Beiträge von May

    Liebe Oran-Gina,

    ich möchte mich für deine Zeilen bedanken.

    Auch ich bin oft zum Supermarkt gefahren und hab mir Wein gekauft ,es war ein enormer "Sog"...und manchmal wurde ich sogar panisch ,wenn ich mir vorstellte ,einen Abend ohne Alkohol im Haus zu haben.

    Das mit der Panik habe ich in letzter Zeit sehr oft erlebt. Und wenn ich es einmal geschafft habe, "heil" am Supermarkt vorbei zu kommen, bin ich abends noch schnell vor Ladenschluß ins Auto gesprungen und hingefahren, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Heute habe ich es ausgehalten.

    Mein Pensum war immer eine Weinflasche.

    Ich habe versucht nicht mehr als zwei zu trinken, manchmal wurden es aber dann doch drei.

    Das war im Oktober 20.

    Was war da im Oktober 20, daß du den Entschluß gefaßt hast, aufzuhören? War es ein besonderer Anlaß? Wieso hattest du dann die Kraft und vorher nicht?

    Bei mir ist es jetzt die Übersiedlung. Das ist ein völliger Neuanfang in einer völlig neuen Umgebung. Ich habe ganz viele Pläne, was ich dort alles machen will. Wenn ich weiter zu viel trinke, kann ich das nicht, weil mir dann die Energie fehlt.

    Die wichtigste Frage ist ,ob es dich interessiert.

    Damit hast du vollkommen Recht. Es interessiert MICH!

    Alkohol als Feind zu betrachten finde ich jedoch nicht fair - was kann denn der Alkohol dafür, wenn ich ihn mißbrauche? Die Dosis macht bekanntlich das Gift.

    "Notfallplan" - da hab ich noch keine Idee dazu. Vielleicht fällt mir später noch was ein. Jedenfalls freu ich mich, daß ich den ersten Tag gut überstanden habe.

    LG,

    May

    Ich kann mit diesem Artikel schon was anfangen, weil alleine die Vorstellung, es gäbe so etwas wie "Ghouls" finde ich hilfreich. Egal, ob es sie gibt oder nicht. Die Vorstellung reicht schon. So eine Art von personifizierten Suchtgestalten, mit denen ich mich symbolisch auseinandersetzen kann.

    Liebe AmSee,

    vielen Dank für die Nachfrage! Es geht mit gut (noch). Ich habe sehr lange und gut geschlafen, werde auch heute bei der Hitze nicht viel rausgehen (Kreislauf), vielleicht kurz in den Garten Tomaten und Kohlrabi ernten :) . Auf keinen Fall werde ich einkaufen gehen. Ich weiß, ich kann mich nicht ewig verstecken, aber es muß ja nicht gleich heute sein. Ich hab ohnehin viel tu tun, weil ich ja noch viele Umzugskartons bepacken muß . . .

    Was die Gesundheit angeht: Ich habe vor ein paar Monaten einen Check bei der Hausärztin machen lassen, da war alles (überraschenderweise) im grünen Bereich, außer eben dem Gewicht. Und die Probleme mit den Gelenken führe ich auf meinen ungesunden Lebensstil zurück (Rheumafaktor ist negativ). Das ist auch ein wichtiger Teil meiner Motivation: ich bin ein Mensch, der sich gerne bewegt, und mit dem Übergewicht und den ständigen Schmerzen ist das so mühsam, daß es kaum noch Spaß macht. Früher war mir der tägliche mehrstündige Spaziergang mit den Hunden heilig. In letzter Zeit bleiben wir oft nur in Haus und Garten, wenn ich zu viel Restalkohol im Blut habe und deswegen nicht mit dem Auto fahre. So will ich absolut nicht weitermachen.

    Ich habe gestern viel im Forum gelesen und habe dadurch auch viel über mich selbst nachgedacht. Ich habe mich gefragt, wann die Wein-Geschichte (!) angefangen hat und warum. In meiner Herkunftsfamilie hat niemand getrunken. Das war überhaupt kein Thema. Als ich (Teenager) Probleme mit meiner Mutter hatte (wer hat das nicht in dem Alter?) habe ich sie provoziert, indem ich getrunken (wenig, damit mein Atem nach Alkohol riecht, manchmal auch nur den Mund ausgespült damit), und dann die Betrunkene gespielt habe. Sie war erwartungsgemäß total schockiert, hat aber nichts verstanden. Nur einmal habe ich aus Neugier zu viel getrunken, weil alle in der Schule damit geprahlt haben, wieviel sie am Wochenende gesoffen haben, und dann war mir so speiübel, daß ich wußte: das ist nichts für mich. Ich fand nie Gefallen am Ausgehen und von Lokal zu Lokal zu ziehen, um letztlich einen Haufen Geld auszugeben und dann irgendwann in der Früh besoffen mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Ich verstehe bis heute nicht, was daran so toll sein soll. Meins ist mehr: raus in die Natur. Früher habe ich lange Wanderungen gemacht, auch Bergtouren, mein damaliger Freund hat sich dann auf der Hütte total zugenäht und ich war frustriert. Nicht, daß ich nicht auch ein oder zwei Schnaps getrunken hätte, das schon, aber ich hatte kein Verlangen nach mehr. In Gesellschaft trinke ich, aber ich würde mich niemals besaufen und zum Affen machen. Das ist ein absolutes No Go. Wenn ich auf einer Feier eingeladen wäre, würde ich mich 100%ig NICHT BETRINKEN. Das mache ich nur, wenn ich alleine bin. Und ich bin jeden Tag alleine. Ich muß das also nur mit mir selber ausmachen. Was bedeutet, ich muß an meiner Selbstliebe arbeiten. Weil es hat mich bislang nicht gestört, wenn ich mich vor mir selbst zum Affen gemacht habe. Das ist mir gestern klar geworden.

    "Savoir Vivre" empfand ich durch den Konsum von ZU VIEL Alkohol nie, das geht mit ein bis zwei Gläsern gutem Wein, gutem Essen und vor allem in Gesellschaft angenehmer Menschen, aber nicht mit zwei Flaschen Billigwein, Tiefkühlpizza und allein vor der Glotze. Da geht es um genießen und nicht um wegtreten. Ich bin so der Typ Frustfresser und Frustsäufer. Eine frustrierte Alte. Dabei habe ich früher so viel Wert auf einen gesunden Lebensstil gelegt.

    Du schreibst, du hast ein paar Handicaps - darf ich fragen, worunter du leidest? Hatte das etwas mit deinem Trinkverhalten zu tun? Weil an mir habe ich beobachtet, daß ich, wenn ich arge Rücken- oder Gelenkschmerzen habe, versucht habe, diese durch Alkohol zu betäuben. Schmerzmittel vertrage ich nicht.

    Der Leidensdruck muß hoch genug sein - ich empfinde keinen Leidensdruck in Bezug auf Alkohol. Ich bin eher zornig. Ich hab eine Riesenwut im Bauch, weil ich mich so habe gehen lassen und mich jahrelang in Selbstmitleid (ich bin ja so allein) gesuhlt habe. Seit meine letzte Beziehung in die Brüche gegangen ist . . . und seit mein Traum von einer eigenen Familie aufgrund meines Alters unmöglich geworden ist . . . dann auch noch C., Job weg und das war's dann . . . Das war mir zu viel, das hab ich nicht gepackt. Aber JETZT packe ich es. Ich hab jetzt lange genug geschlafen. Es wird Zeit wieder aufzuwachen. Keine Nacht dauert ewig.

    Der Verzichtsgedanke - klingt nach Mangel, etwas weglassen . . . ja, das Betäubungsmittel weglassen und den Schmerz wieder spüren . . . um endlich eine Chance auf Heilung zu erlagen. Das wird Zeit brauchen, noch mehr Zeit, weil die Zeit, die vergangen ist, habe ich verpennt. Befreien muß ich mich von unerfüllten Hoffnungen und Träumen. Ausmisten sozusagen. Meine Wohnung und meine Seele. Das Brauchbare mitnehmen und mich vom Unbrauchbaren verabschieden. Raum schaffen für Neues. Weinen und Lachen.

    Ich kann alles, was ich mir vom Alkohol versprochen habe, ohne dieses Hilfsmittel Alkohol.

    . . . da müßte ich dann wohl auf Schlaftabletten umsteigen . . . ich wollte mich mit übermäßigem Alkoholkonsum betäuben und das ist mir auch gelungen. Aber das will ich jetzt nicht mehr.

    Lebensfreude und Spaß haben hängen definitiv nicht mit Saufen zusammen, das ist ein Widerspruch in sich. Ich erinnere mich an einen Hüttenabend, Gemütlichkeit, eine gute Mahlzeit, 2 Stamperl Schnaps, fremde Leute, die sich hier getroffen haben, hundemüde vom Aufstieg und dann gemeinsam Lieder singen, lachen und das Leben genießen. Und mein Ex daneben, Scheiße labern und total zu. Ich hab's nicht verstanden, mich einfach nur geniert. Ich versteh's auch heut noch nicht. Wenn das Leben schön ist und man in guter Gesellschaft ist - weshalb hat man dann das Bedürfnis, sich zu betäuben? Wieso möchte man das Glücklichsein betäuben? Das finde ich masochistisch. Aber egal. Vorbei ist vorbei.

    Liebe AmSee, ich danke dir für dein Schreiben und deine Anteilnahme, und falls du dich durch diesen langen Text durchgearbeitet hast danke ich dir ganz besonders. <3 Und ich freue mich auf die nächsten Zeilen von dir!

    LG,

    May

    Bevor das Forum schließt, möchte ich noch ein Thema zur Diskussion vorschlagen, das mich sehr interessiert: Alkohol aus spiritueller Sicht. Im Internet habe ich dazu einen Artikel gefunden, der mich sehr berührt hat - ich füge den Link hier ein:

    https://www.randi-hausmann.de/gesundheit-ern…-alkoholkonsum/

    In meiner Jugend habe ich eine Zeit lang regelmäßig meditiert und auch einige intensive Erlebnisse gehabt. Damals habe ich kaum Alkohol getrunken und das war auch kein Thema. Wenn ich mir vorstelle, daß ich mir durch meinen Alkoholkonsum jetzt nicht nur in diesem Leben meinen Körper verpfusche, sondern auch meiner Seele Schaden zufüge und das noch über den Tod hinaus . . . . ein völlig neuer Gedanke für mich.

    Ich bin kein Medium und nehme keine "Ghuls" wahr, aber vorstellen könnte ich mir schon, daß das, was der Autor in diesem Artikel beschreibt, möglich wäre. Wie seht ihr das?

    Du schreibst, dass du dir schon mehrfach vorgenommen hast, keinen Alkohol zu trinken, deinen Vorsatz aber nicht einhalten konntest. - Wie war das denn so bei dir, was hat dich deinen Vorsatz immer wieder über Bord werfen lassen? - War es so etwas wie Suchtdruck oder hattest du dich im Kopf noch nicht wirklich vom Alkohol verabschiedet?

    Hallo AmSee,

    danke für den Willkommensgruß!

    Typischerweise ist es bei mir so: Ich wache mit mehr oder weniger "Kater" auf, fühle mich jedoch am Morgen grundsätzlich stimmungsmäßig gut. Dann Kaffee, ein wenig Hausarbeit und Hunderunde. D.h. ich gehe mit meinen Hunden für 2 bis 3 Stunden im Wald spazieren. So weit alles im grünen Bereich. Meist aber schon gegen Ende der Runde beginnen sich die Gedanken ums Thema Einkaufen zu drehen und spätestens wenn ich mit dem Auto am Supermarkt vorbei fahre, ist der Sog so gewaltig, daß ich abbiege und Wein kaufe. Mit der "Begründung", daß ich ja eh keine wichtigen Termine habe und sowieso niemand da ist, den es stört - was natürlich eine blöde Ausrede ist, aber in diesen Momenten für mich absolut überzeugend. Früher, d.h. in der Zeit vor C. war ich berufstätig und jeden Nachmittag als mobile Masseurin unterwegs. Ich mochte das sehr und hatte dadurch auch viele Kontakte zu meinen Kunden. Seit C. bin ich arbeitslos, deswegen das "Argument" von wegen "eh keine Termine". . . .

    Um auf deine Frage zu antworten, ich denke, es ist beides: einerseits das was du "Saufdruck" nennst (ich empfinde es weniger als Druck, sondern eher als Sog oder "Attraktion", eher wie Magnetismus; den Begriff "Saufdruck" lese ich hier zum ersten Mal), andererseits habe ich keine wirklichen Probleme mit dem Alkoholkonsum - das hab ich mir zumindest bislang eingeredet. Gesundheitlich geht es mir gut, außer Arthrose und Übergewicht. Und da ich sowieso alleine bin, stört es ja auch keinen, es weiß ja auch niemand, weil es niemanden gibt, den das interessiert. Ich habe keine Familie außer einem Bruder, mit dem ich ab und zu telephoniere, aber ein wirklicher Kontakt besteht nicht. In meiner Herkunftsfamilie hat niemand getrunken. Eigentlich dachte ich bis jetzt, ich könnte den Weinkonsum auf ein vernünftiges Maß (1-2 Gläser am Abend) reduzieren, aber es artet immer aus. Mittlerweile bin ich bei 2 Flaschen pro Tag. Das ist zu viel. Aber du hast Recht, "im Kopf" kann ich mit ein Leben ohne Alkohol schon gar nicht mehr vorstellen. Aber da sich jetzt mein Leben sowieso radikal ändern wird, denke ich, ich sollte die Chance ergreifen und einen wirklichen "Neustart" machen - ohne Alkohol.

    Ob ich Entzugserscheinungen haben werde weiß ich nicht, da ich es noch nie geschafft habe längere Zeit ohne Wein auszukommen. Danke für den Link, ich habe den Artikel gelesen.

    Ich frage mich, wie ich es jemals schaffen soll, diesem "Sog" zu widerstehen. In diesem Zustand bin ich wie weggetreten und ferngesteuert. Wie schafft man das? Wie hast du das geschafft? Ich hoffe auf regen Gedanken- und Erfahrungsaustausch in diesem Forum.

    Liebe Grüße,

    May

    Hallo!

    Ich bin zu Hause und mein Körper ist dabei, den letzten Restalkohol von gestern zu verarbeiten. Normalerweise wäre ich um diese Zeit auf Hunderunde. In letzter Zeit passiert es immer öfter, daß ich so viel trinkt, daß ich mich am nächsten Tag nicht mit dem Auto fahren traue, weil ich befürchte, noch Restalkohol im Blut zu haben. Ich habe mir schon oft vorgenommen, gar keinen Alkohol mehr zu trinken, es aber bisher nicht geschafft. Ich habe auch sehr stark zugenommen in den letzten Jahren und möchte auch meine Eßgewohnheiten umstellen. Das gelingt aber nur, wenn ich keinen Alkohol trinke, denn irgendwie ist das bei mir aneinander gekoppelt: Wenn ich esse, bekomme ich Lust auf Wein, wenn ich Wein trinke bekomme ich Freßanfälle, . . . Ich bin 55J. w., allein. Wenn ich fresse oder saufe, bekommt niemand was mit. Wenn es mir nicht gut geht, verlasse ich nicht das Haus. Mit den wenigen Leuten, die ich kenne, telephoniere ich, und da merkt keiner, wenn ich getrunken habe. Persönlichen Kontakt habe ich nur, wenn ich im Supermarkt einkaufen gehe, aber in letzter Zeit bestelle ich online und lasse mir die Waren zustellen.

    Ich muß jetzt übersiedeln, weil mein Vater letztes Jahr verstorben ist und das Haus (Zweifamilienhaus, wir haben beide hier gelebt) verkauft ist. Bis Ende November muß ich draußen sein. Ein neues (sehr altes) Haus habe ich schon gefunden, aber es ist 2,5 Stunden mit dem Auto dorthin. Da muß ich nüchtern sein, sonst komme ich da nicht hin. Es wird ein neuer Lebensabschnitt und ein guter Anlaß, um meinen Lebensstil zu ändern und wieder so zu gestalten, daß ich mich selber wiedererkenne. . . so bin ich jetzt in diesem Forum gelandet und habe einige Beiträge gelesen. Zumindest fühle ich mich jetzt nicht mehr ganz so allein.