass die Migration zum Ausbruch der Krankheit geführt hat. Weil er die ganzen Belastungen und Verpflichtungen nicht standhalten konnte. Aber vielleicht wäre es auch ohne dem, dazu gekommen, dass kann man natürlich nicht wissen.
    Es ist nur meine Vermutung, ich bin kein Fachexperte. Ich schätze aber, dass es viele Migranten gibt, die unter vielen psychologischen Problemen leiden, als Folge von den Problemen der Migration.

    Wie ich damit klargekommen bin? Schlecht. Ich habe viele Probleme. Es hat mich auch kaputt gemacht, so wie alle Beteiligten, das ist nicht zu leugnen. Ich bin aber bei der Reparatur, das dauert aber ein Leben lang und oft auch einige darüber hinaus. Aber es geht schon viel besser. Ich war sehr depressiv. Dadurch, dass ich sooft die Gewalttaten mitansehen musste, habe ich so ein großen Rettungsdrang. Und natürlich die fehlende Sicherheit, man ist ständig in Alarmbereitschaft, weil die Gefahr immer kommen könnte. Das Schlimmste war die lähmende Machtlosigkeit, die man als Kind verspürt. Deshalb fällt es mir als Erwachsene sehr schwer, vollkommene Machtlosigkeit zu akzeptieren.

    Was mir geholfen hat: Kunst/Literatur, (Haus)Tiere, und 1-2 starke (in meinem Fall weibliche) starke, soziale Stützen und Vertraute. Ich denke, dass dies für jeden eine sehr heilende Wirkung haben kann.


    Zudem bin ich bis vor kurzem seit einigen Jahren in Therapie gewesen, aber da war ich schon erwachsen. Ich bin übrigens Ende zwanzig, Dylan ist um die 30 (der älteste Bruder Anfang/Mitte 30). Da ich und Dylan vom Alter her sehr nahe beieinander sind, hatten/haben wir teilweise einen sich überschneidenden Freundeskreis.
    Das hat sich, seitdem ich nicht mehr in der gleichen Stadt bin, etwas verändert. Seitdem Umzug ist sowieso vieles besser geworden, die räumliche Distanz hat immens geholfen.

    Mein Bruder sauft wegen dieser Erlebnisse, er hat früh zu trinken begonnen. Und wäre mir das Gleiche passiert, würde ich wahrscheinlich auch saufen. Er war manchmal in Therapie, aber da gebe ich dir auch Recht, das hat nur Sinn, sobald er trocken ist.
    Interessant finde ich, dass er einer Therapie zumindest etwas aufgeschlossener ist/war als die AA.
    Aber ja prinzipiell braucht er nicht seine kleine Schwester, die ihm das Leben richtet, sondern professionelle Hilfe.

    alles Liebe,
    sorra

  • Über (keinen) Kontakt, Involviertheit und Mündigkeit:

    Mein Leben wird natürlich von meinem Bruder beeinflusst. Mir ist meine Familie sehr wichtig. Ich würde aber nicht soweit gehen zu meinen, dass ich mein Leben in den Hintergrund stelle und sich alles nur mehr um ihn dreht. Ich lebe mein Leben und habe vielleicht 1-2 mal im Monat wirklich Kontakt zu meinem Bruder. Aber wie gesagt, ist er Teil meines Lebens und seine Abhängigkeit beschäftigt mich natürlich bis zu einem gewissen Grad.

    Natürlich darf er mit seinem Leben tun, was er möchte. Deshalb werde ich ihn auch nicht zu irgendwas zwingen, auch wenn ich das am liebsten tun würde. Ich kann akzeptieren, dass er von mir keine Hilfe will, aber nicht, dass er es allgemein nicht will. Vorallem keine fachliche. Ich weiß, wie solche Geschichten zu Ende gehen, von Leuten die denken, sie können es alleine schaffen.

    Das habe ich früher versucht. Ich habe mich rausgehalten, mich mit ihm tagsüber, wenn er nüchtern war, getroffen und einfach versucht eine schöne Geschwister-Beziehung zu führen. Aber das ist nicht genug. Ich erwische ihn kaum noch nüchtern.
    Letztens war er nüchtern und wir haben darüber gesprochen. Ich war sehr froh, ihn nüchtern zu treffen, man kann dann endlich ein normales Gespräch mit ihm führen. Ich versuche immer wieder sehr friedlich und nicht anklagend ihn auf das Thema anzusprechen und durch ihn durchzudringen.
    Es gibt Momente, an denen er empfänglicher ist, als andere.
    Natürlich nur nüchtern, betrunken ist es vollkommen sinnlos, zumal sein Charakter in dem Zustand unaushaltbar für mich ist.

    Er meinte, dass er auch, wenn er das Alkoholproblem gelöst hat, hätte er ja noch immer seine alten Probleme. Er meinte er fühlt sich schlecht mit Alkohol, aber ohne auch. Ich habe ihm gesagt, das stimmt, aber erst wenn er nicht mehr trinkt, kann er diese Probleme lösen. Seine Form der Selbsttherapie mit Alkohol macht alles nur noch schlimmer. Er hat nichts darauf gesagt. Aber ich denke doch, dass es irgendwo ein wenig angekommen ist, deshalb bin ich froh, dass wir darüber gesprochen haben.

    Das eigentliche Problem ist: Er ist es sich selber nicht wert, dass es ihm besser geht. Ihm ging es so schlecht, als er zu trinken begann, dass ihm die Taubheit lieber ist, als wieder diesen Schmerz zu spüren. Sein Leben ist für ihn nicht lebenswert, um es erträglich zu machen, will er jetzt so lange Trinken, bis das Trinken unerträglich wird (tolle Idee....)
    Auch an dem Tag habe ich ihm angeboten zu AA zu gehen. Er hat sich darüber lustig gemacht. Er hat immer andere Ausreden, warum er nicht will, die ich aber gut auszulöschen weiß (ändert trotzdem nichts): da wird soviel geraucht, das ist alles so christlich dort, die sind alle so alt usw.
    Seltsamerweise ist er mal mit einer Freundin zu einem Alanon Meeting gegangen...

    Jetzt, als er zu Besuch war hat er gekifft und getrunken, sogar für seine Verhältnisse übers Maß. Ich habe ihn in der Nacht im Bad weinen gehört. Und habe dann selber in meinem Zimmer geweint. Wir waren wir zwei Figuren in einer griechischen Tragödie.

    ----
    Ich denke ich habe 3 Optionen:
    1) Ich lasse ihn einliefern und zwinge ihn professionelle und meiner Meinung nach auch notwendige medikamentöse Hilfe ihn Anspruch zu nehmen.
    2) Ich mache ihn weiterhin aufmerksam auf die fachlichen Hilfsangebote, gebe ihn Literatur darüber, zeige ihm die Wege auf, ohne ihn das Trinken zu verbieten oder ihn anzuklagen und halte reduziert Kontakt.
    3a) Ich mache nichts und führe eine gute Beziehung mit ihm, in der das Thema Alkoholismus nicht existiert.
    3b) Ich mache nichts und habe keinen Kontakt zu ihm.

    Nr. 1 überlege ich mir immer mal wieder, empfinde ich aber zu radikal und entmündigend. Aber manchmal ist es an der Grenze, an der er eine Gefahr für sich selbst darstellt und ich mich nicht frage, ob Zwang von außen nicht angebracht wäre.
    3a kann ich nicht, da es verlogen, oberflächlich und falsch wirkt.
    3b kann ich mir nicht vorstellen. Ich liebe meinen Bruder, und ich möchte ihn nicht verlieren. Das werde ich wahrscheinlich sowieso zu früh, wenn er so weiter macht und das könnte ich mir dann nicht verzeihen.vDeshalb denke ich an Nr 2.
    Was denkt ihr? Habt ihr Lösungsstrategien für die Situation, die (im besten Fall) für alle gut wäre?

    ---- Ich habe mir auch schon überlegt, zu einem AA Meeting zu gehen und jemanden von dort zu bitten mit meinem Bruder zu sprechen, ohne das er davon erfährt, dass ich was damit zu habe. Das sind so meine Fantasien. Ja, nicht nur die Alkoholiker können manipulativ sein.
    Aber wahrscheinlich wird niemand dazu bereit sein, weil sie alle das Gleiche sagen wie ihr (er muss selber wollen). Außerdem, wenn mein Bruder das erfährt, wird er das als ziemlichen Vertrauensbruch empfinden. Was ich nachvollziehen könnte.
    Jedoch weiß ich nicht, ob in dem Fall der Zweck nicht die Mittel rechtfertigen würde?
    Wenn jemand eine Gefahr für sich darstellt, weil er zum Beispiel in einer Psychose steckt, in der er Stimmen hört und Dinge sieht, die nicht real sind, würde jeder Psychiater zustimmen, dass das Vernünftigste wäre, den Betroffenen in eine Klink zu schicken, wo er Hilfe bekommt, auch wenn er nicht einverstanden ist.
    Mein Bruder ist offensichtlich nicht fähig klar zu sehen und fügt sich selber Schaden zu, ist also eine Gefahr für sich.
    Wieso wäre es also hier verwerflich?
    Oder anders: Wo ist die Grenze zur Unselbständigkeit? Es gibt doch Menschen die so psychisch krank sind, oder so süchtig, dass sie eben nicht mehr als selbstständig anzusehen sind? Es fällt mir schwer, diese Grenze zu definieren.

    ---- Ich weiß, dass es in Theorie gut sein soll, wenn nötig, den Alkoholkranken fallen zu lassen.
    1. Find ich das Konzept bei Familie schwieriger umzusetzen, als bei einem Partner, den man sich aussucht und der zum Expartner werden kann. Mein Bruder wird immer diese Position haben.
    2. Bin ich skeptisch, ob das immer das Beste ist. Ist absolut keinen Kontakt nicht wie Bestrafung? Als würde ich ihm den Rücken kehren, wenn es ihm am schlechtesten geht?

    Unser Kontakt ist schon sehr reduziert, da ich wie gesagt, woanders wohne und zirka einmal im Monat in die Heimatstadt fahre (und ihn da auch nicht jedes Mal treffe). Ich habe seit zwei Monaten auch offiziell verkündet, nicht an den Familienfeiern teilzunehmen (Geburtstag, Weihnachten, etc.) da der Umgang mir zu negativ und respektlos ist. Ich habe betont, das ich auf niemanden wütend bin, sondern sehr neutral das entschieden habe und mich freue wieder Familientreffen zu machen, sobald es möglich ist, diese respektvoll zu gestalten.
    Ich kann mir nicht vorstellen, glücklich damit zu sein, absolut keinen Kontakt mehr zu meinem Bruder zu pflegen. Der Mensch ist ein soziales Wesen und es fällt mir schwer zu glauben, dass Isolation oder Entziehen etwas förderliches sein kann.

    Deshalb möchte ich ihn weiter auffordern, dorthin zu gehen. Ich sehe es wie bei depressiven Menschen, die keine Kraft haben zum Arzt zu gehen. Unterstützung und Animierung ist wichtig. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Dylan auch depressiv ist. Ich vermute auch, dass er unter Borderline leidet, aber das ist nur meine Laien-Diagnose.

    Natürlich bin ich als kleine Schwester in einer benachteiligten Position (wer will denn schon was von seiner kleinen Schwester erzählt bekommen?). Aber seine Sauffreunde werden es nicht tun, wenn ihnen das Ausmaß des Problems überhaupt klar ist.
    Ich weiß, ich klinge auf euch wahrscheinlich wie Don Quijote, der gegen die Windmühlen kämpft, aber ich kann nicht den Kontakt zu meinem Bruder abbrechen. Und ich kann den Kontakt nicht aufrecht halten, und das Problem dabei ignorieren.

    Alles Liebe,
    eure Don

  • Liebe Sorra,

    ich habe Deine Beiträge gelesen ... Ich kann Dir glaube ich nachfühlen.
    Es klingt schlüssig, was Du übers Fallenlassen (Loslassen) schreibst. Und
    dass das familiär um einiges härter ist, als einen Partner zum Ex zu machen.

    Das dachte ich bei Al-Anon auch oft. Deshalb ging ich zu EKS. Dort ging es
    um mich als "erwachsenes Kind", eben auch mein Aufwachsen betreffend.
    Und die familiären Gebote, Verbote, den Selbstkritiker, die Lebensangst, usw.
    Bei Al-Anon klingt alles so nach: Na, da machste halt ... und dann Deinen
    Kram. - Ja toll. Wie Du schon sagst, Eltern oder Geschwister sind ganz an-
    ders im eigenen Inneren mit verwurzelt.

    Ich habe aber gelernt am Satz meines Therapeuten: "Ihre Eltern, der X
    und die Y, haben schon weit vor Ihnen ihre eigenen Entscheidungen getroffen."
    - So fand ich aus meiner übermäßigen Verantwortlichkeit für meine Mutter.
    - Sie hat ihn geheiratet. Sie ist geblieben. - Das habe NICHT ICH gemacht.
    - Und sie hat indirekt auch mir meinen Vater zugemutet, durch ihr Bleiben.
    (Alles nicht änderbar, sonst hätte sie selbst es anders zu machen geschafft.)

    Einen misshandelnden Vater aushalten, und mit ihm all die Ohnmacht und
    die Schutzlosigkeit nahestehender Menschen. Das sind viele Themen zugleich.
    Ich mag Dir gar nichts vorschlagen, weil ich denke, das geht nur nacheinander.
    Die Beschützerrolle für Deinen Bruder ist ja nicht einfach so abstreifbar. Das
    stelle ich mir zumindest sehr schwer vor.


    Zu meiner Situation möchte ich noch ergänzen:

    Meine Mutter trinkt nicht mehr. Sie ist emotional aber immer noch so verbaut
    wie damals (aktive Trinkzeit). Seit 2012 hat sie mit einer Krebsdiagnose zu tun,
    nur deshalb habe ich mich damals, inmitten meines eigenen Aufwinds, wieder
    entschieden, öfter heimzufahren. Jetzt, nach 6 Jahren, wurde mir deutlich, dass
    ich darüber schleichend meiner eigenen Genesung abhanden gekommen bin.

    Auch ich fühle mich immer wieder im Dilemma. Ganz wegbleiben, wäre für mich
    und meinen Aufwind (Heilung) das Beste. Ich fühle aber mit meiner Mutter, auch
    sie ist weichherzig, großzügig, hilfsbereit und einfach liebenswert. - Aber sie taut
    nur auf, wenn wir länger zusammen sind. Und ich halte meinen Vater nicht lange
    aus. Schöner Sch**ß. Eigentlich kein Sch**ß, sondern einfach Fakt. Aber ich lege
    mir das negativ aus und habe Schuldgefühle, da nicht drüber zu stehen, für sie.

    Ich danke Dir für Deine liebevolle Rückmeldung zu meinem Teilen mit Dir.

    Meine Geschichte war auch schön, ich hatte eine richtig klasse Tagesmutter. Bei ihr
    wusste ich immer, wo richtig und wo falsch liegt. Sie war christlich unterwegs, nicht
    bekehrend, nie vorwurfsvoll, aber gradlinig wo nötig, ich konnte mich auf sie verlassen. :)

    Auch von meiner Mutter habe ich viel Liebe erfahren. Sie war nur zerrissen zwischen
    einem sehr verletzten und fordernden Ehemann (selbst Kind dysfunktionaler Eltern)
    und mir. Sie hatte sozusagen zwei Kinder, und er trat in Konkurrenz zu mir. - Egal.
    Seit ich das klarer habe (Therapie) und weiß, was mein Vater da eigentlich an sich
    selbst bekämpft, fällt mir der Abstand zu seinen Wertungen leichter. Aber nur mit
    räumlichen Abstand dazu. Ich bin noch nicht immun dagegen, es schwächt trotzdem.
    Weil es negative Energie ist. Selbst wenn ich gut mit mir verbunden bin, stresst das.
    (Und DAS zu erkennen, dann wegbleiben, ist wiederum gesund. Und gerechtfertigt.)

    Jetzt und hier und heute hatte ich einen wunderschönen Tag!

    Ich bin den A-Gruppen sehr dankbar, meinem eigenen Weg, und den Menschen, die
    immer wieder für mich bereit stehen, mir zuhören, mir Hilfen zur Orientierung geben.
    Es gibt soviel Hilfe, ich muss nur die Augen offen halten. Auch Dein Teilen hilft mir.
    Ich darf mich an eigene Heilungsschritte erinnern und finde wieder dorthin. :)

    Einfach Danke und weiterhin alle Kraft der Welt, die Du brauchst, um gut zu Dir zu sein.


    Liebe Grüße,
    Wolfsfrau

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