Ende?!

  • Hallo,

    ich habe mich gerade angemeldet, weil meine Nerven langsam aber sicher ziemlich kaputt sind.

    Mein Problem ist mein Vater. Er ist Alkoholiker und weiß es auch selbst. Allerdings würde er vermutlich sagen das es nicht so ist, weil er "trocken" ist.
    Ich habe letztes Jahr ein Tagebuch gefunden in dem ich geschrieben habe, das mein Vater trinkt und was das für Sorgen und Nöte bei mir auslöst. Zum Zeitpunkt des Eintrages war ich 13, jetzt bin ich fast 38.

    Ich kann mich in den Jahren 14 - 15 erinnern das meine Mutter einige Zeit ins Krankenhaus musste und ich systematisch nach Alkohol gesucht habe. Beim Weggießen in der Spüle stand er heulend neben mir.

    Als ich 16 war hat er eine Kur gemacht und war dann auch einige Zeit trocken.
    Es kam jedoch immer wieder zu Zwischenfällen, bei denen jeder aus der Familie gesehen hat was passiert ist aber er es immer geleugnet hat. Wir waren eigentlich regelmäßig die Dummen.

    Vor 7 Jahren hat er dann den Führerschein für 1 Jahr verloren weil er betrunken Auto gefahren ist. In dieser Zeit hat er begonnen sich bei den Anonymen Alkoholikern zu engagieren und leitet dort die MPU Gruppe. Er ist richtig gut und wurde sogar gebeten dies beim TÜV als Kurse an zu bieten.

    Vor 4 Jahren bekam ich an meinem 33. Geburtstag einen Anruf das er nicht mehr kann und sich umbringen will. Er hat es nicht geschafft weil er zuviel Angst vor dem Tod hatte...
    Da die Nachricht kam als ich gerade Gäste hatte, habe ich nur meinen Mann losgeschickt damit er nach ihm sucht. Um ehrlich zu sein habe ich das bis heute nicht verwunden.

    Nichts desto trotz hat er immer weiter getrunken und ist auch nach wie vor im Verein aktiv. Mittlerweile sogar im Vorstand.

    Bisher lebte er mit seiner Mutter und meiner Mutter zusammen in einem Haus. Er fühlte sich von seiner Mutter immer unterdrückt und es war nicht immer konfliktfrei. Er war oft hin- und hergerissen ob er sie ins Heim geben sollte oder nicht. In Sachen Entscheidungen ihrer Gesundheit war auch nie gut. Sie hat immer allein entschieden und er konnte dann kritisieren. Meine Oma starb Anfang des Jahres und seit dem ist er in einem Loch das sie ihm fehlt. Also wird hin und wieder eine kleine Beruhigung fällig...

    Vor 10 Jahren erkrankte meine Mutter an einer Autoimmunkrankheit und vor 4 Jahren kam noch Parkinson dazu. Mittlerweile ist sie nachts auf Hilfe angewiesen und er muss bei ihr schlafen.
    Seit dem Tod meiner Oma scheint er regelmäßig zu trinken. Wenn ich ihn darauf anspreche beschimpft er mich bitterlich das ich falsch liege obwohl ich weiß das ich recht habe. Es nimmt mich mittlerweile psychisch ziemlich mit. Meine Mutter ist auch mehr als unglücklich weil er sie unfair behandelt und immer wieder sagt das er was zur Beruhigung trinken muss. Vor mir versucht er das zu verstecken. Ich mache aber häufiger Überraschungsbesuche um zu kontrollieren. Meistens hat er getrunken.

    Was mich beunruhigt ist, das er immer kleine Flaschen Schnaps trinkt und augenscheinlich erst einmal ziemlich betrunken ist. Nach ca. 45 Minuten - 1 Stunden ist er aber weitestgehend normal... also keine Ausfallerscheinungen mehr. Ich bin der Meinung das er dann ja häufiger trinken muss um sich so daran zu gewöhnen, oder?

    Meine Mutter redet mittlerweile davon ihn zu verlassen... Er ist in psychologischer Behandlung, wobei ich nicht glaube das er da noch weiter hin geht...

    Mein Vater ist eigentlich ein lieber Mensch der alles für meine Mutter mich und die gesamte Familie tut. In letzter Zeit jedoch verändert er sich zunehemend. Er vergisst vieles und ist oft in Streitereien verwickelt.
    Ich bin wirklich hin und her gerissen. Meine Psyche leidet auch zunehmend. Sobald ein Anruf von meiner Mutter kommt zieht sich mein Magen zusammen. Ich will das es den beiden gut geht, aber eigentlich ist ziemlich viel Stress. Meine Mutter ist wirklich schwer krank, was die Sache noch komplizierter macht, weil ich mir viele Sorgen um sie mache. Jetzt kommt aber noch mein Vater dazu.

    Was wäre eine logische Konsequenz? Ich weiß gerade nicht so richtig wie ich mich verhalten sollte...

  • Erst einmal HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Ich bin Ü50, m, Alkoholiker und seit einigen Jahren trocken.

    Meine Mutter redet mittlerweile davon ihn zu verlassen...
    ...
    Was wäre eine logische Konsequenz? Ich weiß gerade nicht so richtig wie ich mich verhalten sollte...

    Wenn ich als Außenstehender sage: "Nicht nur vom Verlassen reden - machen!" dann klingt das hart. Aber auf Grund meiner eigenen Erfahrungen und der vielen Gespräche mit anderen Betroffenen und Angehörigen und auch nach dem, was ich hier im Forum erfahren habe, halte ich dies die Beste "Alternative". Für ALLE!
    Denn wenn Du und Deine Mutter nicht immer wieder bangen müsst "Hat er - oder hat er nicht?", dann könnt Ihr endlich wieder zur Ruhe kommen und Euch um EURE Probleme kümmern - nicht um IHN.
    Und für Deinen Vater wäre es (Vielleicht!) der Schuss vor den Bug, den er braucht.

    Ich kann Dir nur raten, selbst einmal eine Suchtberatung aufzusuchen und Dir dort Hilfe zu holen. Nicht nur die Betroffenen brauchen (meist) Hilfe beim Ausstieg - auch die Angehörigen haben Hilfe bei der Bewältigung der Probleme (beim Umgang/Leben mit Betroffenen) nötig.

    Zunächst einmal wünsche ich Dir (und Deiner Mutter) viel Kraft!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Greenfox,

    danke für Deine schnelle Antwort. An sich ist die Idee vermutlich die Beste. Ehrlich gesagt ist mein Problem bei der Geschichte das ich ihm durchaus zutraue das er sich dann umbringen wird. Meine Mutter ist so krank, das sie vermutlich in ein Heim müsste. Sie haben gerade erst umgebaut und komplett neu eingerichtet. Sie hat sich alle Träume zuhause erfüllen können...

    Verlassen ist aber trotzdem vermutlich das vernünftigste...

  • Hallo Hortensia,

    erst mal: Herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Wie Greenfox bin ich auch Alkoholiker, also kein Angehöriger. Ich bin männlich, Mitte der 40 und nun aber schon seit einigen Jahren trocken.

    Die Erlebnisse oder sagen wir mal besser Leiden der Angehörigen sind doch immer die selben. Es ist einfach schrecklich was ein alkoholkranker Mensch seinem Umfeld zumutet. Auch ich habe das getan!

    Du wirst es vermutlich schon x-Mal gelesen haben aber ich muss es trotzdem nochmal schreiben:

    Du kannst Deinen Vater nicht trocken legen. Du kannst Deinem Vater nicht helfen sofern er sich nicht selbst helfen lassen will. Nur er allein wäre in der Lage etwas gegen seine Sucht zu unternehmen. Und nur wenn er allein das möchte gäbe es auch eine Chance auf Erfolg. Das es nur sehr wenige der alkoholabhängigen Menschen überhaupt versuchen trocken zu werden weißt Du bestimmt. Von diesen wenigen die es versuchen schaffen es wiederum auch nicht zu viele dauerhauft trocken zu bleiben. Wie Du selbst schreibst, hat Dein Vater es ja wohl auch schon mal versucht und es auch eine Zeit lang durchgehalten. Aber eben nicht auf Dauer - die Gefahr eines Rückfalls ist also immer gegeben. Deshalb ist aus meiner Sicht das wichtigste, dass der Betroffene selbst aus tiefster innererer Überzeugung heraus weg vom Alkohol will - ich glaube nur dann hat er die Stärke dieser Sucht auf Dauer widerstehen zu können.

    Mir scheint Dein Vater ist davon weit entfernt. Und Du kannst absolut nichts machen. Dein Verhalten ist das einer Co-Abhängingen - klassisch z. B., dass Du Kontrollbesuche unternimmst. Verstehe das bitte nicht falsch - ich kann das ja sogar nachvollziehen. Nur hilft es weder Dir noch Deinem Vater auch nur ein Stückchen weiter. Im Gegenteil - Dein Vater fühlt sich bevormundet, gegängelt oder was auch immer und Du hast jedes mal ein negatives Erlebnis zu verdauen.

    Nun rede ich mich natürlich leicht, das ist mir schon bewusst. Trotzdem denke ich, ist der einzig mögliche Weg für Dich der Weg der Abgrenzung. Du bist nicht vertwortlich für das Leben Deines Vaters, auch nicht für das Deiner leider sehr kranken Mutter (solange sie noch für sich selbst verantwortlich sein kann). Du bist aber verantwortlich für Dein eigenes Leben und auch nur dafür. Solltes Du minderjährige Kinder haben dann würde ich sagen, dass Du auch diese natürlich verantwortlich bist. Natürlich wirst Du Deiner Mutter beistehen, das ist ja selbstveständlich. Trennen wollen muss sich sich aber natürlich selbst. Sie muss also entscheiden, ob sie weiterhin mit ihrem alkoholkranken Mann im eigens für sie umgebauten Haus weiter leben möchte oder ob sie ggf. in ein Heim um zieht. Ich kann es nicht beurteilen, aber möglichweise würde es ihr in einem Heim besser gehen....

    Dein Vater jedoch, der sich für den Alkohol entschieden hat, muss selbst klar kommen. Er hat jederzeit die Möglichkeit sich Hilfe zu suchen. Er kann jederzeit damit beginnen, den Kampf gegen seine Sucht aufzunehmen. Ärzte, Suchtberatung, Therapien - alles steht ihm offen. Tut er das, dann könnt Ihr ihn dabei unterstüzten, wenn Ihr das wollt. Tut er nichts, solltet Ihr Euch abgrenzen. Sonst wird seine Sucht auch Euer Leben weiter belasten oder gar zerstören....

    Noch eines aus eigener Erfahrung: Ich wäre, jetzt im Nachhinein als nicht mehr trinkender Mensch, froh gewesen, wenn meine Familie mich damals möglichst früh verlassen hätte. Es wäre ihnen viel erstpart geblieben. Sie haben es nicht, ich hatte meine Sucht gut verheimlicht und so mussten sie viele Jahre mit mir ertragen ohne genau zu wissen was eingentlich los ist. Nachdem ich aufgehört hatte, zerbrach meine Ehe trotzdem. Ich trennte mich, ich musste komplett neu anfangen um es schaffen zu können dauerhaft trocken zu bleiben. Heute, mehrere Jahre sind vergangen, bin ich ein glücklicher Mensch - meine Ex-Frau übrigens auch wieder und meinen Kindern geht es auch wieder sehr gut. Wir haben jetzt ein tolles Verhältnis.

    Ich will damit sagen, dass manchmal auch ganz gravierende Einschnitte nötig sind, auch wenn man sich das erst mal gar nicht vorstellen kann. Ich habe mir lange nicht vorstellen können meine Frau und damit meine Kinder zu verlassen und neu anzufangen. Heute sehen wir alle (inkl. Ex-Frau und meine schon größeren Kinder), dass es damals so sein musste.

    Vielleicht würde Dein Vater zur Besinnung kommen. Vielleicht würde er es als Anlass nehmen sich helfen lassen zu wollen. Vielleicht würde er auch weiter trinken oder schlimmstenfalls sogar seine Drohung wahr machen. Das wäre unfassbar schlimm - aber es wäre trotzdem nicht Eure / Deine Schuld. Denn Du hast ein Recht auf DEIN Leben.

    Meine Meinung.

    Alles Gute und viel Kraft wünsche ich Dir und einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

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