Kann man Alkoholismus/Abhängigkeit als "Schmuh" bezeichnen

  • [...]
    Der Wikingersketch wirft ja die alte Frage auf, die gar nicht so selten in Alkoholikerforen rauf und runter diskutiert wird:
    Ist einer (noch) ein Alkoholiker, wenn er abstinent lebt?[...]

    Ich habe noch nicht erlebt, daß diese Frage diskutiert wurde, es sei denn von Neulingen. Aber sei's drum.

    Natürlich bleibt man Alkoholiker auch wenn man abstinent lebt, denn "Alkoholiker" bezeichnet einen Menschen mit Kontrollverlust. Der Kontrollverlust ist nicht davon abhängig ob man trinkt oder nicht. Jedem Betroffenen außer absoluten Anfängern sollte doch bekannt sein, daß der Kontrollverlust ein nicht umkehrbarer Vorgang ist, d.h. daß Alkoholismus eine nicht heilbare Veränderung im Körper ist - um mal das meiner Ansicht nach unpassende Wort "Krankheit" zu vermeiden.

    Die Diskussion könnte höchstens noch dann entstehen, wenn jemand seine alten Vorurteile nicht aus dem Kopf bekommt, daß Alkoholiker irgendwelche asozialen Typen sind, die fast nur besoffen in der Ecke liegen.

    Grüße aus dem Drachenhort

  • Hallo Brant,

    es ist einerseits erstaunlich, andererseits liegt es wohl in der Natur der Sache:

    Eines der frühesten Beispiele für einen Fall von exzessivem Alkoholkonsum, wird um 3000 v.Chr. aus Ägypten erwähnt.
    "Seine irdische Wohnstätte war von Wein und Bier gepachtet und zerschlagen worden/ und sein Geist flüchtete, bevor er gerufen wurde" (CROTHERS, T.D.: A review of the history and literature of inebriety. In: Journal of Inebriety 33 (1911), S. 139-151)

  • @ gamma draconis

    Zitat

    Natürlich bleibt man Alkoholiker auch wenn man abstinent lebt, denn "Alkoholiker" bezeichnet einen Menschen mit Kontrollverlust. Der Kontrollverlust ist nicht davon abhängig ob man trinkt oder nicht. Jedem Betroffenen außer absoluten Anfängern sollte doch bekannt sein, daß der Kontrollverlust ein nicht umkehrbarer Vorgang ist, d.h. daß Alkoholismus eine nicht heilbare Veränderung im Körper ist - um mal das meiner Ansicht nach unpassende Wort "Krankheit" zu vermeiden.

    Ich denke mal das du dir hier mit Texten die wie eine Belehrung wirken einen unnötig schweren Stand schaffst. Gewiss mag die Bestimmung von Begriffen auf Podiumsdiskussionen oder ähnlich kopforientierten Veranstaltungen einen gewissen Wert darstellen. Für Foren gilt das m. E. nur bedingt. Nach ca. fünfjähriger Erfahrung glaube ich fast sagen zu können das es den meisten Usern in entsprechenden Foren piepe ist ob sie als Alkoholiker, Knalloholiker oder Balkoholiker bezeichnet werden. Die Essenz ist bei vielen meistens ganz einfach ... ich lebe ohne mich gross um den ganzen Schmuh kümmern zu müssen.

    Brant


  • @ gamma draconis
    Ich denke mal das du dir hier mit Texten die wie eine Belehrung wirken einen unnötig schweren Stand schaffst. Gewiss mag die Bestimmung von Begriffen auf Podiumsdiskussionen oder ähnlich kopforientierten Veranstaltungen einen gewissen Wert darstellen. Für Foren gilt das m. E. nur bedingt. Nach ca. fünfjähriger Erfahrung glaube ich fast sagen zu können das es den meisten Usern in entsprechenden Foren piepe ist ob sie als Alkoholiker, Knalloholiker oder Balkoholiker bezeichnet werden. Die Essenz ist bei vielen meistens ganz einfach ... ich lebe ohne mich gross um den ganzen Schmuh kümmern zu müssen.

    Brant : Ich persönlich finde Deine Bemerkung äußerst respektlos und frage mich, wer Du bist, jemanden derart für seine Meinung/Überzeugung (die ich im Übrigen teile, aber das spielt hier keine Rolle) ... belehren zu wollen.
    Und ich glaube nicht, dass sich hier keiner "gross um den Schmuh kümmern" will. Dieser "grosse Schmuh" bestimmt immerhin mehr oder weniger stark unser Leben und unsere Lebensqualität.

    Sorry @all, aber das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen. Dafür ist mir das Thema zu wichtig, um es lapidar als "grossen Schmuh" abzutun. Hier versuchen etliche verzweifelt, ihre Sucht in den Griff zu kriegen und tauschen sich darum hier mit Menschen aus, die es mit mehr oder weniger Erfolg bereits geschafft haben ...
    Ich glaube, den Rest meiner Gedanken verkneife ich mir jetzt lieber >:(

    Natürlich würde die Einschätzung/Bemerkung von Gamma draconis besser in den Bereich "Allgemeines - Diskussionen rund um den Alkohol" passen, aber manchmal kommen einem eben beim Lesen in einem anderen Thread entsprechende Gedanken hoch ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • [...]Nach ca. fünfjähriger Erfahrung glaube ich fast sagen zu können das es den meisten Usern in entsprechenden Foren piepe ist ob sie als Alkoholiker, Knalloholiker oder Balkoholiker bezeichnet werden. Die Essenz ist bei vielen meistens ganz einfach ... ich lebe ohne mich gross um den ganzen Schmuh kümmern zu müssen.[...]

    Diese Aussage bekommt dann ein besonderes Gewicht, wenn man sie mit dem erschreckend geringen Prozentsatz von wirklich langfristig trockenen Alkoholikern in Verbindung bringt. Die letzten mir bekannten Zahlen dazu sind zwar schon alt, aber ich denke nicht, daß sie sich wesentlich geändert haben. Nur ca. 1% der Alkoholiker sind 15 Jahre oder länger trocken. Das ist eine grausige Zahl, die jedem, der es auch sehen will, vor Augen führt, daß es sich keineswegs um irgendeinen "Schmuh" handelt, sondern um etwas, daß den Betroffenen leichter in eine geschlossene Abteilung bringt oder gar tötet, als man es für möglich halten sollte.

    Ich bin 10 Jahre lang für meine damalige SHG zweimal im Monat in die Entzugsstation einer Nervenklinik gegangen, um die Gruppe dort vorzustellen. Das ist eine Erfahrung, die jedem Alkoholiker gut tun würde. Dort lernt man sehr schnell, wohin es führt, leichtsinnig mit seiner Trockenheit umzugehen, den Alkoholismus als "Schmuh" anzusehen.

    Grüße aus dem Drachenhort

  • @ gamma draconis

    Zitat

    Das ist eine Erfahrung, die jedem Alkoholiker gut tun würde


    (Anmerkung von mir / Besuch einer Entzugsstation)

    Nun das ist Wunschdenken. Keine Realität. Es ist nun mal so das Therapie, Selbsthilfegruppe
    und Internetforum von Struktur und Aufbau verschiedene Möglichkeiten beinhalten. Ein User
    eines anderen Forums drückte es so aus:

    Zitat

    Ich denke ich muß akzeptieren, daß es halt in erste Linie mal ein Internetforum ist.
    Nicht wirklich besonders geeignet sich hier ernsthaft auseinanderzusetzen bezüglich
    Suchtkrankheit, da jede ordnende Regularien (was z.B. in jeder stationäre Therapie
    oberstes Gebot ist) fehlt.

    Im Grunde sehe ich das sehr ähnlich und finde es nicht mal verkehrt.

    Brant

  • Es mag Menschen geben denen das hilft.

    Mir persönlich allerdings haben solche 'Schreckensbilder', lebenslänglich unheilbar und so weiter und so fort, immer nur dabei geholfen sofort abzublocken und dicht zu machen. Was? So einer? Bin ich nicht!! Über sehr viele Jahre hinweg habe ich so den eigentlichen, wirklichen Kern meiner Sucht verleugnet. Und der liegt für mich persönlich nicht so sehr in der körperlichen, sondern viel mehr auf psychischer und seelischer Ebene.

    Aus meiner Sucht heraus haben mich dann tatsächlich komplett ganz andere Dinge geführt!

  • ... wir sollten diese Debatte HIER wirklich beenden und entsprechend verschieben ...

    Ansonsten bin ich ein wenig hin und her gerissen: Ich persönlich neige immer einmal wieder gerne zur Selbstironie und kokettiere auch gelegentlich mit der Selbstbezeichnung "Alkoholiker" - manchmal provoziere ich auch bewußt damit, um bestimmte Debatten entweder zu beenden oder in die für mich richtige Richtung zu lenken. Eine gewisse Lockerheit im Umgang mit unserer gemeinsamen Krankheit scheint mir desweilen auch durchaus angebracht - insbesondere wenn ich es mit dreißig Jahren staubtrockenen Berufsalkoholikern zu tun habe, die zum Lachen in den Keller gehen ...
    Andererseits liegt mir nichts ferner, als einer Verharmlosung das Wort zu reden - insofern finde ich die Kritik an Brants Formulierung "Schmuh" durchaus angebracht. Gestern und vorgestern habe ich eine Montage in der Stadt, die es eigentlich gar nicht gibt (Bielefeld ...) durchgeführt: In der Stadthalle, direkt gegenüber des Hauptbahnhofes. In unmittelbarer Nähe der Veranstaltungshalle befindet sich eine Wiese, die DEN Treffpunkt der "Bielefelder" Alki- und offenen Drogenszene darstellt. Die Beobachtungen, die ich da gemacht habe, waren dermaßen erschütternd, daß mich diese Bilder bis heute Abend verfolgen (ich schreibe hierzu noch separat etwas ...).
    Also: Verharmlosung von Suchterkrankungen kann auch schon mit der Wortwahl beginnen - etwas mehr Humor in der Debatte finde ich aber trotzdem des Öfteren förderlich ...

    Greenfox : bitte abtrennen und verschieben -
    Danke und beste Grüße
    keppler

  • Warum beenden, Keppler? Auch mir liegt es fern, Sucht zu verharmlosen. Ich denke aber, dass es den meisten Abhängigen tatsächlich ziemlich schnuppe ist, wie sie sich bezeichnen können, sollen oder müssen. Irgendwann wollen sie nur noch eins: Raus aus ihrer Sucht.

    Ich schließe mich Land-in-Sicht an. Auch bei mir hat die negative Sichtweise, also z.B. auf den frühen Tod, der vielen Alkoholikern droht, dazu geführt, dass ich verdrängte und verharmloste. Außerdem hatte ich irgendwann den Punkt erreicht, wo ich meiner Abhängigkeit nichts Positives außer der Tatsache abgewinnen konnte, dass sie ein mir sehr bekannte Raum war.

    Ich brauchte den positiven Blick nach vorn, um einen Schritt aus der Sucht heraus in eine unbekannte Freiheit zu wagen. Und auch heute stärkt mich eher der Blick auf die positiven Seiten meiner Unabhängigkeit von Suchtmitteln als die Angst vor einem Rückfall, den ich ohnehin für unwahrscheinlich halte.

    Bassmann

  • So, ich habe die Diskussion mal abgetrennt und hierher verschoben - dann kann Brant seinen Thread auch weiterführen. Ich finde beide gut.

    Zu dem hiesigen Thema:

    Na klar kann man die Augen vor den negativen Seiten verschliessen und sich ausschließlich auf den positiven Aspekt konzentrieren.
    Aber es ist schon komisch, dass die Leute, die nie eine Entgiftung in einer Klinik mitgemacht haben, so dagegen sind, auch diese Seite anzusprechen.

    Ich war 4 Mal in einer Entgiftung, weiß, wie ICH mich gefühlt habe, weiß, wie sich die Mitpatienten gefühlt haben bzw. sich die "Drehtürpatienten" (die, die sich nur mal wieder aufpäppeln lassen wollen) aufgeführt haben. Und nun bin ich seit mittlerweile 4 Jahren 2 Mal im Monat auf einer Entgiftungsstation - und sehe dabei oft in immer wieder dieselben Gesichter.
    Und ich halte es für eine Frechheit, die ganze Sache als "Schmuh" zu bagatellisieren und allen hier in dem Forum oder anderen Foren zu unterstellen, sie wollten nur leben, ohne sich um "den Schmuh" zu kümmern.
    Bevor ihr so einen Scheiß von Euch gebt, geht auf die Entgiftungsstationen und schaut Euch die Gestalten dort an! Darunter sind auch etliche, die rauswollen aus dieser Spirale - und es nicht schaffen. Vielleicht weil sie nicht den Willen haben, ihre Sucht zu erkennen, die positiven Seiten eines Ausstiegs zu sehen? Bullshit - denn sonst versuchen sie nicht immer wieder, den Ausstieg zu schaffen. Ich habe es auch erst nach dem 4. Anlauf geschafft.

    Ihr habt es (mehr oder weniger) allein geschafft, bis heute Eure Selbstständigkeit wiedererlangt zu haben. Schön für Euch! Aber es gibt auch Menschen, die es nicht so "einfach" hatten (wobei ich nicht meine, dass es unbedingt leicht für Euch war - hoffe, Ihr versteht, was ich meine).
    Ich könnte auch hier ein paar Namen nennen, bei denen ich denke, dass sie hier nicht nur vor sich hindümpeln wollen und sich "nicht weiter um den ganzen Schmuh kümmern" wollen.

    Ich denke aber, dass es den meisten Abhängigen tatsächlich ziemlich schnuppe ist, wie sie sich bezeichnen können, sollen oder müssen. Irgendwann wollen sie nur noch eins: Raus aus ihrer Sucht.

    Sehe ich genauso, Bassmann.

    Ich brauchte den positiven Blick nach vorn, um einen Schritt aus der Sucht heraus in eine unbekannte Freiheit zu wagen. Und auch heute stärkt mich eher der Blick auf die positiven Seiten meiner Unabhängigkeit von Suchtmitteln als die Angst vor einem Rückfall

    Und das halte ich für äußerst einseitig. "Folgt mir ins Gelobte Land" ... sehr schön.
    Aber bevor man dort hin kommt, muss man auch Hindernisse überwinden. Und wenn man die vorher kennt, könnte es sein, dass man mit weniger Blessuren ankommt ...

    Greenfox

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    können wir nur selber tun!

  • @ bassmann:
    wahrscheinlich hast Du mich missverstanden - ich wollte die Debatte nur im Bereich "Klatsch- und Meckerecke" beenden und den Faden
    (wie mittlerweile geschehen) abtrennen und anderen Orts fortsetzen ...

    Beste Grüße
    keppler


  • Na klar kann man die Augen vor den negativen Seiten verschliessen und sich ausschließlich auf den positiven Aspekt konzentrieren.
    Aber es ist schon komisch, dass die Leute, die nie eine Entgiftung in einer Klinik mitgemacht haben, so dagegen sind, auch diese Seite anzusprechen.

    Nur weil ich nicht in einer (klinischen) Entgiftung war, heißt das noch lange nicht dass ich nicht schon einiges an Dreck gefressen, Schrammen kassiert und auch Elend hautnah gesehen hätte in meinem Leben. Ich kenne die Kehrseite und Tiefen des Lebens sehr gut.

    Hat mich trotzdem alles nicht vor meinen Fehlern bewahrt...

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (15. September 2016 um 23:47)

  • Guten Morgen Greenfox,

    Zitat

    Na klar kann man die Augen vor den negativen Seiten verschliessen und sich ausschließlich auf den positiven Aspekt konzentrieren.
    Aber es ist schon komisch, dass die Leute, die nie eine Entgiftung in einer Klinik mitgemacht haben, so dagegen sind, auch diese Seite anzusprechen.

    ich bin mir ziemlich sicher, dass ich meine Augen nicht vor den negativen Seiten verschließe. Ich habe sie erlebt und sie sind Teil meiner Erinnerung. Ganz sicher helfen sie auch dabei, Rückfälle zu vermeiden.
    Aber negative Erinnerungen verblassen mit der Zeit.
    Zum einen gibt es nun die Möglichkeit, sie am Leben zu erhalten. Zum anderen ist es möglich, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, was man durch den Suchtausstieg gewonnen hat.
    Diese (andere) Möglichkeit hilft mir mehr.

    Dass es hilfreich ist, die Fallstricke auf dem Weg des Suchtausstiegs zu kennen, sehe ich wie du, Greenfox. Warum das Rad neu erfinden, wenn es erfolgreiche Strategien gibt, die ich übernehmen oder an denen ich mich orientieren kann?
    Mein grundsätzliches Problem mit z.B. deiner Sicht- und Vorgehensweise besteht darin, dass sie sich mehr von rückwärts gerichteter Angst als von vorwärts gerichteter Freude leiten zu lassen scheint. Und ich habe deshalb ein Problem damit, weil mir diese Herangehensweise nicht aus meinen Abhängigkeiten herausgeholfen hätte. Für mich MUSSTE es anders gehen.

    Ich bin jetzt seit fast zehn Jahren rauchfrei. Natürlich will ich nie wieder als Raucher leben (müssen). Aber viel wichtiger ist mir, als Nichtraucher zu leben. Was das bedeutet, erfahre ich jeden Tag. Ich erlebe die Vorteile des Nichtrauchens täglich. Mir zu vergegenwärtigen, dass ich bei einem Rückfall z.B. wieder ein höheres Lungenkrebsrisiko als jetzt hätte, ist für mich weniger hilfreich als z.B. die Erfahrung beim Schwimmen, dass ich als Nichtraucher Luft für drei habe.
    Auch beim Trinken ist es so. Ich könnte mir jeden Tag aufs Neue vergegenwärtigen, dass Trinken mit großen Nachteilen verbunden ist. Ich kann meinen Blick aber auch auf die Vorteile des Nichttrinkens richten.
    Das macht mir die gewonnene Freiheit spürbar, und das ist gut für MICH.

    Bassmann


  • Mir persönlich allerdings haben solche 'Schreckensbilder', lebenslänglich unheilbar und so weiter und so fort, immer nur dabei geholfen sofort abzublocken und dicht zu machen.[...]


    Klar, das ist die ganz normale Reaktion, wenn man damit konfrontiert wird, daß sein Verhalten selbstzerstörerisch ist. Wer freut sich schon darüber? Andererseits ist auch noch niemand durch gutes Zureden trocken geworden. Erinnern wir uns an die Redensart vom persönlichen Tiefpunkt, der notwendig ist, um mit dem Saufen aufzuhören. Den erreicht der Betroffene bestimmt nicht durch Nettigkeiten oder Verschweigen.

    Wie funktionieren denn die Stufenprogramme, die inzwischen viele Betriebe für den Umgang mit trinkenden Alkoholikern eingeführt haben? Die bauen nach einem ersten ermahnenden Gespräch stufenweise immer mehr Druck auf. Die so genannten "Schreckensbilder" sind nicht anderes als das Erzeugen von Druck. Daß sie trotzdem bei einem Großteil der Betroffenen nicht funktionieren ist kein Fehler der Methode, sondern typisch für das Suchtverhalten der Betroffenen. Solange die Sucht stärker ist als die Angst vor den Konsequenzen, da klappt es nicht mit dem Aufhören.

    Grüße aus dem Drachenhort

  • Na das ist natürlich schon irgendwie ganzschön plakativ alles.....

    Wer soll denn das sein, dieser: DER Betroffene? So eine art Standard-Abhängiger? Sozusagen ein Prototyp?

    Ich bleibe dabei, ich fühle mich von so was nach wie vor weder irgendwo persönlich angesprochen, noch bringt es mich irgendwie weiter.

    LiS


  • Na das ist natürlich schon irgendwie ganzschön plakativ alles.....

    Wer soll denn das sein, dieser: DER Betroffene? So eine art Standard-Abhängiger? Sozusagen ein Prototyp?

    Ich bleibe dabei, ich fühle mich von so was nach wie vor weder irgendwo persönlich angesprochen, noch bringt es mich irgendwie weiter.

    LiS

    Wenn man nicht über seinen persönlichen Tellerrand hinaus sehen möchte, dann kann man das so sehen. Dann kann man auch mit Wortklauberei Argumente ersetzen. Das ist vermutlich einer der Unterschiede in der Art, wie wir mit unserer Sucht umgehen. Ich habe mich immer bemüht, mehr darüber zu wissen als nur das, was mich persönlich weiterbringt. Der erweiterte Blickwinkel bringt nämlich noch ein Stück Erkenntnis mehr, das man für sich verwenden kann.

  • Bevor ich auf dieses Forum stiess, ging ich davon aus, dass mein Weg (irgendwie) der einzig wahre sei. Nachdem ich mich aber hier eingelesen habe, erkannte ich, dass es auch anders gehen kann. Und bei meinen Krankenhausvorstellungen sage ich den Leuten auch, dass ich ihnen von einem, MEINEM Weg erzähle.

    Um so trauriger finde ich es, wenn dieser, mein Weg hier als "Gehirnwäsche" verunglimpft wurde (ist schon ein Weilchen her - trotzdem), wenn von Einem, der angeblich langjährig erfolgreichen "Aussteiger" die Beschäftigung mit dem Alkoholismus/der Alkoholkrankheit/dem Alkoholproblem (wie auch immer man es bezeichnet, als "Schmuh" tituliert wird und die Leute als gedankenlose Menschen, die nur so vor sich hindümpeln wollen bezeichnet werden (nicht wörtlich! aber sinngemäß).

    Wenn man nicht nur die Sonnenseite des zukünftigen Lebens ohne Alkohol propagiert, sondern auch auf das Schattendasein der Noch-Trinkenden und die möglichen Folgen - also auf BEIDE Seiten der Medaille hinweist, dann ist das "plakativ".

    Ich bleibe dabei, ich fühle mich von so was nach wie vor weder irgendwo persönlich angesprochen, noch bringt es mich irgendwie weiter.

    nixweiss0 Komisch? nixweiss0

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Nein, das ist weder komisch im Sinne von lustig, noch komisch im Sinne von merkwürdig.
    Es gibt nun einmal beide Seiten.

    Während ich trank, obwohl ich das eigentlich gar nicht mehr tun wollte, sah und spürte ich die Schattenseiten meiner Abhängigkeit. Seitdem ich nicht mehr trinke, erfahre ich mehr und mehr die positiven Seiten der Unabhängigkeit.
    Doch wie kriegt man einen Trinker raus aus dem Sumpf?
    Indem man ihm mit Schreckensbildern aufzeigt, was ihn erwartet, wenn er weiter trinkt? Oder ist es erfolgreicher, wenn man ihm mit positiven Bildern aufzeigt, was ihn erwartet, wenn er mit dem Trinken aufhört?

    Beides kann funktionieren.
    Für mich war eindeutig das mit den positiven Bildern sinnvoller, weil ich mich auf sie einlassen konnte, während ich die Schreckensbilder nach Leibeskräften zu verdrängen versuchte.
    Vielleicht ist jedoch bei einem anderen Trinker der Weg über die Schreckensbilder erfolgreicher.


    Bevor ich auf dieses Forum stiess, ging ich davon aus, dass mein Weg (irgendwie) der einzig wahre sei.

    Dieses Zitat trifft auch auf mich zu.
    Inzwischen bin jedoch auch ich offener für andere Wege geworden, weil ich meinen eigenen Weg vor mir selbst nicht mehr verteidigen muss, sondern den als für mich genau richtigen Weg erfahre.
    Was mich aber nach wie vor auf die Palme bringt, sind Aussagen, die Allgemeingültigkeit beanspruchen. Z.B. die Sache mit dem Kontrollverlust und die gleichzeitige Aussage, dass dieser nicht rückgängig zu machen ist.

    Der Alkoholismus scheint noch nicht komplett erforscht zu sein. Und deshalb sollten wir nicht so tun, als sei alles klar.

    Bassmann

  • Schon der Einstieg in diese Diskussion, ließ mich ahnen, wie sie verlaufen würde.

    Nachdenklich stimmt es mich schon: Es wird so oft betont, dass es viele Wege gibt, um damit den eigenen, einzigen zu untermauern.

    Greenfox

    Zitat

    Um so trauriger finde ich es, wenn dieser, mein Weg hier als "Gehirnwäsche" verunglimpft wurde


    Das verstehe ich jetzt nicht. Wie kann Dein Weg, den Du für Dich gehst, Gehirnwäsche sein?

    Da die Diskussion urplötzlich an Schärfe gewonnen hat, frage ich mich, was der Auslöser war/ist.
    Ausgegangen von Brants

    Zitat

    Gewiss mag die Bestimmung von Begriffen auf Podiumsdiskussionen oder ähnlich kopforientierten Veranstaltungen einen gewissen Wert darstellen.

    Für Foren gilt das m. E. nur bedingt. Nach ca. fünfjähriger Erfahrung glaube ich fast sagen zu können dass es den meisten Usern in entsprechenden Foren piepe ist ob sie als Alkoholiker, Knalloholiker oder Balkoholiker bezeichnet werden. Die Essenz ist bei vielen meistens ganz einfach ... ich lebe ohne mich gross um den ganzen Schmuh kümmern zu müssen.

    Da stellt er fest, dass es auf Internetforen bezogen viele User gibt, denen es egal ist, wie man sie bezeichnet.
    Ich habe das jetzt so verstanden, dass Neulinge, die solche Foren aufsuchen, erst einmal mit den ganzen Begriffsdefinitionen nicht viel anzufangen wissen.
    Und dass sich wohl viele erst einmal nicht wirklich furchtbar tief in das Thema vertiefen möchten, sondern einfach nur "leben" möchten.

    Vielleicht kann ja Brant selbst aufklären, was er tatsächlich gemeint hat?

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