Grüße aus einem alkoholgetränkten Leben

  • Hallo allerseits,

    ich bin männlich, 35 Jahre alt und Alkoholiker. Vor etwa 8 Jahren erfolgte wohl der symbolische Übergang vom Missbrauch zur tatsächlichen Abhängigkeit, als ich zum ersten mal bei einer stationären Entgiftung vorstellig wurde. Drei weitere und zwei Langzeittherapien (ambulant und stationär) sollten bis heute folgen.
    Mein Konsum machte dabei verschiedene Phasen durch, mal trank ich jeden zweiten Tag eine Flasche Whisky und ein paar Bier, dann schaffte ich es 1 Jahr lang abstinent zu bleiben (nach der ambulanten Therapie sogar 2 Jahre) um dann ein Comeback als Quartalstrinker zu haben wobei ich etwa ein, zwei Monate nichts trank, um mich dann zwanghaft eine Woche lang zu jeder Wachzeit krankenhausreif zu saufen. Zum Schluss trank ich jeden Tag nach der Arbeit eine halbe Flasche Wodka werktags und an den Wochenenden mehr.

    Nach enormem Stress und fehlender Anerkennung im Job, dazu massiven psychosomatischen Problemen wie Schwindel, Schlaf- und Angststörungen, habe ich mich für eine dreimonatige Langzeittherapie entschieden, aus der ich Anfang Dezember zurückgekehrt bin. Ich fühle mich, als wäre ich über die langen Jahre in denen ich mich schon sehr intensiv mit dem Thema Sucht beschäftige (in Theorie und Praxis gewissermaßen), schon selbst zu einer Art Sachverständigen geworden zu sein. Ich habe viele Niederlagen einstecken müssen (bspw. Studienabbruch), aber mir auch einige Erfolge erkämpft - doch es reicht noch nicht.

    Kurz nachdem ich von der LZT zurück war kam es mir vor, als wäre ich nie weg gewesen. Die langen Wochen dieses Intensivprogramms, in denen ich auch stets motiviert und engagiert war, waren wie weggeblasen und dann ist passiert, was ich mir nie hätte träumen lassen - ich bin so kurz nach der Therapie wieder rückfällig geworden. Dreimal mittlerweile. Dass ich gefährdet bin und sich ein Rückfall ereignen kann hatte ich mir schon gedacht, aber dass es so früh dazu kam ist schon frustrierend. Ich habe Nachsorge bewilligt bekommen und nachher den Termin bei der Suchtberatung, da habe ich die Rückfälle schon angesprochen und werde weitersehen. Ich habe auch beobachtet wodurch sie hauptsächlich ausgelöst wurden: Angst- und Unruhezustände, psychosomatische Probleme: Unfähigkeit meine Baustellen im beruflichen Bereich anzugehen, sozialer Rückzug.

    Anfang Februar ist wieder ein Kennenlern-Treffen der AA, da werde ich auch mal hingehen. Tja, das war es soweit von mir. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

    Einmal editiert, zuletzt von Henri (25. Januar 2018 um 21:54)

  • Guten Abend vita_min,

    willkommen im Forum!

    Wie es sich liest, weißt Du schon ziemlich alles über Deine Sucht, auch, wie Du sie zum Stillstand bringen kannst, wenn Du dieses Wissen auf Dich bezogen anwendest?
    Wie schon in anderen Threads hier geschrieben: Rückfälle, auch ziemlich schnell auf eine LZT folgend, sind eher die Realität, wie die Ausnahme.

    Zitat

    Ich habe auch beobachtet wodurch sie hauptsächlich ausgelöst wurden: Angst- und Unruhezustände, psychosomatische Probleme: Unfähigkeit meine Baustellen im beruflichen Bereich anzugehen, sozialer Rückzug.


    Auch das ist jetzt eher die Realität in der aktiven Sucht. Das Eine (die Sucht) zieht einen langen Schwanz (psychische und psychosomatische Probleme) nach sich. Oft dann irgendwann auch physische Folgen.
    Logischerweise, das weißt Du als Fachmann in Deiner eigenen Sucht, kann das Eine (die psychischen Probleme ebenso wenig wie die körperlichen Folgen) nicht zielführend behandelt werden, wenn das Andere (Deine Sucht) aktiv ist.
    Eigentlich eine einfach Formel, oder?

    Wenn ich richtig gelesen habe, dann hast Du ambulante und stationäre Therapien bereits absolviert. Was ist denn mit weiterer Unterstützung, bei der Du selbst aktiv werden musst? Also zum Beispiel Selbsthilfegruppen?
    Und weswegen musst Du auf das „Kennenlern-Treffen“ der AA warten, um diesbezüglich aktiv zu werden? Wenn man will, kann man doch jederzeit zu den AA, genauso wie zu allen anderen Selbsthilfegruppen.

    Einmal editiert, zuletzt von Henri (25. Januar 2018 um 21:55)

  • Auch von mir ein herzliches Willkommen hier im Forum :welcome:

    Genau wie Dietmar würde mich interessieren, ob Du bisher schon einmal SHG besucht hast.

    Ich habe früher auch gedacht, es reicht, wenn ich "nur" nicht trinke. Obwohl in der Langzeit-Therapie über die Notwendigkeit von SHG gesprochen wurde - und mir auch logisch erschien. Aber ich war ja schließlich der Erste und Einzige, der es alleine schafft ... Einbildung ist auch eine Bildung, bei manchen die einzige :(

    Schließlich musste ich lernen, dass ich mich nicht wie Baron Münchhausen selbst aus dem Sumpf ziehen kann.
    Ich bin überzeugt, dass ich es m/einer SHG zu verdanken habe, dass ich nun fast 10 Jahre trocken bin und mich damit sauwohl fühle.

    Auf jeden Fall wünsche ich Dir Erfolg auf Deinem Weg!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

    Einmal editiert, zuletzt von Henri (25. Januar 2018 um 21:57)

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