Enttäuschung und Wut und deswegen schlechtes Gewissen

  • Hallo,

    mein Mann beginnt Ende Oktober seine Kur. Er hat endlich eingesehen, dass es so nicht mehr weiter gehen kann und dass er es alleine nicht schaffen kann. Ich bin stolz auf ihn, dass er sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Das ist garantiert nicht leicht und der Weg wird es bestimmt auch nicht.

    Aber (!) obwohl ich auch die Zeit fürchte (ich werde wochenlang alleine sein mit unseren Kindern) so wünsche ich mir sie gleichzeitig herbei. Ich wünsche mir dass alles besser wird. Heute war wieder ein sehr schlechter Tag.

    Wir waren bei Freunden und da war es wieder ein Bier nach dem nächsten und er hat erzählt und erzählt. Er hat Sachen erzählt die er sonst nicht erzählen würde und die Situation war einfach unangenehm. Die Freunde wissen auch dass er ein Alkoholproblem hat aber es hindert ihn nicht daran trotzdem zu trinken und auch noch Witze darüber zu reißen. Mir ist das immer peinlich.

    Zuhause haben wir dann zu Abend gegessen. Und zack - es kam wie es kommen musste. Das älteste Kind wollte Pommes und er hat ein riesen Fass aufgemacht, weil der Satz seiner Meinung nach nicht ausreichend genug gewesen wäre. Total überzogen. Ich habe meinen Sohn denn in Schutz genommen und ihm die Pommes gereicht. Dann fing mein Mann wieder an über mich herzuziehen wie scheiße ich sei. Ich bin einfach nicht darauf eingegangen und habe es einfach ignoriert. Bringt in den Momenten eh nichts und kocht nur hoch.

    Es nervt und in diesen Momenten (glücklicherweise wirklich nur sehr selten und noch seltener vor den Kindern) wünsche ich ihn mir einfach weg und dieser Gedanke ist gemein. Ich versuche mir einzureden dass es nicht er ist, der da spricht und der so ekelig ist. Ich ekel mich vor ihm wenn er so ist. Jede Berührung in diesem Zustand bereitet mir Übelkeit. Und ich hasse mich wenn ich ihn dann hasse.

    Ich hoffe, dass die Therapie was bringen wird und er die Finger vom Bier lässt. Er trinkt "nur" Bier. Ich hoffe dass es in diesem Fall vllt leichter fallen wird.

    Ich habe noch keine Ahnung was uns erwartet wenn er zur Kur geht. Noch weniger was passieren wird wenn er wieder da ist. Was wird sich ändern? Und vorallem was soll ich den Kindern sagen wenn er bis zu 12 Wochen weg ist? Die sind 8 und 3 Jahre alt. Soll man da mit offenen Karten spielen? Lügen und sagen es sei der Rücken? Es herunterspielen dass es ihm nicht gut ginge? Wie verhält man sich da?

    Morgen wollen wir mit Freunden grillen. Ich fürchte mich davor. Er wird es wieder total übertreiben und einfach peinlich auffallen. Wenn er wenigstens einfach mit dem Kopf auf dem Tisch einschlafen würde aber er wird immer so aggressiv und empfindlich und hält sich wieder für den coolsten Typen in der ganzen Stadt.

    Ich habe das Gefühl, dass es sogar schlimmer geworden ist seit dem ihm bewusst geworden ist wie schlimm es geworden ist. Als ob die Tatsache dass er Alkoholiker ist für ihn eine neue Ausrede ist zu trinken. Er schämt sich dafür auch kein bisschen und seit dem klar ist, dass die Kur Ende Oktober startet, scheint er sich gar nicht mehr zu bemühen es selbst zu versuchen.

    Ich bin einfach nur entäuscht, genervt und angeekelt. Ich musste das irgendwo ablassen. Ein paar Freundinnen wissen Bescheid, aber bescheid zu wissen bedeutet nicht, dass die sich vorstellen können was in mir vorgeht. Die sehen momentan nur dass Thomas bald in Kur geht und alles gut ist.

    Vllt versteht mich ja hier jemand und kann mir helfen, wie ich besser mit ihm in diesen Situationen umgehen kann und vllt auch wie ich das den Kindern erklären soll. Seine Therapeutin meinte ich solle sagen dass es ihm nicht gut gehe aber gerade der ältere würde das hinterfragen und sich sorgen machen.


  • Es nervt und in diesen Momenten ... wünsche ich ihn mir einfach weg und dieser Gedanke ist gemein. ... Und ich hasse mich wenn ich ihn dann hasse.

    Ich hoffe, dass die Therapie was bringen wird und er die Finger vom Bier lässt. Er trinkt "nur" Bier. Ich hoffe dass es in diesem Fall vllt leichter fallen wird.

    Warum ist der Gedanke gemein und warum hasst Du Dich dafür, dass Du Dir für DICH nd Deine Kinder ein ruhiges und stressfreies Leben wünschst??

    Und zum Thema "er trinkt ja NUR Bier" - guckst Du HIER

    Im Übrigen muss ich aber auch noch etwas anderes loswerden:

    Genauso wie wir zu den Betroffenen sagen "Nur den Alkohol weglassen reicht nicht" möchte ICH Dir sagen:

    Ich wünsche mir dass alles besser wird. ... Die sehen momentan nur dass Thomas bald in Kur geht und alles gut ist.

    Das alleine KÖNNTE ein WunschTRAUM sein! Denn Fakt ist, dass man sich im Rahmen einer Langzeittherapie verändert, wenn man sich ernsthaft darauf einlässt. Unter Umständen werden die Menschen selbstbewusster als vorher, es gingen auch Beziehungen/Ehen auseinander, eben WEIL ein Partner den Ausstieg geschafft bzw. gestartet hat.

    Nichtsdestotrotz wünsche ich Dir viel Kraft!

    Gruß
    Greenfox

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