Erster Urlaub nüchtern

  • Hallo zusammen,
    nach meiner Vorstellung verfasse ich jetzt mal meinen ersten Beitrag. Ich war die letzten drei Wochen im Urlaub in Frankreich, wo wir seit Jahren die Ferien verbringen und wo ich in immer sehr viel sehr leckeren Wein getrunken habe. Gerne schon mittags. Ich bin nächsten Monat ein Jahr nüchtern und habe die meisten Events, die so übers Jahr verteilt anfallen ohne Alkohol überstanden: Geburtstage, auch meinen eigenen, Weihnachten, Silvester etc etc. Das ging alles sehr gut. Jetzt im Sommerurlaub habe ich mich doch ein, zwei mal dabei etwischt, dass ich dachte, och, son Gläschen Rosé in der Sonne ist eigentlich schon sehr schön ...wenn wir zum Beispiel
    durch irgendeinen Ort spaziert sind und die Leute vor den Cafés und Bars haben sitzen sehen oder auch abends beim Essen im Restaurant. Ich habe mir die Situationen schon im Vorfeld vorgestellt und unterm Strich, trotz der wehmütigen Gedanken zwischendurch, habe ich das gut geschafft. Ich habe mir dann gesagt: Ich könnte wenn ich wollte, aber ich WILL ES NICHT! Immer daran gedacht, dass ich nicht den Alkohol sondern die verschiedenen Stimmungen "vermisse", die ja aber nur künstlich erzeugt sind durch den Alkohol.
    Also, kurz und gut: Es war ein schöner Urlaub, den ich nüchtern genossen habe und ich bin schon ein bisschen stolz auf mich.
    Worüber ich nachdenke ist Folgendes: Ich habe schon oft gelesen, dass dieses "vermissen" in bestimmten Situationen nasses Denken sei, und dass man dann noch nicht trocken sein könne. Ist das wirklich so? Ist es nicht vielleicht auch normal, dass man an bestimmte Gefühle und Stimmungen wehmütig zurückdenkt?

    Liebste Grüße von Lali

  • Hallo Lali,

    schön, dass Du Deinen Urlaub alkoholfrei genießen konntest. Die Betonung liegt auf genießen! Und so war es bei Dir ja auch, Du schreibst ja von einem sehr schönen Urlaub!

    Ich war übrigens auch viele Jahre immer in Frankreich. Immer direkt am Meer und natürlich, immer mit Wein. Eigentlich trank ich ja heimlich und eigentlich trank ich ja nur Bier aus Plastikflaschen. Im Urlaub jedoch, da konnte ich auch mal ein Glas Wein trinken. Hochoffiziell sozusagen, und dabei den Sonnenuntergang genießen. Nun ja, auch dort war natürlich mein "sichtbarer" Konsum deutlich niedriger als mein tatsächlicher. Es war aber tatsächlich die einzige Zeit im Jahr, wo ich "gefahrlos" mal ein oder zwei Gläser trinken konnte ohne das ich Gefahr lief meine Tarnung auffliegen zu lassen.

    Und ich gebe zu, ich genoss das sehr! Tatsächlich bin ich, machdem ich trocken wurde, nicht mehr nach Frankreich in den Urlaub gefahren. Anfangs war mir das zu heikel, später hat sich einfach durch meine Lebensituation ein anderes Urlaubsziel ergeben. Eines, dass nicht weniger "gefährlich" ist für Menschen, die gerne trinken. Ibiza, die Partyinsel,die ich als ein wunderbares Stück Erde kennenlernen durfte, so ganz ab von typischen Klischees und Massentourismus. Aber das ist ein anderes Thema.

    Zu Deiner Frage:

    Ich bin ja nun kein Suchtexperte, nur ein süchtiger, der seine Krankheit stoppen konnte. Ich meine, solche Gedanken darf man durchaus mal haben. So wie Du das schilderst, würde ich das nicht sofort als nasse Denke einordnen. Ich glaube es kommt darauf an, wie Du daran denkst. Ob Du wirklich richtig vermisst und am liebsten sofort trinken würdest (das wäre hochgefährlich), oder ob Du Deine Gedanken sozusagen durch Deine Vergangenheit schweifen lässt und darüber nachdenkst, dass Du auch schöne Erinnerungen an Alkohol hast. Ohne dabei jedoch auch nur eine Sekunde ernsthaft daran zu denken wieder zu trinken. Es ist wichtig, dass Du nicht mehr trinken WILLST! Du darfst trinken, niemand kann Dir das verbieten. Aber Du WILLST nicht mehr, das ist enstscheidend. Und da musst Du aufpassen, dass solche Gedanken das nicht gefährden.

    Tatsächlich habe auch ich, haben wir wahrscheinlich alle auch gute Erinnerungen. Meine sind zum allergrößten Teil aus der Zeit, wo ich noch nicht süchtig war bzw. ganz am Anfang stand und es mir noch sehr gut ging. Später gab es nichts Gutes mehr.

    Ich denke, Du solltest Deine Gedanken beobachten, analysieren und schauen, ob Du Dich damit wohl fühlst. Oder ob Du das Gefühl hast, sie könnten Dich in Gefahr bringen. Wenn dem so wäre, dann solltest Du handeln. Denn es wird immer wieder Situationen in Deinem Leben geben, wo Du an Alkohol und dadurch evtl. auch an Positives erinnert wirst. Und der nächste Urlaub kommt ja auch irgendwann.

    Aber Du hast es ja auch schön gesagt: Der Alkohol hat Stimmungen, Gefühle erzeugt, er hat sie künstlich erzeugt oder er hat dabei geholfen sie zu erzeugen und zu empfinden. Jetzt liegt es doch an Dir, diese Gefühle auch ohne Alkohol empfinden zu können. Das ist doch das Ziel. Und ich sage Dir, das funktioniert sehr gut. Vielleicht hast Du das schon erleben dürfen. Ich bin recht häufig auf "meiner" Insel, weil meine Schwiegereltern dort leben. Und wir sitzten natürlich viel vor dem Haus, blicken auf's Meer, warten auf den Sonnenuntergang usw. Alles Momente, wo früher Alkohol dazu gehörte.

    Ich denk da gar nicht mehr drüber nach. Und genieße trotzdem jede Minute, es ist wunderbar. Man braucht das Zeug wirklich nicht, es dauert nur etwas, bis man diese "Gewohnheiten" ablegen kann und dann natürlich auch die Gedanken daran.

    Alles Gute und

    LG
    gerchla

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