Krankenhausvorstellungen

  • Heute möchte ich mal ein Thema in eigener Sache anschneiden: Krankenhausvorstellungen

    Ich habe ja schon ein paar Mal erwähnt, dass ich regelmäßig in Krankenhäuser gehe - eigentlich, um meine Selbsthilfegruppe, meinen Verein vorzustellen.
    Und das tue ich hauptsächlich in dem Krankenhaus, wo ich selbst 3 Mal zur Entgiftung war. Nun habe ich in dieser Zeit ja auch diverse Vorstellungen "mitgemacht" - von Top bis Flop.
    Unabhängig davon, dass ich "zwar" den Verein/die Gruppe vorstelle, aber hauptsächlich Selbsthilfegruppen im Allgemeinen vorstelle (Was ist das überhaupt? Was passiert da? Was wird da mit einem gemacht? etc.) und auch gute Resonanzen erhalte, möchte ich doch hier mal die Frage in den Raum werfen:
    Was erwartet Ihr eigentlich von so einer Vorstellung einer Selbsthilfegruppe? Bzw. würdet Ihr erwarten, wenn ihr bei einer Entgiftung sein würdet/müsstet?

    Ich erhoffe mir für mich ein paar Anregungen. Und vielleicht "outet" sich ja noch jemand ;)

    Und um Euch vielleicht ein paar "Gedanken-Brocken", etwas zum Einhaken zu geben, möchte ich hier auch mal etwas einfügen, was ich eigentlich für unser Vereins-Magazin geschrieben habe:

    So, nun bin ich auf Eure Vorschläge/Meinungen gespannt

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

    Einmal editiert, zuletzt von Greenfox (27. Juni 2015 um 19:57)

  • Meine Meinung nur punktuell zu dem Vergleich mit dem 50-Euroschein :

    Der Geldschein hat in der Tat immer seinen Nennwert, egal ob sauber oder dreckig.
    Da gibt es keine Grautöne, keine Zwischenstufen.

    Was aber ist ein Alkoholiker "wert", wenn er vielleicht schon die ganze Familie in Schutt und Asche gelegt hat, wenn er andere Menschen mit Lug und Trug zerstört hat, wenn er vielleicht unter Alkoholeinfluss einen Menschen tot gefahren hat..etc.?
    Nämlich genau gar nichts, wenn er dagegen nichts unternimmt.

    Ich finde, so ein Vergleich hinkt, oder ich habe ihn falsch interpretiert.

    Gruss
    Freeway

  • Moin, moin -

    auch ich gehe regelmäßig auf die Suchtstation meines ehemaligen Entgiftungskrankenhauses, um meine "Selbsthilfegruppe" vorzustellen.
    Im klassischen Sinn sind wir keine SHG - vielmehr ein Zusammenschluß von Menschen mit unterschiedlichen Suchterkrankungen - größtenteils stoffgebundener Art - aber auch Menschen mit Spielsuchtproblemen oder Menschen aus dem "Depri-Lager", die Alkohol und Medikamente zur "Linderung" ihrer Haupterkrankung missbräuchlich eingesetzt haben. Uns eint der Gedanke, unsere Freizeit gemeinsam "komafrei" zu gestalten . mit dem Schwerpunkt, gemeinsamer Stadionbesuche unserer Lieblings-Fussballvereins. Darüber hinaus betreiben wir Info-Arbeit im Fussball-Fanbereich in Form von regelmäßigen Stammtischen, die mensch bei Bedarf anonym besuchen kann und wir sind mit eigenen Auftritten in "sozialen Netzwerken" vertreten,

    Meine Stationsbesuche mache ich ähnlich wie greenfox im wesentlichen für mich. Eine Stunde bei den aktuellen Akut-Patientinnen ist für mich Konfrontationstherapie. Ich fühle mich immer bestens gespiegelt, brauche nicht lange in der Vergangenheit herum zu graben, um an die Gefühle heran zu kommen, die mich vor siebeneinhalb Jahren bewegt haben, als ich endlich in die Entgiftung gegangen bin. Nach einer Stunde SHG-Vorstellung bin ich jedes Mal wieder komplett geerdet, und jedes mögliche Überheblichkeitsgefühl ob meiner längeren Abstinenzphase ist wie weggebügelt!!

    Darüber hinaus freue ich mich, dem Krankenhaus etwas von dem zurückgeben zu können, was ich dort an Fürsorge und Aufmerksamkeit erfahren durfte, als es mir hundeelend ging. Ein Baustein für meine bisherige Abstinenz war sicherlich, dass ich dort so angenommen wurde, wie ich damals war und mir eine nie vermutete Unvoreingenommenheit und bedingungslose Hilfsbereitschaft zu Teil geworden ist.

    Im Übrigen erhalten wir von den PatientInnen durchweg positive Feedbacks. Für die AkutpatientInnen sind die SHG-Vorstellungen im Rahmen des qualifizierten Entzugs naturgemäß Pflichveranstaltungen, und wir heben uns halt durch unsere undogmatische Art etwas von den "staubtrockenen" Monologen der AAs, GTs, Blaukreuzler etc. ab.

    Jedenfalls macht es mir Freude, Menschen vermitteln zu können, dass sich der oftmals ja auch mühsame Weg einer längerfristigen Abstinenz lohnt. Natürlich begegnet mit auch immer `mal wieder der eine oder andere Drehtürpatient - aber auch das ist für mich eher Mahnung, wie ernst ICH meine Erkrankung auch in Zukunft betrachten sollte ...

    Beste Grüße
    keppler

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