Liebe Ailin,
Du hast mit Deinem Brief etwas ganz Wichtiges erreicht: Dein Ex-Partner hat Dir gegenüber – und wie es sich liest auch sich selbst gegenüber – eingestanden, dass „da etwas nicht mehr normal ist“.
Wenn ich mich (immer wieder mal) zurückerinnere, an meine aktive Suchtzeit, dann wusste ich schon viel länger wie mein Umfeld, dass mit meinem Alkoholkonsum „irgendetwas nicht stimmt“.
Für Angehörige, die keine Abhängigkeitserkrankung haben, ist es schwer zu verstehen, dass betroffene Trinker schon lange über ihre Suchtmittelabhängigkeit Bescheid wissen, diese aber nicht vollumfänglich zugeben können.
Aber von dem Erkennen, „dass etwas nicht normal ist“, bis zu „ich bin Alkoholiker“ ist ein verdammt weiter Weg!
Für mich war das damals überhaupt die größte Hürde, mir selbst, und dann später auch noch anderen gegenüber einzugestehen, dass ich Alkoholiker bin.
Ich würde das jetzt, Deinen Brief und sein Eingeständnis, sich setzen lassen und abwarten. Zuviel Druck und Bedrängnis erzeugt meist eher das Gegenteil von dem, was Du Dir erhoffst.
Wenn die Gelegenheit günstig ist – das kannst nur Du wissen – dann würde ich mal einen „Stups“ geben, indem ich so nebenbei fragen würde „wie weit bist Du denn jetzt mit Deinem Alkoholkonsum? Hast Du schon etwas dagegen unternommen?“
Das würde ich gleichzeitig immer auch positiv beeinflussen, indem ich sagen würde: „Du weißt, wenn Du wirklich aktiv etwas dagegen unternimmst, dann helfe ich Dir gerne!“