Mutter eines alkoholkranken Sohnes

  • das war sehr schön zu lesen, vor allem, wie ihr beginnt euch zu mögen

  • Liebe Florentine64

    Ich freue mich für dich und für die gesamte Situation. Ich kann mich daran erinnern, als ich deinen ersten Beitrag gelesen habe. Die ganze Problematik, die du da geschildert hast, war schon hart. Und jetzt lese ich gerade, was für Fortschritte dein Sohn gemacht hat.
    Herzliche Glückwunsch und gut, dass du jetzt endlich ein bisschen Zeit für dich hast. Es ist schon Juli, wahrscheinlich bist du schon am Ostsee. :P

    Schöne Grüße, Alex

  • Hallo und guten Morgen, Alex,

    ja, ich bin seit Montag an der Ostsee, auf der wunderschönen Halbinsel Darß- Fischland und es ist unglaublich, seitdem scheint die Sonne ohne Pause, kein Wölkchen zeigt sich am Himmel.
    Ich genieße es, auch mit den beruhigenden Gedanken an meinen Sohn, der sich mittlerweile in der Langzeittherapie befindet- 15 Wochen - wow, eine lange Zeit bis zum 01.10.2014, aber er will es durchziehen und ist total zufrieden mit allem.
    Auch das SOS- Wohnen zwischen Entgiftung und Langzeittherapie hat prima geklappt, er war eine Woche so ziemlich auf sich allein gestellt, hat sich selbst verpflegt, war also auch allein einkaufen, es war nach der Entwöhnung/Entgiftung schon eine kleine Bewährungsprobe, die er gut gemeistert hat.
    Wir stehen in telefonischem Kontakt und an den Sonntagen, wenn ich zu Hause bin, besuche ich ihn. Meist nehme ich noch Freunde mit, die ihn und die er sehen möchte.
    Im Moment ist alles gut und er lernt sehr viel über seine Krankheit und ist sehr wissbegierig in jeder Situation.
    Er nimmt alles sehr ernst und redet ganz offen über sich und seine Erkenntnisse.

    Ich stelle immer wieder fest, es war die richtige Entscheidung und ich bin so dankbar, dass alles so schnell und reibungslos geklappt hat. Man muss es nur mutig angehen, sich nicht aufhalten lassen und um seine Rechte kämpfen...

    Liebe Grüße an dich und ein schönes Wochenende... Florentine

  • Ein Hallo an Alle, mit denen ich hier vorher schon Kontakt hatte,

    Ja, auch ich befinde mich wieder in einer schwierigen Situation. Mein Sohn hat die Langzeittherapie hinter sich und ist seit dem 1.10.14 wieder zu Hause. Er lebt ja allein...er hat die Therapie sehr gut gemeistert, war immer gut drauf und hat alles mitgemacht. Hoch motiviert ist er nach Hause gekommen und hat auch seine ersten Termine mit Erfolg gemeistert: Jobcenter mit Vermittlungsangebot, Hausarzt, Einzelgespräch mit seiner Therapeutin, die die Nachsorge begleitet, Termin bei der beruflichen Reha...

    Das erste Wochenende wollte er auf seinen eigenen Wunsch mit mir verbringen, er lud mich einen Abend zu sich ein, einen Abend war er bei mir, an einem Tag haben wir eine Radtour gemacht.

    Nun kam das zweite Wochenende, er wollte es lockerer angehen, wir waren nur für den Sonntagabend zum Essen bei mir verabredet...das war schon früher immer ein Ritual...er sagte 1 Stunde vorher ab, wäre müde vom Radfahren, möchte lieber zu Hause bleiben, ich solle aber keine Vorurteile haben...weil es ja in seiner akuten Zeit auch oft so war, dass er kurzfristig abgesagt hat.

    Ich rief ihn an, teilte ihm meine Sorgen mit, was bestimmt ein Fehler war, denn er meinte, dass ihn das Gespräch irgendwie belaste, er würde ein schlechtes Gewissen bekommen, habe schon wieder feuchte Hände und überlege, wen er anrufen kann, dem er sagen könne, wie es ihm gerade geht. Das hat er dann auch getan, hat es mir geschrieben, dass es ihm nun wieder besser geht.
    Er leidet bestimmt auch darunter, dass sich keiner seiner Freunde und Freundinnen verbindlich bei ihm meldet, weil ich annehme, sie wissen nicht so recht, wie sie mit ihm umgehen sollen.

    Natürlich will er auch nicht ständig bei seiner Mutter "rumhängen", ich will es ja auch nicht, er ist 43.
    Aber die Ängste sind da, dass alles wieder kommt und es ging ihm vor der Therapie ganz schlecht, ich hatte berichtet.

    Der Vorstellungstermin für eine mögliche Beschäftigung hat nichts gebracht, er wurde nicht genommen. Er teilt mir ab und zu etwas schriftlich mit über einen Messenger, telefoniert aber nicht mit mir und kommt auch nicht persönlich zu mir. Ein Bekannter sagte, dass das erst einmal normal ist, weil er sich nach fast 4 Monaten wieder selbst in seiner alten Umwelt finden muss. Meine Bedenken gehen dahin, dass er sich wieder isoliert, mir nur schreibt, dass er gerade etwas unternehmen will, um mich in dem Glauben zu lassen, es geht ihm gut.
    In seinem Krisenplan, den er von der Klinik mitbekommen hat, hat er mich eingetragen als diejenige, die ihm sagen darf, wenn sie Veränderungen feststellt. Wie aber soll ich das tun, wenn er sich von mir fernhält? Das ist für mich eigentlich schon eine bedenkliche Veränderung...Ich kann nur hoffen, dass alles gut geht...mir geht es im Moment nicht gut, was ich ihm aber nicht mitteile.

    Ich halte mich total zurück, was mir aber wieder erhebliche Magenschmerzen einbringt.

    Mache ich es richtig? Soll ich ihn zwingen, bei mir persönlich mal vorbeizukommen oder wenigstens mit mir zu telefonieren?

    LG Florentine

  • Guten Morgen liebe Florentine,

    ich verstehe dich nur zu gut. Es ist immer ganz furchtbar, wenn man so hilflos vor der Situation steht. Terminzwang halte ich persönlich jetzt nicht für gut. Aber: Das ist meine persönliche Meinung. Muss nicht richtig sein.

    Ich denke, du solltest dich an eine Organisation für Angehörige wenden. Irgendwie brauchst du Hilfe, auch für dein Seelenheil. Ich würde dir gerne eine Lösung aufzeichnen, leider kann ich es nicht. Ich wünsche dir aber alles Gute, viel Kraft und hoffentlich vor Ort Hilfe.

    Vielleicht hast du beim nächsten Mal etwas zu berichten, dass deine (eure) Situation etwas entschärft hat.

    Ganz liebe Grüße von Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hi Florentine

    Vielleicht kannst du dich ablenken?

    Es kann ja auch tatsächlich sein, dass dein Sohn sich zwar seltsam verhält aber trotzdem nicht trinkt.
    Er muss doch seine Tage nun auch erst mal ganz neu leben und erleben.
    Sicher spürt er deine Sorgen und auch dein Misstrauen. Das ist sicher auch nicht einfach für ihn, oder?

    liebe Grüße und ich drück die Daumen dass er es schafft - weil er es will.

  • Hallo, Florentine,

    vielleicht schreibst Du ihm ja doch mal, dass Du mit ihm mal ganz allgemein über die Situation sowie seine und DEINE Befindlichkeit reden möchtest. Du möchtest ihm ja nix unterstellen oder so, aber momentan geht es DIR nicht gut.

    Ist nur ein Vorschlag ...
    Ansonsten finde ich den Rat/Vorschlag von Betty sehr gut! Vielleicht habt ihr ja so etwas bei Euch in der Nähe (z.Bsp. AL-ANON). Auch Du kannst Hilfe gebrauchen (nicht nur wir Betroffenen ;))

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Zunächst erst einmal ein Danke an Betty, ennasu und Greenfox...ihr helft mir sehr mit euren Antworten...ich werde nach dem Wochenende etwas ausführlicher berichten...heute hatte ich schon ein ruhiges Telefonat mit ihm, das er zugelassen hat. Ich konnte spüren, dass es ihm gutgeht, auch wenn alle seine Termine nicht so gut laufen, wie er es gern hätte.
    Am Tage geht es mir auch ganz gut, die schlimmen Gedanken kommen abends und nachts...ich melde mich wieder und versuche, mich am Wochenende bei dem schönen Wetter etwas abzulenken.
    LG Florentine

  • Hallo Florentine,
    für deinen Sohn wäre das Medikament BACLOFEN sicher sehr hilfreich, das die Gedanken an Alkohol sehr effektiv vertreiben kann.
    Du kannst dich hier baclofen-forum.de darüber informieren und sicher auch Anschriften von Ärzten erhalten, die in deiner Nähe mit Baclofen behandeln.

    LG

    Praxx

  • Guten Morgen Praxx,

    vielen Dank für den Hinweis. Ich werde es ihm mitteilen, er weiß ja, dass ich in einem Angehörigenforum bin und mir ebenfalls Rat hole.
    Natürlich werde auch ich mir über dieses Medikament Informationen einholen, damit ich im Hintergrund weiß, welche Wirkung es haben kann.

    Liebe Grüße Florentine

  • Liebe Florentine,

    konntest du denn am Wochenende wenigstens einmal etwas entspannen? Das Wetter war schön. Der Herbst zeigt sich sehr warm und von seiner bunten Seite. ***
    Ich hoffe, du konntest ein paar Stunden für dich genießen und auf andere Gedanken kommen?

    Viele liebe Grüße von Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Liebe Betty,

    danke für deine Nachfrage. Ich habe mich bewusst bemüht abzuschalten, vor allem, weil mir bewusst ist, dass ich eh' nur genau das tun kann, um einigermaßen über die Runden zu kommen.
    Das schöne Wetter habe ich zu einem ausgiebigen Spaziergang an der Elbe mit einer Freundin genutzt, einem leckeren Latte Macchiato in einem Freiluft - Cafè... war schon toll...
    Meinem Sohn habe ich am Samstagfrüh eine Mail geschrieben, in der ich das Positive hervorgehoben habe und auch kurz meine Befindlichkeiten erwähnt habe...keine Vorwürfe, keine Vermutungen...
    Er antwortete kurz, dass ich das sehr gut geschrieben hätte...dann gab's noch etwas nettes Geplänkel im Chat und das war es dann...ich muss ihm vertrauen, dass er selbst Lösungen findet, selbst, wenn er nicht durchhält. Er hat genug Handlungsmuster in der wirklich tollen Klinik erlernt und wird sie hoffentlich anwenden.
    Schließlich weiß er auch, dass ich ab Januar immer mal für lange Zeit nicht im Lande sein werde und ich werde es tun, definitiv...es ist mein Leben und meine Zeit, die mir noch bleibt...ich kann nicht seinetwegen meine Ziele aufgeben, zumal ich ihm sowieso nicht helfen kann. Das weiß er und akzeptiert es auch, zumindest äußerlich.

    Es ist schön hier zu schreiben und zu lesen...es hilft doch ungemein und bestärkt meine eigenen Vorgehensweisen...danke. :)

    Liebe Grüße
    Florentine

  • Guten Morgen,

    nun ist es wieder passiert. Heute früh um 3.32 Uhr rief mich mein Sohn an, um mir zu sagen, dass er am Wochenende rückfällig geworden ist und heute zu seiner Nachsorge-Therapeutin geht- er hat dort sowieso heute einen Termin und ihr das alles sagt, hat schon seine Tasche gepackt und wartet, was sie vorschlägt.
    Er hat auch schon in seiner Klinik angerufen, war aber nur die Bereitschaftsschwester da, die ihm auch gesagt hat, er solle erst einmal zu dem Termin gehen.
    Wir haben lange telefoniert und er war hinterher erleichtert, dass er reden konnte. Was er immer wieder betonte, war, dass er so etwas wie damals nicht wieder erleben möchte und deshalb auch jetzt offen darüber geredet hat und die notwendigen Schritte gehen will.
    Die Gründe hat er so benannt:
    - die Einsamkeit in seiner Wohnung
    - die Ignoranz seiner "Freunde"
    - das mit dem Job hat nicht geklappt
    - er hätte es sich nicht so schwer vorgestellt, wieder im Alltag anzukommen und hat gemerkt, dass er sich dort in der Klinik viel wohler gefühlt hat

    Ja, das war es erst einmal, ich muss jetzt meine Gedanken ordnen...

    Florentine

  • Hallo Florentine -

    vielleicht ist es Dir ein Trost, dass die meisten Rückfälle unmittelbar nach der Entlassung aus stationären Entwöhnungseinrichtungen "passieren".
    Die echte Welt ist halt doch etwas härter, als das beschützte Umfeld in der Käseglockenwelt einer Klinik. Ähnliche Erfahrungen, die Dein Sohn geschildert hat, habe ich nach meiner Entlassung aus der Langzeittherapie vor sechseinhalb Jahren auch gemacht: Das ehemalige soziale Umfeld ist einem fremd geworden, Nackenschläge müssen nüchtern bewältigt werden, die eigene Wohnung vermittelt im Vergleich zur Klinik-WG schon das Gefühl relativer Einsamkeit und und und ...
    Der Rückfall ist natürlich nicht zwangsläufig und unabwendbar - aber erklärbar. Gut finde ich, dass Dein Sohn nicht in Schockstarre verharrt, sondern sich Hilfe sucht. Oftmals verhindern Scham, Schuldgefühle und die Erkenntnis des eigenen "Versagens" genau diese Handlungsweise, und die Schraube beginnt sich in bekannter Weise erneut zu drehen.
    Ich bin damals nicht rückfällig geworden - auch wenn ich mit zahlreichen Widrigkeiten unterschiedlichster Art zu kämpfen hatte - Dank entsprechender Unterstützung meines nichttrinkenden Freundes Kreises, meiner Familie und meiner Suchtberatungsstelle. Für mich war vor allen Dingen wichtig zu erkennen, auf welche Menschen ich im Zweifel zählen kann und vom wem ich mich schnellstmöglich trennen muß ...
    Für Dich ist es mE sehr wichtig, den nötigen emotionalen Abstand zu Deinem Sohn herzustellen - so schwer das vielleicht auch ist. Er trifft Entscheidungen, die Du eh nicht beeinflussen kannst und die auch nicht im geringsten in Deinem Verantwortungsbereich liegen.

    Dir weiterhin viel Kraft
    und beste Grüße

    keppler

  • Danke keppler,

    deine Worte treffen genau den Kern. Hinzu kommt, dass mein Sohn sich seiner Sache zu sicher war. Sein Therapeut hatte mir beim Angehörigenseminar schon gesagt, dass er zu wenig Hilfen und Gespräche eingefordert und angenommen hat und dass er den Eindruck hat, er unterschätzt das "Danach" der Klinik.
    Genauso ist es auch gekommen und ich habe es bereits geahnt, zumal er sich auch noch zusätzlich selbst isoliert, aber nach außen den Coolen dargestellt hat und jeder dachte, er schafft das...nur eben ich habe nicht daran geglaubt! Das habe ich mir natürlich nicht anmerken lassen, persönlichen Kontakt hatten wir eh' kaum.

    Aber ein großer Fortschritt ist es jedenfalls, dass er sofort handeln will und sich nicht zurückzieht und heimlich weitertrinkt. Das rechne ich ihm hoch an.
    Ich warte ab, was heute passiert, verhalte mich ruhig, frage nicht nach...er ist erwachsen und kennt die Wege, die er gehen kann.

    Emotionale Trennung ist schwierig, aber ich versuche es, zumindest sachlich zu bleiben und nicht zu zeigen, wie es in meinem Innersten aussieht. Das hat ihn auch heute Nacht beruhigt, weil er natürlich die meiste Angst davor hatte, dass es mir mit seiner Wahrheit richtig schlecht geht. Ich war auch übrigens nicht die erste Wahl seines Kontaktes, er hatte vorher schon lange mit einer guten Freundin telefoniert und hatte auch versucht, seinen Bruder, der außerhalb lebt, zu erreichen.

    Noch eins: Ich war gestern in unserem Discounter mal wieder einkaufen, auf jeden Meter stehen Kisten mit Alkohol jeglicher Art. Es gibt mehr Alkohol in diesem Laden als Lebensmittel. Man schaut jetzt schon genauer hin.
    Ich war jahrelang in Skandinavien segeln, hauptsächlich in Dänemark und Schweden...dort einfach ganz anders...

    Wenn man bedenkt, wieviel Alkoholabhängige es in Deutschland gibt, was die Therapien kosten, fragt man sich, geht das nicht ein bisschen anders?

    In banger Hoffnung auf eine gute Nachricht werde ich mich jetzt erst mal wieder meiner Arbeit widmen.

    LG
    Florentine

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