Mein Vater - immer weiter bergab....

  • Hallo zusammen,
    ich muss jetzt mal eine Kurzzusammenfassung schreiben, sonst würde das hier den Rahmen sprengen.
    Mein Vater (64) ist seit einem guten Jahr in Rente. Altersteilzeit. Er ist ein absolut schlauer Kopf, weis sich in allen Lebenslagen zu helfen (technisch meine ich) und war äußerst beliebt.
    Nun ja, er trinkt seit über 25 Jahren. Ich kann mich an meine Teenagerzeit erinnern, als mein Bruder mal in seiner Werkstatt eine Werkzeugtasche mit zig leeren Wodkaflaschen fand...das ist ja...20 Jahre her. Ich bin damit aufgewachsen, er ist nie aggressiv gewesen.
    Unsere Wohnsituation war seit jeher schwierig, wir wohnten im Haus seiner Eltern und die waren äußerst herrisch.
    Das hat sich im Laufe der Zeit so arg verschlimmert, dass er sich in den Alkohol immer mehr und mehr gerettet hat. Dazu kommt, dass er eine Affäre vor 20 Jahren anfing, die bis heute dauert. Meine Mutter weis davon...
    Sein Zustand heute:
    Er hat seit ca 10 Monaten nicht mehr geduscht/bedadet etc. Er schläft nur noch auf dem Sofa in dem alten Wohnzimmer vom Opa, er bewegt sich nicht mal mehr auf Toilette, sondern pinkelt in eine Pinkelflasche. Manchmal fällt diese Flasche um...tja. Es stinkt BESTIALISCH im ganzen Haus. Meine Mutter meint, sie riecht das schon gar nicht mehr. Mir wird schlecht.
    Er stinkt schlimmer als ein Penner. Ein riesen Saustall...überall...er lebt in seiner eigenen Welt. Es ist ihm ALLES scheißegal. Er hat ja schließlich 45 Jahre gearbeitet (sein Standardspruch). Das Haus verfällt ("ist mein Haus und ich kann machen was ich will")...er verpulvert das ganze Geld. Täglich kommen Ama*on-Lieferungen. Wodka. Pro Tag mind. 1 Flasche. Er hält das schon verdammt lang durch, wie auch immer. Bewegen kann er sich nur noch mit einer Krücke. Sein Knie hat Arthrose ("da kann man nichts mehr machen....").
    Den Arzt hat er schon 5 Jahre nicht mehr besucht.
    Jetzt hat es ihn schon ein paar mal im Vollsuff "umgehauen". Er kommt ohne fremde Hilfe fast nicht auf. Meine Mutter hat mich mal angerufen, was sie tun soll...er ist umgefallen. Er flucht schlimmer als ein ***** wahnsinn....dann sitzt er da und heult.
    Habe ihr gesagt, sie soll ihn sitzen lassen. Er will ja keine Hilfe, weil alle blöd sind.
    Nun hält er meiner Mutter vor, er würde noch Geld von ihr bekommen, nachdem er ihr damals (vor 10 Jahren) sein 2. Auto als Abwrackauto gegeben und sie die Prämie bekommen hat. Dann fiel ihm ein, er hätte mal ein Geldgeschenk von ihr zum 50. Geburtstag bekommen. Das Geld möchte er jetzt haben.
    Er hat vermutlich das ganze Erbe versoffen...monatl. bekommt er 1600€ Rente.

    Tja. Bevor jetzt die Ratschläge kommen - geht zu einer Suchtberatung, geht zu den AA....usw
    Wir/Ich waren bei der Caritas: furchtbare Beraterinnen, rattern vom Lehrbuch runter, keine Ahnung von der Praxis
    Landratsamt wg. Betreuung: war ok, leider gibt es das sog. "Recht auf Unvernunft"...sprich man kann ihm fast nichts an, solange er noch einigermaßen "klar" im Kopf ist. Und wenn er sich zusammenreißt, ist er das.
    AA: sollte meine Mutter anrufen, es gibt da gewisse Ansprechpartner die einem evtl weiterhelfen können. Möchte meine Mutter nicht...sie hat so die Schnauze voll sagt sie. Sie leben nur noch nebeneinander her. Natürlich ist sie co-abhängig. Sie deckt ihn zwar nicht, verzählt fleißig rum, dass er trinkt und besorgt ihm auch nichts. Aber mittagessenkochen macht sie dann doch...Wäsche waschen wäre übertrieben. Er hat ja nichts zum waschen, weil er immer das gleiche anhat.
    Der einzige, der noch in dem Dilemma mit drin steckt ist mein jüngerer Bruder. Der wohnt im Haus und versucht das Chaos einigermaßen in Grenzen zu halten. Macht div. Reparaturen am Haus, mäht Rasen, schaufelt Schnee. Ignoriert ihn aber weitestgehend. Ich wohne seit 15 Jahren nicht mehr zuhause.
    Wenn ich wieder irgendwelche "Aktionen" starte, bekomme ich immer zu hören "du musst den ja nicht aushalten und mit ihm zusammen wohnen"...habe Freitag bei der Krankenkasse angerufen und Pflege für ihn beantragt. Er kann sich ja nicht mehr waschen. Außerdem hat er gesagt, er möchte eine junge Pflegerin. Bitte. Meine Mutter ist aus allen Wolken gefallen und hat gemeint, der wird durchdrehen, wenn da ein Schreiben von der Kasse kommt... sowas meine ich mit "Aktionen". Habe schon mehrere Dinge durch, manchmal verhalte ich mich ruhig, dann fällt mir wieder etwas ein und meistens regt er sich dann tierisch auf und brüllt, ich solle ihn in Ruhe lassen.

    Was meint ihr?

  • Zunächst einmal HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin m, 55, Alkoholiker und nach mehreren Anläufen nun schon einige Jahre trocken. Außerdem bin ich auch schon einige Jahre in der Suchtselbsthilfe aktiv, d.h., ich habe bis vor Kurzem etliche Jahre eine SHG geleitet/moderiert und gehe in Entgiftungsstationen und mache dort Info-Abende/Veranstaltungen ...

    Tja. Bevor jetzt die Ratschläge kommen - geht zu einer Suchtberatung, geht zu den AA....usw
    ...
    Was meint ihr?

    Zumindest Du scheinst Dich ja schon mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. Dann frage ich mich, welche Antwort Du jetzt erwartest??

    Außer der einen, einzig möglichen: Du kannst Dich nur um Dich selbst und Dein Wohl kümmern! Sowohl Dein Vater als auch Deine Mutter und Dein Bruder müssen sich um sich selbst und ihr eigenes Leben kümmern!
    Deine Mutter will keine Hilfe, wie Du schreibst ... Und Dein Bruder muss sich selbst bewegen.

    :sorry: wenn es hart klingt - aber etwas Anderes wirst Du nicht tun können.

    :tml: dass ICH Dir keine andere Antwort geben kann. Zumindest weiß ich keine andere.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Vienna!

    Herzlich willkommen hier im Forum!

    Ich bin selber abhängig, aber auch Angehörige. Bei uns ist der Alkoholismus Familienkrankheit.

    Wie Greenfox schrieb. Du kannst nur Dein Leben lebenswert gestalten.

    Ich bin in einem Alkoholiker Haushalt aufgewachsen und habe viele, viele Jahre vergeblich versucht zu helfen. Ich bin daran fast zerbrochen, weil die ewig gleiche Diskussion NIE zu irgendeinem positiven Ergebnis geführt hat.

    Schütz Dich, such das Weite...

    LG
    Caroline

  • Hallo Vienna84,

    willkommen im Forum!

    Zitat von “vienna84“

    Was meint ihr?


    Abgesehen davon, dass Dir unsere Meinung nicht viel helfen wird, hast schon Antworten erhalten, welche Vorgehensweise aufgrund der Erfahrung erfahrener trockener Alkoholikern und Angehörigen, die sich aus der Co-Abhängigkeit befreien konnten, ratsam wäre.
    Die Schilderung der Lebensumstände in Deinem Elternhaus ist erschreckend. Leider aber auch gerade nach Beginn der Rente bei vielen älteren Suchtkranken die schreckliche Realität.

    Mir ist jetzt nicht so richtig klar, welche Hilfe Du vom Forum hierbei erhoffst?
    Bei der Suchtberatung warst Du schon, furchtbare Beraterinnen, die nach Lehrbuch herunterrattern, das Psychiatriegesetz „Recht auf Unvernunft“ „leider“ gesetzlich bindend, hilfreichen Rat durch andere Betroffene z. B. von den Anonymen Alkoholikern lehnt Deine Mutter ab.
    Da fällt mir dann tatsächlich keine Empfehlung, außer den schon gemachten, mehr ein.

    Also ja, Dein Vater hat ein Recht darauf sich zu Tode zu saufen. Auch das Recht sein Vermögen in Alkohol aufzulösen. Er kann auch sein Haus verrotten lassen, und bis zu seinem Tod in denselben Klamotten tagein tagaus vor sich hin stinken.
    Genauso wie Dein Bruder und Deine Mutter das Recht haben, jederzeit aus diesem furchtbaren Haus auszuziehen. Sie haben auch das Recht, den Kontakt zu Deinem Vater komplett abzubrechen, und ihn einsam vor sich hin verrotten zu lassen.
    Und Du hast das Recht ein eigenes Leben ohne Schuld und Verantwortung für das, was Dein Vater aus seinem restlichen Leben macht, zu leben.

    Wie bei Deinem süchtigen Vater auch, kann man von außen weder per Gesetz noch mit gutem Zureden eine Veränderung Eurer Situation erreichen, wenn Ihr alle als Betroffene nichts an Eurem Zustand verändern wollt.
    Das ist einfach so, und damit müssen dann alle Betroffene leben.

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