Heute ist der 4. trockene Tag :)

  • Hallo,
    ich hab mich hier heute angemeldet, weil ich entschlossen bin, mit dem Trinken aufzuhören.
    Bin 37 Jahre alt und trinke etwa seit 20 Jahren relativ im Durchschnitt eine Flasche Wein am Tag.
    Bislang haben sich Versuche, zu reduzieren oder aufzuhören, abgewechselt mit dem Irrglauben "es ist doch gar nicht so schlimm" ...
    Meine Eltern sind beide Alkoholiker, aber keiner von beiden gesteht es sich ein, meine Mutter wurde schon zig Mal zwangseingewiesen und entzogen, dennoch sieht sie nicht ein, dass sie ein Problem hat.
    Vor wenigen Wochen habe ich sie gesehen, nachdem sie 2 mal hintereinander im KKH war wegen Alkohol und sich sofort wieder mit Schnaps betrunken hat und in einem unsäglichen Zustand war. (verwahrlost, nicht mehr ansprechbar - normalerweise legt sie wahnsinnig viel Wert auf Äußerlichkeiten etc. ...)
    Danach sprach sie von einer "Viruserkrankung", will auch partout nicht wahrhaben, dass wir als Kinder durch ihren Alkoholismus schwer beeinträchtigt waren . Mein Vater spricht auch immer von ihr als schlimmen Alkoholikerin (sie sind geschieden) , dabei säuft er selbst wie ein Loch (sorry für die Ausdrucksweise), nur dass er nie ins KKH musste.
    Obwohl ich ihm von meinem Problem berichtet habe, will er mir z.B. bei Treffen einen Wein bestellen ...
    Durch das Erlebnis mit meiner Mutter ist mein Entschluss gereift - nachdem ich 2014 schon mehrmals versucht habe, den Konsum zu reduzieren und gescheitert bin, kann es für mich nur eine Lösung geben - GANZ aufhören.
    Frei nach dem Sprichwort" so jung kommen wir nicht mehr zusammen" - "so leicht wie heute wird es nie wieder" - je länger ich warte, desto schwerer wird es.
    Ja, und eigentlich läuft es sehr gut - ABER, ich merke, dass ich schon wieder denke - ach - so schlimm ist es bei mir gar nicht, das kriege ich schon hin, ich brauche gar nicht zu den AA gehen und auch nicht zur Suchtberatung, ich schaffe das auch so.
    Wenn ich das schreibe, komme ich mir selbst so vor, als würde ich mir das vormachen, damit ich mir ein Hintertürchen offen halten kann und unbemerkt in die vermeintliche "Freiheit" der Abhängigkeit zurück fliehen kann.

    Denke mal, genau wie den Umgang mit Alkohol habe ich dann vielleicht auch von meinen Eltern die Verharmlosung und das sich schön reden der Sucht gelernt.

    Ich weiß, dass für mich die beste Möglichkeit ist, zu den AA Treffen zu gehen, bislang habe ich gelinde gesagt zu viel Schiss davor .
    WOVOR genau weiß ich noch nicht ganz genau, vielleicht davor mir selbst die Wahrheit einzugestehen, wo ich stehe, vielleicht auch, vor ANDEREN die Wahrheit einzugestehen, bislang konnte ich es vor den meisten verheimlichen.

    Keine Ahnung, ich hoffe, ich hab jetzt nicht chaotisch geschrieben, tat auf jeden Fall mal gut, und jetzt lese ich mir mal ein paar Beiträge durch.

    Vielen Dank, bis dann,
    Iris

  • Hallo Iris,

    danke für Deine Geschichte und herzlich Willkommen!

    :welcome:

    Ich kann Deine Ängste sehr gut verstehen - so ähnlich erging es mir auch.

    Ich habe sogar jahrelang gehadert. Aber als ich erst einmal den Verdacht hatte, dass etwas mit meinem Trinkverhalten nicht stimmt, so ließ dieser Verdacht mich nicht mehr los und ich brauchte noch einige Jahre des Experimentierens und der Hintertürchen und Ausflüchte, bis ich mich dem gestellt habe, weil es kein Entrinnen mehr gab.

    Zu den AA zu gehen ist völlig unverbindlich und anonym - und man muss dort auch gar nichts sagen. Es wird dort total akzeptiert, wenn man bei den ersten Meetings nur zuhört. Das fand ich schon mal sehr erleichternd.... Niemand schaut Dich komisch an, Du bist sofort angenommen - und aufdringlich ist dort auch keiner. Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung. Und ich war bei verschiedenen Gruppen der AA.

    Wenn man sich in einer AA-Gruppe nicht wohl fühlt oder die Leute dort komisch findet, dann kann man sich einfach einen anderen Werktag raussuchen (die treffen sich ja praktisch täglich, immer woanders in der Stadt - und dann ist die Zusammensetzung auch anders). Manchmal gefällt einem dann eine andere Gruppe besser bzw. man fühlt sich wohler dort.

    Wem die spirituelle Struktur der AA nicht zusagt, der hat noch einige andere Selbsthilfegruppen zur Auswahl (z.B. Freundeskreis, Blaues Kreuz, Guttempler, Selbsthilfegruppen der Diakonien). Im Prinzip hat man nichts zu verlieren, außer der Angst vor dem ersten Schritt. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du bald den Mut findest. 44. Mir persönlich haben - gerade am Anfang - Selbsthilfegruppen immens geholfen. Zum einen, weil man sich nicht so alleine fühlt mit seinem Problem. Zum anderen, weil man sich in den Geschichten der anderen widerspiegelt. Das nimmt einem die manchmal verflixten Verzweiflungs- und Schamgefühle...

    Liebe Grüße
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Liebe(r) (?) Pinguin,
    danke für die Antwort :)
    Deine Schilderung der Treffen der AA hilft mir sehr! Den ganzen Tag fühle ich mich dahingehend nämlich als würde
    ich auf dem Sprungbrett eines 5 meter Turms stehen und trau mich nicht - aber dass das so abläuft gibt mir schon etwas mehr Mut!!
    Heute wäre eigentlich der optimale Tag, um das erste Mal hinzugehen!!!
    Also danke erstmal :)

  • Hallo Iris :),

    auch von mir ein freundliches "Grüß Dich!" hier im Forum,
    und Danke für Deine Offenheit in Deinem Vorstellungsbeitrag!

    Ich freu mich für Dich dass Du nun schon bei Tag 4 bist!
    Und ich wüsche Dir sehr dass daraus bald 4 Wochen, vier Monate, und mehr werden….

    Ich hab grad noch mal nachgesehen, bei mir beginnt nun die sechste Woche in der ich abstinent lebe und es geht mir immer besser dabei. Tagezählen habe ich für mich bereits aufgehört, die Zeit gewinnt eine ganz andere Qualität. Ich konnte es mir auch lange Zeit nicht vorstellen, aber mir tut der Austausch in einer Gruppe und auch hier im Forum gut. Man sieht dass man mit den Problemen nicht alleine da steht und stellt fest dass die verschiedensten Menschen aus den verschiedensten Lebensbereichen ebenfalls das Ziel haben sich auf Dauer vom Alkohol zu befreien. Das sind auch ´ganz normale´ Menschen und man löst sich von dem Bild das ein Alkoholsüchtiger schon beim Aufstehen die erste Dosis braucht und unter der Brücke lebt etc…. Man begegnet Menschen welche noch trinken, andere sind noch taufrisch auf ihrem neuen Weg, wiederum Andere schon jahrelang zufrieden abstinent. Man kann Fragen stellen und bekommt Anregungen und Motivation. Das Alles ohne jegliche Verpflichtungen oder Zwang (außer der der Verschwiegenheitspflicht nach Außen hin)
    Für mich persönlich (ich rede hier also von mir) habe ich neulich einen ganz wichtigen Punkt erkannt: Ich kann zum ersten Mal frei über alles reden und lerne es mich zu öffnen. Zuvor habe ich viele, viele Jahre lang eine Fassade vor mir her getragen. Selbst die mir nahestehendsten Menschen haben bis zum Schluss nicht über den wahren Umfang meiner Problematik gewusst.
    Meine erste Gruppe habe ich nur ein einziges Mal besucht. Jetzt in der Zweiten fühle ich mich wohl. Ich werde in der nächsten Zeit aber noch mal bissl weiterschauen um vielleicht eine Gruppe zu finden wo vielleicht der Ein oder Andere etwa gleichaltrige dabei ist. Allein hier in der sehr kleinen Kleinstadt gibt es mehrere Gruppen.

    Man muss ja am Anfang auch nicht gleich allen davon erzählen und es frei in der Welt herumposaunen. Bei mir wissen es außerhalb der Suchtberatung und Gruppe bisher nur meine Geschwister und die Eltern. Ich will es bestimmt nicht verheimlichen, will mir aber ganz gezielt selbst heraussuchen wann ich es zu welchem Zeitpunkt wem sage.

    Soweit erstmal,
    bis dahin wüsche ich Dir für Alles
    immer und viel gute Kraft,

    Ahoi,
    LIS

  • Hallo nochmal und danke nochmal - wollte noch kurz berichten, dass mir die Antworten Mut gemacht und mir den entscheidenden letzten Stupser gegeben haben, zum Treffen der AA heute zu gehen -
    ich war wirklich dort und es war sehr sehr gut!!!!!
    Ich wurde herzlich und freundlich aufgenommen und habe eine grosse Portion Mut mit nach Hause genommen!

    Alles Gute Euch auch!!!!!!!!!!!!!!!!1
    Iris

  • Hi Iris,

    ….das ist sehr schön :D!!! Vor allem das mit der großen Portion Mut... 44.

    Und weist Du was:
    Du kannst das Schaffen!!
    Daran glaube ich genau so wie ich daran glaube dass ich es schaffe!

    Ganz lieben Gruß an Dich,
    bis dahin,

    LIS
    (alias Land-in-Sicht)

  • Ach ja, Eins noch um noch mal Dein Eingangsposting aufzugreifen...


    ...dass ich schon wieder denke - ach - so schlimm ist es bei mir gar nicht, das kriege ich schon hin...

    ...das hab ich mir auch ganz oft gesagt....jahrelang...bis ichs irgendwann mal kapiert hab...

    Mach Dich drauf gefasst dass dieses kleine ´Teufelchen´ in der nächsten Zeit sich immer wieder mal melden wird weil das will Dich so schnell nicht aufgeben… Der Weg kann am Anfang mitunter ganz schön holprig sein. Aber wenn Du wirklich willst und Du ihn beharrlich weitergehst werden die Stolpersteine schon sehr bald weniger und Du wirst einigen schönen neuen Dingen begegnen…

    LIS

  • Liebe Iris,

    ich freue mich so für Dich! Du kannst mächtig stolz auf Dich sein, denn Du hast Dich was getraut! 44.

    Jetzt kann alles gut werden. Doch das braucht seine Zeit.... Du kannst Dich auch hier jederzeit immer gerne austauschen. Meistens ist jemand da, der Dir gute Gedanken schickt und/oder "zuhört".

    Muss schon wieder weiter.... :)

    LG
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hallo Iris,

    was Du im ´exzellente Vorzüge Thread´ geschrieben hast finde ich sehr gut ::).
    Ich denke es ist zum einen sehr wichtig zu erkennen was man nicht mehr will und weiterhin zu erkennen was man in Zukunft will. Aus diesen beiden Punkten, jeder muss für sich selbst entscheiden welcher ihm der wichtigere ist, kann sich eine sehr starke Motivation entwickeln. Ist diese Motivation stärker, größer als der Suchtdruck, so kann dieser Dir einfach nichts mehr anhaben. Nüchtern hast Du nun auch die Möglichkeit zu erkennen welche ´Mechanismen´ zu arbeiten anfangen wenn es zum Suchtdruck kommt. Die Schübe des Suchtdrucks können anfangs mitunter sehr stark sein, aber sie nehmen schnell ab und werden seltener!!

    Alles Gute Dir!
    Und liebe Grüße,
    Land-in-Sicht

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (23. April 2014 um 17:49)

  • Hallo Iris, ich lass dir auch mal einen kleinen Willkommensgruß hier .. guck:

    Herzlich Willkommen hier :)

    Dies erst mal in aller Kürze.

    Liebe Grüße,

    von der Hups

  • Hallo und auch von mir ein herzliches Willkommen hier im Forum, Iris,

    toll das Du den Schritt zur Selbsthilfegruppe getan hast. Ich selbst war am Mittwoch auch zum 1. Mal dort und kann Gleiches davon berichten.
    Ich schliesse mich den Anderen gerne an und wünsche Dir den nächsten trockenen Tag :)

    Sandmann

  • Vielen Dank an Euch! Bei mir ist jetzt Tag 7 in Folge und ich kann nur sagen, das nüchtern sein bekommt mir sehr gut :))!!!!
    Euch auch heute den nächsten guten und klaren Tag !!

  • Das freut mich für dich :)

    Dir auch einen schönen und nüchternen Tag :)

    LG
    Walker

  • Ach, lauter freundliche Worte :) !
    Tag 7 erfolgreich- immer noch nicht mal ein Anflug von "Rückfall" :) :) :) (aber Koffein - uuuuh, viel zu viel - aber, eins nach dem anderen!!!!!!!!)

  • Ach, Iris. Das mit dem Kaffee ist nichts Ungewöhnliches. Hier im Thread wird ja viel Tee getrunken. ;) Aber in den echten SHGs (ich war schon in diverse dabei), sind sehr viele Kaffee-Junkies.... :) Nicht gut für die Nerven, aber immer noch besser als Alkohol.

    Du machst das alles schon gut!
    LG
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hi Iris,

    ich freue mich auch sehr ::)...

    und schicke einfach mal liebe Grüße
    und viele gute Gedanken an Dich ab...

    Ahoi,
    Land-in-Sicht

  • Hallo Iris,

    ich bin ja auch noch nicht so lange hier - aber auch jetzt von Dir wieder ganz beeindruckt und motiviert.
    Weiterhin alles Gute !

    ...und was ich mir auch vornehmen will , ist , was jemand mal zu mir gesagt hat: "....das 1. Glas immer stehen lassen....."
    LG Britta

  • Ach, danke für Eure guten Wünsche und guten Morgen.
    Und Britta, das erste Glas stehen lassen ist doch ein gutes Ziel.
    Heute Tag 11 - kann das wirklich sein, oder habe ich mich verzählt ?
    Und mir geht es super, muss - toi toi toi , mit überhaupt nichts kämpfen.
    Gestern war ein harter Arbeitstag, typischerweise greife ich an dem besonders gern zur Flasche Wein - diese war auch den ganzen Tag als Bild in meinem Kopf, als ich dann aber beim einkaufen war, war überhaupt kein Problem, nichts zu kaufen, im Gegenteil,
    es war eine Erleichterung. Ich war froh, nicht trinken zu "müssen", sondern mich ausruhen zu "dürfen" - da ich oft versucht habe, mich
    mit Alkohol "wieder fit" zu kriegen, um noch mehr zu leisten - was eh nicht geklappt hat, weder hat es mich entspannt, noch
    wieder fit gemacht, wenn dann nur für kurz, dafür hat es mir denn nächsten Vormittag geraubt - also,
    einfach so weiter....
    Einen schönen Tag Euch allen.

  • Hi Iris!

    Witzig..... gestern Abend hatte ich mir eine Ablage mit einem kleinen Gruß an Dich
    gemacht und heute liest man wieder von Dir hier :)

    ...es war etwas ruhig um Dich geworden hier, wie geht es Dir denn so?

    LG,
    LIS

  • Hallo LIS, danke für die Nachfrage.
    Auf den Alkohol bezogen geht es mir sehr gut - heute ist glaube ich Tag 21.
    Ich vermisse nichts.
    Es ist eine sehr schwierige Phase mit meinem Sohn zur Zeit, das kostet mich sehr viel Energie, deshalb schreibe ich auch nicht so oft, aber lesen tu ich schon immer wieder.
    Wenn ich am Laden am Weinregal vorbeigehe, bin ich in dieser schwierigen Zeit einfach nur froh, dass ich "dieses Problem nicht auch noch habe". Also, früher wäre es meine erste "Lösung" gewesen, zur Flasche zu greifen, und gerade bin ich mehr als froh,
    einen klaren Kopf zu haben und nicht trinken "zu müssen".
    Hoffe, euch geht es auch gut.
    Liebe Grüsse,
    Iris

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