Auf dem Weg nach unten

  • Hallo,
    in den vergangenen Monaten habe ich sehr viel Zeit in den verschiedenen Foren verbracht, in der Hoffnung nach Antworten.
    Zu meiner Geschichte
    Ich bin weiblich und 49 Jahre alt. Ich lebte gemeinsam mit meinen Partner und meinen zwei erwachsenen Töchtern in einem Haus. Mit meinem Partner verbinden mich 16 gemeinsame Jahre. Wir waren beide beruflich immer sehr eingespannt und mein Partner war beruflich meist im Ausland tätig. Es ging uns finanziell immer sehr gut und die Beziehung zu meinen Töchtern war in Ordnung.

    Die Entwicklung
    2011 verlor mein Partner seine Position in einem Unternehmen in mittleren Osten. Er machte sich dannach selbstständig und arbeitete dannach als Freelancer für eine Management Training Unternehmen. Mittlerweile arbeitet er gar nicht mehr.
    Mein Partner ist Engländer und sein Deutsch ist nach 18 Jahren kaum vorhanden. Alkohol war immer ein Teil seines Lebens, der Entspannungsdrink nach der Arbeit, der Wein zum Essen und das Bier, für zwischen durch.
    In den vergangenen vier Jahren hat er insgesamt 8 Wochen gearbeitet. Die andere Zeit hat er damit verbracht vor seinem PC zu sitzen. Dennoch hat er noch ein Minimum an Aufgaben im Haus übernommen. Wenn ich alles im Nachhinein betracht, so war er immer schon ein Spiegeltrinker. Mittlerweile hat es sich so verschlimmert, dass ein Zusammenleben nicht mehr möglich ist.
    Es würde ein sehr langer Blog werden, wenn ich die ganze Entwicklung beschreiben würde und eigentlich ähnelt sie denen, die ich gelesen habe.

    Die Eskalation
    Kurz vor Weihnachten hatten wir ein klärendes Gespräch in dem wir über unser künftiges Zusammenleben gesprochen habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich erwarte, dass er eine Entgiftung sowie eine Langzeittherapie macht, da ich ansonsten keine Chance für unsere Beziehung sehe.
    Dadurch dass er im Rausch meine Kinder sehr oft beleidigt hat, auf der anderen Seite ein sehr hohe Erwartungshaltung an ihr Verhalten stellt (er nannte sie „fucking cunts“ und wundert sich, dass sie nicht mehr mit ihm sprechen) hat sich auch die Situation sehr zu gespitzt.
    Meine Kinder wollen schon das Haus verlassen, als weiterhin mit ihm zusammen leben. In der jüngsten Vergangenheit habe ich sie gebeten, auf Fragen unverbindlich zu antworten und ihm ansonsten aus dem Weg zu gehen.
    Wenn er den nötigen Pegel hat ertrinkt er in Selbstmitleid, keiner spricht wirklich mit ihm alle behandeln ihn als sei er nicht da.
    Ist auch sehr schwierig, da es nur die folgenden Situationen gibt:
    1) Er surft im Internet
    2) Er schläft
    3) Er schaut sich Filme an
    4) Er schläft
    5) Er möchte sich unterhalten (ist aber immer nur kritisieren, dass die Kinder und ich alles falsch machen)
    6) Er schläft

    Da er einen sehr geschwollen Bauch hatte, habe ich ihn zum Arzt gebracht. Seine Leber ist mittlerweile 2,5 so groß wie normal und auch schon verhärtet. Bauchwassersucht hat er noch nicht, doch wird nicht mehr lange dauern. Leberwerte sind bei 900.
    Er ist insgesamt verwahrlost und mittlerweile bei 1,5 Flaschen Jim Beam angekommen. Sein Kurzzeitgedächtnis funktioniert nur noch bedingt, eigenes Verhalten kann er nicht reflektieren und wenn er etwas sagt, ist entweder eine Widerholung oder ist derart an den Haaren herbeigezogen.

    Eigentlich war vorher schon einsichtig und wollte eine Therapie machen. Also bin ich los gelaufen, da er ja kein Deutsch versteht und habe alles in die Wege geleitet.

    Und wir hatte einen Termin für einen Therapieplatz am Freitag.

    Am Freitag hat er mir eröffnet, dass es ihm heute nicht passt und er denkt, wenn er nicht mehr mit meinen Kindern unter einem Dach lebt trinkt er auch nicht mehr. (Ursache – Wirkung).

    Doch mir ist am Freitag dann der Kragen geplatzt und ich habe ihn innerhalb von 2 Stunden vor die Tür gesetzt (gejagt, trifft es eher). Er hat angefangen aggressiv zu werden, obwohl er sich vor Entzug schon schwer auf den Beinen halten konnte, wollte meine Tochter schlagen.

    Er lebt jetzt in einem Hotel.

    Ich bin überrascht, das ich zu einem solchen drastischen Verhalten fähig bin, aber irgendwie ist etwas in mir an diesem Tage explodiert. Es ist nicht nur die Entäuschung, dass er nicht gegangen ist. Es ist vielmehr, dass ich erst jetzt richtig sehe, was der Alkohol aus ihm gemacht hat.

    Er ruft mich nun ständig an und hinterläßt Beschimpfungen, doch ich habe ihm nur einmal geantwortet. Er wollte ein Gespräch, wie wir jetzt die Trennung organisieren sollen, dem habe ich zu gestimmt.

    Doch eigentlich weiß ich genau, wie dass ablaufen wird. Er wird angetrunken sein, meine Kinder und mich für alles verantworlich machen.
    Wie kann ich mich darauf vorbereiten?
    Mein Gefühlage ist derzeit sehr angespannt  und ich bin nur noch wütend.

    Vielen Dank für eure Hilfe

    Lilifee

  • Hallo Lilifee -

    im Grunde benötigst Du keine weiteren Ratschläge mehr - Du hast bisher aus meiner Sicht alles richtig gemacht ...
    Bei Deinem Partner haben anscheinend die drei Fs gegriffen:
    Führerschein (?)
    Firma
    Frau
    ... alles verloren - und natürlich, wie in den meisten Fällen, ohne eigenes Zutun, sondern nur durch die Schuld aller anderen ... !
    Dein Partner ist im Prinzip am Ende und kann jetzt eine Entscheidung treffen - weitermachen wie bisher, sich in Selbstmitleid suhlen oder handeln - seinen bisherigen Weg beenden, umkehren und einen neuen einschlagen.
    Diesen Weg kann aber nur er gehen - aus eigenen Antrieb - aus der Erkenntnis heraus, dass Weitersaufen letztendlich zum totalen Absturz führt - finanziell, psychisch und gesundheitlich.
    Den Fehler, den Du begehen könntest, wäre sich weichklopfen zu lassen - und glaube mir, Alkoholiker haben da ein großes taktisches Geschick, andere Menschen über die Mitleidsschiene doch noch einmal von einem konsequenten und entschlossenen Weg abzubringen.
    Dass Du vor einem Treffen mit Deinem (Ex)Partner angespannt bist, ist mehr als verständlich - aber Du hast doch letztendlich nichts zu verlieren - höchstens er - nämlich die letzte Person, die vielleicht noch bereit ist, ihm substanziell zu helfen - wobei ich nur Hilfe zur Selbsthilfe meine. Wenn er versucht, Dich erneut für sein selbstverschuldetes "Unglück" verantwortlich zu machen, mache ihm klar, dass weder Du noch Deine Kinder bereit sind, sein zur Zeit an den Tag gelegtes Verhalten weiterhin zu tolerieren. Gehe einfach davon aus, dass Abhängige in dieser Phase ihrer Erkrankung kaum anders reagieren können - bei ihnen nur noch konsequente Abgrenzung "fruchtet" - ich weiß wovon ich rede - ich war damals kaum anders ...
    In diesem Sinne viel Kraft und
    beste Grüße

    keppler

  • Herzlich Willkommen hier im Forum, Lilifee!

    Ich kann mich Keppler nur anschließen.

    Vielleicht noch ein kleiner Gedanke zu dem geplanten Treffen - vielleicht kannst Du ja eine Person Deines Vertrauens mitnehmen? Und bereite Dich (seelisch und gedanklich) darauf vor, dass Du jederzeit aufstehen und gehen kannst, wenn das Gespräch ausartet ...
    Schütze Dich selbst!

    Ich drück die Daumen 44.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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    können wir nur selber tun!

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