Meine Schwester macht jedem das Leben schwer

  • Hallo zusammen,

    ich bin schon seit längerem nur eine heimliche Mitleserin aber nun wissen wir auch nicht mehr ganz weiter.

    Meine Schwester (40 Jahre alt, geschieden, eine Tochter im Alter von 19 Jahren) ist eine Alkoholikerin. Sie selber sieht sich nicht als Alkoholikerin und da ist wohl auch das Problem. Wir wissen auch nicht wie lange sie schon trinkt, da wir die letzten vier Jahre zerstritten waren und erst seit ca. einem Jahr ist wieder zurück und trinkt täglich. An einem Tag weniger aber immer heimlich (man findet wirklich überall in jedem Zimmer kleine Fläschchen versteckt). An anderen Tagen besäuft sie sich wieder extrem.

    Sie hat einen jüngeren Freund, wenn mit dem alles gut ist, dann ist ihr alles andere egal. Wenn sie sich mit ihm streitet, dann kommt sie wieder bei uns angekrochen. Wir können den Typen nicht aktzeptieren, weil er uns alle extrem schlecht behandelt hat und sie hinter ihm stand, deswegen auch der Streit vor vier Jahren.

    Das schlimme ist, dass sie Ihre Tochter einfach nur fertig macht. Sie verlangt von ihr Geldsummen und erpresst sie mit allem möglichen. Sie droht ihr, wenn sie das Geld nicht bekommt, dass sie bei ihr in der Arbeit auftaucht. Meiner Nichte will das alles nicht, weil sie erst frisch in der Ausbildung ist.
    Sie beleidigt sie und schlägt sie und macht sie einfach nur fertig.

    Meine Nichte wohnt alleine, ich habe ihr empfohlen sich erst mal von ihrer Mutter abzuwenden und erstmal keinen Kontakt mehr zu haben, damit sie checkt, dass sie nicht immer nur kommen kann wenn sie was braucht. Wir wissen einfach nicht mehr weiter.

    Wir haben sie schon öfters in eine Suchtklinik gesteckt aber die kommt da nach einer Woche wieder raus, weil sie sich bei den Ärzten zu gut präsentieren kann und die sind ja so dämlich (sorry aber wahr) und glauben der alles.

    Meine Frage an euch, vlt auch an die trockenen Alkoholiker hier. Wie soll man sich so einer Person gegenüber verhalten? Wenn sie keine Hilfe will, dann kann man ihr auch nicht helfen oder? Ist es richtig, wenn wir uns alle von ihr abwenden?

    Ich danke euch im voraus,
    Tanja

  • Hallo Tanja,

    herzlich Willkommen hier im Forum, auch wenn der Grund dafür natürlich alles andere als erfreulich ist.

    Du hast ja geschrieben, dass Du seit längerem eine Mitleserin bist. Dann hast Du bestimmt auch schon ganz viel im Anghörigen-Bereich gelesen. Und letztlich hast Du es ja auch bereits recht gut erkannt:

    Zitat

    Wenn sie keine Hilfe will, dann kann man ihr auch nicht helfen oder?

    So ist es leider. Das hast Du bestimmt in zahlreichen anderen Berichten hier schon so gelesen. Nur Deine Schwester selbst kann etwas an ihrer Situation verändern. Was aber voraussetzen würde, dass sie das auch möchte. Also erst mal müsste sich eingestehen, dass sie ein Problem hat, dass sie alkoholkrank ist. Aber wie Du schreibst sieht sie ja kein Problem bei sich. Oder sie ist noch nicht bereit das für sich zu akzeptieren obwohl sie möglicherweise schon ahnt, dass sie ein Alkoholproblem hat.

    Wie dem auch sei, das bringt Dir und allen anderen Beteiligten leider nichts. Insofern kann ich Dir nur einfach nochmal recht geben: Wer keine Hilfe möchte, dem kann man erst mal auch nicht helfen.

    Diese Frage ist jetzt vielleicht ein wenig schwieriger zu beantworten:

    Zitat

    Ist es richtig, wenn wir uns alle von ihr abwenden?

    Ich denke, entscheidend ist wie es Euch damit geht. Also was das Verhalten Deiner Schwester für eine Auswirkung auf Dein Leben und Dein Wohlbefinden hat. Da Du bei ihr nichts verändern kannst, bleibt Dir nur auf Dich selbst zu achten. Und wenn Dich das Verhalten Deiner Schwester belastet, so sehr das sogar Dein eigenes Wohlbefinden darunter leidet, dann ist eine Distanzierung sicher nicht das schlechteste. Du bist für Dein Leben verantwortlich und solltes nicht zulassen, dass es von außen Schaden erleidet.

    Du sprichst ja von "alle", die sich abwenden sollen. Da kann ich nichts zu sagen, denn ich weiß nicht wer alle ist und in welcher Beziehung sie zu Deiner Schwester stehen. Und auch nicht, wie sehr sie unter ihrer Sucht leiden. Bei wem ich aber ein ganz großes Problem sehe ist natürlich die Tochter. Was Du schreibst hört sich gar nicht gut an. Aber auch sie hat es natürlich nicht in der Hand ob ihre Mutter trinkt oder nicht. Und auch sie muss, auch wenn sie noch sehr jung ist und das wirklich sehr schade ist, ihr Leben selbst in die Hand nehmen und sich wahrscheinlich von ihrer Mutter distanzieren.

    Das ist wieder für sie noch für Dich einfach, verumute ich mal. Deshalb wäre mein Rat, dass Ihr Euch hier auch Hilfe holt. Es gibt Beratungsangebote auch für Anghörige und es gibt auch Selbsthilfegruppen mit diesem Schwerpunkt. Vielleicht kannst Du Deine Nichte, die glaube ich noch viel tiefer drin hängt und viel näher dran ist (es ist ja ihre Mutter) auch ein wenig stützen oder sogar unterstützen. Wenn Du das möchtest. Bei könnte es auch sinnvoll sein, eine psychologische Begleitung ins Auge zu fassen. Immerhin geht es um eine Kind-Mutter-Beziehung. Aber es steht mir nicht zu das zu beurteilen.

    Diese Distanz, die Ihr da möglicherweise jetzt aufbaut muss nicht für immer sein. Für den Fall, dass Deine Schwester tatsächlich mal "zur Vernunft" kommt, könntet ihr natürlich wieder für sie da sein. Wenn ihr das wollt. Solange sie trinkt und sich so verhält wie von Dir beschrieben, sehe ich aber keine andere Möglichkeit als sie ihr Leben leben zu lassen. Aber ohne Dich bzw. ihre Tochter.

    Noch kurz dazu:

    Zitat

    Wir haben sie schon öfters in eine Suchtklinik gesteckt aber die kommt da nach einer Woche wieder raus, weil sie sich bei den Ärzten zu gut präsentieren kann und die sind ja so dämlich (sorry aber wahr) und glauben der alles.


    Ich weiß jetzt nicht genau was Du damit meinst. Vor allem mit "in die Suchtklinik gesteckt". Also möglicherweise war sie in einer Klinik zur Entgiftung, das würde zeitlich auch ganz gut passen. Da ist sie dann natürlich nach erfolgreicher Entgiftung wieder raus. Und danach käme eigentlich eine Therapie, z. B. eine Langzeittherapie. Die müsste sie aber von sich aus machen wollen, also beantragen usw. Die Ärzte können sie nicht einfach ans Bett fesseln und sagen "Du kommst hier nicht mehr raus". Und ich weiß ja nicht wer Dir das alles erzählt hat. Haben die Ärzte Dir gesagt das sie kein Problem hat und deshalb nach einer Woche raus darf? Oder hat sie Dir erzählt das die Ärzte ihr das erzählt haben?

    Naja, egal. Wie dem auch sei, ich denke das die Ärzte auf Entgiftungsstationen oder in Therapiezentren recht genau wissen woher der Wind weht. Das ist ja deren täglich Brot.

    Aber nützen tut Dir und Deiner Nichte das alles jetzt ja sowieso nichts. Darauf zu hoffen, dass Ärzte Deine Schwester zwangstrocken legen könnten braucht ihr nicht. Wenn sie nicht will, dann will sie nicht. Die Ärtze können helfen und das können sie sogar sehr gut, wenn der Patient sich helfen lassen will. Wenn nicht, dann ist das auch nicht deren Problem.

    Also achtet auf Euch. Macht Euch einen Plan wie ihr es angeht, wie es weiter gehen soll. Und holt ich Hilfe von außen dazu, ihr müsst nicht alles ganz alleine durchkämpfen.

    Alles Gute wünsche ich Dir / Euch und viel Kraft.

    LG
    gerchla

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!