Ich kenne meine Grenzen nicht

  • Ich bin Mitte zwanzig und trinke nicht jeden Tag. Ich kann auch mal nein sagen oder ein paar Wochen ohne Alkohol auskommen. Aber wenn ich trinke, dann kenne ich meine Grenze nicht und verliere die Kontrolle über mich. Ich tue Dinge, die ich im nüchternen Zustand niemals machen würde. Ich kann nicht mehr zählen wie häufig ich schon einen Filmriss hatte, wie oft ich mich schon vom Alkohol übergeben habe oder am Tag danach ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich zu viel getrunken habe. Neben meinem Studium arbeite ich in der Gastronomie. Meine Kolleginnen und ich trinken eigentlich jede Woche Wein. Meistens gibt meine Chefin aus. Zur Weihnachtszeit letzten Jahres habe ich bei Weihnachtsfeiern mitgetrunken, wenn die Gäste mir etwas ausgegeben haben. Bei zwei Weihnachtsfeiern war ich am Ende wirklich betrunken. Das ist mir vorher so nie passiert. Konsequenzen spüre ich zum einen bei meiner Psyche und zum anderen an meinem Körper. Ich habe jedes Mal nach einem Abend mit Alkohol ein wahnsinnig schlechtes Gewissen. So sehr, dass ich mir manchmal gerne selbst wehtun würde. Letzter Zeit reicht es schon aus, dass ich ein Glas trinke und sich dieses Gefühl in mir breit macht. Ich bekomme immer Bauchweh von Alkohol, meistens noch 3-4 Tage nach einem Trinkabend. Heute Morgen bin ich aufgewacht und dachte ich muss endlich was ändern. Ich habe immer wieder darauf gehofft, dass ich schon lernen würde, wo meine Grenze ist, aber das versuche ich seit zehn Jahren… Es funktioniert nicht. Also muss ich komplett aufhören zu trinken, um mein Leben in den Griff zu bekommen und meinem Körper nicht mehr zu schaden. Es hat nichts mit meinem Job zu tun. Ich war für ein halbes Jahr im Ausland und habe auch dort getrunken. Einmal angefangen, ein Glas Alkohol intus und ich will mehr und begreife nicht mehr, dass es längst genug ist.

  • Also muss ich komplett aufhören zu trinken, um mein Leben in den Griff zu bekommen und meinem Körper nicht mehr zu schaden.


    Okay Trine, dein Ziel steht somit fest.
    Jetzt stellt sich die Frage, wie du vorgehen willst/kannst, damit du das Ziel erreichst.
    Schon Ideen?

    Willkommen im Forum.

    Bassmann

  • Hallo Bassmann,

    ich denke ich werde den Leuten die mir nahestehen deutlich sagen, dass ich nichts mehr trinken möchte und erklären, weshalb. Die Tage bin ich wieder auf der Arbeit... da werde ich dann mit meiner Chefin reden und auch ihr sagen, dass ich nichts mehr trinken möchte. Ich weiß jetzt schon, dass ich auf viel Unverständnis stoßen werden und viele Diskussionen haben werde. Hast du einen Tipp, wie ich ansonsten vorgehen kann? Und vor allem, wie ich micht nicht immer wieder aufs Neue erklären muss ?

    LG Trine

  • Hallo Trine,

    ich habe im Vorfeld überhaupt nichts erklärt, sondern einfach angefangen. Danach habe ich denjenigen Leuten etwas gesagt, von denen ich annahm, dass sie es wissen sollten.
    Heute erkläre ich mich überhaupt nicht mehr, sondern mache einfach mein Ding.

    Zitat

    Hast du einen Tipp, wie ich ansonsten vorgehen kann?


    Ich habe z.B. im Internet eine Menge Berichte ehemaliger Trinker gelesen, die ihrer Sucht erfolgreich entwachsen sind. Das hat mich motiviert, denn ich sah, dass "es ein Leben nach dem Alkohol" gibt und dass dieses Leben erstrebenswert ist. Für mich ist Motivation -und zwar nicht nur am Anfang des Wegs aus der Sucht- das A&O eines erfolgreichen Suchtausstiegs. Denn nur, wenn ich ein attraktives Ziel habe, haut es mich bei den unweigerlich auftretenden Durststrecken des Suchtausstiegs nicht aus den Latschen.

    Viele Grüße
    Bassmann

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Mach es doch, wie Bassmann schrieb: einfach anfangen.
    Aber dann nicht mit "Ich möchte nichts mehr trinken.". Dann kommen nämlich die dummen Sprüche "Ach, ein Gläschen geht doch!" etc
    Sag "Aus gesundheitlichen Gründen kann/darf ich nichts trinken!" Und wenn dann nachgehakt wird "Muss/will ich Dir nicht auf die Nase binden."

    Und den Leuten, die Dir nahestehen, kannst Du ja erklären, wieso/weshalb/warum. Aber wenn Du "nur" alle x Tage was getrunken hast - aber dann bis zum "Abwinken" -, dann kann ich Dir aus meiner Erfahrung sagen, dass da eventuell Unverständnis aufkommen könnte.

    Ich war damals drastischer und habe meinen Verwandten, Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen gesagt "Ich bin Alkoholiker, ich bin jetzt trocken und das möchte ich auch bleiben - also werde ich nichts mehr trinken!". Okay, ich habe auch jeden Tag getrunken (und das nicht gerade wenig). Aber da ich das meist für mich alleine tat, habe ich bei einigen kein Verständnis geerntet. "Was - DU? Alkoholiker? Quatsch!" Es ging leider sogar soweit, dass ich mich von einigen "Freunden" getrennt habe.

    Damit will ich Dir keine Angst oder so einjagen. Ich möchte Dich nur auf mögliche Reaktionen vorbereiten. Denn Leider wird es in unserer Gesellschaft eher akzeptiert, wenn man sagt "Danke - Nein! Ich rauche nicht!" als "Danke - Nein! Ich trinke nicht!"

    Aber nochmal 44. für Deinen Entschluß! Und ich wünsche Dir alle Kraft, die Du brauchst, um ihn umzusetzen!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Trine,

    auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum.

    Das was Du schreibst, spiegelt mein eigenes Leben wider, wie es bei mir anfing, das ich in die Sucht abgerutscht bin, allerdings war es bei mir das ausschweifende Partyleben, eben der typisch schleichende Prozess.
    Du bist mitte zwanzig, da fing es bei mir auch an.
    Was Deine Arbeitssituation betrifft, kann ich über Deine Chefin nur den Kopf schütteln, ich habe selber mal in der Gastronomie gearbeitet und es gab bei uns ein striktes Alkoholverbot in der Arbeitszeit, wir hatten für den Fall, wenn Gäste was ausgeben wollten, Fakeflaschen zur Verfügung, zb Apfelsaft mit Mineralwasser gemischt in Sektflaschen, umettikettierte Bierflaschen usw, sollte aber auch in jeder verantwortungsvollen Gastronomie bekannt sein dieser Trick.
    In meinen Augen ist Deine Chefin, sorry, eh ein bisschen dumm, wenn ich einen Betrieb hätte, würde ich meinen Angestellten niemals erlauben, während der Arbeitszeit zu trinken, weil ich damit ja gefahr laufen würde, meinen eigenen Betrieb zu ruinieren.
    Ich würde an Deiner Stelle auf jeden Fall die Wahrheit sagen, erstens kommt man mit der Wahrheit im Leben immer weiter, auch wenn die Wahrheit erstmal anfangs negative Folgen haben kann, aber auf dauer lebt man besser damit.
    Und Du bist noch jung und Gastronomiebetriebe gibt es viele, was hindert Dich im schlimmsten Fall die Arbeitsstelle zu wechseln?
    Es ist DEIN Leben und Du hast nur das eine, ziehe jetzt die Bremse mit dem Alkohol, noch ist es früh genug und Du hast noch so viele Jahre vor Dir im Leben.

    Liebe Grüße

    Susanne

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