Rasanter Anstieg der Alkoholabhängigen

  • Ja, das wollte ich gestern auch schon posten, katro.

    Und über den von Dir zitierten Satz bin ich naturgemäß auch gestolpert. Denn es stimmt. Warum ist das aber so? Liegt es tatsächlich nur daran, dass der Staat zu viel einnimmt für die Tabakwaren? Wenn ich mir vergangene sogenannte "Nichtraucherkampagnen" der BzfgA anschaue, so sind diese teilweise sehr zynisch und schießen am Ziel vorbei. Im Prinzip animieren sie zum Noch-mehr-Rauchen.

    Die Zahlen der Alkoholabhängigen stimmen sowieso nie. Es sind weitaus mehr. Heimlichkeit ist ja eines der Hauptsymptome der Alkoholsucht. Von daher kann man die jeweils neuesten Zahlen guten Gewissens verdoppeln.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Sowohl bei Tabak als auch bei Alkohol fährt unser Staat eine unerträgliche Doppelmoral-Schiene.
    Er kann auf die Einnahmen nicht verzichten und wettert gleichzeitig. Das ist absolut absurd.
    Man kann doch nicht dauernd gegen die Gefahren wettern und sich im gleichen Zug über Absatzprobleme der Alkoholindustrie Sorgen machen. Hä?
    Wie soll man Umsatz steigern wenn keiner säuft?
    Von Prohibition halte ich auch nichts. Sieht man ja an Marihuana, was das bringt. Eine riesige Schattenwirtschaft ist das Drogengeschäft, vorbei an Staates Nase.
    Samt "dark net" und "bitcoins" als funktionierender Währung. Die Dealer lachen sich doch kaputt.
    Nur Prävention macht Sinn.

  • Zitat

    Nur Prävention macht Sinn.


    Stimmt, schon in den Schulen damit beginnen. Ein paar Beratungsresistente wird's zwar immer geben, manche machen es dann aus Protest, aber irgendwas bleibt hängen in der Masse. Es sei denn, das Volk soll abhängig in jedem Sinne gemacht werden.
    Gerd

  • "nur Prävention macht Sinn" - wirklich?
    Das meiste, was unter "Prävention" verkauft wird, ist nach den Ergebnissen der Cochrane-Collaboration rausgeschmissenes Geld ohne Wirkung.

    Beispiel beim Alkohol: Die Aktion "Mit Sport gegen Alkohol und Drogen"
    Der Sportverein, in dessen Vereinslokal selbstverständlich Alkohol ausgeschenkt wird, der jeden Sieg und jede Niederlage in Alkohol ertränkt, als Schutz vor Alkoholkonsum? Die meisten Säuferkarrieren beginnen im Sportverein!

    Präventiv gegen Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit wirken nur Maßnahmen, die ein soziales Umfeld schaffen, in dem es wenig Anlässe und Gelegenheiten zum Trinken gibt - und die werden den meisten Konsumenten nicht schmecken: Kein Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit, kein Alkoholkonsum in den Medien (klappt beim Rauchen schließlich auch!), keine Alkoholwerbung im Fernsehen (dito), Regulierung des Marktes (zB keine Großgebinde für private Verbraucher, Spirituosen nur teuer im Liquor-Store, Bier nur mehr in 0.3l-Flaschen im Sixpack, Wein maximal 1l pro Verpackungseinheit, Reduktion der Anzahl von Schanklizenzen etc., Alkoholsteuern erhöhen)...

    Keine Sorge wegen der wirtschaftlichen Folgen - die volkswirtschaftlichen Folgekosten (ohne Berücksichtigung von Kriminalität, Familienzerstörung) durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Frühverrentung und vorzeitgen Tod liegen mit 40 Mrd. € jährlich 40% über dem Gesamtumsatz der Alkoholindustrie (Brauer, Winzer, Schnapsbrenner) von 28 Mrd €!

    Nur wenn eine Flasche Schnaps mindestens 30€, eine Flasche Wein 10 € und eine 0.3 Flasche Bier 2 € kostet, läßt sich der Alkoholkonsum nachhaltig reduzieren - das ist die wohl einzige sinnvolle und nachhaltige Form von Prävention, alles andere bleibt wirkungslos, wenn in allen Medien und bei allen möglichen Veranstaltungen der vermeintlich lässige Alkoholkonsum ständig vorgelebt wird - von der Talkshow bis zum Tatort.

    Wiesn und Wasen ohne Maßkrug - das wäre erfolgreiche Prävention

    LG

    Praxx

  • Praxx
    na ja, in Schweden wird ja einiges von diesen anscheinend wirksamen Maßnahmen umgesetzt, aber ich hatte echt den Eindruck, dass das nix bringt.
    Da wird massiv schwarz gebrannt und an den Wochenenden waren die Straßen voll von Betrunkenen. Morgens lagen die da noch rum. Viele. Rudelbesäufnis.
    Und bei einem Festival haben die Teenies und überhaupt viele Leute gegenüber vom Eingang gesoffen und sind dann rein und besoffen durch die Taschenkontrolle.

  • Ich denke, wie die anderen, das Prävention das beste Mittel ist/sein sollte. Auch wenn Du mit dem Sportverein sicherlich nicht ganz Unrecht hast, glaube ich nicht das eine Prohibition in Deutschland mehr Erfolg hätte/haben KANN als in anderen Ländern wie USA oder auch Island (Bier). Was würde passieren bei exorbitantem Preisanstieg (wobei ich Deine 2€ für eine Flasche Bier auch gut fände..)? Beschaffungskriminalität ist da ein sicher passender Begriff, zudem wäre jegliche Kontrolle (weil wie bei anderen Drogen) nun entzogen (Schwarzbrauereien/-brennereien, etc, Hersteller, die nun illegale Wege des Absatzes für sich "entdecken")
    Ganz vom Reiz des Verbotenem -insbesondere bei Jugendlichen zu schweigen.
    So kann man mMn kein soziales Umfeld "schaffen", in dem es wenige bis keine Anlässe zum Trinken gibt..
    Das der wirtschaftliche Schaden, welcher durch Suchtkrankheiten entsteht, deutlich höher ist, ist -glaube ich- unstrittig.

    Ah, während ich hier auf Vorschau klicke, hat ennasu Schweden genannt. Ja, das meinte ich mit eben Geschriebenen..

  • Was Praxx sagt finde ich gut. Ob da nicht der Schuss nach hinten los gehen würde, ist fraglich. Fakt ist: Prävention bedeutet auch Aufklärung. Aufklärung bedeutet das Ende der Verharmlosung. Alkohol ist eine Droge. Genau wie Nikotin. Koffein... Das geht einfach schwer in den Kopf der sogenannten Gesellschaft. Man kennt das zu Genüge: der 60jährige Frührentner kippt sich jeden Abend sechs Flaschen Bier hinter die Binde und schimpft über die jungen, asozialen "Drogensüchtigen".... Natürlich wird nicht jeder Gelegenheitstrinker zum Alkoholiker. Aber was hat denn Fußball-Sport eigentlich mit Bier zu tun und Zigaretten mit Formel Eins. ??? Da werden Dinge miteinander verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Naja, der britische Suchtforscher NUTT stuft Alkohol als die gefährlichste aller Drogen ein, die sowohl beim Konsumenten als auch für die Gesellschaft den größten Schaden verursacht.
    Prohibition ist natürlich immer schon Mist, aber eine gewisse Regulierung zum Schutz von Konsument und Verbraucher wäre schon angemessen. Es spricht nichts dagegen, das über den Preis zu machen - wer will, kann sich ja besaufen, aber eben nicht mehr jeden Tag - und die anderen müssten mal überlegen, ob sie denn "ihr Bierchen" "ihr Weinchen" "ihr Schnäpschen" wirklich brauchen. Der Preis müsste natürlich so gestaltet werden, dass mögliche illegale Gewinne das Risiko nicht überkompensieren.
    Natürlich ist auch Aufklärung wichtig - aber glaubt irgendjemand, dass die neue Drogenbeauftragte von der Christlichen Säufer Union etwas gegen die Brauer, Winzer und Schnapsbrenner in die Wege leiten würde? - da ist der Bierzeltheld Seehofer davor

    LG

    Praxx

  • Ich sehe das wie Ennasu.

    Natürlich kann man Drogen verteuern oder sogar verbieten. Doch solange sich Menschen vom Drogenkonsum etwas Positives versprechen und die Drogen dieses Versprechen auch einlösen, werden Menschen Drogen konsumieren.
    Erst wenn der Konsum in Sucht umschlägt, ändert sich die Sichtweise des Konsumenten. Doch dann ist es für eine einfache Umkehr zu spät.

    Deshalb tut Aufklärung not. Doch wie macht man das? Der Mensch lernt aus Erfahrungen. Am besten bzw. nachhaltigsten aus den eigenen.

    Katro

  • Gerd, das ist klar, da ist es auch egal, was es kostet - sonst gäbe es ja auch wohl kaum Drogenabhängige.
    Aber es würde den Einstieg in die Alkoholsucht erschweren.


  • Christlichen Säufer Union


    ;D Top! Das musste ich vorhin dringend meinem exilbayrischen Kollegen sagen, der die Mitgliedschaft mit der Muttermilch(?) aufgesogen hat. Das tat gut ;)
    Ein höherer Preis für Alkoholisches wäre bestimmt hilfreich, insbesondere was den Einstieg betrifft, ja. Zudem noch ernsthafte Aufklärung, das dieses unglaublich positive Bild alkoholisierter Leute mal aus den Köpfen kommt. Obwohl..stört sich ein Raucher an den "Warnungen", die auf den Schachteln prangern? Wüsste ich echt mal gerne..Bilder wirken da evtl abschreckender.

    Zitat

    ihr Bierchen" "ihr Weinchen" "ihr Schnäpschen


    Alleine die Endung CHEN, Kinder, die auf Gartenfeiern "betrunken spielen", Erwachsene, die sich darüber noch amüsieren..läßt das ganze Thema um die Alkoholproblematik sehr legere erscheinen, weit weg eben.
    Im Wirklichkeit wird den Jugendlichen der Einstieg noch leichter gemacht. "Alkopops", bei denen der Alkohol nicht so derbe im Vordergrund ist, laden durch Süße ein, später auch ein "echtes Bier" zu trinken..weils ja ganz lustig war, so angeheitert.

    Fußball (Sport im allgemeinen) und der Alkohol..das ist doch eng verkettet. Formel 1, Boxen (dazu gleich noch was)
    Gut, mittlerweile wirbt Jogis Nutellabande ja wenigstens mal mit Alkoholfreiem "Bit", vor ein paar Jahren noch hieß es im Nebensatz des angepriessenen Vollbieres noch "Auch als Light erhältlich". Vergesse ich nie: Hat der Pimpf eines Freundes beim gemeinsamen Boxen gucken (ist schon einige Jahre her) gesagt das "Der Papa auch das Hasseröder SPORTBIER gekauft hat". Der lachte sich einen..gut, kam völlig spontan und unerwartet bei der Werbung des Gesöffs. Wie will man denn da auf nen grünen Zweig kommen wenn SO ein Eindruck erweckt wird?!

  • Ich könnte mich gerade schenkelklopfend totlachen über Dein Posting, wenn es nicht so traurig wäre.

    Sandmann, bezüglich der abschreckenden Bilder auf Zigarettenschachteln gibt es jetzt interessante Erkenntnisse. Es scheint doch ein Umdenken anzufangen. Bilder wirken tatsächlich viel intensiver als Worte.

    Guckst Du:
    http://www.faz.net/aktuell/gesell…b-12749707.html

    Was den Alkohol anbelangt existiert noch zu viel Mythologisierung.

    Es ist längst belegt, dass der "Verdauungsschnaps" wirkungslos bis schädlich ist und dass das tägliche Glas Rotwein eigentlich nur gut fürs Herz ist wegen der Trauben und nicht wegen des Gärungsprozesses.

    Und es herrscht natürlich die Meinung, dass der Suff zum guten Leben dazugehört. Wer da nicht mitmacht, ist eine Spaßbremse und höchstverdächtig.

    Aber gebt dem Volk seine Drogen, dann sind sie alle schön betäubt und die Revolution bleibt aus.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Als Marxist gebe ich Pinguin hinsichtlich ihres letzten Satzes natürlich recht - da lag der gute Lenin schon richtig mit seiner Beurteilung.
    Trotzdem möchte ich zu bedenken geben, dass Alkohol nach wie vor eine Armutsdroge ist - auch wenn sich die Krankheit durch alle Bevölkerungsschichten zieht. In einer gesellschaftlichen Situation, in der die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderklafft, finde ich die Forderung nach Verteuerung der Armutsdroge Nr. 1 sehr zweifelhaft. Natürlich könnte man propagieren: "Sauft nicht - geht auf die Straße und wehrt Euch" - das wiederum finde ich aber elitär und realitätsfern. Letztendlich wird eine Verteuerung des Alkoholerwerbs eine ähnliche Entwicklung vorantreiben, wie es sich seit Jahren bei den illegalen Drogen abzeichnet: Die Eliten kaufen reinen Stoff und haben kaum Probleme mit der Finanzierung ihrer Sucht - das Lumpenproletariat versorgt sich mit in Wohnzimmerküchen zusammengekochten Dreckszeug und krepiert elendig daran ...
    Natürlich unterstütze ich Forderungen nach Werbeverboten, nach Verboten von Flatrat-Saufveranstaltungen - ich bin dafür, dass alkoholfreie Getränke grundsätzlich preiswerter sein müssen, als die alkoholische Variante und und und - die sozial eh benachteiligten Bevölkerungsschichten aber in Richtung Selberbrennen zu drängen, halte ich jedoch für den falschen Ansatz ... !

    Beste Grüße
    keppler

  • Zumal alles, was verboten ist oder unerreichbar (in dem Fall dann finanziell) erscheint, seinen besonderen Reiz hat.
    Versteckte Werbung, meistens beabsichtigt, in Film und Fernsehen sollte auch nicht unterschätzt werden.
    LG Gerd

  • Vor kurzem habe ich einen Bericht über Jugendliche gesehen, die schon Vorstrafen etc. haben. Da war ein 15 jähriger, der
    hat berichtet, sie würden Obdachlose darum bitten, für sie Alkohol zu kaufen. Das ist doch unfassbar.
    LG

  • Bei uns im Ort gibt es einen seltsamen Mann, der hat mich schon zwei Mal angesprochen, ob ich 2 EUR für ihn habe. Ich sagte dann: "Ich gehe kurz in den Bäcker und kaufe Ihnen was zu essen." Das wollte er aber beides Mal nicht. Er wollte Bargeld. Da habe ich nein gesagt. Ich weiß ja, wofür es drauf geht.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Pinguin
    Also was den seltsamen Mann betrifft - bei solchen Leuten hab ich lange aufgehört so zu denken wie du beschreibst.
    Wenn ein Mensch alkoholkrank ist, dann braucht er den Alk wie Brot.
    Die Moral von wegen huch und hach geht mir in so einem Fall voll am A... vorbei. Ich gebe dem dann 2 Euro, sofern ich sie habe. Und ich wünsch ihm, dass er doch noch eine Chance bekommt, einen Weg findet, trocken wird. Aber ich sage nichts.
    Die reichen Trinker müssen sich so nicht erniedrigen. Das ist auch ein Fakt. Die können gut essen UND saufen. Ich hab es wirklich zur Genüge erlebt.

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