60 Stunden ohne Alkohol - der 3. Tag und ich bin ziemlich ängstlich !!

  • Danke Leute,

    das beruhigt mich nun doch!!

    Greenfox : Ich verbinde Tabletten viel eher mit Drogen als Alkohol, vielleicht liegt es daran? Ich habe außerdem echt Schiss vor einer Art Suchtverlagerung. Das bringt ja alles nix....

    Lieben Gruß

  • Sooo, da bin ich nun wieder.

    Erstmal wieder danke für eure Antworten.

    gerd48 : Dankeschön, ich hoffe es geht so weiter. Momentan hangele ich mich von Tag zu Tag, und vielleicht ja bald von Woche zu Woche, von Monat zu Monat? Ich wünsche mir das so sehr...

    Greenfox : Bewundernswert! Ich denke, dass da viel Mut zugehört und auch Selbstbewusstsein, wenn man das so souverän rüberbringt. Ich fühle mich noch nicht so weit. Ich habe heute den ersten Schritt getan und es einem weiteren Familienmitglied erzählt- gleichzeitig um Stillschweigen gebeten weil ich das selber sagen möchte. Und natürlich darum gebeten, mir zukünftig bitte keinen Alkohol mehr anzubieten.
    Da ich in einer Großstadt wohne gibt es hier und in der Umgebung ganz ganz viele Selbsthilfegruppen. Ich habe mir fest vorgenommen, dass wenn körperlich alles gut geht, ich in den nächsten Tagen das erste Mal an einer teilnehmen möchte um mich dann Stück für Stück voranzuarbeiten. Und einfach hoffen, dass ich möglichst schnell eine Gruppe finden kann in der ich mich gut aufgehoben und sicher genug fühle mich zu öffnen und zu meiner Sucht zu stehen.
    Auf der Firma werde ich das wohl keinem erzählen- mal abgesehen von einem meiner besten Freunde, der dort eben auch arbeitet und es schon weiß und mich bei allem begleitet. Wir sind ein kleiner Laden in dem eh schon viel zu viel geredet wird....ich glaub das würde ich in der ersten Zeit einfach nicht spurlos überwinden können. Aber vielleicht irgendwann mal.

    PS. Hast du Erfahrung mit entsprechenden Medikamenten?

    Der Abend des 6. Tages ohne Alkohol neigt sich langsam der Nacht und damit dem Ende zu. Heute ging es wieder turbulent her....ich war am Nachmittag mit meiner Schwester in der Stadt und habe einen Kaffee getrunken -> Schwindel + Panikattacke :/....langsam glaube ich, dass das Koffein neurdings wieder so eine krasse Wirkung bei mir hat. Gestern nach dem Kaffee am Morgen ging es mir ja auch so schlecht. Kann denn das möglich sein? Ich habe vor besagtem letzten Alkohol Kaffee en masse getrunken um morgens wach zu werden und zu bleiben....und habe absolut nichts gemerkt ???? Mein Körper reagiert darauf nun so doll.

    Dietmar, super interessesanter Austausch wirklich. Und klar, ich werde wirklich auch hier am Ball bleiben. Ich merke ja wie gut mir das hilft und wie viele neue Sachen ich hier auch lernen kann.

    Was tust du denn gegen deine Angst, "aufgefressen" zu werden? Hast du Strategien entwickeln können, diese alltäglichen Klippen so gut es geht zu umschiffen?

    Supi, dass du gerne schreibst- das spielt mir genau in die Karten :))). Ich lese und schreibe auch sehr gerne, gerade dann wenn es so interessant ist was du und der Rest so zu berichten habt ;-).

    Okay du sagst im Prinzip, dass die Schäden die dein Körper genommen hat auch durchaus hätten dasein können ohne deine Sucht? Also sowohl physisch als auch psychisch? Es ist schon krass, dass eine Krankheit die jetzt nicht gerade selten ist anscheinend tatsächlich so wenig erforscht ist, dass sich kaum ein Mediziner mit den Spätfolgen oder auch Eventualitäten "auskennt". Ich muss ganz ehrlich sagen, dass sich in meinem Kopf die Probleme im Umgang mit Alkohol immer ganz banal auf die Leber beschränkt haben. Was ja schlimm genug ist...aber wie weitreichend und umfassend die Folgen für Körper und Geist sein können, damit habe ich mich nie befasst und wollte es wahrscheinlich auch gar nicht.

    Was würdest du denn rückblickend im Bezug auf deine Depressionen sagen? Warst du damals einfach noch nicht bereit die beiden Krankheiten in Verbindung zu bringen und hast deswegen weitergetrunken? Und wie ist es heutzutage? Du sagtest, dass deine Depressionen wieder schlimmer werden würden wenn du rückfällig werden würdest. Also Rückfall = schlimmere Symptome der Depression = doppelt so schlimmer Rückfall im Bereich der Alkoholsucht?

    Ich selber hatte ja bereits bevor ich Alkohol konsumiert habe eine Angst- und Zwangsstörung. Rückblickend muss ich sagen, dass diese aber mit steigendem Konsum auch immer schlimmer geworden ist....wie du ja bereits im Bezug auf deinen Rücken und deine Fehlsichtigkeit ausgeführt hast, sind die Beschwerden bei Weitem nicht mehr so stark wie noch vor 1 oder 2 Wochen. Klar- ich habe jetzt auch wieder Panikattacken- die waren aber immer da. Und mit dem Alkohol fühlten sie sich am nächsten Tag doppelt und dreifach so schlimm an und ich sah mich gezwungen weiterzusaufen um das "in den Griff" zu bekommen".

    Tja mein Herz macht tatsächlich diese Extrasprünge, ich merke Sie wahrscheinlich jetzt einfach wieder bewusster weil ich nicht mehr so betäubt bin.... gerd48 : laut Ärzten genauso wie bei dir völlig harmlos und keine Notwendigkeit für Medikamente. Nimmst du dagegen irgendetwas ein?

    Und Dietmar, du hast eine Herzinsuffizienz? Wann und wie wurde diese denn festgestellt? Es haut mich um, dass sie dir kaum noch Probleme bereitet seitdem der Alkohol weg ist. Wo einem ja andauernd in den Medien und auch sonst überall vorgegaukelt wird, dass das eine Glas am Tag so gesund für Herz und Kreislauf sei. In diesem Zusammenhang übrigens wieder sehr "lustig" :-\ :-\...einer der Ärzte, mit dem ich über meinen Konsum sprach sagte mir, er selber habe Freunde die weitaus mehr trinken würden als ich so am Tag, und denen würde es durchweg gut gehen...nach dem Motto: Das bisschen Suff hat noch niemandem geschadet. Ich fand diese Aussage so krass. Ich fragte daraufhin nur, ob wir über das selbe Thema sprächen weil nach meinem Wissensstand Alkohol ein Nervengift sei. "Ach Mensch, das dürfen Sie nicht so eng sehen....kennen Sie doch bestimmt aus den Erzählungen Ihrer Großeltern- da wurde mittags oder auf dem Bau bereits Bier getrunken.Und denen gings allen blendend." Ich war echt fassungslos....naja- das nur am Rande.

    Ich habe ganz schön Angst davor herauszufinden, was mich triggern könnte. Obwohl- vielleicht schaffe ich es und erkenne die Trigger um sie dann zukünftig so gut es geht zu vermeiden. Bringt es in diesem Zusammenhang etwas, Konfrontationstherapie zu betreiben? Ich kenne das nur aus verhaltenstherapeutischer Sicht...dort muss ich immer wieder unangenehme Situationen erleben ohne meinem Druck des Zwanges oder Ähnlichem nachzugeben....ich könnte mir vorstellen, dass das für den Versuch des Abstinent bleibens eher kontraproduktiv ist? Oder ist das auch etwas Individuelles??

    Sooooo, erstmal wieder genug von mir. Ich koche wohl noch einen Tee und mache es mir gemütlich :).

    Lieben Gruß von mir.

  • Hallo Mia,

    Sucht ist eine Krankheit, die in alle unsere Lebensbereiche eingreift.
    Jedenfalls ist das bei mir so. Es gibt bei genauerem Hinschauen nicht einen einzigen Bereich, wo sie nicht „gewütet“ hat. Andersherum kann ich bei mir feststellen, dass es nicht einen einzigen Lebensbereich gibt, der sich durch meine Abstinenz nicht wesentlich zu meinen Gunsten und meinem Wohlbefinden verbessert hätte.
    Ich kenne nichts, das mit Alkohol besser funktionieren könnte.

    Auch Sex nicht, obwohl häufig die Aussage getätigt wird, dass Sex unter (moderatem) Alkoholkonsum stärker ausgelebt werden könnte.
    Mag sein, dass der Alkohol die Hemmungen löst. Aber gleichzeitig ist es dann – für mich – auch unehrlicher Sex. Meine Hemmungen haben ja immer auch eine Funktion, die mit Alkohol aufgehoben wird.
    Wenn ich meine sexuellen Bedürfnisse und Wünsche ohne Alkohol vollkommen ausleben und erleben kann, dann fühlt es sich für mich gut und richtig an. Das ist natürlich sehr viel schwerer zu erreichen und erfordert richtige „Arbeit an und mit mir“, wie das bekannte Lösungsmittel in sich hineinzukippen. ;)

    Mia, Scham, im Zusammenhang mit Sucht, ist so ziemlich der schlechteste Ratgeber!
    Ich schrieb das hier schon öfter: Dass Jemand süchtig geworden ist, ist keine Schande. Aber (vor allem in der heutigen, aufgeklärten und informativen Zeit) nichts dagegen zu tun, das ist eine!
    Schämen sollte sich Jemand, der all die Hilfsangebote, die zur Verfügung gestellt werden, um diese schreckliche Krankheit zum Stillstand zu bringen, nicht in Anspruch nimmt.
    Da kann ich dann schon schreiben: Das ist eine falsche Scham!
    Greenfox hat Dir geschrieben: Diejenigen, die da in der Gruppe sitzen, die sind ja alle wegen demselben Problem zusammengekommen. Du würdest erstaunt sein, wer da so alles drin sitzt. ;)
    Früher sagte ich immer: Wenn man 10 Leute, querbeet durch unsere Gesellschaft an einen Tisch setzen und ihnen alkoholische Getränke hinstellen würde, man wüsste nicht, wer von ihnen ein Alkoholproblem hat. Würde man darauf wetten, würde man mit hoher Sicherheit verlieren.
    Weil irgendwann würden 3 Leute alleine sitzen bleiben und weitertrinken, obwohl es genug wäre.
    Aber wer diese 3 Leute sind und aus welchen Berufen und welcher Gesellschaftsschicht sie kommen, hätte zu Anfang niemand gedacht.

    Es ist schade, dass viele so denken und sich für eine Krankheit schämen, die (mit vielen Dunkelziffern) geschätzte 4 Millionen Menschen betrifft, gehört nicht in die „Schmuddelecke“, sondern raus in die Öffentlichkeit und ins öffentliche Bewusstsein.
    4. 000 000! Diese Zahl, die lediglich geschätzt ist und zusammen mit den Missbrauchern vermutlich sehr viel höher ist, muss man mal zur Geltung kommen lassen.
    Das hat ja auch etwas Tröstliches an sich, oder?
    Wenn es außer mir auch noch 3.999 999 Menschen getroffen hat, dann bin ich nicht alleine! Dann bin ich niemand, der sich verstecken oder schämen muss!

    Weißt Du, so eine Gruppe ist auch ein einmaliges Trainingsgelände. Da kannst Du sein, wie Du wirklich bist. Brauchst Dich nicht zu verstellen und kannst Deine Probleme (die fast alle von der Sucht tangiert werden) auf den Tisch legen. Normalerweise wird da niemand „zerlegt“, sondern einfach nur in seiner Gesamtproblematik angenommen.
    So eine Gruppe stärkt dann auch Deinen Selbstwert und Deine Selbstsicherheit. Du lernst im geschützten Raum „Dich zu sein“, ohne dass Du mit Angriffen oder Verletzungen, schon gar nicht mit Herabwürdigungen rechnen musst.
    Vor allem aber ist so ein Gruppenbesuch einmal in der Woche die Zeit, die Du Dir gönnen solltest, um dann eine oder eineinhalb Stunden Dich nochmals auf Deine eigene Sucht zu konzentrieren.
    Dann vergisst man nicht so leicht und bleibt dran.

    In meiner Gruppe war 3 Jahre lang ein junger Kerl, der nie viel mehr wie „Guten Abend“ und „Auf Wiedersehen“ gesagt hat. Aber er war 3 Jahre lang regelmäßig immer da.
    Man hatte sich an ihn gewöhnt – und sein Schweigen und Zuhören wurde voll akzeptiert.
    Und dann eines Abends nach 3 Jahren: Wir besprachen wieder einmal ein Thema, das uns alle betroffen hat. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Gradlinigkeit und konsequentes Handeln. …
    Plötzlich, zum großen Erstaunen Aller, stand dieser junge Kerl auf, war höchst erregt und sagte: „So, jetzt will ich auch mal etwas sagen! Ich bin jetzt drei Jahre fast jeden Gruppenabend zu Euch gekommen und habe zugehört. Auch heute Abend, habe ich zugehört, was Ihr zum Thema beigetragen habt. Ihr habt mir durch Euer offenes Erleben geholfen diese drei Jahre trocken zu bleiben. Und jetzt möchte ich Euch Allen sagen: Ich bin bei Euch angekommen und möchte Euch dafür von Herzen danken!“

    Ich schätze ja bekannterweise sehr die Anonymen Alkoholiker, obwohl ihre Gruppenmoderation für mich nicht geeignet ist.
    Aber, wie sie sich auch mit ihrer „Vergangenheit im Suff“ auseinander setzen, finde ich – nach gründlichem, viele Jahre langem Nachdenken, hervorragend.
    Da ist der Schritt, wo sie „Inventur“ machen. Also zusammenfassen, was Alles falsch gelaufen ist. (Natürlich gab es auch Gutes!)
    Dann machen sie eine Liste von all den Personen, denen sie Schaden, Verletzungen etc. zugefügt haben und versuchen, auf ihre Art, das wieder gut zumachen. Zumindest dort, wo es möglich ist.
    Ich habe das bei mir auch getan, zumindest, soweit es mir möglich war, versucht. Und ehrlich gesagt, es ist noch nicht zu Ende. ;)
    Das schönste Erlebnis war dabei, dass Jemand, an den ich herantrat um mich für mein damaliges Verhalten zu entschuldigen, zu mir sagte: „Ich wusste schon viel länger, als Du es zugegeben hast, dass Du ein massives Suchtproblem hattest. Trotzdem habe ich Dich als Mensch immer sehr geschätzt. Aber jetzt, wo Du zu Deinem suchtbedingten Fehlverhalten stehst, bist Du für mich noch viel, viel wertvoller!“

    Zitat

    Ich habe mir fest vorgenommen, dass wenn körperlich alles gut geht, ich in den nächsten Tagen das erste Mal an einer teilnehmen möchte um mich dann Stück für Stück voranzuarbeiten.

    Das ist zwar verständlich, dass Du erst warten möchtest bis der körperliche Entzug komplett abgeschlossen ist.
    Aber so eine Selbsthilfegruppe ist explizit und besonders für die schlechten Zeiten im Leben der Betroffenen da und hilfreich. Gerade in solchen Situationen können Dir erfahrene Gruppenmitglieder Hilfe sein und Dich auf dem Weg in eine stabile Abstinenz begleiten.
    Dass Du Dir kein Schild auf die Stirn klebst, wo „ich bin Alkoholikerin“ draufsteht, kann ich nicht nur nachvollziehen, sondern habe ich selbst auch nie gemacht.
    Der gute Rat meiner Suchtberaterin war: „Sie müssen sich auch dort, wo es notwendig ist, so gut es geht schützen.“
    Damit meinte sie vor allem meinen Arbeitsplatz.
    Die für mich wichtigen Vorgesetzten und Kollegen waren eingeweiht. Den Rest ging das nichts an. Keiner, der diese Krankheit hat, muss sich noch zusätzlich bzgl. seines Arbeitsplatzes in Gefahr bringen – wenn es nicht ohnehin schon geschehen ist.

    Zitat

    Hast du Erfahrung mit entsprechenden Medikamenten?

    Im Kontext gelesen meintest Du sicher Medikamente als Krampfschutz?
    Eigene Erfahrungen habe ich damit nicht, weil ich nie einen epileptischen, entzugsbedingten Krampfanfall hatte. Ich weiß nur, dass in den Klinken in der Regel Krampfschutzmedikamente nur Patienten verabreicht werden, die eine nachgewiesene Krampfneigung haben.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass Du jetzt nach .. fast 8 Tagen noch aufgrund Entzugssymptomen einen epileptischen Krampfanfall bekommen könntest, ist meines Wissens nach äußerst gering.

    Wegen des Kaffees und seiner neuerlichen Wirkung auf Dich würde ich mir auch keine Sorgen machen. Dein Körper ist ja jetzt frei von Alkohol, alles, der Magen- Darmtrakt, Deine gesamten Körperzellen, auch Dein „Belohnungszentrum“ und Dein Wahrnehmungsempfinden muss sich komplett neu einregeln.
    Ich habe früher als typische Begleiterscheinung meines Berufes täglich sehr viel Kaffee konsumiert. Ich war sogar so daran gewöhnt, dass ich, wenn ich nachts nicht gut einschlafen konnte, noch schnell eine Tasse getrunken habe und dann müde genug wurde.
    Dann kam eine Phase, in der ich fast keinen mehr trank. Ich ging runter auf bestenfalls eine Tasse am Morgen, dazu noch sehr schwach gebrühtem.
    Als ich dann wieder stärkeren Kaffee machte, haute es mich fast aus den Pantoffeln.
    Das ist sehr ähnlich wie beim Alkohol: Man entwickelt eine Toleranz.

    Zitat

    Was tust du denn gegen deine Angst, "aufgefressen" zu werden? Hast du Strategien entwickeln können, diese alltäglichen Klippen so gut es geht zu umschiffen?

    Ja, habe ich – natürlich individuell auf mich zugeschnitten.
    Ich brauche Zeit „allein für mich“, highlights, also Höhepunkte, die mich aus diesem Alltag herausreißen, und vor allem brauche ich das, wozu ich immer „mein Geländer um mein Leben herum“ sage. Also festen Halt z. B. in Tagesstrukturen, nicht nur „Träume“, sondern feste Pläne, die ich auch umsetzen kann. Ziele, die mich „dran bleiben“ lassen und realistisch sind. Ich muss das sichere Gefühl haben „voran zu kommen“.

    So, später vielleicht mehr :)

  • Hallo zusammen,

    erstmal Dietmar, tausend Dank !!!!

    Erstmal aktuell: Der 10. Tag ohne Alkohol ist angebrochen und ich muss sagen- es geht mir wirklich gut. Die Schlafqualität ist gefühlt um 500% gestiegen und ich habe Abends nicht das Gefühl, dass ich trinken muss um schlafen zu können.
    Entzugserscheinungnen, jedenfalls körperlich = gehen gen null. Ich hoffe jetzt einfach, dass das so bleibt und ich den psyhischen Entzug möglichst erfolgreich angehen kann.

    Dietmar du sagst, dass die Sucht in alle Lebensbereiche eingreift....und da muss ich dir vollkommen und zu 100% Recht geben. Wenn ich mir alles so durch den Kopf gehen lasse, dann fallen mir so viele Dinge und Situationen ein, die mich und mein Umfeld nachhaltig negativ beeinflusst haben. Meine Unzufriedenheit die mich oft genug hat zickig werden lassen, die verbalen Entgleisungen unter Alkoholeinfluss und die ständige Müdigkeit und Unkonzentriertheit morgens im Büro. Ständig nur Kopfschmerzen und Schuldgefühle, einfach schlimm :( :( .

    Ich freue mich für dich, dass du so viel Besserung feststellen kannst seitdem du keinen Alkohol mehr trinkst. Ich spüre auch jetzt schon positive Effekte auf mein Leben, jedoch liegt da noch so viel Arbeit vor mir. Und auch die Sache mit dem Sex- ich habe im Suff in dieser Hinsischt Dinge getan mit denen ich mich im nüchternen Zustand niemals wohlgefühlt hätte. Das einzige was man daran in irgendeiner Art und Weise als positiv bezeichnen könnte wäre, dass ich davon nicht mehr viel weiß :/....

    Mit dem Scham hast du sicherlich Recht. Der hindert mich im Endeffekt nur daran weiterzukommen. Denn wenn ich weiterkommen will, und das will ich definitiv, dann muss ich mich überwinden und einfach darauf hoffen, dass es ich nicht bereue mich zu öffnen. Vielleicht probiere ich es wie der junge Mann aus eurer Selbsthilfegruppe und höre erstmal zu. Sobald ich das Gefühl habe dort verstanden und akzeptiert zu werden kann ich mich sicherlich überwinden.
    Ich hab zwar schon oft davon gehört, dass Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und aller Geschlechter, religiöser Ansichten etc... süchtig sind, aber eigentlich kenne ich niemanden, der dieses Problem hat. Der Bruder einer sehr engen Freundin ist heroinabhängig, aber einen offenkundigen Alkoholiker kenne ich nicht. Oder weiß nicht, dass er/sie süchtig ist. Deswegen ist es sicherlich auf eine Art auch "spannend" andere Menschen aus anderen Schichten und deren Beweggründe zu sehen und kennen zu lernen.

    Ich denke das Problem ist auch, dass Sucht immer mit Schwäche verbunden wird. Jedenfalls begleitet mich dieser Gedanke immer wieder. Ist wahrscheinlich so anerzogen ??? Diese Gedanken mischen sich bei mir des Öfteren, und aus Gesprächen mit Mitmenschen höre ich Ähnliches leider auch immer wieder raus. Dabei stelle ich mir oft die Frage, was uns, die Süchtigen, verbindet? Es muss doch Parallelen geben, oder irre ich mich? Sind wir alle besonders sensibel, besonders nachdenklich oder am Ende vielleicht doch "einfach nur schwach"?

    Bei den anonymen Alkoholikern gibt es also eine Gruppenmoderation wenn ich das richtig verstehe. Wie kann ich mir das denn genau vorstellen? Sorry, dass ich so blöd frage, man kennt das im Prinzip nur aus dem Fernsehen....oder zumindest ich kenne es nur von dort.
    Diese Liste von der du sprichst, quasi eine To-Do-Liste der Wiedergutmachung....finde ich eine sehr gute Idee. Darf ich fragen wie lang deine Liste war bevor du angefangen hast diese abzuarbeiten?

    Ich persönlich muss sagen, dass meine Sucht zwar sehr viele meiner Lebensbereiche beeinflusst hat, aber am allermeisten habe ich mir selber geschadet. Ich bin betrunken Auto gefahren- und bin sehr dankbar dafür, dass ich dabei niemanden verletzt habe. Ich habe im betrunkenen Kopf Dinge gekauft, die ich mir eigentlich gar nicht leisten kann. Ich stecke in einer furchtbar komplizierten Beziehung und habe öfter betrunken Wutanfälle gehabt- die habe ich dann an meiner Wohnung ausgelassen. Ich denke bewusst weh getan habe ich zwar vereinzelt auch, aber wie gesagt am meisten mir selber. Wie funktioniert denn Wiedergutmachung an mir selbst? Keine Ahnung ob ich das hinkriege, aber ich denke der Anfang von allem ist, mir selbst zu vergeben. Es ist ja auch teilweise so, dass ich Dinge gar nicht mehr weiß....ich habe beispielsweise absolut volltrunken jemanden geküsst- und das weiß ich nur, weil derjenige es mir am nächsten Tag erzählt hat. Irgendwie fühle ich mich deswegen aber nur bedingt schlecht....es ist, als ob ich das nicht gewesen wäre. Das hört sich wahrscheinlich total egoistisch und bescheuert an, aber so fühle ich mich eben. Und ich habe beschlossen, diese Dinge ruhen zu lassen und einen Strich darunter zu setzen. Jedenfalls für diesen Moment.

    Das, was ich gerne tun würde ist, mich bei den Leuten zu entschuldigen die ich im Suff verbal angegangen habe....das waren zwar nicht viele aber ich erinnere mich an bestimmte Situationen, die ich gerne "geradebiegen" würde. In denen ich einfach gemein war und dumme Dinge gesagt. Soll heißen, ich werde mich für Dinge entschuldigen, an die ich mich erinnern kann.....der Rest kommt dann vielleicht nach und nach, ich weiß es nicht.

    Bezüglich der Arbeit: Wie haben deine Vorgesetzten und dein Chef reagiert? Haben dich jemals Kollegen darauf angesprochen oder etwas bemerkt? Ich lasse das auf mich zukommen, wie gesagt- einer meiner Kollegen, der ja gleichzeitig ein enger Freund ist, weiß es bereits. Ich muss eben schauen wie ich das auf den kommenden Seminaren und der Weihnachtsfeier "verkaufe" oder ob ich bis dahin soweit bin mit offenen Karten zu spielen.

    Genau, mit Medikamenten meinte ich die gegen Krämpfe. Aber es beruhigt mich was du schreibst. Nun ist ja Tag 10 ohne Alkohol praktisch auch schon zur Hälfte geschafft...ich hoffe es geht nun nur noch bergauf. Trotzdem habe ich mir deinen Rat zu Herzen genommen und nehme zusätzlich Vitamin B12 in Tablettenform zu mir. Auch sonst versuche ich ganz viel Wasser und Tee zu trinken und mich ausgewogen zu ernähren sowie mich ausreichend zu bewegen. Wie und wie lange waren denn eigentlich deine Klinikaufenthalte wenn ich fragen darf? Wie hast du die Zeit und den Alltag dort körperlich und auch physisch erlebt?

    Thema Kaffee fällt mir soooo schwer. Genau wie du habe ich (vor dem Schritt zu entgiften) im Büro massig Kaffee getrunken und auch Abends noch Espresso nach dem Essen oder Ähnliches. Deswegen hat mich das so doll gewundert, dass ich plötzlich so darauf reagiere. Aber ich werde es heute nochmal mit einem schwach gebrühten Kaffee probieren :). Vielleicht geht das ja und ich gewöhne mich wieder daran. Ist ja vielleicht auch gar nicht so schlecht meinen Koffeinkonsum ein wenig zu drosseln....im Zuge meiner Angst- und Panikstörung bin ich oft so schon nervös genug. Den Kaffee als Genussmittel lernen :) oder so Ähnlich.

    Hast du deine Alltagsstrategien mittels Therapie erarbeitet oder in Eigenregie?

    Liebe Grüße,
    Mia.

    PS. Es darf mir gerne jeder seine Erfahrungen hier schildern und etwas dazu sagen. Je mehr, desto besser :) !!!

  • Hallo Mia,

    heute ist dann der 11. Tag (angebrochen). :)
    Du wirst in absehbarer Zeit die Tage nicht mehr zählen. Ob Du dann die Wochen, Monate oder Jahre zählst – das hält jeder anders. Schlecht ist es auf jeden Fall nicht, wenn Du ab und an zurück denkst, wie schlecht es Dir mit Alkohol ergangen ist.

    Zitat

    Ich freue mich für dich, dass du so viel Besserung feststellen kannst seitdem du keinen Alkohol mehr trinkst.

    Diese „Besserung“, also das Vorwärtskommen im Leben ist natürlich nur möglich, wenn man auch bereit ist an sich zu arbeiten. Nur mit „Alkohol“ weglassen ist es nicht getan.

    Zitat

    … dann muss ich mich überwinden und einfach darauf hoffen, dass es ich nicht bereue mich zu öffnen.

    Ich denke, so herum ist es die falsche Sichtweise?
    Bereuen kannst Du doch nur etwas, das Du besser nicht getan hättest. Wenn Du Dich öffnest und dadurch weiterkommst, dann ist gibt es nichts zu bereuen.
    Vermutlich sprichst Du hier die Situation an, dass wenn Du Dich z. B. in einer Gruppe öffnest und von Dir und Deinen Lebensproblemen erzählst, jemand das ausnutzt und Dich persönlich angreift?
    Ich würde dann überhaupt nichts bereuen. Aber derjenige, der meine Offenheit ausnutzt und mich angreift, der muss „bereuen“. Weil er dann seinen „wahren“ Charakter offenbart hat, um den es demzufolge nicht zum besten steht, oder?

    Seit vielen Jahren hat in unserer Gesellschaft eine Umdenken in Bezug auf Alkohol stattgefunden, bzw. findet immer noch statt. Nur leider oft in die falsche Richtung.
    Ins Bewusstsein gedrungen ist, dass die Sucht jeden treffen kann.
    Nicht ins Bewusstsein gedrungen ist, dass Sucht nichts mit Schwäche, Willen und Charakter zu tun hat. Auch nichts mit der gesellschaftlichen Stellung.
    Ich beobachte jedenfalls schon lange, dass die „heimlich Trinker“ immer mehr zunehmen.
    Sucht kann man, vor allem, wenn ein Betroffener Beta- und Deltatrinker ist.

    Zitat

    Dabei stelle ich mir oft die Frage, was uns, die Süchtigen, verbindet? Es muss doch Parallelen geben, oder irre ich mich? Sind wir alle besonders sensibel, besonders nachdenklich oder am Ende vielleicht doch "einfach nur schwach"?

    Für mich sind die Parallelen darin zu sehen, dass Süchtige mittels Alkohol aus einem für sie untragbaren und belastendem Zustand fliehen wollen. Da fällt mir dann das Plakat unseres Kreuzbundverbandes ein:

    [Blockierte Grafik: http://www.kreuzbund-dv-rottenburg.de/files/kreuzbund/public/img/content/Plakat-Suechtige-sind-Tuechtige.jpg]

    Alle Selbsthilfegruppen haben, wenn es richtig läuft, eine „Gruppenmoderation“. Also jemand, der moderiert und darauf achtet, dass die Gespräche nicht aus dem Ruder laufen.
    Der Unterschied der AA zu den anderen Selbsthilfeorganisationen besteht vor allem darin, dass bei den AA salopp gesagt „Monologe“ geführt werden. Wenn jemand in die Gruppe kommt und etwas an diesem Abend sagen möchte, dann muss er sich zuvor beim Gruppenleiter (Moderator) in eine Redeliste eintragen lassen, damit er irgendwann auch dran kommt.
    Die anderen Mitglieder der Gruppe nehmen keine direkte Stellung zu dem Gesagten. Bestenfalls kommt anschließend ein anderes Mitglied zum Reden, das – aber immer anhand seines eigenen Erlebens – einen Bezug zu dem Vorherigen herstellt. Das kann, muss aber nicht sein.
    Da fehlt mir persönlich der Dialog. Wenn ich ein Problem habe, dann möchte ich gerne die Erfahrung der anderen erfahrenen Gruppenfreunde zum Thema hören.

    Meine „Liste“ der Wiedergutmachung … ohje! Ja, die war sehr lang.
    Wobei das meist nichts war, das jetzt jeder so gesehen hätte, dass es wiedergutgemacht werden musste. Das liegt halt im eigenen Ermessen und der eigenen Wertvorstellung.
    Selbstliebe – ein wichtiges Thema, nicht nur in der Sucht.

    So für Heute genug …

  • Hallo Mia!

    Im Moment bin ich nicht so die große Schreiberin, aber ich habe Deinen Thread gelesen und möchte Dir auf Deinem trockenen Weg alles Gute wünschen. Viel Erfolg und Erkenntnis die nötig sind um unsere Sucht in Schach zu halten!

    LG
    Karoline

  • Hallo Mia,

    ich kann Deine Situantion gut nachvollziehen. Ich denke der Arzt, der Dir sagte, dass Du es jetzt noch alleine aus dem Suff schaffen kannst, hatte recht. Jetzt hast Du noch die Möglichkeit nicht ganz abzurutschen und es ohne langfristige Therapie zu schaffen.

    Ich weiß wovon ich rede, ich habe in der Richtung viele Erfahrungen sammeln können.

    Schau doch mal hier unter dem nachfolgenden Link, ich kenne viele, die es damit geschafft haben, auch ohne Therapie.

    Link entfernt von Greenfox

    LG Lilian


    Liebe Lilian! Dies ist ein nicht-kommerzielles Forum! Du kannst hier nicht einfach Links zu Deiner Website einstellen, um Deine Verkaufszahlen zu steigern.

    Einmal editiert, zuletzt von Greenfox (3. November 2017 um 10:50)

  • Hallo zusammen,

    nun sind einige Tage vergangen und ich hatte nicht wirklich die Zeit mich zu melden. Ich wollte nur ganz kurz Bescheid geben: Es sind nun mehr als zwei Wochen ohne Alkohol, ich habe durchgehalten und werde auch weiterhin mein Bestmögliches geben und dranbleiben. Mein Lebensgefühl hat sich schon massiv verbessert....mein Kopf arbeitet langsam wieder vernünftig.

    Ich melde mich später ausführlich- danke für euren Beistand und eure netten Beiträge.

    LG, Mia.

  • Sehr schön 44.
    Irgendwann wird das Nichttrinken für dich zur Normalität werden, aber bitte nicht mit experimentieren, ob ein Glas vielleicht doch geht.
    Das geht nur für kurze Zeit.
    LG Gerd

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