Hallo, ich bin Luise und neu hier

  • Guten Morgen alle,

    mein Name ist Luise und ich bin Alkoholikerin.

    Das erste Mal schrieb ich "Ich bin Alkoholikerin" Anfang Dezember. Das war sehr schwer für mich, aber damit begann meine Rettung. In den letzten Wochen und Monaten davor merke ich zunehmends wie sehr mich der Alkohol im Griff hat. Das frustrierte mich sehr und so - um nicht weiterdenken zu müssen - trank ich wieder und wieder!
    'Morgen höre ich auf!' war einer der Sätze, mit denen ich mich immer tröstete, wenn es weiter ging und ich die Kurve nicht bekam. Aber da belog ich mich immer nur selbst, erschaffte immer neue "Morgen", um weiter zu trinken... Und täglich grüßt das Murmeltier.... wartend auf den persönlichen Tiefpunkt, der ja unweigerlich kommen muss! Immer in Angst vor dem "großen Knall". Aber auch in Erwartung, dass dieser "große Knall" nun endlich kommen möge, damit ich beginnen kann mit dem Alkohol aufhören zu können. Tja, ich wartete, wartete und wartete. Und während des Wartens trank immer weiter und weiter.

    Der große Knall kam! Aber nicht wie ich ihn mir ausmalte, wie ich ihn fürchtete. Kein Unfall, kein Durchdrehen und auch kein Selbstmordversuch... Mein persönlicher Knall war der plötzliche Tod einer Radiomoderatorin, die gerade mal 56 Jahre alt war, nur drei Jahre älter als ich. Ich wachte an diesem Morgen wie immer mit Kater auf und hörte die Todesnachricht, war fassungslos, schockiert! Sie war sicher keine Alkoholikerin, aber sie ist tot. Mitten aus dem Leben gerissen... Wie sollte das denn nun mit mir enden? Dies war solch ein Schock!

    Genau an diesem Morgen habe ich entschieden, nicht mehr zu saufen. Und genau seit diesem Tag habe ich auch nicht mehr gesoffen! (Gepflegtes Trinken konnte ich schon lange nicht mehr, immer nur auf Wirkung gesoffen! JEDEN ABEND und am Wochenende!!! Sonntag war alkfrei, um Montags zur Arbeit gehen zu können. Aber auch das konnte ich fast kaum noch einhalten.)

    Noch immer bin ich schockiert über ihren plötzlichen Tod und jedesmal, wenn der Suchtdruck kommt, denke ich auch an sie. Es ist fast so, als ob dieser sinnlose Tod wenigstens mich gerettet hat. Klingt sehr dramatisch, aber so empfinde ich es eben. Und ich will sie nicht enttäuschen, in dem ich wieder anfange zu saufen. HM? Gott? Keine Ahnung, aber meine innere Stimme hat ihr Gesicht und ihre Stimme.

    Diese Woche hatte ich das erste Mal seit Jahren das Gefühl, dass alles wieder gut wird. Ich sah mich in Zukunft endlich mal nicht besoffen in der Gosse liegen, sondern in der Sonne auf einer Wiese. Meine depressive Stimmung ist weg, der Alkohol hat mich depressiv gemacht und nicht umgekehrt!
    Ich habe auch nicht das Gefühl, den Alkohol verloren zu haben und um seinen Verlust trauern zu müssen. Ich freue mich, mich von ihm getrennt zu haben, wie von einem Mann, der ein egoistischer Narzisst ist und mir nur schadet. Es ist befreiend! Ich sehne mich nicht zurück nach ihm! (kein "Sex mit dem EX"...) Das ist ein tolles Gefühl. Niemals hätte ich gedacht wie schön es ist, mich nicht zu betäuben.

    Nun ist meine Trockenheit ja noch ganz frisch und diese Euphorie fühlt sich toll an, doch weiß ich auch um die Tücken dieses Teufels Alkohol und wie schnell ich wieder scheitern kann. Auch sind meine Probleme noch die selben, sie haben sich nicht einfach aufgelöst. Zurzeit kann ich sie jedoch aushalten und wenn ich nüchtern bleibe, kann ich sie auch irgendwann lösen. Mein größtes Problem ist und bleibt der Alkohol und der zieht alles Negative nach sich. Ich will weiter an meiner Trockenheit arbeiten. Einfach das erste Glas stehen lassen und im HEUTE bleiben. Deshalb bin ich hier.

    Liebe Grüße Luise, Alkoholikerin

  • Guten Morgen Luise,

    :welcome:

    ich freue mich für dich. Du hast einen guten Entschluss gefasst. Wie geht es dir ohne Alkohol im allgemeinen. Psychisch und physisch ok? Warst du mal zwischenzeitlich bei einer/m Ärztin/Arzt oder hast du alles im Alleingang unternommen? Wie ist es mit einer SHG oder lieber nicht? Mich würde es mal interessieren, wie du zurecht kommst. Auf jeden Fall hast du einen neuen Weg in deinem Leben für ein neues Leben gefunden. Ich kann dir nur sagen: Lauf ihn beständig weiter. Es lohnt sich. Ich bin jetzt seit knapp 5 Jahren auf der Wanderschaft und ich bin sehr glücklich und zufrieden. Ich würde mich freuen, mehr von dir zu hören.

    LG Betty :sun:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallo und willkommen im Forum, Luise!

    Sich selbst einzugestehen, dass man Alkoholiker*in ist, nicht bloß ein bisschen (ein bisschen schwanger gibt es nicht), nicht bloß ab und zu, sondern dass man den „point of no return“ erreicht hat, das ist für viele überhaupt die größte zu bewältigende Hürde. Für mich war es anfangs undenkbar, da drüber zu springen, und mir einzugestehen, dass ich gegenüber dem Alkohol und meiner Sucht kein Kontrollvermögen mehr hatte.

    Stefanies Tod hat viele schwer getroffen. Erst recht, wenn man sich persönlich kannte.
    Ich musste mich in den letzten Jahren von einigen Weggefährt*innen verabschieden, und dachte jedes Mal: Wieso die? Sportler, weitgehend gesund gelebt, quasi in der Blüte ihres Lebens, fast so weit, den verdienten Ruhestand genießen zu können – und dann peng.
    So ein Ende hätte ich vor langer Zeit eher bei mir selbst gesehen …
    Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Und auch irgendwie bejahend und achtsam für mein Leben verpflichtet ...

    Es ist toll, wie Du jetzt den Absprung geschafft hast! Gratulation dazu!

    Zitat von “Luise“

    Diese Woche hatte ich das erste Mal seit Jahren das Gefühl, dass alles wieder gut wird. Ich sah mich in Zukunft endlich mal nicht besoffen in der Gosse liegen, sondern in der Sonne auf einer Wiese. Meine depressive Stimmung ist weg, der Alkohol hat mich depressiv gemacht und nicht umgekehrt!


    Das wird noch besser! Bis sich der Gehirnstoffwechsel nach jahrelangem Alkoholkonsum wieder normal eingepegelt hat, braucht es Geduld – und Durchhaltevermögen.
    Bei vielen Alkoholikern ist es wie bei Dir: Gegen eine depressive „Verstimmung“ haben sie Alkohol zwecks Erleichterung und Entspannung eingesetzt, und danach wurde aus der depressiven Verstimmung eine durch die Sucht bedingte rezidivierende depressive Störung. Die – siehe oben – mit Geduld und ohne Alkoholkonsum von alleine wieder verschwindet.

    Zitat von “Luise“

    Nun ist meine Trockenheit ja noch ganz frisch und diese Euphorie fühlt sich toll an, doch weiß ich auch um die Tücken dieses Teufels Alkohol und wie schnell ich wieder scheitern kann.


    Dass anfangs die Motivation und Euphorie so hoch ist, wie jetzt bei Dir, ist schon mal ideal um die Sucht für immer zum Stillstand bringen zu können. Jetzt gilt es, Deine Abstinenz zu stabilisieren und zu festigen.
    Hast Du schon über weitergehende Strategien nachgedacht?
    Aus Erfahrung heraus schreibe ich Dir: „Nur den Alkohol stehen zu lassen“, reicht in den seltensten Fällen.

    Zitat von “Luise“

    Auch sind meine Probleme noch die selben, sie haben sich nicht einfach aufgelöst.


    Auch bei mir war und ist es so, dass die alltäglichen Probleme allein durch meine Abstinenz nicht plötzlich weg waren.
    Aber sie waren ohne Alkohol leichter zu lösen und zu bewältigen.
    Mit Alkohol sind alle meine Probleme, ohne Ausnahme, größer und bedrückender geworden.

    Zitat von “Luise“

    Mein größtes Problem ist und bleibt der Alkohol und der zieht alles Negative nach sich.


    Ich schreibe das mal wieder an dieser Stelle: Die Alkoholsucht ist so allumfänglich, dass sie in jeden noch so kleinsten Bereich in meinem Leben eingegriffen hat. Das war mir viele Jahre überhaupt nicht bewusst, und ich schob Schwierigkeiten auf alle möglichen Gründe, die tatsächlich allein in der Sucht zu finden waren.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum!

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