Tägliche Aggressionen

  • Hallo ihr Lieben,

    Ich bin neu hier und aufgrund ein paar unschöner Erlebnisse habe ich vor etwa 2 Wochen beschlossen, mit dem Rauchen und dem Trinken aufzuhören.
    Ich trinke etwa seit 20 Jahren, mittlerweile pro Woche 2 Kästen Bier.
    Da es „nur“ Bier ist, hatte ich zum Glück keine körperlichen Entzugserscheinungen.
    Heute bringe ich meinen 9. Tag hinter mich.
    Die ersten 3 Tage war mein Kreislauf komplett im Keller und ich schlief fast nur.
    Ab dem 4. Tag gibg es dann los: ich bekomm irgendwann wahnsinnige Aggressionen.
    Eine Mail oder ein Gedanke reicht aus. Sonntag habe ich mich so rein gesteigert, dass ich Herzrasen bekam und mein Kreislauf wieder zusammen sackte.
    Es sind wirklich harmlose Sachen, zB:
    Ich bekomme Samstag Abend eine Mail, wo mir meine Chefin schöne Weihnachtstage wünscht.
    Sofort bin ich auf 180, in meinem Kopf fährt ein Film: was soll das? Montag ist doch ein Arbeitstag? Haben wir jetzt frei und keiner sagt mir was? (Ich hatte die Woche frei) Das heißt, auch keine Weihnachtskarte,... so in etwa geht der Film in meinem Kopf.
    Heute pickte sich mein Kopf eine Sache von vor einem Jahr raus, um in Rage zu geraten.

    Diese Raserei dauert ca 1-2 Std. Und es fällt mir verdammt schwer in dieser Zeit, nicht zur Tanke zu fahren und ein Sixpack mit ner Schachtel Zigaretten zu kaufen. Ich will trinken, um mich zu beruhigen.
    Ich gewinne, da ich den Bluff meiner Psyche erkenne und weiß, dass es vorbei geht und mir auch nichts bringt. Nur weiß ich nicht, wie stark ich bleibe, wenn das jeden Tag so weiter geht.

    Wie lange hält das an? Was kann man dagegen tun?
    Für eure Antworten dank ich euch im Voraus.

  • Hallo Schluckspatz,

    willkommen im Forum und Danke das Du Deine Geschichte hier uns anvertraust.
    Da noch der 2. Weihnachtstag ist - frohe Weihnachten und für 2019 alles Gute. (Scherzhaft und ohne böse Hintergedanken möchte ich hinzufügen: Ich hoffe meine Wünsche bringen Dich jetzt nicht in Rage) ;)

    Aber kommen wir zur Sache:

    Zunächst einmal ist es ein Irrtum, dass man von Bier alleine nicht körperlich abhängig werden könnte.

    Damit möchte ich jetzt nicht sagen das Du körperlich abhängig bist, ich möchte nur allgemein schreiben, dass körperliche Abhängigkeit durch Bier durchaus möglich ist.

    Deine Geschichte erinnert mich aber durchaus an mich. Bin selber (trockener) Alphaalkoholiker und ja, dass mit den Aggressionen kenne ich auch. Zwar nicht exakt so wie bei Dir, aber durchaus vergleichbar.

    Ich vermute, der Alkohol bzw das Bier war Dir herrlich willkommen um dich von Deinen "unfähigen" oder "unfairen" Mitmenschen abzugrenzen und zu beruhigen? So zumindest kenne ich das von mir... ;)

    Ich persönlich rate Dir zu 2 Schritten:

    1. Schritt: Erkenne und akzeptiere Deine psychische Alkoholabhängigkeit (Alphaalkoholismus). Aus diesem Grund rate ich Dir Dich einer örtlichen SHG anzuschließen um die Gefahr eines Rückfalls zu minimieren. Gleichzeitig verbanne alles Alkoholika aus Deinem Haus, Deinem Umfeld - Deiner psychischen wie physischen Gesundheit zuliebe.

    Alternativ zu einer SHG kannst Du natürlich auch hier weiter schreiben oder auch parallel.

    Zusätzlich rate ich Dir, besorge Dir die Suchtfibel. Das ist ein Buch das in den Therapiezentren eingesetzt wird. Darin erfährst Du viel wissenswertes über die Krankheit und wie man mit ihr umgeht - in aller Bescheidenheit: SHG und Suchtfibel, so habe ich es auch gemacht...

    2. Ich rate Dir die Aufnahme einer Psychotherapie, z.B. Verhaltenstherapie oder Tiefenpsychologie, um die Ursachen Deiner Aggressionen zu erkunden und diese zu "bekämpfen" bzw zu minimieren.
    Alkohol ist nämlich ein sehr sehr schlechtes Beruhigungsmittel wie Du mit Sicherheit schon selbst festgestellt hast... ;)

    Das sind meine Vorschläge zu denen ich Dir erstmal rate.
    Wie wirkt das auf Dich?

  • Hallo Proky,

    Ich wünsche dir auch frohe Weihnachten. :)

    Beruhigungsmittel - ja. Aber nicht aufgrund anderer Menschen, sondern da ich mit jeder Gefühlsregung überfordert bin. Egal ob Freude, Trauer, Aufregung, glücklich, nervös,...

    Punkt 1 hab ich schon längst abgehakt. Ich befasse mich bereits seit 1-2 Jahren damit.
    Punkt 2: auf keinen Fall! Gerade eine unfreiwillige Nacht in solch einer Einrichtung hat mich zu diesem Entschluss gebracht und freiwillig werde ich das nie wieder betreten.

    An sich gehts mir auch sehr gut - bis auf diese täglichen kurzen „Anfälle“.
    Verbannen muss ich auch nichts, da ich Alkohol eigentlich nicht mag und daher grundsätzlich nichts im Haus hatte.
    Mich interessiert nur, wie lange ich damit rechnen muss, denn ganz normal scheint mir das nicht.
    Ich halte das für Tricks von meiner Psyche, damit ich nachgebe.

  • Lieber Schluckspatz,

    Danke für Deine Beschreibung der Sichtweise der Dinge.

    Beruhigungsmittel - ja. Aber nicht aufgrund anderer Menschen, sondern da ich mit jeder Gefühlsregung überfordert bin. Egal ob Freude, Trauer, Aufregung, glücklich, nervös,...

    Gefühlsregulation - das kenn ich nur zu gut. Kann man aber lernen, dazu gleich mehr...

    Punkt 1 hab ich schon längst abgehakt. Ich befasse mich bereits seit 1-2 Jahren damit.

    An sich gehts mir auch sehr gut - bis auf diese täglichen kurzen „Anfälle“.
    Verbannen muss ich auch nichts, da ich Alkohol eigentlich nicht mag und daher grundsätzlich nichts im Haus hatte.
    Mich interessiert nur, wie lange ich damit rechnen muss, denn ganz normal scheint mir das nicht.
    Ich halte das für Tricks von meiner Psyche, damit ich nachgebe.

    Tut mir leid Schluckspatz, dass nehme ich Dir nicht so ohne weiteres ab, denn sonst hättest Du nicht das geschrieben:

    Nach meinen Erfahrungen schreibt so niemand der sich seit 1-2 Jahren mit dem Thema Alkoholsucht befasst.
    Vielmehr klingt das für mich nach jemanden der 1-2 Jahre gehofft hat "Ich könnte evtl ein Alkoholiker sein - aber ich will davon nichts wissen!"
    Und Du schreibst ja selber: es ist der 9. Tag (Tag der Threaderöffnung) wo Du nun trocken bist.
    9 Tage trocken - kein Jahr oder 2 Jahre trocken, so wie Du das in der Antwort schreibst.

    Alleine schon der Widerspruch:


    Verbannen muss ich auch nichts, da ich Alkohol eigentlich nicht mag und daher grundsätzlich nichts im Haus hatte.

    Dafür das Du den Alkohol nicht verbannen musst und er Dir nach Deiner Aussage auch nicht schmeckt, hast Du ihn aber über 20 Jahre gut konsumiert!

    Abgehakt ist da noch lange nichts. In Wirklichkeit verdrängst Du nur die Tatsachen!

    Daher rate ich Dir nochmals dringenst: Sei ehrlich zu Dir selber. Wende Dich an eine örtliche SHG und/oder schreibe hier weiter. Wenn Du Fragen hast, schreibe bitte hier oder eröffne einen neuen Thread.

    Andernfalls kommst Du aus dieser Spirale von Bier und Gefühlsachterbahn nicht raus!

    Ich weiß ich das ich Dich gerade unsanft auf die Realität hinweise, aber das ist der einzige Weg aus den Problemen raus...


    Punkt 2: auf keinen Fall! Gerade eine unfreiwillige Nacht in solch einer Einrichtung hat mich zu diesem Entschluss gebracht und freiwillig werde ich das nie wieder betreten.

    Ich halte das für Tricks von meiner Psyche, damit ich nachgebe.

    Ich merke gerade, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Mit Psychotherapie meinte ich keine stationäre Psychotherapie, sondern eine ambulante.


    Mich interessiert nur, wie lange ich damit rechnen muss, denn ganz normal scheint mir das nicht.

    Die Antwort ist einfach: Du wirst damit anhaltend rechnen, solange Du das Problem nicht mit Abstinenz und einer Psychotherapie begegnest.
    Von alleine jedenfalls werden Deine übermächtigen Emotionen nicht verschwinden!

    Thats the way outside...

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