Bin ausgezogen, Elternteil alkoholkrank

  • Hallo und Danke für die Aufnahme im Forum.

    Ich bin co-abhängig, ein 25-jähriger Sohn einer alkoholkranken Mutter. Ich bin seit ca drei Tagen von daheim erfolgreich ausgezogen und habe mich endlich gelöst und viel mehr Frieden. Es ist schwierig, so viel Geschehenes in wenig Zeilen zu packen, aber mir geht es nun viel besser.

    Doch wo einige Probleme aufhören, fangen andere an. Meine dringlichste Frage ist folgende: Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mutter ihr Leben nicht auf die Reihe kriegt alleine. Bisher habe ich alle Rechnungen aufgegeben und mich um die Finanzen gekümmert. Das kann meine Mutter auch einigermaßen (!), selbst wenn sie betrunken ist kümmert sie sich in Maßen um die Dinge.

    Allerdings nicht konstant. So wird es dazu kommen - wie auch schon in der Vergangenheit, als sie alles selber machte - dass sie hier und da eine Rechnung nicht bezahlt und schon sammelt es sich. Momentan ist sie (wieder) berufstätig, ich glaube aber nicht, dass sie länger als ein paar Monate dort sein wird.

    Im Endeffekt wird es wohl oder übel so enden, dass sie keine Rechnungen bezahlt und immer mehr in Schulden versinkt. Irgendwann wird sie dann die Wohnung verlieren. Schuld ist im Übrigen immer ihr geschiedener Ex-Mann, ihre Tanten oder auch ich, der sie ja in der "Bruchbude" zurückließ (ihre Wohnung ist schöner als meine).

    Wie kann ich am besten mit dieser Situation umgehen bzw. soll ich mir hier überhaupt noch Gedanken machen? Ich habe überlegt, nebenbei Geld zu sparen. Ich bin kein Millionär, verdiene aber okay, sodass ich jedes Monat ein wenig zur Seite legen kann für den Notfall, um sie zu unterstützen.

    Diese Unterstützung würde ich ihr aber auch nicht anbieten bzw. nichts davon sagen. Nur im äußersten Notfall also wenn sie kurz vor der Zwangsräumung stehen würde (sofern sie die Miete nicht bezahlt) ich dann in Erwägung ziehen, ihr zu helfen.

    Lange Rede kurzer Sinn, ich bin zwar ausgezogen und in gewissermaßen nun frei, gleichzeitig aber gedanklich noch bei ihr und materiell mache ich mir auch Sorgen.

    Habt ihr Tipps oder Erfahrungen für mich?

    Danke

  • Hallo Kingslayer,

    was für ein Nickname!
    Siehst Du Dich denn in Bezug zu Deiner Mutter, als einen solchen?

    Willkommen im Forum!!
    Ich bin trockener Alkoholiker, war seit meinem 17ten Lebensjahr süchtig und habe viele Stationen in meiner Alkoholkarriere miterlebt. Auch die, in der ich u.a. durch meine Sucht und ihre Ausmaße sehr nahe an einem völligen finanziellen Ruin war.
    Ich weiß nicht, ob die Gründe, dass es nie so weit gekommen ist, darin lagen, dass ich nie von irgendjemand oder irgendwoher finanzielle Unterstützung erhalten haben, aber ich denke schon, dass mich diese reale Gefahr immer wieder vor noch tieferen Abstürzen gerettet hat.

    Hätte mich jemand – gerade in den Tiefpunkten meiner finanziellen Existenz – unterstützt, ich glaube ich hätte damals in meinem nassen Zustand keinen zwingenden Grund gesehen, meine Sucht zum Stillstand bringen zu müssen. Ich hätte das Geld genommen - und weitergesoffen.

    Ja, die Probleme der Angehörigen hören weder auf, wenn sie sich, so wie Du jetzt, vom Alkoholiker trennen, oder im schlimmsten Fall der Alkoholiker verstirbt.
    Aber Du hast m. E. schon mal eine gute, in eine bessere Zukunft führende Loslösung gefunden und in die Tat umgesetzt.
    Hast Du denn auch eine Therapie, z. B. bei einer Suchtberatung, zur Co-Abhängigkeit gemacht?

    Wahrscheinlich weiß Du schon: Alkoholiker versuchen zwar Gott und der Welt die Schuld an ihrer Sucht zu zuschieben, aber tatsächlich sind sie ganz alleine dafür verantwortlich. Es gibt genügend Hilfsangebote, die sie annehmen könnten, um die Sucht zum Stillstand bringen zu können. Tun sie das nicht, dann wollen sie einfach weitersaufen.

    Ich verstehe, wenn Du Dir wegen der finanziellen Situation Deiner Mutter Gedanken machst, aber Du bist dafür nicht verantwortlich, und solltest Dich auch davon lösen.
    Wegen einer eventuellen Unterhaltspflicht für Dich als Sohn, empfehle ich Dir diesen Link.
    So verständlich es ist, dass Du Deine Mutter ggf. finanziell in einer Notlage unterstützen möchtest, so klar musst Du auch sehen, dass sie Deine Unterstützung wahrscheinlich dafür benutzt, um ihre Sucht aufrechterhalten zu können.
    Das würde dann tatsächlich bedeuten, dass Du – als co-abhängiger Sohn – ein Unterstützer ihrer Sucht bist.

    Ich, als trockener Alkoholiker (Ü60) würde Dir empfehlen bei einer eventuellen finanziellen Unterstützung strikt darauf zu achten, dass diese nur für Dinge des Lebens verwendet wird, die abseits der Sucht sind.
    Manche Alkoholiker müssen leider die realen Folgen ihrer Sucht mit- und durcherleben, bis eine Umkehr möglich ist. Und bei manchen reicht leider auch das nicht.

  • Hallo und Danke für die rasche Antwort.

    Zunächst zum Nicknamen: Nein, der hat tatsächlich nichts mit meiner realen Situation zutun sondern stammt aus einer TV Serie. Aber wer weiß, ob das Unterbewusstsein mick zu diesem Nicknamen bewogen hat. Danke für den Link, ich bin aber aus der Schweiz und denke da ist die Rechtslage differenzierter. Ich werde meiner Mutter anbieten, dass die wichtigsten Dinge (Miete, Strom) automatisch von ihrem Konto abgebucht werden, dass sie sich um nichts kümmern muss. Dazu muss ich fairerweise sagen, dass sie auch im nüchternen also "normalen" Zustand keine Ahnung hat, wie man per Internet oder Online Banking Abbuchungen durchführt. Soweit möchte ich ihr helfen und sie auch unterstützen.

    Meine schlimmste Situation ist wohl die, dass sie irgendwann bei mir anruft/anläutet und meint, sie sei nun obdachlos bzw. hätte die Wohnung verloren. Was soll ich dann tun bzw. was würdet ihr tun? Ich kann sie nicht auf der Straße lassen (für den Moment), will sie aber auch nicht bei mir haben (drum bin ich ja ausgezogen). Wenn ich sage, sie soll in ein Frauenhaus oder ähnliches, würde sie sich eher von der Brücke stürzen. Zu ihrer Sucht kommt noch eine unheimliche Eitelkeit und Stolz (den sie schon vor ihrer Sucht hatte bzw. der dadurch verstärkt wird) dass sie sich wohl eher von der Brücke stürzt, also zB in ein Armenhaus bzw. Frauenhaus zu gehen. Ich weiß, dass sich ein Mensch so schnell nicht umbringt, habe aber eine relativ gute Menschenkenntnis und halte das für sehr realistisch bei ihr.

    Danke erneut

  • Hallo Kingslayer,

    zur Schweiz und eventueller Unterhaltspflicht der Kinder für ihre Eltern weiß ich nur, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur unterhaltspflichtig ist, wer pro Jahr mehr als 120.000 Franken verdient und ein Vermögen von über 250.000 Franken besitzt (Ich glaube Stand 2014)
    Dass Du für Deine Mutter bestimmte Dinge machst, die sie alleine (nicht aufgrund ihrer Sucht) nicht erledigen kann, ist völlig normal in einem Familien- und Freundschaftsverhältnis.

    In der Tat ist es eine schwierige Situation, in der Du Dich befindest – wenn es denn soweit kommen sollte!
    Ich weiß, es liest sich sehr hart und mitleidslos, aber ich habe die Situation, dass ein ehemaliger Freund nachts zu mir kam, weil er vom Vermieter mittels Polizei und Gerichtsvollzieher aus seiner Wohnung gewiesen wurde. Auch er wollte auf keinen Fall in eine Obdachlosenheim. Er war sturzbetrunken.
    Ich kam mir dann auch schlecht vor, weil ich mir nicht anders zu helfen wusste, als in der Kälte (es war Winter) die Polizei zu rufen und ihnen meine Situation zu schildern. Sie kamen dann und nahmen ihn mit. Er kam, wie ich später erfuhr, für eine Nacht in eine Ausnüchterungszelle und wurde dann an ein Heim verwiesen.
    Auch er hat mit Selbstmord gedroht. Die Polizisten machten ihm klar, wenn er das ernst meine, dann würden sie ihn in die geschlossene Psychiatrie bringen.

    Ich sehe das so: Würdest Du Deine Mutter, wenn sie an Deiner Tür klopft und entsprechend betrunken ist, hereinlassen, Du würdest sie schwerlich wieder loswerden, oder?
    Sie hätte – durch und mittels ihrer Sucht – erreicht, was sie wollte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde sie bei Dir in der Wohnung sitzen und weitersaufen, oder nicht?
    Da liest sich das von der Eitelkeit und dem Stolz fast schon etwas absurd?

    Also ich kann Dir auf jeden Fall nur schreiben: Wenn Du alle Möglichkeiten (außerhalb Deiner eigenen Wohnung) ausgeschöpft hast, und Deine Mutter sich dann trotzdem etwas antun würde, dann könntest Du es schwerlich verhindern und wärst m. E. auf keinen Fall schuld daran.
    Darum geht es Dir doch, oder? Um die Schuldfrage, und dass Du wissen willst, wie Du mit Deinem – in diesem Fall – krankhaften (nämlich co-abhängigen) schlechten Gewissen umgehen sollst?

  • Danke erneut für die rasche Antwort.

    Mir geht es va um 3 Dinge:

    1) Wenn sie anruft oder SMS schreibt (und es natürlich offensichtliche irre Nachrichten aufgrund des Alkohols sind, nicht normale oder wichtige Nachrichten), sollte ich sie dann ignorieren oder zurückschreiben "Lass mich in Ruhe" oder wie kann man hier am besten sanft aber bestimmt vorgehen?

    2) Meine Sorge ist wohl auch, dass sie in meiner Arbeit anruft, so wie sie es ein paar mal (nicht immer bzw. regelmäßig gott sei dank) bei ihrem Ex getan hat, der dann natürlich Antwort stehen musste. Sie hat sich also quasi über den Ex beschwert bzw. über seine Arbeit. Abstreiten tut sies natürlich, aber jeder weiß dass sie es war (bzw. habe ich sie ja auch einmal gehört aus dem Nebenzimmer). Präventiv vorwarnen will ich aber meine Arbeit natürlich nicht, da ich nicht weiß, ob sie das auch bei mir tun würde, da sie mich mehr oder weniger immer verschont hat mit ihrem Zorn oder den Attacken. Aber da ich nun weg bin, könnte es anders aussehen. Grundsätzlich hat sie hier keine Kontaktdaten, sie weiß aber ungefähr wo ich bin bzw arbeite, so wie bei ihrem Ex auch. Leider ist sie intelligent genug um Google zu benutzen.

    3) Die gleiche Sorge gilt für meine jetzige Wohnung. Wobei ich sagen muss dass sie da wohl keine Nummer hat um sich wo zu beschweren bzw. Ärger zu machen (also Vermieter), aber man weiß nie.

    Danke

  • Hallo Kingslayer,

    sicher wirst Du noch von anderen, mindestens ebenso in der Sucht erfahrenen Usern eine Antwort erhalten. (Interessiert mich auch, was die zum Thema denken!)

    Prinzipiell stelle ich anhand Deiner Situation wieder einmal mehr fest, dass Süchtige durch ihr Verhalten und dem Ausmaß ihrer Sucht sehr oft Menschen, egal ob Angehörige, Freunde etc., in ihren süchtigen Lebenswandel involvieren – und diese belästigten Menschen dann aufgrund ihres Anstands gar nicht richtig wissen, wie sie sich dagegen wehren können.

    Zu Deinem Punkt 1.
    Wenn kein vernünftiges Gespräch mit Deiner Mutter möglich ist, in dem Sinn, dass Du ihr sagen kannst, sie soll Dich bitte in Ruhe lassen, wenn sie betrunken ist, dann würde ich in so einer Situation die SMS einfach ignorieren. Jedenfalls mache ich das so bei den Fällen, die mich betrunken anschreiben.
    Rufen sie mich dagegen an, dann sage ich ihnen konkret am Telefon, sie sollen mich bitte wieder anrufen, wenn sie nüchtern sind und bereit sind ernsthaft über ihre Sucht und alle daraus resultierenden Schwierigkeiten zu reden. Kapieren sie dies an dieser Stelle trotz Eindringlichkeit immer noch nicht, lege ich einfach auf und ignoriere weitere Anrufe.
    Ich muss aber dazu schreiben, dass ich stets schon im Voraus sehr deutlich mache, für sie dann da zu sein und ihnen meine Hilfe anzubieten, wenn sie wirklich etwas gegen ihre Sucht tun wollen.

    Ich nehme an, Deine Kollegen auf der Arbeit wissen nichts von der Sucht Deiner Mutter, bzw. wie schräg sie drauf sein kann?
    Deswegen weiß ich nicht, was Du am besten tun könntest. Vielleicht den Kollegen sagen, dass sie, wenn Deine Mutter anruft, einfach auflegen sollen?
    Dasselbe gilt für Deine 3. Frage betr. der Wohnung.
    Du wirst ja dem Vermieter kaum sagen können, dass Deine Mutter Alkoholikerin ist und einen Hang dazu hat, im Suff andere Leute, einschließlich ihres Sohnes schlecht zu machen.
    Außer, solange es geht sowohl Telefonnummer der Arbeitsstelle, als auch die des Vermieters geheim halten, fällt mir dazu nicht viel ein.

    Jedenfalls entnehme ich Deinem Beitrag, dass es eher schwer ist, mit Deiner Mutter verständlich zu reden, um so einen Riegel vor eventuellen Belästigungen vorzuschieben?

  • Danke.

    Naja, was heißt geheim halten. Das Problem ist meine Mutter (jedenfalls bei ihrem Ex) gab sich als "jemand anderes" aus, also sie sagt nie, dass sie die Mutter ist. Immerhin hat sie selbst "im Suff" große Angst, dass man sie bei den ganzen Dingen erwischt, die so so anstellt. Sie würde sich daher wohl als irgendwer anderes ausgeben bw. eine anonyme Beschwerde einbringen. Es ist dann schwer mit "die Mutter wars" zu argumentieren. Fairerweise muss ich aber auch dazu sagen dass es gott sei dank nur ums Schämen geht, ernsthaft bedroht wird meine Arbeitsstelle denke ich dadurch nicht bzw. war es auch bei dem Ex letztendlich nicht, gleichwohl er natürlich Rede und Antwort stehen musste (der Ex ist Mitarbeiter einer Lieferfirma und sie hatte sich wegen einer falschen Lieferung extrem aufgeregt).

    Reden ist nicht möglich, betrunken gar nicht, im nüchternen Zustand vergisst sie die Sachen zum Teil auch bzw. ist extrem überrascht wenn man ihr die Wahrheit unter die Nase hält (zB eine gesendete SMS oder E-Mail), also mit einem Fakt konfrontiert gibt sie es nüchtern wenigstens zu aber ich glaube ihr bzw. weiß, dass sie Dinge einfach vergisst / verdrängt zum Teil.

    LG

  • Möchte von meiner ersten Woche alleine berichten:

    Grundsätzlich habe ich viel mehr Freiheit und Frieden im Kopf, was auch der Ziel des ganzen war. Keine Angst mehr nach Hause zu kommen und sich ihren Launen aussetzen zu müssen, ich kann einfach heim und tun was ich will, abzuschalten und kein Geschrei mehr hören zu müssen.

    Die ersten paar Tage war Ruhe. Danach kamen immer wieder widersprüchliche SMS (eh klar), dass sie mich so vermissen würde und alleine stirbt, zwei Stunden später ich solle sie nie wieder im Leben kontaktieren usw.

    Alles in allem glaube ich ernsthaft (!) dass sie (so wie meine Tante übrigens) irgendwann im Schlaf erstickt an Erbrochenem und in den nächsten 3-4 Monaten nicht mehr auf der Welt sein wird. Ich weiß aber mittlerweile, dass ich hier nicht viel helfen kann, da sie keine Hilfe will.

  • Ich weiß aber mittlerweile, dass ich hier nicht viel helfen kann, da sie keine Hilfe will.

    Aber Du hast Dir geholfen. und sollte Sie dennoch eines Tages Hilfe annehmen wollen - dann bist Du auch in der Lage dazu, Ihr eventuell diese zu geben.

    Hallo - schön, mal wieder von Dir zu hören :)

    Das mit den widersprüchlichen Nachriochten ist normal - sie muss ja auch erstmal damit klarkommen, dass Du nicht mehr da bist und "nach ihrer Pfeife tanzt", sie jetzt kein "Netz und doppelten Boden" mehr hat.
    Lass Dich davon nicht beirren - Du merkst ja, dass es Dir besser so "alleine" geht 44.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Danke dir. Habe es für sie so eingerichtet online (auf ihren Wunsch), dass alles automatisch abgebucht wird und sie sich um nichts kümmern muss finanziell - auskommen muss sie aber mit dem wenigen Geld dann trotzdem selbst. Wie würdet ihr darauf reagieren wenn sie z.B. kommt und sagt, sie hat kein Essen mehr und kein Geld? Würdet ihr dann Essen geben (Geld sowieso nicht, das wird wohl wieder für Alk verwendet)? Oder eher lieber nicht, da sie sonst wieder ein "Sicherheitsnetz" hat?

  • Sorry, auch auf die Gefahr hin, dass es grob rüberkommt: Ich hätte den Kontakt komplett abgebrochen - nach dem Motto "Du darfst Dich gerne melden, wenn Du ERNSTHAFT Hilfe beim Alkoholausstieg brauchst/willst, aber ansonsten sieh zu, wie Du alleine klarkommst!"

    nixweiss0

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  • Hallo Kingslayer,

    Zitat

    Ich weiß aber mittlerweile, dass ich hier nicht viel helfen kann, da sie keine Hilfe will.

    Das ist traurig – aber leider wahr!
    Wenn Angehörige dies erkennen können, dann ist der nächste Schritt auch keine Verantwortung für den weiteren Verlauf des Alkoholikers zu übernehmen. Auch kein schlechtes Gewissen, und falsch verstandenes „Mit-Leiden“.

    Zitat

    Habe es für sie so eingerichtet online (auf ihren Wunsch), dass alles automatisch abgebucht wird und sie sich um nichts kümmern muss finanziell - auskommen muss sie aber mit dem wenigen Geld dann trotzdem selbst.

    Was Du schon alles für Deine Mutter als Sohn getan hast, ist beeindruckend! Also wirklich meinen Respekt dafür!

    Zitat

    Wie würdet ihr darauf reagieren wenn sie z.B. kommt und sagt, sie hat kein Essen mehr und kein Geld? Würdet ihr dann Essen geben (Geld sowieso nicht, das wird wohl wieder für Alk verwendet)? Oder eher lieber nicht, da sie sonst wieder ein "Sicherheitsnetz" hat?

    Ich kann diese Frage beim besten Willen und trotz/oder gerade wegen meiner Erfahrungen nicht grundsätzlich beantworten.
    Ich glaube auch, so meine Beobachtungen, dass manche trockene Alkoholiker dazu eine eher sehr harte, unnachgiebige Einstellung haben, die oft auch an der menschlichen Realität vorbeigeht.
    Dass Du Deine Mutter nicht mit Geld versorgst, das sie dann gleich wieder versäuft, hast Du selbst bereits erkannt.
    Ich kann an dieser Stelle nur einmal mehr sagen: Ich kann nie schreiben „wenn ich Dich wäre“, weil ich eben nie „Dich sein werde“. Ich kann Dir bestenfalls schreiben „wenn ich in so einer Situation wäre“, dann …

    … würde ich meiner Mutter selbstverständlich etwas zu Essen geben, wenn sie hungerleidend vor meiner Tür stehen würde. Würde ich ihr parallel dazu nach einer geeigneten Unterkunft schauen, schon damit ich sie nicht bei mir Zuhause haben würde und nicht mehr rausbekommen würde. Würde ich ihr (oder mit ihr zusammen) schauen, wo sie in Zukunft Essen bekommt.
    Ich denke, an dieser Stelle ist es unbedingt notwendig, dass Du mit striktem konsequentem Handeln auftrittst, Deiner Mutter also sehr deutlich klar machst, „bis hierhin und nicht weiter“.

    Man muss das alles ja auch realistisch betrachten: Du hast Sorge (in Deinen vorherigen Beiträgen), dass Dich Deine Mutter an der Arbeitsstelle und da, wo Du jetzt wohnst, durch ihr Auftreten blamierst. Dann steht sie eines Tages tatsächlich – im schlimmsten Fall – besoffen vor Deiner Tür und krakelt herum. Ich weiß nicht, was die Polizei in der Schweiz dabei dann macht? Aber wolltest Du das wirklich selbst, dass die Polizei Deine Mutter vor Deiner Tür abholt? Und das Ganze, weil sie Dich um Nahrung bittet? (Nicht um Stoff!!)

    Es gibt sicher Situationen, in denen jeder für sich selbst mit seinem Gewissen und seiner Lebenseinstellung zu seinen Mitmenschen ausmachen muss, wie er handelt. Da gibt es keine allgemeingültige Antworten …

  • Vielen Dank erneut für euere Antworten, die mir wirklich sehr helfen. Ich kann nur sagen dass ich bewusst nicht im "Drama" wegging, sondern eigentlich mehr oder weniger klar machte, dass jeder mal auszieht und ich nun mein eigenes Leben leben werde. Sie weiß ohnehin dass ich wohl noch länger (bis Ende des Studiums) bei ihr geblieben wäre ohne Alk, nur ich wollte nicht im Krieg auseinander gehen. Auch so erkennt sie denke ich gut, dass nun Schluss ist und sie sich entweder zu Tode saufen kann, oder einen Schluss-strich zieht.

  • Das es Dir besser geht habe ich verstanden, aber wie geht es Dir inzwischen nachdem du dich nun von deiner Mutter distanziert hast? Hat sich denn die Situation etwas gebessert? Tut mir leid wen ich frage, aber ich interessiere mich dafür, da ich mir nicht vorstellen kann wie das ist.

  • Gute Frage. Einerseits sind die Gedanken immer dort zum Teil, "Stirbt sie heute?".. also es ist schon etwas ungewiss und neu. Andererseits hat man einfach totalen Frieden von dieser "Situation" wie du es nennst. Nie mehr Angst haben heim zu kommen was nun wieder los sein wird. Die Situation hat sich daher eindeutig gebessert im Bezug auf die Alkoholkrankheit, aber los bin ich sie noch nicht, da ich immer noch etwas gekennzeichnet bin.

  • Hallo Kingslayer,

    ich selbst bin mit, ich sag mal, disfunktionalen Eltern aufgewachsen. Mutter schwer depressiv und alkoholabhängig, Vater Alkoholiker. Die Stärke der Alkoholabhängigkeit nahm bei beiden mit den Jahren zu.

    Ich selbst hab eine psychische Erkrankung und war und bin dem Alkohol zugeneigt, was auch mit den Jahrzehnten immer schlimmer wurde, also die Alkoholabhängigkeit. Ich bin mit 17 ausgezogen. Trotzdem hat es meine Mutter geschafft, dass ich mich bis zum 27. Lebensjahr emotional nicht lösen konnte und ein ständiges Schuldgefühl meiner Mutter gegenüber hatte. Ich habe dann den Kontakt abgebrochen, weil ich wusste, sonst gehe ich total kaputt. Sie ist drei Monate nach meinem Kontaktabbruch gestorben, aber das wäre sie auch ohne den Kontaktabbruch. Hatte noch kurz vor ihrem Tod Kontakt am Krankenbett.

    Ich musste sie nicht finanziell unterstützen, Essen hatte sie auch immer, obwohl sie kaum noch gegessen hat.

    Ich finde es gut, dass du ausgezogen bist. Ich finde, als Kind ist man nicht verantwortlich für das Wohlbefinden der Eltern, sondern umgekehrt erstmal. Du hast es geschafft, auszuziehen, du bist anscheinend berufstätig und verdienst Geld, du hast eine eigene Wohnung. Das bedeutet, dass du so stabil bist, für dich selbst zu sorgen. Und das ist erstmal das Wichtigste. Du hast jetzt alles Recht, dich um dich selbst zu kümmern. Und ich finde, es wäre eine gute Idee, wenn du dir noch Unterstützung für dich selbst holst, um mit all dem umzugehen und es zu verarbeiten. Vielleicht wirklich Suchtberatung, Hilfe für Angehörige, oder und auch eine eigene Psychotherapie, wenn du das möchtest.

    Die Gedanken, die du dir machst, was alles passieren könnte, was alles deine Mutter veranstalten könnte, zeigt, wie sehr du noch drinhängst, was aber auch klar ist. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn ich eine Mutter hätte, die nichts mehr zu essen hat. Ich hatte wenigstens noch Geschwister, sehr viel älter als ich, die solche Sorgen mit mir teilen konnten, wobei alle irgendwie beeinträchtigt waren durch meine Eltern.

    Liebe Grüße samo

  • Danke für die Antwort, hilft mir sehr.

    Das mit dem Essen: Sie hat im Monat alleine zum Leben abzüglich allen ca 350 Euro, was sehr viel ist, da sie wenig isst und ihr wsl sogar 50-100 Euro übrig bleiben würden. Nur sie bestellt immer von einer Pizzeria Wein (der dann gleich zehn Euro kostet) und so ist an einem "Saufwochenende" eben mal 30-40 Euro weg. Letztens hat sie geheult am Telefon, dann fünf Minuten später Suizidnachrichten. Ich weiß nicht mal mehr ob ich sowas ernst nehmen kann oder nicht. Also das mit "ich will sterben" nicht mehr, aber da ich nun auch weg bin könnte sein, dass sies wirklich tut. Was ich ihr aber anrechne: Sie hat den Auszug unterstützt, es verstanden und nie sowas wie in der Art gesagt "komm heim oder ich bring mich um" bis jetzt in dem Monat. Womit ich eigtl gerechnet habe.

  • Eine Frage: Kann ich eigentlich meine Mutter in eine Klinik einweisen lassen oder einen Termin ausmachen für sie? Letztlich muss es immer freiwillig basieren oder?

  • Wenn sie mal wieder Suizidabsichten äußert ... Polizei anrufen, sagen dass Du entsprechende Nachrichten von ihr hast und es ernst nimmst/sie sich tatsächlich etwas antun könnte. Dann kann eine Einweisung nach dem PsychKG erfolgen.
    Allerdings: wenn die Ärzte eine Ernsthaftigkeit verneinen und Deine Mutter nicht freiwillig bleiben will, wird sie wieder entlassen. Bringt also nicht wirklich was.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Naja, ich würde sagen, wenn sie Suizidabsichten äußert, kannst du die Polizei anrufen. Alles andere geht dann seinen Gang. Entweder sie wird eingewiesen. oder nicht.

    Was ich tragisch finde, ist, dass du, obwohl du ausgezogen bist, eigentlich ständig mit deiner Mutter beschäftigt bist. Du bist nicht verantwortlich für sie. Lass sie los. Vielleicht hilft es sogar ihr.

    Liebe Grüße

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