Hallo liebe Forengemeinde,
ich bin neu hier und auf der Suche nach Hilfe bzw. Informationen von Betroffenen.
Zur Angelegenheit:
Meine Mutter ist stark alkoholabhängig. Schon seit etlichen Jahren (wann genau alles anfing, kann ich nicht einschätzen). Richtig auffällig wurde es jedoch nach der Trennung von meinem Vater im Jahr 2006. Danach folgten einige Jahre, in denen es ihr gut ging. Sie lernte kurz nach der Trennung von meinem Vater ihren jetzigen Ehemann kennen und blühte auf. Ausfälle mit Alkohol gab es in dieser Zeit keine. Jedoch haben die beiden wohl schon regelmäßig abends zusammen mal ein Fläschchen Wein getrunken. Eventuell auch mehr. Eine komplette Abstinenz gab es also nicht. Sie war mental fit, machte einen normalen Eindruck. Eingebrochen ist die Situation ungefähr in 2013 wieder als mein leiblicher Vater in ihre NAchbarschaft zog (ich vermute, dass hier unverarbeitete Dinge in ihr wieder hochkamen - sie leidet seit Jahren an Depressionen und Angstzuständen; ist deswegen auch in psychologischer Behandlung).
Seitdem gab es immer wieder Ausfälle ihrerseits, Volltrunkenheit etc. Seit Ende letzten Jahres/Anfang 2017 ist es nun komplett ausgeartet. Sie trank immer wieder regelmäßig, überwiegend heimlich. Fuhr auch betrunken Auto. Es gab oft Situationen, in denen sie einen langen Spaziergang mit dem Hund im Feld vorschob, mit dem Auto wegfuhr, 3 Stunden verschwand und dann betrunken wieder kam. Da ich nicht mehr in ihrem Haushalt lebe, habe ich das alles nur aus Erzählungen von meinem Stiefvater mitbekommen. Ich bat ihn des Öfteren, ihr die Autoschlüssel wegzunehmen, was er aber nicht tat, da sie ihm immer wieder versprach, es nicht wieder zu tun. Eingehalten hat sie ihre Versprechen nie. Als mein Stiefvater dann Ende 2016 die Diagnose einer Krebserkrankung erhielt, ist die Trinkerei völlig eskaliert. Sie fuhr natürlich weiterhin betrunken Auto, wurde dann (um Glück) von einem Passanten dabei erwischt, wie sie betrunken in ihr Fahrzeug steigen wollte. Der Passant rief die Polizei, welche meine Mutter mitnahm und auf Alkohol testete. Es wurde ein Promillewert von 2,8 festgestellt. Seitdem ist der Führerschein weg. Um ihn wieder zu erhalten, ist eine MPU angeordnet worden.
Inzwischen ist sie auch schon seit Mai bei der Arbeit krankgeschrieben und hat nun einen Rentenantrag gestellt, da sie zu der Überzeugung gekommen ist, nicht mehr dort arbeiten zu können und zu wollen (50 % Behinderung wurde ihr aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen in der Vergangenheit schon bescheinigt). Die Rentenversicherung verlangt für die Bewilligung der Rente natürlich einen Kuraufenthalt.
Meine Mutter bekennt sich zu ihren Depressionen und Angstzuständen. Hinsichtlich ihrer Alkoholabhängigkeit zeigt sie keine Erkenntnis/Einsicht. Es wird heimlich getrunken bis zum Vollrausch, inszwischen war sie mehrfach auch im Krankenhaus aufgrund von Stürzen oder anderer Geschichten. Sie versucht immer wieder neue Ausreden zu finden und somit Zeit zu schinden. Ich denke, sie will sich ihr Hintertürchen offen halten. Keines der Gespräche mit ihr hat gefruchtet. Einen Gang in die Entzugsklinik lehnt sie ab, behauptet, sie schaffe das auch so. Auf ihre Art. Angeblich gehe sie zu den Anonymen Alkoholikern und weiterhin regelmäßig zu ihrer Psychologin. Das kaufe ich ihr persönlich nicht mehr ab, da sie weiterhin regelmäßig trinkt, und zum anderen nicht mehr mobil und somit auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. Da sie oft bis mittags braucht, um überhaupt auf die Beine zu kommen, gehe ich davon aus, dass sie auch die Termine bei ihrer Psychologin nicht mehr regelmäßig (wenn überhaupt) wahrnimmt.
Unsere ganze Familie ist ratlos. Meine Schwester und ich haben uns stark zurückgezogen. Besuchen sie nur selten. Meine Stiefgeschwister ebenfalls. Mein Stiefvater hat ihr bereits mehrfach angedroht, sich zu trennen, wenn es so weiter geht. In die Tat umgesetzt hat er diese Drohung jedoch bislang nicht. Obwohl sie munter weitermacht. SIe belügt die gesamte Familie, findet immer neue Audreden oder Gründe, weshalb sie dieses oder jenes nicht tun kann.
Wir wissen alle nicht weiter. Uns ist bewusst, dass wir als Außenstehende nicht viel tun können. Die Einsicht muss von ihr selbst kommen und sie muss selbst den Willen haben, nicht mehr trinken zu wollen und die entsprechende Hilfe dafür in Anspruch zu nehmen. Das wissen wir. Allerdings dreht sich alles immer nur im Kreis. Ich versuche meinen Stiefvater dazu zu bewesen, sich bei einer Beratungsstelle für BEtroffene und Angehörige mal richtig zu informieren. Habe ihm auch aus dem Internet schon Fachbeschreibungen über das Krankheitsbild zukommen lassen, da er noch nicht so richtig das Verständnis dafür hatte. Er war lange der Meinung, sie könne es aus eigener Kraft schaffen, mit dem Trinken aufzuhören, was natürlich Unsinn ist, weil sie bereits viel zu tief in der Abhängigkeit steckt. Inzwischen scheint es ihm zu dämmern, dass "sie soll einfach nix mehr trinken" eben nicht funktioniert. Meiner Meinung nach wäre langsam auch der Zeitpunkt gekommen, dass mein Stiefvater die Trennung nicht nur androht, sondern auch in die Tat umsetzt. Denn ich weiß, wie wichtig es ist, im Umgang mit einem Alkoholabhänigigen konsequent zu sein. Leider ist da halt immer dieses Mitleid und der Gedanke, dass man den Partner doch nicht einfach so hängen lassen kann (was ja irgendwo auch menschlich ist).
So viel erst mal zu meiner Geschichte. Ich würde mich freuen, mich hier mit anderen Betroffenen austauschen zu können und vielleicht hat ja der ein oder andere einen guten Tipp.
Viele Grüße
Eure Pusteblume