Einmal ich

  • Hallo zusammen,

    mein Name ist Manuel, ich bin 28Jahre jung, Vater von zwei Kindern, Ehemann einer wunderbaren Frau, Hausbesitzer und Leiter einer Einrichtung im Sozialbereich.

    Eigentlich könnte mein Leben kaum besser sein, doch habe ich ein gewaltiges Problem. Seit meinem 14Lebensjahr trinke ich mal mehr, mal weniger Alkohol. Ich habe es durchaus mal geschafft 2-3Monate nichts zu trinken, doch aktuell schaffe ich es gerade mal für 2-3Tage. Ich kaufe den Alkohol heimlich und trinke heimlich seitdem die Situation mit dem Alkohol vor etwa 5-6Jahren so sehr eskaliert ist, dass mir mein Umfeld die Abstinenz nahegelegt hat, doch daraus wurde bisher nichts. Es sind nahezu immer 2 Flaschen Weißwein die ich konsumiere. Es gibt keine Steigerung der Dosierung, nur trinke ich selten weniger. Ich wirke selbst wenn ich den Alkohol über wenige Stunden verteilt trinke noch recht normal. Meine Frau merkt fast nichts. In letzter Zeit ist es allerdings so oft vorgekommen, dass sie etwas ahnt und auch schon die eine oder andere Flasche gefunden hat. Sie hält zu mir und steht zu mir, doch belastet es unsere Beziehung sehr. Ich schäme mich sehr dafür. Ich mache mir in den Momenten in denen ich trinke keine Gedanken über die Konsequenzen, meistens erst am nächsten Tag wenn sich der Alkohol wieder verflüchtigt. Es ist ein Teufelskreis. Manchmal wirke ich wie ferngesteuert und kaufe Alkohol obwohl ich das im Grunde gar nicht möchte.

    Fakt ist, das ich aufhören und einen Schlussstrich ziehen möchte. Bis heute habe ich mich an niemanden gewendet und offenbart. Dies ist nun der erste Schritt in ein hoffentlich glücklicheres und erfüllteres Leben.

    Wie wird man den Teufel wieder los?

  • Hallo Manuel,

    willkommen im Forum!
    Toll, dass Du diesen ersten, mutigen Schritt getan hast! Das ist ein ganz hervorragender Anfang, der Dir zudem Mut machen wird, auch die nächsten notwendigen Schritte zu tun.

    Deine Geschichte berührt mich deswegen so, weil ich damals, mit 29 Jahren, in einer sehr ähnlichen Situation war. Kleine Familie, mit einem Kind, guter Job, gesicherte und solide Verhältnisse, und auch meine (Ex)Frau stand zu mir.
    Auch ich habe meine Sucht ab dem Moment verheimlicht, als mir mein Umfeld nahelegte, ich müsste etwas gegen meinen Alkoholkonsum unternehmen. Ich war Spiegeltrinker, brauchte also „meine Dosis“ um zu funktionieren, und da ich zu der Zeit schon viele Jahre immer auf demselben Niveau Alkohol tagtäglich konsumierte, konnten nur sehr wenige, und nur Menschen, die mir privat sehr nahe kamen, feststellen, dass ich ein massives Alkoholproblem hatte.

    Manchmal brache ich es zu der Zeit noch fertigt, mal für 2 oder 3 Monate keinen Alkohol zu konsumieren. Das war damals immer nach „getürkten Krankheiten“ und 2 – 3 mal nach Krankenhausaufenthalten, für die „Magengeschwüre“ oder akute Magenschleimhautentzündung vorgeschoben wurde. Bei meinem "anspruchsvollen Job" und bei der vielen Arbeit, war das sozusagen "legitim".
    Tatsächlich waren das jedes Mal Entgiftungen.

    Ich wusste schon recht lange, dass „irgendetwas mit meinem Alkoholkonsum“ nicht stimmte, also dass er „nicht normal“ war. Das wusste ich sogar selbst viel früher, wie er in den Fokus meines Umfeldes gerückt war. Damals war Internet und Co. noch nicht so weit wie heute, und die – vor allem heimliche – Informationsbeschaffung zur Sucht und Suchtbehandlung war schwierig. Trotzdem habe ich versucht, natürlich immer heimlich, so viel wie möglich an Information dazu zu beschaffen.
    Ich ging sogar ein – zwei Mal in eine AA-Gruppe. Andere Selbsthilfeorganisationen kannte ich nicht. Was hat mich das Überwindung gekostet! Ich schlich unter den Arkaden des Eingangs lange umher, und sicherte nach allen Seiten ab, dass mich niemand dort sah, der mich kannte, bis ich reinging.
    Ich sah die anderen Alkoholiker, hörte ihre Geschichten – und war richtig erleichtert, dass „ich zwar vielleicht ein Alkoholproblem hatte", aber noch lange nicht „Alkoholiker war, wie die Teilnehmer dort“.

    So ist dann, aus meiner heutigen Erfahrung mit der Sucht und mit der Suchtselbsthilfe, leider sehr viel kostbare Lebenszeit von mir verplempert worden.
    Ich habe es damals nicht verstanden, dass ich es mit einer Krankheit, der Sucht, zu tun hatte, die so viel stärker und mächtiger ist, als alles, was ich intellektuell kannte und erfassen konnte. Ich wollte es mir niemals zugeben, dass sie längst die komplette Kontrolle über mich übernommen hatte, dass alles, was ich an vermeintlichem Willen und Selbstbestimmung aufbringen konnte, von meiner Sucht im Nullkommanix niedergebügelt und eliminiert wurde. Wenn meine Promillepegel soweit gesunken war, dass mein Körper und meine Psyche nachtanken mussten, war ich selbst nur noch Mittel zum Zweck.

    Ich weiß, wie sehr Du Dich dafür schämst, und erst viel später konnte ich für mich erkennen: Es gibt überhaupt keine Grund dafür, sich für eine so mächtige Krankheit zu schämen, die ausnahmslos jeden ergreifen kann. Aber es gibt eine Menge Gründe sich – vor allem in der heutigen Zeit – sich dafür zu schämen, dass man nichts dagegen tut!
    Angesichts der vielen großartigen Hilfsangebote, angefangen von diesem Forum hier, über die Selbsthilfegruppen, die Suchtberatungen, bis hin zu den Möglichkeiten von ambulanter oder stationärer Therapie, ist es eine Schande, wenn man sie nicht ergreift.

    „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ – ist leider oft die Denkweise von Betroffenen, die an dem Punkt angekommen sind, wo sie genau realisieren, dass sie dringend etwas gegen ihre Such tun sollten, und es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ohne externe Hilfe nicht mehr schaffen.
    „Nur Du allein kannst es schaffen – aber Du schaffst es nicht alleine!“

    Wir sind heute bestrebt, uns so viel „Gutes“ zu tun, keine Mühe im Voraus ist uns zu schade, den nächsten Urlaub zu finanzieren, oder sonstige Errungenschaften unser eigen nennen zu dürfen.
    Das Beste aber, mit dem sich jemand überhaupt „etwas Gutes tun kann“, der so wie Du erkannt hat, dass er suchtkrank geworden ist, das ist jetzt gleich und sofort zu handeln.

    Ergreif all die Hilfsangebote, die „extra für Betroffene wie uns“ vorhanden sind und uns zu jeder Zeit zur Verfügung stehen!
    Mach so schnell wie möglich einen Termin bei der Suchtberatung aus. Überwinde Deine Scham, und schau, wo Du eine geeignete Selbsthilfegruppe in Deiner Umgebung findest.
    Lass Dich auf das wunderschöne Abenteuer „neues, wertvolles und hochwertiges Leben“ ohne Suchtmittel, ganz im Vollbesitz Deiner Selbstbestimmung und unbeeinflussten Geistes ein.

    Ich kann Dir eines versprechen: Es wird ein tolle Reise in ein völlig neues Leben!!

  • Hallo Manuel,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker, Vater von 3 Kindern und lebe jetzt schon länger ohne Alkohol. Schön, dass Du den Mut hattest hier zu schreiben. Das ist nicht selbstverständlich und die Art wie Du schreibst zeigt mir, dass Du gerne raus möchtest, raus aus diesem Teufelskreis, wie Du es ja selbst schreibst.

    Als ich in Deinem Alter war hatte ich ein Kind, eilte beruflich von Aufstieg zu Aufstieg, war glücklich verheiratet, gesund, finanziell solide bebettet, lebte in einer Eigentumswohnung und alles war bestens. Trotzdem hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits Alkoholproblem. Noch nicht so weit ausgeprägt wie das bei Dir der Fall zu sein scheint, jedoch dürfte ich in dieser Zeit (also im Alter von knapp 30 Jahren) mit dem heimlichen Trinken begonnen haben. Auf den Tag genau kann ich das nicht mehr sagen, das verschwimmt alles ein wenig in meiner Erinnerung aber es kommt gut hin.

    Vom Trinkniveau her war ich damals viel niedriger als das was Du von Dir beschreibst. Ich trank ein, maximal zwei Bier. Diese jedoch regelmäßig, also täglich. Anfangs "ganz normal" zum Feierabend, später dann heimlich, weil ich Diskussionen mit meiner Frau vermeiden wollte.

    Zu dieser Zeit hätte ich vielleicht noch "relativ einfach" die Reißleine ziehen können. Jedoch war ich mir der großen Gefahr in der ich schwebte nicht bewusst. Ich wusste zwar schon, dass das mit dem heimlichen konsumieren jetzt nicht so eine ganz tolle Idee ist, hatte jedoch z. B. in der Arbeit gute Möglichkeiten mit Kollegen ein Feierabendbier zu trinken bevor ich nach Hause ging. So kam mir dieses heimliche Trinken gar nicht so heimlich vor. Ich verheimlichte es sozusagen "nur" vor meiner Frau. Nach ein paar Jahren jedoch war ich längst darüber hinaus und trank selbstverständlich auch zuhause heimlich und da war es dann aber längst zu spät. Da wusste ich dann auch, dass es nicht normal war was ich tat aber, die Sucht hatte mich schon fest im Griff.

    Übrigens auch zu dieser Zeit noch auf relativ "niedrigem" Niveau. Das war dann die Zeit wo ich mit 4 - 5 Bier pro Tag gut hin kam. Hier konnte ich auch noch längere Pausen einlegen, längere Zeit mal komplett verzichten. Immer dann, wenn ich mal wieder das Gefühl hatte, ich müsste jetzt dringend was ändern.

    Deshalb will ich Dir sagen, dass Du nichts darauf geben kannst, dass Du seit längerer Zeit stabil bei 2 Flaschen Wein bist (was ja aber auch schon eine gewaltige Menge ist). Das kann und wird sich ändern, wenn Du nichts dagegen unternimmst. Ich war mehrere Jahre auf der 4 - 6 Bier-Schiene unterwegs. Das war, leicht ironisch gesagt, meine "beste Zeit" als nasser Alkoholiker. Da funktionierte noch alles prima, ich war hell in der Birne, hatte noch alle sozialen Kontakte und niemand merkte mir irgendwas an.

    Tja, am Ende meiner Karriere trank ich über das Doppelte täglich plus Wein und begann früh morgens vor der Arbeit. Ich war sowohl körperlich im Eimer als auch ein psychisches Wrack. Vom Ende meiner "besten Zeit" bis zum totalen Wrack dauerte es dann vielleicht 3, maximal 4 Jahre. Und hätte ich den Absprung nicht geschafft, würde ich heute hier sicher nicht schreiben.

    Ich möchte Dich ermutigen, dass Du jetzt, wo Du hier ja schon einen ersten Schritt getan hast, darn zu bleiben. Ich kann Dir kein Patentrezept liefern, wie Du da jetzt heraus kommst. Aus meiner Erfahrung mit mir selbst aber auch aus dem, was ich die ganzen Jahre durch andere Alkoholiker erlebt und erzählt bekommen habe, wirst Du Deinen eigenen Weg finden und gehen müssen.

    Ich möchte Dir ans Herz legen, dass Du Dir möglichst viel Hilfe holst. Oder zumindest möglichst viele Hilfsangebote ausprobierst. Also ich meine damit: Geh zu Arzt und öffne Dich, geh zur Suchtberatung und rede mit Menschen die was davon verstehen, überlege Dir, ob Du nicht auch mal eine reale Selbsthilfegruppe besuchen möchtest.

    Du wirst dann merken was gut für Dich ist und Du kannst mit dieser Hilfe auch einen Plan machen, wie es bei Dir weiter gehen könnte. Da gibt es ja unterschiedliche Optionen. Z.B. Langzeittherapie ja oder nein, ambulante Therapie ja oder nein, gar keine Therapie aber vielleicht Unterstützung durch einen Psychologen usw. Manche kommen auch nur mit Unterstützung einer SHG zurecht.

    Die wenigsten allerdings, das will ich auch sagen, schaffen es komplett ohne Hilfe. Auch ich hatte dann, als ich so weit war, sehr viel Hilfe. Die ich mir selbst gesucht hatte und bereitwillig an nahm.

    Ich will Dich jetzt nicht gleich am Anfang zutexten, nicht dass ich Dich damit noch abschrecke. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn wir Dich hier ein Stück weit begleiten dürften, auf Deinem Weg. Und dann kann ich, können wir Dir zu gegebener Zeit immer wieder ein wenig über unseren Weg berichten, unsere Erfahrugnen mit Dir Teilen.

    Also, erst mal alles Gute von mir und einen guten Austausch hier im Forum! Ich freue mich wieder von Dir zu lesen!

    LG
    gerchla


  • Hallo zusammen,

    mein Name ist Manuel, ich bin 28Jahre jung, Vater von zwei Kindern, Ehemann einer wunderbaren Frau, Hausbesitzer und Leiter einer Einrichtung im Sozialbereich.

    Eigentlich könnte mein Leben kaum besser sein, doch habe ich ein gewaltiges Problem. Seit meinem 14Lebensjahr trinke ich mal mehr, mal weniger Alkohol. Ich habe es durchaus mal geschafft 2-3Monate nichts zu trinken, doch aktuell schaffe ich es gerade mal für 2-3Tage. Ich kaufe den Alkohol heimlich und trinke heimlich seitdem die Situation mit dem Alkohol vor etwa 5-6Jahren so sehr eskaliert ist, dass mir mein Umfeld die Abstinenz nahegelegt hat, doch daraus wurde bisher nichts. Es sind nahezu immer 2 Flaschen Weißwein die ich konsumiere. Es gibt keine Steigerung der Dosierung, nur trinke ich selten weniger. Ich wirke selbst wenn ich den Alkohol über wenige Stunden verteilt trinke noch recht normal. Meine Frau merkt fast nichts. In letzter Zeit ist es allerdings so oft vorgekommen, dass sie etwas ahnt und auch schon die eine oder andere Flasche gefunden hat. Sie hält zu mir und steht zu mir, doch belastet es unsere Beziehung sehr. Ich schäme mich sehr dafür. Ich mache mir in den Momenten in denen ich trinke keine Gedanken über die Konsequenzen, meistens erst am nächsten Tag wenn sich der Alkohol wieder verflüchtigt. Es ist ein Teufelskreis. Manchmal wirke ich wie ferngesteuert und kaufe Alkohol obwohl ich das im Grunde gar nicht möchte.

    Fakt ist, das ich aufhören und einen Schlussstrich ziehen möchte. Bis heute habe ich mich an niemanden gewendet und offenbart. Dies ist nun der erste Schritt in ein hoffentlich glücklicheres und erfüllteres Leben.

    Wie wird man den Teufel wieder los?

    Hallo Manuel, auch ich möchte dich herzlich Willkommen heißen

    Ich bin 26 Jahre alt und seit Ende Mai habe ich keinen Alkohol mehr getrunken. Also dieses abstinente Leben ist auch noch ganz "neu" für mich. Mit dem Trinken habe ich ungefähr wie du angefangen, auch mal mehr mal weniger. Aber lange durchgehalten habe ich nicht, es wurden immer wieder Gelegenheiten gesucht doch wieder was zu trinken.
    Es ist fies, wie sehr dieser "Teufel" wie du ihn nennst, einen beeinflussen kann, oder? Wichtig ist dagegen anzugehen und auch mein 1. Schritt war es tatsächlich, mich hier anzumelden, um erstmals mit Menschen in Kontakt zu kommen und mich auszutauschen.
    Nun habe ich nach und nach weitere Schritte eingeleitet, so ganz sanft. Ich gehe regelmäßig zu Suchtberatung (Einzelgespräche) und war gestern das erste Mal bei einer Gruppe.

    Wie schaut es bei dir inzwischen aus, bist du bei einer Suchtberatung oder bei einer Selbsthilfegruppe o.Ä.?

    Seit letztem Jahr versuche ich es alleine in den Griff zu bekommen, bin aber daran gescheitert. Auch kontrolliertes Trinken brachte garnichts. Es brachte mir echt viel sich Hilfe zu holen.

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