Hab's nicht gemerkt

  • Meine heile Welt bekommt Risse. Wir kennen uns seit >15 Jahren, verheiratet, zwei Kinder, läuft alles. Das sie schon immer mal nicht öfter als 1-2 mal pro Woche 1-2 Feierabendbier getrunken hat fand' ich jetzt nicht weiter auffällig, zumal sie auch oft tage-/wochenlang überhaupt nichts trinkt. Dachte ich. Wie ich jetzt aufgrund verschiedener Anzeichen seit Anfang der Woche beobachtet habe, trinkt sie sie momentan wohl mindestens einen Sixpack pro Tag: Da steht ein Sixpack etwas versteckt unter dem Küchenschrank, sie steht morgens um 7 auf, um 11 ist das Sixpack spurlos verschwunden (ich war echt total schockiert) und nachmittags steht schon wieder ein neues da. Und man merkt ihr das überhaupt nicht an! Ich suche und finde eine 0,5er Dose versteckt im Schlafzimmer, eine leere Bierflasche in der Abseite, eine im Badezimmerschrank, zwei ganz unten in der Mülltonne, ich höre wie sie hektisch Flaschen versteckt, wenn ich die Treppe hochkomme. Mir dämmert langsam, warum sie immer Kaugummis dabei hat, warum sie mich manchmal an's Steuer bittet statt selber zu fahren und ahne woher ihre gelegentlichen Stimmungsschwankungen herkommen. Und ich hab's nicht gemerkt! Ich merk's ihr immer noch nicht an, sie macht auf mich überhaupt keinen alkoholisierten Eindruck. Keine Ahnung wie lange das schon so geht, keine Ahnung wie viel sie tatsächlich trinkt, keine Ahnung wie sich das entwickeln wird. Fühle mich gerade richtig scheiße. Morgen werde ich sie darauf ansprechen... oh man.

    Danke für's zuhören :(

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN hier bei uns im Forum :welcome:

    Ich bin m, 55, Alkoholiker und nach mehreren Anläufen nun seit einigen Jahren trocken.

    Das, was Du da schilderst, lässt wirklich darauf schließen, dass Deine Frau ein Alkoholproblem hat. Denn das mit dem Verstecken und den Kaugummis kenne ich sehr gut (bei mir waren es "Fisherman's Friend").
    Wenn Du sie darauf ansprichst, wird sie wahrscheinlich dergestalt darauf reagieren, dass sie sich angegriffen fühlt, es abstreitet und/oder herunterredete und verharmlosen wird.
    Ich kenne KEINEN (mich eingeschlossen), der darauf angesprochen eingeknickt ist und gesagt hat "Ja, Du hast recht - ich habe ein Alkoholproblem!"

    Allerdings kenne ich kein Patent-Rezept, wie da jetzt zu verfahren wäre.
    Mein Vorschlag wäre: Mach ihr klar, dass Du das/ihr Problem erkannt hast und sie es angehen sollte, wenn ihr Eure Beziehung, Eure Familie etwas wert ist. Und dann schlag ihr vor, gemeinsam zur Suchtberatung zu gehen, um sich Rat zu holen. Ich habe jetzt mal vorausgesetzt, dass Du sie unterstützen wirst, wenn sie etwas unternehmen will.
    Allerdings musst Du Dir auch über die Konsequenzen im Klaren sein, wenn sie nichts unternimmt - die Sucht wird weiter vorranschreiten und vor allem offensichtlicher werden.
    Also: Kannst/willst Du damit leben? Wenn nicht, musst wiederum Du Dir Konsequenzen überlegen, die Du (durch)ziehen wirst, sollte sie nichts gegen ihre Sucht tun ...

    Aber ersteinmal wünsche ich Dir viel Kraft für das Gespräch mit Deiner Frau!

    Ansonsten: Wir sind hier!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo s,

    auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns im Forum.

    Ich bin Alkoholiker, Ende 40, und ich lebe jetzt schon länger ohne Alkohol.

    Also, wie von Greenfox schon geschrieben, scheint es so zu sein, dass Deine Frau Alkoholikerin ist. 100%ig kann man das nie sagen, schon gar nicht aus der Ferne, jedoch deutet das was Du schreibst sehr stark darauf hin. Es erinnert mich ein wenig an meine eigene Geschichte, ich war wie Deine Frau ein heimlicher Trinker, habe das meiner Frau und meinen Kindern gegenüber verheimlicht. Und ich trank ca. 15 Jahre lang, 10 davon auf jeden Fall heimlich vielleicht auch ein paar Jahre mehr, so genau kann ich das nicht mehr sagen.

    Was Du da also erlebt hast, ist nicht ganz außergewöhnlich. Deine Frau hat also wesentlich mehr konsumiert als Du offiziell gesehen hast. Das ist bei funktionierenden Alkoholikern, die sich ja in der Regel für ihre Sucht schämen und die auch ihre heile Welt irgendwie aufrecht erhalten wollen, ganz normal. Wie gesagt, ich trank offiziell auch meiner Frau gegenüber jahrelang so gut wir gar keinen Alkohol. Hatte aber trotzdem in den letzten Jahren meiner Sucht täglich 8, 10 oder sogar 12 Bier intus. Und ganz am Ende reichte das auch nicht mehr und ich musste noch Wein dazu schütten. Heimlich, alles heimlich. Und ich funktionierte noch, ich war zwar ein Wrack aber nach außen hin funktionierte ich noch.

    Das ist meine Geschichte in ganz kurz und Du erkennst wahrscheinlich die Parallelen zu Deiner Frau. Und auf die Mengen kommt es übrigens nicht an. Ob Deine Frau süchtig ist oder nicht (es spricht leider vieles dafür), dass weißt Du letztlich erst dann, wenn sie versuchen würde mit dem Trinken aufzuhören. Gelingt es ihr problemlos über einen sehr langen Zeitraum einfach gar keinen Alkohol mehr zu trinken und hat sie während dieser Zeit keinerlei Bedürfnis Alkohol trinken zu wollen, dann wäre sie wahrscheinlich noch nicht süchtig. Sie wäre zwar gefährdet, weil sie Alkohol ja offensichtlich bereits missbraucht hat, sich also die Wirkung dieses Zeugs zu Nutze gemacht hat (und sowas vergisst unser Hirn leider nicht), jedoch könnte es dann sein, dass sie die Kurve noch bekommt.

    Allerdings sprechen viele Aussagen Deinerseits dagegen. Denn verheimlichen, verstecken, Alkoholvorräte anlegen usw. sind recht eindeutige Zeichen für eine Sucht.

    Insofern machst Du genau das Richtige wenn Du sie ansprichst. Wenn ich das richtig sehe, müsstest Du das gestern bereits getan haben. Möchtest Du uns schreiben wie sie reagiert hat? Ich glaube von diesem Gespräch wird abhängig sein, wie Dein Leben mit (oder ohne) Deine Frau weiter verläuft. Zeigt sie wenigstens etwas einsicht, will sie etwas tun und tut das dann auch, dann kannst Du ihr zur Seite stehen. Dann kannst Du ihr dabei helfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Das wird nicht einfach, nicht nur für sie sondern auch für Dich. Aber es gibt diese Lebens-Geschichten, es gibt diese Paare, die das geschafft haben und anschließend ein zufriedenes oder glückliches Leben führen konnten.

    Wenn sie jedoch abstreitet, agressiv wird, Dir die Schuld an Allem gibt usw., was leider recht häufig vor kommt, dann wirst Du wohl umdenken müssen. Denn dann ist sie nicht bereit ihre Sucht zu bekämpfen. Und dazu wirst Du sie auch nicht zwingen können. Dann kannst Du nur auf Dich schauen und alle Entscheidungen nur für Dich treffen.

    Ich wünsche Dir / Euch, dass ihre eine Basis findet um da raus zu kommen. Und ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

  • Wenn sie nur Bier trinkt, ist doch nicht so schlimm oder? Wenn man zu was stärkeren greift dann ist es ein Problem.

  • Da merkt man, dass Du Dich mit der Thematik noch nie beschäftigt hast bzw. beschäftigen willst. Abgesehen davon, dass Deine Art und Weise, WIE Du hier schreibst, auf einen Troll schliessen lässt, scdhau doch mal hier. Von wegen "nur Bier" - ist ja auch nur Alkohol.

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  • Krass ich bin nur ziemlich verzweifelt und suche nach Antworten, werde als Troll beschimpft.

  • Dann stell Dich doch erst mal vernünftig vor, damit wir wissen, wer sich hier so merkwürdig überall "einbringt". Wenn man das so nennen kann - denn ICH weiss nicht, ob es Deine ehrlich Meinung darstellen oder provozieren soll. Denn von "Verzweiflung" merke ich in Deinen Äußerungen nichts.
    Und für Vorstellungen kannst Du im entsprechenden Bereich Deinen eigenen Thread eröffnen, anstatt die Threads anderer zu stören.

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  • Ich habe Freitag morgen mit ihr gesprochen. Das Gespräch war zum Glück kaum aggressiv (kann ich nämlich so gar nicht drauf) und durchaus sachlich. Natürlich hat sie sich angegriffen gefühlt und das Problem runtergespielt ("ja, in letzter zeit vielleicht übertrieben, ist 'ne Phase, so viel ist das gar nicht, natürlich kann ich aufhören..."), aber immerhin hat sie sich einsichtig gezeigt und soweit ich mitbekommen habe seitdem auch nichts getrunken. Ich konnte nicht aus ihr herauslocken wie lange und wie viel sie trinkt, da ich ihr im ersten Gespräch nicht zu sehr auf die Pelle rücken wollte - ich interpretiere das erstmal als zu lange, zu viel und zu unangenehm um's zuzugeben.

    Inzwischen hab' ich genug zu dem Thema gelesen um dem Braten trotz aller bisherigen Ehrlichkeit und Vertrautheit in unserer Beziehung nicht zu trauen. Das ist glaube ich für Angehörige ein richtig fieser Aspekt: Misstrauen macht sich breit. Wenn sie sich alleine zurückzieht, wenn sie Kaugummi kaut, wenn sie nachmittags gute Laune hat obwohl sie vormittags noch gereizt war... ich unterstelle insgeheim immer, dass sie heimlich getrunken hat. Am liebsten würde ich einen Alkotester kaufen und sie jeden Tag pusten lassen, aber so 'ne brutale Eskalation bringt es glaube ich zu diesem Zeitpunkt nicht und ständige Kontrolle ist sicher Gift für die Beziehung. Naja, heimliches Trinken ist auch Gift für die Beziehung. Schwierig, schwierig. Auch wenn ich ständig daran denke, spreche ich das Thema jetzt erstmal überhaupt nicht mehr an. Ich werde das jetzt einfach wieder eine Woche lang beobachten und dann am Freitag (und in Zukunft regelmäßig jeden Freitag) wieder das Gespräch suchen.

    Greenfox + Gerchla : Danke, ich hab' hier inzwischen mehrere Beiträge von euch gelesen und finde euer Feedback super wertvoll für mich.

    @Julia: 1.) 6 Bier sind genauso viel wie 1/3 Flasche was härteres 2.) Weiß ich, ob sie nur Bier trinkt? 3.) Bist du nach 2 Liter Bier noch klar im Kopf? 4.) Täglich?!

  • Manchmal ist es doof, Recht zu haben. Aber wir haben ihre Reaktion (Herunterspielen, Verharmlosen, Versprechen) ja vorhergesagt. Nicht, weil wir eine (funktionierende) Glaskugel haben, sondern es selbst so erlebt (um nicht zu sagen "abgezogen") haben ...

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  • Hallo s,

    also erst mal möchte ich Dir sagen, dass Du aus meiner Sicht sehr gut reagiert hast bzw. genau richtig vorgegangen bist. Du hast das Gesrpäch gesucht und Du bist dabei sachlich geblieben. Super. Vorwürfe etc. hätten die Lage wahrscheinlich nur verschärft und sie bringen Dich ja, ehrlich gesagt, auch gar nicht weiter. Und Deine Frau natürlich auch nicht.

    Es wird jetzt interessant sein zu beobachten (ist bisl blöd formuliert aber mir fällt gerade nix besseres ein), wie sich Deine Frau weiter verhält. Die Katze ist ja jetzt aus dem Sack, sie weiß, dass Du ihr auf die Schliche gekommen bist. Und sie wird auch merken, dass sie Dich nicht wieder einfach so einlullen kann. So wie Du schreibst bist Du Dir vollkommen im Klaren was die Stunde geschlagen hat. Sie hat also keine Chance Dich mit ihren Geschichten (nur im Moment trinke ich etwas viel, das gibt sich wieder etc. ) zu manipulieren.

    Das finde ich auch sehr gut, denn es erspart Dir ein langes hin und her, das viele Angehörige erst mal durchmachen bevor sie überhaupt die Tragweite der ganzen Situation erfassen. Da bist Du schon mal ein gutes Stück voraus. Jetzt wirst Du sehen, ob sich am Verhalten Deiner Frau etwas verändert. Ob dieses Gespräch im Nachgang eine Wirkung bei Deiner Frau erzeugt hat oder nicht. Ob es für sie ein Anstoss war, nochmal tiefer über ihre Situation nachzudenken oder ob sie die Taktik fährt, noch besser zu werden im Verheimlichen und im Täuschen. Ggf. sogar verbunden mit einer kleinen Trinkpause, die Dir suggerieren soll, das doch alles in Ordnung ist.

    Wenn Du, wie Du schreibst, hier schon einiges gelesen hast, dann wirst Du schon wissen, wie das ganze jetzt eigentlich idealerweise ablaufen müsste und wie es leider aber eben oft tatsächlch abläuft. D. h. wenn sie nicht wirklich ernsthaft erkennt was los ist und nicht wirklich ernsthaft Maßnahmen dagegen unternimmt, dann wird das wahrscheinlich nichts werden. Ich finde es aber gut, dass Du jetzt nicht sofort mit den harten Konsequenzen auffährst, sondern ihr erst mal noch Zeit gibst. Und sie dabei beobachtest wie es weiter geht.

    Wenn Dir Eure Beziehung wichtig ist, dann darfst Du da jetzt auch durchaus etwas investieren. Denn wenn sie einsichtig ist (oder wird in naher Zukunft), dann kannst Du für sie eine wichtige Stütze sein. Und es gibt auch viele Beispiele von Paaren, die ein zufriedenes und glückliches Leben führen, nachdem der trinkende Partner trocken wurde. Es lohnt sich also schon zu kämpfen, wenn berechtigte Hoffnung vorhanden ist.

    Und ich denke diesen Punkt, also ob Du berechtigte Hoffnung haben kannst, der ist noch nicht geklärt. Da brauchst Du wohl noch ein wenig Zeit um das heraus zu finden. Wichtig ist, dass Du dabei sehr gut auf Dich selbst aufpasst. Das alles ist ja kein Spiel, es ist eine hochemotionale und sehr tiefgreifende Geschichte, die mit Sicherheit, egal wie sie aus geht, Dein Leben verändern wird. Also pass auf Dich auf und ziehe notfalls rechtzeitig die Reißleine bzw. setzte Dir (und ihr) Grenzen.

    Das schlimmste an der ganzen Geschichte ist, Du hast es bereits geschrieben, dass man das Vertrauen verloren hat. Man kann nicht mehr vertrauen. Und das ist leider oft der Killer für die Beziehung. Denn ehrlich, was ist denn das wichtigste in einer Beziehung? Ich finde es ist das Vertrauen, es ist die Basis für Liebe. Ohne Vertrauen keine Liebe.

    Du musst jetzt natürlich auf "hab Acht" sein, Du kannst jetzt natürlich nicht einfach alles glauben was sie sagt. Aber Du hast auch gut erkannt, dass es Dir nichts bringt, wenn Du zum Kontrollfreak wirst. Dann läufst Du große Gefahr in eine Co-Abhängigkeit zu rutschen. Das musst Du unbedingt verhindern, denn dann wirst Du genauso abhängig wie Deine Frau.

    Gut, dass Du Deine Beziehung nicht gleich aufgibst. Wichtig, dass Du jetzt klar bist und Dir Deine persönlichen Grenzen setzt. Und Dir einen Plan machst, wie Du weiter vorgehen willst, auch dann z. B. wenn Deine Frau weiter trinken möchte.

    Lieber s, alles Gute und viel Kraft. Ich würde mich freuen, wenn ich bald Positives von Dir und Deiner Frau lesen könnte. Bis bald und

    LG
    gerchla

  • @Julia: 1.) 6 Bier sind genauso viel wie 1/3 Flasche was härteres 2.) Weiß ich, ob sie nur Bier trinkt? 3.) Bist du nach 2 Liter Bier noch klar im Kopf? 4.) Täglich?!

    Also nach 2 Liter Bier weiß ich net, Bier ist ecklig iiiiii aber nach einer halben Flasche Vodka bin ich noch ok und kann ausgehen. Bin nicht stolz drauf ist halt so.

    Und man verliert das Vertrauen nicht unbedingt, in anderen Bereichen ist sie ja wahrscheinlich ehrlich, aber das Trinken ist einfach stärker als sie. Druch machen oder so bringt gar nix, sie wird einfach alles besser verstecken. Hier muss man geschickter vorgehen. Z.b. so ein Faltblatt über die Selbsthilfegruppen in der Region "zufällig" liegen lassen wo sie es findet und solche Sachen.

  • Hier muss man geschickter vorgehen. Z.b. so ein Faltblatt über die Selbsthilfegruppen in der Region "zufällig" liegen lassen wo sie es findet und solche Sachen.

    Das bringt erfahrungsgemäß überhaupt nichts - wird meist ebenso "unauffällig entsorgt und ignoriert. Das kenne ich aus eigener Erfahrung sowie aus vielen Gesprächen.
    Hast Du es denn mal mit SHG probiert, Julia? Oder trinkst Du noch?

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  • Zwei Wochen sind vergangen. Vor einer Woche hat sie nach einem Streit aus eigener Initiative einen Alkotester besorgt und schickt mir seitdem sporadisch 0-Promille whatsapps um das Vertrauen wieder herzustellen.

    Freitag war sie etwas aggresiver drauf, Samstag dagegen auffällig überschwänglich + leicht verpeilt (ich kenn' das, sie hat dann so 'ne komische Art die mir unglaublich auf die Nerven geht, hätte ich früher nur richtig deuten müssen) und ich glaube so langsam bekomme ich auch ein Gefühl dafür, wie eine Alkoholfahne riecht. Ich war mir jedoch nicht so recht sicher, also habe ich sie quasi als Test bewusst Auto fahren lassen und sie hat sich nichts anmerken lassen. Und ich war ziemlich angepisst, weil das folgerichtig ja entweder Bedeutet, dass sie die Nummer tatsächlich bringt oder ich ihr unfairer/fieserweise unterstelle was getrunken zu haben. Ich habe nichts gesagt, auch nicht als ich am Sonntag gemerkt habe, dass das letzte Sixpack aus dem Kofferraum verschwunden ist (ja, auch Angehörige können sich das offenbar gut schönreden mit vielleicht ja "weggeworfen" oder "verschenkt"). Sonntag Abend sind mir dann allerdings auch die zwei geleerten Weinflaschen in der Küche aufgefallen und ich konnte nicht mehr umhin sie zu fragen wie viel sie denn in der Woche so getrunken hätte. Sie hat erst nur eine Flasche Wein am Samstag zugegeben, dann kleinlaut die auch Zweite. Ausrede: Eigentlich wollten wir zu meinen Eltern fahren, und meine Mutter sei nur schwer zu ertragen (subjektiv mag da durchaus etwas dran sein, objektiv wäre das kein Drama wenn sie einfach auf Durchzug stellen würde und wir fahren echt nicht mal oft hin) und ich würde nicht hinter ihr stehen, weil ich meine Mutter das letzte mal ja erst beim dritten mal und da auch nur zögerlich gebeten habe sie nicht mehr auf ihr Gewicht anzusprechen. Ich war so unglaublich wütend, hab' sie zusammengeschissen und bin erstmal 'ne Runde um den Block gegangen um mich zu beruhigen. Wieder zurück kam sie an mit ich wüsste ja gar nicht wie scheiße sich ihr unlösbarer Schwigermutterkonflikt anfühlt und ich würde ja gar kein Verständnis für sie zeigen. Das sie mir ein schlechtes Gewissen für ihre Sucht einreden will hat mich dann vollends ausrasten und laut werden lassen (gar nicht meine Art, das dürfte ein trauriger Eskalationsrekord in unserer Beziehung gewesen sein). Meine anschließende Frage bei welcher anderen unlösbaren Stressituation sie denn das Sixpack aus dem Auto weggesoffen hätte, saß dann aber wohl genau richtig. Sie hat sich letzendlich kleinlaut für ihren unglaublch dummen Ausrutscher entschuldigt, jetzt weiß sie ja was auf dem Spiel steht. Sie trinkt diese Mengen erst seit 'nem halben Jahr, und sie wird jetzt wirklich aufhören und schafft das auch alleine...

    Okay, schauen wir mal. Ich würde nicht drauf wetten, zumal ich auch noch kein klares Eingeständniss ihres Alkoholproblems gehört habe. Noch ist es ja eher mein Problem, was ich damit habe, dass sie in letzter Zeit etwas zu viel getrunken hat.

    Ich bin immer noch so unglaublich, unglaublich, unglaublich wütend und hilflos, dass sie mich direkt in's Gesicht anlügt. Verheimlichen ist ja noch eine Sache, Lügen ist dagegen ein absolutes No-Go. Genauso wie ungerechtfertigte Vorwürfe - ich bin sicher auch nicht perfekt, aber ich bin ganz sicher kein Arschlochtyp der nicht hinter seiner Frau steht wenn's drauf ankommt. Wenn ich das nicht als irgendwie zwanghaftes Verhalten aufgrund einer Krankheit bzw. Selbstbelügen betrachten würde, wäre das eigentlich absolut nicht hinnehmbar.

    Ich habe jetzt meinen "guten Gin" weggeschüttet. Tatsächlich war das ja eh nur noch ein kleiner Anstandsschluck, den sie vor 1-2 Jahren (Keine Ahnung, auf jeden Fall deutlich länger als 6 Monate) übrig gelassen hatte. Wenn das mal kein überdeutliches Anzeichen war. Ich komm mir echt immer noch dumm, naiv und bescheuert vor das nicht viel früher gesehen zu haben. Naja, soweit ich weiß haben wir somit keinen Alkohol mehr im Haus.

    Gerchla : Du schreibst, das sei kein Spiel, aber irgendwie kommt es mir absurderweise doch so vor. Das Skript steht schon genau so in den Geschichten anderer Betroffener. Vieles ist unvorstellbar, aber eigentlich doch völlig vorhersehbar und durchschaubar (Lügen, Vorwürfe, Beteuerungen, Rückfälle). Leider scheint es keinen Cheat, keine Abkürzung zu geben und das Ende bleibt offen. Dank all der Erfahrungen, von dir und allen anderen, bin ich wenigstens mental etwas vorbereitet und habe somit vielleicht doch einen klitzekleinen Spielvorteil. Immerhin kann ich inzwischen die kleinen Anzeichen zunehmend besser deuten und so warte ich jetzt also auf den nächsten Rückfall mit der nächsten Eskalation. Derweil notiere ich ihre Launen in einem Tagebuch, damit ich ihr das nächste mal wieder was handfestes unter die Nase reiben kann - nicht weil ich ihr eins reinwürgen will, nein, ich glaube das muss richtig wehtun, damit da langsam ein Umdenken stattfindet.

  • Hallo s,

    schade, dass wir von Dir keine positiven Nachrichten bekommen. Das liest sich alles ziemlich typisch, was Du da schreibst.

    Aha, jetzt ist also die böse Schwiegermutter schuld. Auch ganz typisch. Also nicht die Schwiegermutter als Grund sondern das halt irgendwas als Grund herhalten muss. Mag ja sein, dass Deine Mutter ein schwieriger Mensch ist aber schwierige Menschen gibt es viele und wenn jeder saufen würde, der mit schwierigen Menschen zu tun hat. Ja wo kämen wir denn da hin.

    Du merkst, sie sucht Gründe um sich zu rechtfertigen. Das ist ganz typisch. Wenn's nicht die Schwiegermutter wäre, dann wäre es irgendwas anderes. Der Job, die Finanzen, das Wetter, oder am allerbesten: DU

    Da musst Du Dich abgrenzen. Überhaupt glaube ich, wenn ich Dir das jetzt ganz ehrlich schreiben darf, dass Du gerade in eine Phase kommst, wo Du sehr auf Dich aufpassen solltest. Das ist nur so ein Gefühl von mir, aber ich glaube herauszulesen, dass Du Dich langsam in dieses "Spielchen" reinziehen lässt. Ja, ich schrieb es ist kein Spiel, es ist leider bittere Realität. Es geht jetzt nur darum, dass Du ganz klar und konsequent bleibst. Darauf musst Du achten. Klammere Dich nicht an irgendwelche Aussagen von ihr, hoffe nicht, nur weil jetzt kein Alkohol mehr im Haus ist, dass sie deswegen nicht mehr trinkt. Ich weiß nicht wie ich mich ausdrücken soll, es geht ja hier erst mal um Dich, also hier im Forum meine ich, nicht um Deine Frau. Du suchst ja Hilfe für Dich.

    Deshalb würde ich Dir raten Dir einen Plan zu machen, wie lange Du da noch zuschaust, wann Du wie reagierst. Es hilft Dir auch nicht, wenn Du anfängst sie zu kontrollieren. Eigentlich müsste jetzt, nachdem Du so wunderbar deutlich alles gesagt hast, was es zu sagen gibt, eine Reaktion von ihr kommen. So oder so!

    Also entweder, es kommt was in Richtung: Ok, ich habe verstanden und ich möchte was ändern. Oder es kommt nix oder gar sowas wie: Ich trinke halt gerade ein wenig zu viel aber das bekomme ich schon alleine wieder in den Griff.

    Letzteres bringt Dir gar nix. Die Frage ist halt wirklich, wie lange Du Dir das ansehen willst bzw. wie lange Du das tun kannst ohne das Du in "ihre Welt" mit hinein schlitterst. Also in eine Welt, wo es darum geht: Hat sie heute getrunken oder nicht? Riecht sie nach Alkohol oder irre ich mich? Ist nicht vielleicht doch ein wenig besser geworden in letzter Zeit? Vielleicht braucht sie einfach noch ein wenig, ich warte halt einfach mal noch, vielleicht übertreibe ich, usw. usf.

    Das mit dem Tagebuch ist eine ganz nette Idee. Du kannst ihr dann sozusagen schwarz auf weiß zeigen, sogar beweisen, wie sie sich aufgeführt hat. ABER: wieder etwas, das Dich ein Stück weiter rein zieht in die ganze Suchtgeschichte. Und ob das dann hilft, dass sie etwas unternimmt ist mehr als fraglich.

    Schau auf Dich. Grenze Dich ab, stelle Deine Regeln auf. Und wenn diese von ihr gebrochen werden, dann ziehe Deine Konsequenzen. Am Ende ist sie alleine für sich und ihr Leben verantwortlich, so wie Du es für Deines bist. Wie gesagt, ich finde es gut einen alkoholkranken Partner nicht sofort fallen zu lassen, aber es müsste von Seiten dieses Partners wenigstens so etwas wie ein Hoffnungsschimmer ,das es sich zum Besseren wendet, erkennbar sein.

    Alles Gute

    LG
    gerchla

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