Ich bin Sonja. Und seine Schulfreundin hilft ihm beim Trinken :-(

  • Hallo zusammen,

    ich bin neu hier und habe mich ein wenig durch die Seiten gelesen. Und bin beeindruckt von den unterstützenden Kommentaren und Hilfen.

    Ich bin eine irgendwie-oder-doch-nicht-Ex-Freundin eines 34 jährigen Mannes, der bereits mit 15 Jahren mit dem Alkohol trinken begonnen hatte. (Verdacht auf einige Traumata in der Kind- und Jugendzeit.) Wir haben uns vor 2 Jahren kennengelernt, er damals arbeitslos, trinkt gerne, spielt gerne PC-Spiele, schüchtern, unsicher, antriebslos, depressive Züge, angeblich gerne faul und seeehr langsam in eigentlich allem. Ich mochte ihn, weil er ruhiger ist als ich, sehr sympathische Charakterzüge hat, einen feinen Humor, fürsorglich, ... . Und irgendwie pendelten wir uns stets auf derselben Wellenlänge ein, sobald wir uns sahen (was übrigens auch heute noch so ist). Die genannten negativen Eigenschaften fielen mir so nach und nach erst in den kommenden Monaten auf.

    Trennungen hatte er immer wieder ausgesprochen, aber heute mögen wir uns sehr viel tiefer als früher. Wir gehen respektvoll miteinander um. (wir haben sau viel gelernt, jeder für sich, angeregt durch den anderen)


    Hier nun mein Problem, für das ich Eure Anregungen erhoffe.

    Angemeldet habe ich mir hier bei Euch, weil es zu meinem trinkenden Freund eine Schulfreundin gibt, die seeeehr an ihm hängt und ihn beim Alkohol trinken auch sehr unterstützt. Sie ist der Meinung, dass sie sein Engel sein müsse, der stets zur Stelle sein muss, falls er - im schlimmsten Falle - an seinem Erbrochenem ersticken und sterben könnte. Ihre Panik, ihn zu verlieren ist so groß, dass sie mich nun als Spitzel beauftragt hat, mich in unserer Stadt um ihn zu kümmern, da sie ja nicht so oft hier sei. (sie wohnt 50 km entfernt im damaligen Heimatort des Freundes). Da ihre Bemühungen, ihn vom Alkohol wegzubekommen nicht funktionierten, hat sie sich für ein "begleitendes Trinken" entschieden (so nennt sie es) , soll heißen: sie trinkt nichts und ist immer dabei, wenn er was trinken gehen will. Sie lädt ihn auch zu sich nach hause ein, um ihm dort dann seine angeblich gewünschten 2 Flaschen Wein zu verabreichen. Nach ihren Worten habe sie jahrelang daran gearbeitet, hierbei das nur 20 minütige Zeit-Fenster zu erkennen, das kurz vor dem Delirium ist und in dem er sich dann endlich entspannt und von seinen Sorgen erzählt. Die zweite Phase des Erzählens ist dann am Folgetag, wenn er gegen 12.00 Uhr aufwacht und der Halbdämmer-Zustand seine sonst übliche Angst noch verhindert.

    Während unserer Freundschaft ist mir aufgefallen, dass er sehr wohl arbeiten kann, auch zügig sein kann, auch temperamentvoll, zeitweise stur. Seine Aussage "ich bin faul!" ist ein Schutzschild vor Erwartungen anderer. Eine erlernte Hilflosigkeit sehe ich ständig bei allen Situationen im Alltag, wobei er durch mich mittlerweile fitter und zuversichtlicher wird.

    Mein konkretes Problem:
    Ich habe den Eindruck, dass er (Typ "Ich-passe-mich-an-alles-an") irgendwie schon aus dieser Alkohol-Falle rauskommen will, aber es nicht schafft. Ich sah so einige Male, dass er sich mit dem Thema "Alkohol" wohl doch beschäftigt hatte. Andere kurze Bemerkungen geben mir ebenfalls diesen Eindruck.

    Aus der Co-Abhängigkeit habe ich mich zwischenzeitlich recht gut rausgearbeitet. Ich denke an mich und meine Bedürfnisse, wie z.B. klare Gespräche, verantwortungsvoller Umgang, Ehrlichkeit. Da ich diese von ihm zeitweise (wenn er unter Alkohol ist) nicht bekomme, fühle ich mich nicht mehr so zu ihm hingezogen. Meine Freizeit gestalte ich ohne ihn und fühle mich echt gut, gerade wenn ich jedes Mal merke wie nett der Umgang mit normalen Menschen ist.

    Was mich beschäftigt: Ich will ihm helfen. Warum? Weil ich mir denke: wäre ich in einer Scheiß-Situation, aus der ich nicht rauskomme, wäre ich echt froh, wenn mich da jemand "rausholt". Und damit meine ich "einen Weg zeigen" oder "beim Gehen begleiten". Ich bin am überlegen, wie ich ihn anspreche. Streit haben wir bisher keinen, da ich davon ausgehe, dass er in dieser Sucht gefangen ist. Vorwürfe machen bringt da nichts.

    1.) An die Alkoholiker hier:
    Wie möchtet ihr angesprochen werden? Was würdet ihr als hilfreich empfinden?
    2.) Die Schulfreundin erklärte mir ausführlich, dass bei ihm angeblich nichts zu machen sei. Er wolle ja nicht. Sie habe das seit 18 Jahren versucht. (Sie ist sehr bestimmend, autoritär, cholerisch, sehr ähnlich wie sein Vater). Daher habe sie beschlossen, ihm in allen Lebenslagen zu helfen, incl. der kompletten Einrichtung seiner neuen Wohnung, Essen kochen, Anweisungen, was er anziehen soll, .. sie hält ihn für einen 5-Jährigen, der nichts auf die Reihe bekommt und dem sie unbedingt im Alltag helfen müsse, incl. täglichem whatsApp-Kontakt und 1-2 mal/Woche sehen + trinken gehen. Sie achte nicht auf seinen Konsum und wenn er sturzbesoffen ist, dann trägt sie ihn einfach nachhause, so schilderte sie es mir. Sie wisse um ihre Co-Abhängigkeit, aber nicht warum das so sei. Alle meine Hinweise, dass er wohl doch aus seiner Situation rauswill, lehnt sie ab. Ebenfalls meine Schilderung, dass er sehr wohl gesundes Essen im Kühlschrank habe. Alle positiven Entwicklungsschritte von einem früher unselbstständigen Mann zum jetzt bewussteren lehnt sie ebenfalls ab.

    Wie kann ich einem Alkoholiker helfen, der von seiner Schulfreundin monatelang fast jedes WoEnde zum Alkohol-Trinken gebracht wird? (Ja ich weiß, dass das s e i n Problem ist wenn er mitmacht, aber ich weiß auch, dass sie raffinierte Züge hat, um ihm näher zu kommen).

    Ich danke Euch im Voraus für Eure Tipps und Hinweise.

  • Hallo Sonja – und willkommen im Forum!

    Auf mich macht es den Eindruck, dass Du primär ein Beziehungsproblem hast, sowohl im Umgang mit Deinem irgendwie-oder-doch-nicht-Ex-Freund, als auch mit der Schulkameradin dieses Freundes.
    Nicht alles, was auf einen oberflächlichen Blick hin „auch“ durch eine vorhandene Sucht anders läuft, wie es sich das Umfeld wünscht, hat primär mit der Sucht zu tun.

    Durch die offenbar doch gründlichere Befassung mit „Verdacht auf Trauma in der Kind und Jugendzeit“, der Co-Abhängigkeit, und sogar bis hin zum Wissen über „wann tritt ein Delirium ein“ und „begleitendem Trinken“, etc. pp. gehe ich davon aus, dass Du im Grunde genommen alles weißt, was Du wissen solltest, wenn Du mit dem Alkoholismus Deines Freundes klarkommen möchtest:

    …. Du kannst überhaupt nichts daran ändern, solange er nicht die notwendige Einsicht in seine Sucht hat, und selbst etwas daran ändern möchte.
    … Du kannst mit ihm ehrlich, offen und konsequent darüber reden, dass Du über sein Suchtproblem Bescheid weißt, und auch für ihn da sein willst, wenn er selbst aktiv etwas dagegen unternehmen will.
    … Du lehnst jeden Kontakt ab, wenn er trinkt, und lässt nicht zu, dass er in Deiner Gegenwart konsumiert.

    Nur, wer die Sucht nicht kennt, mit hoher Wahrscheinlich (entgegen Deinen Beteuerungen) große Gefahr läuft, sich in die Sucht mit zu verstricken, und damit co-abhängige Züge zeigt, glaubt, er (Du) könnte „ihn (Deinen Freund) da rausholen“.

  • Hallo Dietmar,
    Sieben Dank für Deine ausführliche Antwort. Meinen Vorstellungstext habe ich wohl etwas überfrachtet, sodass meine noch brennenden Grafen nicht so deutlich rüberkamen. Ich versuchte es mal in Stichworten:

    * unsere partnerschaftliche Beziehung hatte er vor einem Jahr beendet, in einer Spontan-Aktion mitten in der Planung eines gemeinsames Ausflugs am Folgetag. Seine Frage war "akzeotierst Du meinen Alkohol und meine PC-Spiele?" Ich wünschte mir ein Gespräch und antwortete mit "Nein." in der Erwartung, dass er mit "Warum?" nachfragt. Seiner Liebe zu mir war ich mir sicher. Unerwartet plötzlich beendete er die Beziehung, setzte sich aufs Wohnzimmer-Sofa, weinte, und schenkte mir Pfefferminz-Kerzen. Auf meine Frage "Was ist los?" antwortete er nicht. Ich konnte damals seinen Alkihil-Konsum und seine PC-Spiele-Sucht nicht erkennen. Erst in diesen vergangenen Wochen erkenne ich das Ausmaß, u.a. mitgeteilt von seiner Schulfreundin.

    Wir sind keine Partner, mögen uns aber sehr, lieben ab und an auch. ER verhält sich eher schwankend zw.. sehr nah und dann wieder fern.

    * Die Schulfreundin: kein Beziehungsproblem. Womit ich nicht umgehen kann, ist ihr bestimmendes Auftreten. Dass sie ihn seit der Schulzeit wohl immer noch liebt (wurde damals keine Beziehung wg. seines Alks), ist für mich o.k. Was ich nicht verstehe, ist ihre Haltung zu ihm und zu seinem Alkohol. Das soll hier jetzt keine Beschwerde sein! Im Gegenteil: ich erhoffte mir hier durch Euch eine Erklärung, ob ihr Verhalten vllt. doch richtig ist. Sie geht davon aus, dass der Freund seinen Alk nicht aufgeben wird. Sie hat noch den Blick der früheren Jahre, als tägliche Abstürze die Regel waren. Ich sehe ihn heute moderater trinken, leider jetzt gerade wieder abstürzend, weil seine Mutter vor 6 Wochen gestorben ist.

    Ich habe den Eindruck, dass ihre Co-Abhängigkeit meine Bemühungen untergräbt. Ich weiß ja auch nicht, wie ich "richtig" mit ihm.umgehen soll. Ich stelle ihn auf eine Stufe mit normalen Menschen u d sage ihm, wenn mir was Unangenehmes auffällt, z.B. wenn er mir nicht hilft, weil er seinen Rausch aus schlafen muss. Oder wenn er unklar redet. Kurz: ich nenne ihm was ich sehe und wie ich mich dabei fühle, z.B. traurig, vernachlässigt, ...)

    Die Schulfreundin lädt ihn zielgerichtet oft zu events ein, an denen es Alkohol gibt (Weinfeste, Bierbörsen, Brauereieröffnung, Weinoriben, ..) Sie erklärt mir, dass er seinen regelmäßigen Alk brauche und sie dafür sorge, dass er ihn bekommt. Sie macht das, damit sie dabei ist und beim Absturz helfen kann. Würde er alleine trinken gehen, könne ja noch Schlimmeres passieren. Sie rechne immer aus, wann der nächste Vollrausch ansteht und damit er sich nicht Krankenhausreif trinkt, lädt sie ihn zu sich nach Hause ein, legt dann nacheinander 4 Spielfilme ein und lässt ihn fleißig trinken, bis kurz vor dem Delirium. Er beschwerte sich mal bei mir, dass sie ihm bei den 3 Cocktail-Abenden ("Probeabende" für e. Cocktail-Party) er sich zum Trinken genötigt gefühlt hatte.

    Wenn er mit mir zusammen weggeht, trunken wir alkoholfreies Radler, Weinschorle, Wasser, ... Daher ist mir seine Abhängigkeit nie aufgefallen.

    Die Freundin macht mir zum Vorwurf, dass ich nicht mit ihm zusammen Alk trinken würde. Denn dadurch, dass er sich an seinen Trink-Paetner anpassen würde (bei mir also nur wenig trinkt), hätte er dann einen größeren Nachholbedarf. Ich würde dies verursachen, nämlich die Gefahr, dass er hierdurch dann wieder Titel abstürzen würde.

    Ich sehe den Freund nur ab und zu in der Woche und kann das nicht beurteilen. Sie aber weiß wohl immer sehr genau, an welchen Tagen er mit welchen Sauf-Freunden unterwegs ist. Er erzähle es ihr.

    Kann sein, dass dadurch, dass sie ihn nicht kritisiert, er ihr viel erzählt. Mir kaum. Vllt auch weil er mich nicht verlieren will.

    Ich hatte ihr letztens vorgeschlagen, dass sie sich. weniger als "Helikopter-Mutter" verhält, damit er selber sehen kann, was er kann und was nicht. Misserfolge durch den Alkohol verursacht, sind dann sichtbarer. Eigene Erfolgte durch selber-tun auch. Das hebt sein Sebstbewustsein. Und darauf baue ich. Je mehr Vertrauen er in eigene Handlungen entwickeln kann, desto eher wäre er (vllt.) bereit, das Thema Alkohol anzugehen.

    Sie hat ihm ewige Treue geschworen. Und wiederholt es monatlich. Wie schon geschrieben hält sie ihn für einen unfähigen 5-Jährigen Alkihilkranken, der nicht für sich selber sorgen kann. Ich habe den Eindruck, dass.sie ihn absichtlich in dieser Rolle hält. Mir wirft sie vor, unverantwortlich mit ihm umzugehen.

    Als ich ihn vor 3 Wochen fragte, ob er Alkoholiker sei, wusste ich noch nicht, dass man einen Alkoholiker dies nicht fragen darf. Sie warf mir vor, ich hätte eine Granate in sein Leben geworfen, denn WR sei bei ihr(!) aus gerastet vier Wut und würde jetzt erst recht jeden Tag trinken.

    Ups, ist jetzt doch länger geworden. Sorry. Vielleicht versteht jemand mein Dilemma. Ich weiß nämlich irgendwie gar nicht mehr, welcher Umgang denn nun richtig ist.

    Und zum Abschluss: ich will ihn *nicht* rausholen!!! Ich will ihn sensibilisieren. Mit "zufällig" rumliegenden Büchern geht es im Moment ganz gut. Das Buch "Unterforderung macht krank" liegt jetzt auf seinem Nachttisch.

    Kann mir jemand eine Orientierung geben, wie ich mich richtig verhalten sollte. Ist die Einstellung der Schulfreundin kontraproduktiv und wenn ja, was könnte ich dagegen machen?

    Nachdenkliche Grüße.
    Sonja

  • .... vielleicht verhält sie sich richtig. Dann muss ich das wohl akzeptieren. Würde mir schwer fallen. Aber ich habe ihm nicht(!) ewige Treue geschworen . Ich behalte mir vor, jederzeit gehen zu können.

  • Hallo Sonja,

    ich kann Dir keine Tipps geben, wie Du Deinen süchtigen Ex-Freund sensibilisieren könntest. Er ist wahrscheinlich alkoholkrank müsste sich um seine Genesung selbst kümmern, müsste zumindest etwas ändern wollen. Zu dieser ominösen Schulfreundin kann ich Dir auch nichts sagen, außer vielleicht das ich ihr Verhalten als alles andere als normal empfinde. Und das es sich für mich bei ihr (zumindest aufgrund Deiner Beschreibung) um einen sehr bedauernswerten Menschen handeln muss der einen Haufen Probleme an der Hacke zu haben scheint. Aber auch sie müsste sich da zunächst mal selbst drum kümmern.

    Nun zu Dir. Du schreibst hier in einem Selbsthilfeforum für Alkoholiker und Angehörige. Und gehörst zur Kategorie der Angehörigen. Du schreibst hier also, vermute ich mal, weil es Dir nicht gut geht und Du für DICH Hilfe suchst. Damit Du Dein Leben wieder nach Deinen Vorstellungen leben kannst. Ist das wirklich so?

    Aktuell dreht sich aber in Deinem Thread alles um Deinen Ex-Freund und dann teilweise noch um dessen Schulfreundin. Es scheint, als möchtest Deinen Ex-Freund helfen und im Grunde ist es ja völlig wurscht ob Du ihn rausholen, sensibilisieren oder trocken legen möchtest. Alles dreht sich nur um ihn, so scheint es mir zumindest.

    Damit wirst Du meiner Meinung nach aber nicht weiter kommen. Solange sich Dein Leben um das seine dreht wirst Du nicht zu einem selbständigen, eigenständigen Leben zurück finden. Sondern immer Dein Wohlbefinden mit dem Deines Ex-Freundes verknüpfen. Jetzt kannst Du natürlich sagen, dass das alles nicht stimmt, Du ja gar kein Problem hast und Du ja nur ein paar Tipps willst, wie zur Vernunft gebracht werden könnte.

    Dann kann ich nur sagen: Ich habe keine Tipps, von außen erreicht man in der Regel nicht viel. Da kann ich dann nur sagen: Er scheint trinken zu wollen (und spielen), dann lass ihn trinken und spielen. Er ist ein erwachsener Mensch der nichts illegales tut und einen freien Willen hat. Wenn er trinken will, soll er trinken. Wenn er aufhören will, kann er zahlreiche Hilfsangebote in Anspruch nehmen.

    Alles Gute wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

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