Ich schaff es nicht

  • Ich weiß ich trink zuviel. Je stärker ich versuche nichts zu trinken, je mehr trink ich. Geht’s jemand genauso?

  • Hallo Einfachich,

    erst mal herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin männlich, Ende 40, Alkoholiker und trinke seit mehreren Jahren keinen Alkohol mehr.

    Es fällt Dir wahrscheinlich nicht leicht hier zu schreiben, nehme ich jetzt einfach mal an. Bisl kurz was Du da von Dir berichtest um irgendwie eine sinnvolle Antwort geben zu können.

    Ich versuchs mal so: Nein so ging es mir zu meiner Trinkerzeit nicht. Wenn ich versucht habe weniger (oder gar nichts) zu trinken und es mir eine Zeit lang gelungen, dann habe ich anschließend, also nach der Trinkpause oder Trinkreduzierung meist mehr getrunken als vorher. Quasi so, als ob ich nachholen wollte, was ich verpasst hatte. Das führte dazu, dass ich nach längeren Trinkpausen fast immer auf ein höheres Tagestrinkniveau gekommen bin.

    Aber jetzt mal ne' Frage: Das bringt Dir doch jetzt auch nichts, oder? Ich meine, welche Rückschlüsse willst Du jetzt daraus ziehen wenn Dir jemand schreibt, dass es bei ihm auch so war? Wie lange trinkst Du denn schon? Siehst Du Dich als Alkoholiker? Hast Du schon mal versucht dauerhaft mit dem Trinken aufzuhören, vielleicht sagar schon mal eine Therapie gemacht? Und was bedeutet für dich "zu viel trinken" überhaupt?

    Also ich würde mich gerne mit Dir austauschen, aber ist gerade mangels Infos noch etwas schwierig. Wenn Du magst, dann berichte doch etwas mehr über Dich. Das werden die anderen Forumsteilnehmer sicher ähnlich sehen.

    Alles Gute wünsche ich Dir und einen guten Austausch.

    LG
    gerchla

  • Hallo Einfachich,

    ich stimme Gerchla zu: Ist ein bisschen mager, was Du schreibst und lässt wenig Raum für einen (eventuellen) Austausch über die Alkoholproblematik.

    Zitat

    Je stärker ich versuche nichts zu trinken, je mehr trink ich.


    Ich frage mich, was verstehst Du denn unter „je stärker ich versuche“? Also mit oder durch was (Vorgehensweise) versuchst Du keine Alkohol mehr zu konsumieren?

    Die Frage ist doch immer: Wie stark hat Dich dieser Zwang, Alkohol zu konsumieren, schon im Griff? Mit was hältst Du dagegen? Was machst Du (aktiv) gegen diesen Zwang?

    Fragen über Fragen …

  • Hallo Gerchla, hallo Einfachich, hallo Dietmar,
    hallo an Alle, die dem Thema Alkohol verbunden sind,

    ich bin ein alkoholabhängiger Mann, der die Finger davon leider nicht recht lassen mag.

    Es geht mir grundsätzlich nicht um einen Versuch der Verteidigung dieser Sucht. Wäre auch Quatsch! Vielmehr um Erklärungen aus der eigenen Erkennnis heraus. Und wichtig ist, ich will nüchtern werden und dann bleiben!

    Rückfälle stellen für uns "Profis" ja nur dann ein Problem dar, solange wir keines daraus machen, ohne gleich Verteufelung in der Seele zu tragen zu müssen.

    Ich habe mal den Spruch gelesen, der von vielen Seiten betrachtet werden kann:
    ICH HAB MEHR SCHLECHTES GEWISSEEN, ABER WENIGER GRUND DAZU.
    Mir kommt dieser Spruch gleichwohl funktional und motivierend für das Besiegen der Sucht vor, andererseits fehlerhaft im normalen Denkgefüge. Dieses Modell ist interresant. Kennt jemand von euch diesen Ansatz?

    Oft stehen wir alleine da, denn Verständnis von Menschen zu erwarten, die sich dieses Problems nicht bewusst sind, ist nicht beizukommen. Es gibt nur wenige, die, obwohl sie selbst trinken, schlussendlich hinter das Gefühl geraten, das ein Mensch hat, der ein - vorsichtig gesagt - besonderes gefühlsmäßig anhängiges Gefühl zum Stoff Alkohol hat.

    Ich habe viele Trinkpausen hinter mir, auch eine Therapie in einer privaten Klinik, inklusive Rückfallintervention. Diese Klinik verfolgt den Ansatz der Abstinenz. Therapeuthen bescheinigen mir eine Absicht der Abstinenz auf rationaler Ebene, allein der Glaube fehlt mir.

    Ob ich das kenne, möglichst viel zu trinken, als hätte ich etwas verpasst. Kommt mir bekannt vor, als sei es eine Legitimation es tun zu dürfen oder gar dringlicherweise tun zu müssen. So als würde man fürs Rauchen bezahlt zu werden. Ich bin glücklicherweise frei von Kontrollverlusten, Dilirien und oder Krämpfen. Leichte nervengebundene Aussetzer, die mich beunruhigt haben, hatte ich im rechten Sprunggelenk! Ich hinkte...

    Ich (43) trinke etwa seit 20 Jahren. Seit einem Jahr bin ich dem "Teufel Alkohol" auf der Spur. Ursprünglich sichtbar, beginnt alles mit einer Liebesbeziehung, die ich nicht verwunden hatte; auch als dieser Schmerz verwunden war, habe ich wider besseres Wissen einfach weiter getrunken, weil es so schön gesellschaftsfähig ist und selbst, wenn es auffällt, als Bagatelle abgetan wird und es weil so "wunderbar" gefühlsregullatorisch wirkt. Also angewöhnt, Entwöhnung ist mein Ziel! Ich wusste es schon immer, dass da irgendwas schief läuft, aber heute weiß ich mehr denn je, etwas gegen diesen sich selbst demontierenden Zustand zu tun. Es ist schwer und doch leichter als gedacht.

    Ich befinde mich in einer Phase der Erkenntnisannahme, dass mir Abstinenz helfen würde. Ich habe schon viel Zeit verbracht ohne zu trinken, das ist so ähnlich, als würde ich das Suchtgedächtnis umdrehen und in ein Abstinenzgedächtnis verwandeln. Das sind erfreuliche Gedanken und Gefühle, auch noch dann, wenn die Euphorie darüber nachlässt. Es lohnt sich!

    Persönliche Interferenzen haben das durcheinander gebracht.

    Nichts läuft dann besser oder schlechter, wer oder was dir so auf der Straße begegenet bzw. was deine Umgebung widerspiegelt, ohne persönliche Beziehungen damit zu meinen. Diese sind spezieller. Und die habe ich sowohl nüchtern, wie auch in angetrunkenem Zustand als sehr ambivalent empfunden, ohne dass es meines Zutuns bedurfte. "Mein" Alkohol ansich wird auch ersatzweise für die Probleme des Gegenübers als Totschlagargument heraus geholt. Sprich: Ich bin Schuld, weil ich trinke, obwohl ich die Chronologie des Problems erkenne und nicht mit meinem Alkoholkonsum in Zusammenhang bringen ist ;) Ich bin ja nicht nicht automatisch verrückt oder mein Verhalten muss sich nicht zwangsläufig verändern. Das Wesen trotz Alkohol zu zähmen, bleibt allerdings auch eine Mär, es zeigt sich, wie wir auch ohne sein werden. Damit will ich sagen, dass egal, wie du drauf bist, deine Umwelt bleibt, wie sie ist.

    Ich wünsche mir selber, dass mir das mal noch "egaler" wird, denn der fremdgesteuerte zu eigenem Überdruss wird, ist ein sich häufig auf der Gefühlsebene abspielende Grund für das, was dich zur Flasche greifen lässt. Alkohol ist eben der Gefühlsregulator Nummer 1 hierzulande, gefolgt von dem "unsichtbaren" Regulator in Tablettenform.

    Gerchla hat Recht, wir wissen nichts! Hier kannst du dich offenbaren, soweit du kannst. Wir können ja nachfragen. Fühl dich nicht in die Enge getrieben. Öffne dich ruhig...tut weniger weh, als du denkst. Das ist ein Forum...

    Beste Grüße
    Marek

  • Willkommen Marek!

    Guter Anfangsbeitrag!
    Ich hab ihn auch nicht als Verteidigung „für Sucht“ wahrgenommen.

    Für mich klingt Dein Beitrag so, als würdest Du zwar einerseits rational, also vom Verstand her, sehr bewusst einsehen und erkennen, dass Deine Sucht sch … ist.
    Aber auf emotionaler Ebene scheinst Du Dich noch nicht von ihr (ganz) verabschiedet zu haben?

    Zitat

    Rückfälle stellen für uns "Profis" ja nur dann ein Problem dar, solange wir keines daraus machen, ohne gleich Verteufelung in der Seele zu tragen zu müssen.

    Ja und Nein.
    Klar, kein Rückfälliger sollte, wie es leider in früheren Jahren der Fall war, aus einem Rückfall ein Drama machen. Schon gar nicht denken „Jetzt ist alles verloren. Ich bin ein hoffnungsloser Fall.“
    Rückfälle können, so paradox das vielleicht klingen mag, auch immer die Chance dafür sein, all das zu verändern, was zuvor im Leben des Betroffenen falsch gelaufen ist, und weswegen es zum Rückfall gekommen ist.
    So betrachtet kann es sogar sein, dass ein Rückfall "sein muss", damit ein Betroffener für notwendige Veränderungen bereit ist.

    Außerdem hat man sich in der Suchttherapie glücklicherweise schon einige Zeit davon verabschiedet, dass Betroffene nach einem Rückfall wieder von „Null“ anfangen müssten. Das ist natürlich schon deswegen falsch, weil der Betroffene vor seinem Rückfall Erfahrungen sammeln konnte, die er nur wegen des Rückfalls nicht „schlagartig“ vergessen hat.
    Also für mich ganz klar: Einen Rückfall muss niemand „verteufeln“!

    Aber: Es ist, angesichts der relativ häufig festzustellenden Tolerierung, im Sinn von „so schlimm ist das gar nicht“, auch eine Folge, dass sich m. E. viele Süchtige, die es beim ersten Anlauf nicht fertigbrachten abstinent zu bleiben, „gemütlich in der Suchtecke“ einrichten. Ich kenne ein paar Suchtkliniken, in denen die sogenannten „Drehtürpatienten“ quasi schon zum Hausinventar zählen. ;)
    In solchen Fällen ist es für mich gar nicht gut, wenn sich die (s.o.) geänderte Einstellung der Suchttherapeuten und Patienten geradezu wieder gegen eine dauerhafte, stabile Abstinenz wendet.

    Wenn Du schreibst „Oft stehen wir alleine da, denn Verständnis von Menschen zu erwarten, die sich dieses Problems nicht bewusst sind, ist nicht beizukommen.“, dann muss ich sagen: Ich habe – bei mir – eigentlich überhaupt nicht den Eindruck, dass ich „alleine mit meiner Suchtproblematik“ bin.
    Vergisst Du dabei nicht die vielen Hilfsangebote, wie z. B. die Selbsthilfegruppen, die an Deiner Seite stehen?

    Zitat

    Es gibt nur wenige, … der ein - vorsichtig gesagt - besonderes gefühlsmäßig anhängiges Gefühl zum Stoff Alkohol hat.

    Also das sehe ich ganz anders.
    Ich habe im Verlauf meiner gesamten Suchtkarriere und auch danach eher sehr, sehr wenige Betroffene kennengelernt, die primär eine körperliche (also rein physische) Stoffmittelabhängigkeit hatten.
    Wie kommst Du darauf, dass die psychische, also „gefühlsmäßige“ Abhängigkeit eher selten wäre?

    Zitat

    Diese Klinik verfolgt den Ansatz der Abstinenz.

    Meines Wissens gibt es nur sehr wenige Rehabilitationskliniken im Suchtbereich, die als primären Therapie nicht die (absolute) Abstinenz zum Behandlungsziel hätten.

    Zitat

    Therapeuthen bescheinigen mir eine Absicht der Abstinenz auf rationaler Ebene, allein der Glaube fehlt mir.

    Das steht für mich im Widerspruch zu Deinem vorherig Geschriebenen. Da schreibst Du nämlich, dass Du es „vom Verstand her“ längst begriffen hättest.

    Zitat

    Ich bin glücklicherweise frei von Kontrollverlusten

    Naja, so ganz kann das eigentlich nicht stimmen, oder? Weil schließlich willst Du (vom Verstand her) nicht mehr trinken und abstinent leben, aber trotzdem trinkst Du weiter.

    Zitat

    , Dilirien und oder Krämpfen. Leichte nervengebundene Aussetzer, die mich beunruhigt haben, hatte ich im rechten Sprunggelenk! Ich hinkte...

    Delirium und Krampfanfall können – glücklicherweise – bei den meisten Alkoholiker in sehr langer Suchtzeit ausbleiben. Und dann plötzlich auftreten. Niemand ist davor gefeit, auch niemand, der schon …xx Jahre .. keine hatte. Und kein Arzt kann definitiv im Voraus feststellen, wer sie bekommt, und wer nicht.

    Zitat

    Ich befinde mich in einer Phase der Erkenntnisannahme, dass mir Abstinenz helfen würde. Ich habe schon viel Zeit verbracht ohne zu trinken, das ist so ähnlich, als würde ich das Suchtgedächtnis umdrehen und in ein Abstinenzgedächtnis verwandeln. Das sind erfreuliche Gedanken und Gefühle, auch noch dann, wenn die Euphorie darüber nachlässt. Es lohnt sich!

    Rein fachlich: Das „Suchtgedächtnis“ ist nicht löschbar.
    Aber wie Du richtig schreibst, kann man es durch neue positive Erlebnisse und Erfahrungen ohne das Suchtmittel quasi „überschreiben“.

    Deinen Ausführungen über „das Wesen trotz Alkohol zu zähmen, bleibt eine Mär“ kann ich momentan nicht folgen. Was meinst Du damit? Vor allem, welches „Wesen“?

    Das „Totschlagargument“ ist so eine heikle Sache. Einerseits ist es natürlich äußerst unfair, wenn Probleme im Leben auftreten, egal ob Du jetzt daran schuld bist oder nicht, und Dir jedes Mal unterstellt wird, sie wären ausschließlich durch Deine Sucht verursacht.
    Andererseits ist es die Realität, dass Betrunkene (die meinen, sie wären bei ..ab ..1‰ noch voll funktionsfähig) nicht unbedingt konstruktiv mit Problemen umgehen können.
    Ich glaube aber, zumindest so wie ich es bei mir und vielen anderen Betroffenen erlebt habe, schon, dass sich das Verhalten, meist sogar das ganze Wesen deutlich verändert, wenn jemand die Sucht zum Stillstand gebracht hat.

    Meine Frage ist: Wie kann Dir das Forum hier helfen, welche Hilfe hättest Du gerne, und wobei?

  • Guten Morgen Marek,

    auch von mir herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Kurz zu mir: männlich, Ende 40, Alkoholiker und mehrere Jahre trocken.

    Wow, Dein Einstieg hier liefert ja zahlreiche Diskussionsansätze. Mir scheint, dass Du Dich sehr intensiv mit Deiner Sucht auseinander setzt. Das ist natürlich wichtig und sehr gut.

    Ich möchte jetzt nicht im Detail auf alle Punkte eingehen, die Du geschrieben hast. Dazu fehlt mir gerade leider die Zeit. Ich finde aber, dass Dietmar Dir hier schon ganz wichtige Fragen gestellt und auch Antworten aus seiner Sicht gegeben hat.

    Ich denke Du suchst immer noch nach dem "Schlüssel", der es ermöglicht mir der Sucht einfach abzuschließen und dann völlig zufrieden trocken zu sein. Also quasi nach dem berühmten "Klick", der plötzlich alles verändert und den Alkohol komplett unwichtig werden lässt.

    Da könnte man erst mal darüber diskutieren, ob es diesen "Klick-Effekt" überhaupt gibt. Ich denke aber ja, ich habe mit einigen darüber gesprochen die es genau so erlebt haben. Und ehrlich gesagt war es bei mir ähnlich. Wie Du auch hatte ich natürlich Trinpausen während meiner Alkikarriere. Mal nur um mir zu beweisen das ich kein Problem habe und ohne den Vorsatz dauerhaft abstinent zu leben, aber auch Trinkpausen die nicht als solche angelegt waren sondern wo ich wirklich glaubte, dass ich nie mehr Alkohol trinken werde. Wie Du Dir denken kannst sind alle Versuche gescheitert. Nach Monaten, nach Wochen und später dann nach Tagen. Und dann kam die ganz schlimme Zeit, wo es mir komplett egal war und ich überhaupt keine Pausen mehr machen wollte. Und immer tiefer hinein rutschte.

    Und dann kam die Situation, ganz ungeplant, wo ich da stand und wusste: Jetzt langt's - Jetzt ist es vorbei, ich will nicht mehr. Ob das ein Klick war oder ob ich den viel erwähnten persönlichen Tiefpunkt erreicht hatte, das weiß ich nicht. Ich wusste nur: Jetzt ist es vorbei - wenn ich es jetzt nicht schaffe, dann saufe ich mich tot. Letzteres war für mich keine Alternative.

    Ich kann Dir nicht sagen, wie man zu diesem Punkt gelangt. Es hatte bei mir aber nichts mehr mit rationalem Denken zu tun, also z. B. mit vor Augen führen, welche Nachteile der Alkohol doch hat usw. Das musste ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Ich wollte mein Leben zurück, ganz einfach. Und dafür war ich bereit wirklich alles zu tun und zu geben.

    Im Laufe meiner Aufarbeitung und auch später während der Anfänge meiner Trockenheit (eigentlich bis jetzt) habe ich dann begonnen mich mit dieser Krankheit und vor allem mit mir selbst auseinder zu setzen. Ganz wichtig war für mich die Auseindersetzung mit mir selbst. Wer bin ich, wer will ich sein, wo will ich hin, welchen Sinn will ich meinem Leben geben. Natürlich auch: warum habe ich getrunken? was waren die Auslöser? Und vieles mehr. All diese Fragen, all das Hinterfragen meiner eigenen Person, meines Handelns usw. habe mir geholfen mich selbst erst mal kennen zu lernen. Und dann auch mich selbst wieder zu akzeptieren und mich selbst wieder zu lieben.

    Ich habe sehr sehr viel Mist während meiner Saufzeit produziert. Das war am Anfang erst mal ein Megaballast für mich. Stichwort Schuld, Stichwort schlechtes Gewissen. Ich musste lernen, dass man mit Schuldgefühlen oder permant schlechtem Gewissen keine Zukunft aufbauen kann. Gleichzeit aber nicht so tun kann, als wäre das was damals war ja alles nur dem bösen Alkohol zuzuschreiben und man selbst hätte ja damit gar nichts zu tun.

    Das jetzt nur mal so meine Gedanken, auf die Schnelle.

    Aber zu guter Letzt möchte ich moch der Frage von Dietmar anschließen:

    Wie können wir Dir helfen? Was bedrückt Dich besonders?

    Ich wünsche Dir eine guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

  • Lieber Gerchla,

    Zitat


    Ich denke Du suchst immer noch nach dem "Schlüssel", der es ermöglicht mir der Sucht einfach abzuschließen und dann völlig zufrieden trocken zu sein. Also quasi nach dem berühmten "Klick", der plötzlich alles verändert und den Alkohol komplett unwichtig werden lässt.
    ...
    Da könnte man erst mal darüber diskutieren, ob es diesen "Klick-Effekt" überhaupt gibt.

    Ich bin auch der Meinung, dass es diesen (nicht wirklich beschreibbaren) „Klick“ gibt.
    Warum ich nach so viele Jahren in der Sucht, quasi im Verhältnis zu der langen Zeit, in der ich meinte nichts gegen meine Sucht tun zu können, sie dann „plötzlich“ doch zum Stillstand bringen konnte, weiß ich trotz intensiven Nachdenkens darüber bis heute nicht.
    Aber offenbar hat es „Klick“ gemacht.

    Ich weiß aber auch nicht, ob man bewusst darauf hinarbeiten kann, also in dem Sinn, dass man sagt: „Ich mach jetzt dies und jenes, damit es bei mir „klick“ macht.“
    Was ich jedoch weiß ist, dass leider sehr viele Betroffene an dem „berühmten“ tiefsten Punkt in ihrem Leben ankommen müssen, damit es überhaupt „klick“ machen kann.
    Für mich ist das ebenso traurig, wie die Sache mit der Suche nach dem „warum musste ich trinken (süchtig werden)?“.
    Ich denk da halt, dass bei beidem leider sehr viel wertvolle Lebenszeit verloren geht, wenn man sowohl auf diesen „Klick“ wartet, als auch mit der Suche nach dem „Grund für die Sucht“ verbringt – und derweilen weitertrinkt.

    Zitat

    … und dann völlig zufrieden trocken zu sein.

    Das ist es wieder: Zufriedenheit und trocken sein.
    Hm?
    Inzwischen würde das für mich einen Sinn machen, wenn ich sage: „Bzgl. meiner Sucht bin ich zufrieden, dass ich trocken bin.“ (Ich würde sogar statt zufrieden „glücklich“ bei mir sagen.)
    Aber die direkte Verknüpfung mit „Zufriedenheit (nur) wenn „Trocken“, sehe ich eher kritisch. Weil ich ja auch einige sehr zufriedene Trinker kenne. Die sind dann halt zufrieden, wenn ausreichend Stoff in ihrer Nähe ist. ;)
    Ich kann bei mir aber schon sagen, dass ich ohne Alkohol mit nichts unzufriedener oder zufriedener wäre, wie mit. Wahrscheinlicher ist sogar, dass ich mit Vielem nass eher nicht zurecht kommen würde, und so dann wieder Unzufriedenheit entstehen würde.

  • Lieber Dietmar,

    ja, das mit dem zufrieden trocken sein.... Ist so eine Formulierung über die man schon nachdenken kann. Ich denke es geht erst mal darum den Alkohol nicht mehr zu vermissen. Und das ganze dann nicht rational gesteuert, also z. B. immer mit einer großen Liste vor Augen, die einem die ganzen Nachteile des Alkoholkonsums immer wieder deutlich macht (was man rein vom Verstand her ja sowieso weiß). Sondern einfach aus sich selbst heraus in einer Überzeugung, dass man das Zeug nicht mehr will und nicht mehr braucht. Das hängt ja alles irgendwie mit diesem ominösen Klick zusammen.

    Mir geht es da ja wie Dir. Ich kann auch niemanden erklären was er tun kann um diesen "Klick-Zustand" zu erreichen. Ich habe nur oft das Gefühl, dass diejenigen die sozusagen kopfgesteuert trocken werden, einen sehr intensiven Kampf führen (müssen). Natürlich ist gegen Alkohol kämpfen besser als einfach weiter zu saufen aber ich habe die Kämpfe dann auf längere Sicht immer irgendwann verloren. Und das war es dann halt immer wieder erst mal für die nächste Zeit....

    Irgendwie ist es mit dem Klick wohl so, wie z. B. bei Menschen, die plötzlich gläubig werden, obwohl sie ein Leben lang vorher nix mit Glauben am Hut hatten. Das war z. B. bei meiner Ex-Frau so und ich kenne da auch noch andere Beispiele. Die berichten einfach, dass sie nach einem Sinn gesucht haben, lange auch ohne das übehaupt zu wissen. Und plötzlich war es ihnen dann klar, wie ihr Weg weiter gehen wird. Wenn ich mit diesen Menschen darüber spreche fühle ich mich immer sofort an mein "Jetzt ist es vorbei, ich werde nie wieder trinken" - Klick von damals erinnert. Erklären kann ich es nicht richtig.

    Ich will aber auch die ganzen "Kämpfer" die es ja gibt nicht entmutigen. Nicht wenige Alkoholiker kommen über den Kampf zum Bewusstsein und müssen dann eben nicht mehr kämpfen. Es gibt halt schon mehrere Wege zur Abstinenz.

    Zitat

    „Bzgl. meiner Sucht bin ich zufrieden, dass ich trocken bin.“ (Ich würde sogar statt zufrieden „glücklich“ bei mir sagen.)


    Das würde ich Dir ebenfalls sofort unterschreiben. Glücklich ist auch das richtige Wort bei mir!

    LG
    gerchla

  • Lieber Dietmar, lieber Gerchla,

    ich danke dir, Dietmar, für die sezierende Antwort. Danke Gerchla. Deine Ansicht liegt mir.

    Was ich mir von diesem Forum erwarte, sind Antworten. Fragen über Fragen, die nicht gestellt werden.
    Hilfe...ja, Hilfe zur Selbsthilfe erhoffe ich mir. Ich drehe mich im Kreis und bekomme es nicht hin. Der Klick ist auch meins, ich warte darauf. Ach, auch wenn ich weiß, dass das Unsinn ist. Ansporn und Hoffnung.

    Mein letztes Erlebnis mit meiner ehemaligen Freundin war eine Rückfallszene. Ich hatte getrunken, es ihr mitgeteilt. Sie ist sehr impulsiv. Und dann sehr selbstgerecht. Mehrere Therapeuten raten mir von dieser Beziehung ab, da sie mir nicht gut tut. Sie ist eine Egomain. Ich komme nicht darüber hinweg. Bzw. Ich tue mich schwer damit, weil sie soviel Potential besitzt, sich auch in eine andere Richtung treiben zu können. Leider nicht in meine. Ich muss loslassen, dann lass ich auch alles anderes los, auch den Alkohol. Darum geht es. Nicht, dass ich einen externen Grund bräuchte. Es erleichert mein Problem aber ungemein. Und beschwert es auch ungemein.

    Ich bin leider noch dem Stoff verhaftet. Ich wünsche mir Besserung!

    Ich bin hier richtig.

    Beste Grüße Marek.

  • Lieber Gerchla,

    es kann sicher möglich sein, dass Betroffene, die süchtig sind/waren, allein über ihre Rationalität die Sucht zum Stillstand bringen (können).
    Nach meinem Erleben ist das aber äußerst selten der Fall.
    Weil halt Sucht und viele davon gesteuerte Prozesse im Gehirn, aber auch überhaupt nicht erfass und begreifbare auf der emotionalen Ebene stattfindet.
    „Kampf“ in Bezug auf meine Sucht, war immer „Krampf“.
    Wahrscheinlich auch deswegen, weil ich eben meinte, ich könnte „rational“ diesen Kampf gewinnen und dementsprechend rein rational Kniffe und Tricks lernen wollte, wie ich „mit dem Alkohol“ zurechtkomme.
    Erst als ich diesen Kampf aufgab, mich der absoluten und bedingungslosen Akzeptanz zuwandte, dass ich …

    1. Alkoholiker bin
    2. Keine persönliche Konfrontation mit dem Suchtmittel überstehen würde
    3. Nur dann frei werden kann, wenn ich das Suchtmittel komplett (in meinem persönlichen Bereich) aus meinem Leben verbanne …

    ... hatte ich die Chance mein Autarkie und Selbstbestimmung wieder zurückzugewinnen.
    Natürlich muss deswegen niemand „sein Hirn“ abschalten!
    Im Gegenteil. Ich bin der Überzeugung, dass Wissen über meine Sucht mir ungemein hilft, sie zu verstehen und eben genau den oben beschriebenen Kampfmodus zu vermeiden.
    Und dazu braucht man, über das emotionale Verstehen hinaus, ziemlich viel „Hirn“.

    Ich will selbstverständlich genauso wenig wie Du jemand den Mut und Ansporn nehmen, aktiv etwas gegen seine Sucht zu unternehmen. Dazu haben wir hier schon viel geschrieben und es gibt m. E. sehr viele Möglichkeiten, wie man aktiv etwas gegen seine Sucht tun kann.

    Deshalb zurück zum Threadthema (zu dem sich der Verfasser ja leider nicht mehr gemeldet hat).
    Wenn das steht "Ich schaff es nicht", dann kann dazu nur feststellen:
    Jeder, der aus sich heraus will, kann es "schaffen"!
    Wenn die bisherigen Versuche vom Alkohol loszukommen gescheitert sind, dann heißt das noch lange nicht, dass Du es nicht schaffen kannst.
    Es bedeutet nur, dass das, was Du bisher versucht hast, u.U. nicht das Richtige für Dich war, oder auch ggf. zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht das Richtige für Dich ist.
    Probier dann einfach mal was anderes aus. Vielleicht auch etwas, gegen das Du Dich bislang gesträubt hast, oder das Dir große Angst macht, wie zum Beispiel "Outing", Ortswechsel, Abstand zu manchen "Freunden", eine andere Arbeitsstelle, u.v.m.
    Sich selbst aufgeben, ist die schlecheste aller Optionen!

  • Hallo Marek,

    Zitat

    Was ich mir von diesem Forum erwarte, sind Antworten. Fragen über Fragen, die nicht gestellt werden.

    Du wirst hier sicher, immer aus der Sicht der Betroffenen, Antworten bekommen. Aber es gibt auch höchstindividuelles Empfinden, auf das Dir niemand, außer Du Dir selbst, eine Antwort geben kann.

    Zitat

    Hilfe...ja, Hilfe zur Selbsthilfe erhoffe ich mir. Ich drehe mich im Kreis und bekomme es nicht hin. Der Klick ist auch meins, ich warte darauf. Ach, auch wenn ich weiß, dass das Unsinn ist. Ansporn und Hoffnung.

    Also als Unsinn würde ich die Sache mit dem „Klick“ nicht bezeichnen. Lies mal dazu Gerchlas und meine Beiträge.
    Es ist halt nur so: Wenn Du bewusst auf diesen „Klick“ wartest, und derweilen, also solange es nicht „klick“ macht Dich weiter Deiner Sucht hingibst, vergehen ja auch viele wertvolle, Dich weiterbringende Jahre.

    Aus eigenem Erleben kann ich die Situation mit Deiner Freundin sehr gut nachvollziehen. Für mich war diese Situation damals auch (mit) der Grund, warum ich „jetzt erst recht“ sagte, also in tiefster Überzeugung, dass ich jetzt allen Grund hätte mich in Alkohol und Selbstmitleid zu ersäufen, meiner Sucht sehr exzessiv hingegeben habe.
    Wenn Dir bereits mehrere Therapeuten im Zusammenhang mit Deiner Sucht geraten haben, von dieser Beziehung Abstand zu nehmen, dann wird schon ein bisschen Wahrheit dran sein.

    Nur, ich selbst kam halt irgendwann an dem Punkt, an dem ich erkennen konnte, dass auch viele Menschen ohne Suchtproblematik Beziehungsprobleme haben und damit fertig werden (oder auch nicht) und deswegen sich selbst nicht noch zusätzlich durch den Alkohol schädigen.
    Rückblickend kann ich bei mir schon sagen, dass sich der Trennungsschmerz, also das, was Du als „ich komme darüber nicht hinweg“ beschreibst, sehr ähnlich verhalten hat, wie schließlich meine beginnende Abstinenz: Je länger ich vom Alkohol Abstand gewonnen habe, umso weniger tangierte er noch mein Leben.

    Zitat

    Ich bin hier richtig.

    Auf jeden Fall! Du bist hier, als Süchtiger unter Süchtigen, die ihre Sucht entweder zum Stillstand bringen konnten, oder aber auf dem Weg dahin sind!


  • Ich bin auch der Meinung, dass es diesen (nicht wirklich beschreibbaren) „Klick“ gibt.
    Warum ich nach so viele Jahren in der Sucht, quasi im Verhältnis zu der langen Zeit, in der ich meinte nichts gegen meine Sucht tun zu können, sie dann „plötzlich“ doch zum Stillstand bringen konnte, weiß ich trotz intensiven Nachdenkens darüber bis heute nicht.
    Aber offenbar hat es „Klick“ gemacht.

    Da stimme ich voll zu. Nachdem ich etliche Anläufe hinter mir hatte und es dann nach meiner letzten Entgiftung auf einmal "flutschte", habe ich es auch einmal in meiner Gruppe angesprochen: Ich war damals fast anderthalb Jahre trocken, hatte keine Probleme (mit/ohne den Alkohol) - und das machte mir etwas Angst. Angst, dass doch noch "das dicke Ende", der "große Knüppel" kommt.
    Okay - nach nunmehr fast 10 Jahren Trockenheit habe ich diese "Angst" nicht mehr ;) Es hat eben anscheinend "Klick" gemacht ...


    Das ist es wieder: Zufriedenheit und trocken sein.
    Hm?
    ...
    Ich kann bei mir aber schon sagen, dass ich ohne Alkohol mit nichts unzufriedener oder zufriedener wäre, wie mit. Wahrscheinlicher ist sogar, dass ich mit Vielem nass eher nicht zurecht kommen würde, und so dann wieder Unzufriedenheit entstehen würde.

    ja, das mit dem zufrieden trocken sein.... Ist so eine Formulierung über die man schon nachdenken kann.

    Mich verwundert immer wieder, warum man über den Begriff "zufriedene Trockenheit" so nachdenken kann/muss und versucht, ihn zu interpretieren. Wenn ich z.Bsp. hier über dieses Thema schreibe, dann schreibe ich doch nicht über ein "zufriedenes Leben", "zufriedene Sexualität", "zufriedenes Fernsehverhalten" nach - sondern über meine "zufriedene Trockenheit" - also darüber, dass ich trocken bin und damit zufrieden.
    Niemand behauptet (bzw. sollte dies tun), dass man nur trocken werden muss und ALLES ist chic und schön. Krankheiten, unangenehme Mitmenschen, bornierte Behörden etc gibt es nach wie vor - obwohl/auch wenn man nicht mehr trinkt.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Greenfox,

    ich finde nicht nur deswegen, weil die Frage nach einer „zufriedenen Abstinenz“ immer wieder im Kreis von Betroffenen auftaucht und angesprochen wird, sondern weil die abstinente Lebensweise m. E. genauso wie die nasse Zeit in praktisch allen Lebensbereichen gravierende Veränderungen bewirkt, dass es schon wichtig ist, wenn man sich damit auseinandersetzt, was „Zufriedenheit“ – und im Zusammenhang – eben Zufriedenheit im gesamten Leben ohne Alkohol, für mich bedeutet.

    Ein Stichwort hast Du vorgegeben Greenfox: Sexualität.
    Nicht nur in der Sexualität, auch sonst in der Gesellschaft im öffentlichen Leben wird ja gerne das „Lösungsmittel Alkohol“ benutzt, um ganz anders sein zu können, wie man eben ohne die Wirkung des Suchtmittels wäre.
    Das bedeutet dann auch, sich selbst erstmal nüchtern annehmen und akzeptieren zu können.
    Hat also irgendwie schon mit „abstinenter Zufriedenheit“ und der individuellen Interpretation zu tun, oder nicht?

  • Ich meinte damit nicht, dass man nicht über das Thema sprechen sollte. Dass "Frisch-Aussteiger" (bitte verzeiht die Formulierung) erstmal nachfragen (müssen), was damit gemeint ist, kann ich ja verstehen. Aber sonst nixweiss0

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Wie schafft man es, trocken zu bleiben?
    Hab durch den Alk alles verloren - Freund, Job und am schlimmsten, meine Tochter.
    7 Jahre und ich falle immer wieder zurück
    Habe Selbstmordgedanken - ist eh alles egal
    Simone

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