Der Vater meines Kindes ist Alkoholiker und ich brauche Hilfe!

  • Hallo zusammen,

    Wie der Titel schon besagt ist der Vater meines Kindes Alkoholiker. Wir waren nicht zusammen und das Baby war nicht geplant, und dann war ich schwanger und bin sehr glücklich über meiner kleine Tochter. Bevor ich schwanger war, kannten wir uns ungefähr ein Jahr lang und hatten eine Affäre. Er ist 50 und ich 35 und eigentlich wollte er nicht nochmal Vater werden. Er hat schon eine jugendliche Tochter und ist seit Jahren geschieden. Ich war sehr in ihn verliebt, jedoch wurde mir seine Alkoholsucht bekannt und ich war sehr vorsichtig. Er trinkt nicht jeden Tag, doch wenn er trinkt dann drei Flaschen Wein auf einmal. Das tat er jedes Wochenende und auch öfters während der Woche. Er geht allerdings noch jeden Tag zur Arbeit. Einen Führerschein hat er aber nicht mehr, schon seit ich ihn kenne hatte er keinen mehr. Er hatte sich bis dahin auch schon viele wichtige Dinge im Leben durch den Alkohol versaut (Familie, Beziehungen, sozialer Status)
    Wir haben uns deswegen nicht regelmässig gesehen und hatten öfters keinen Kontakt in der Zeit, da er mir zu viel wurde. Doch dann ich schwanger. Ich sollte laut meinem Gynäkologen nicht schwanger werden ohne hormonelle Behandlung und wurde es bis dahin auch noch nicht. Doch dann kam das kleine Wunder und ich bin überglücklich:-).
    Während der Schwangerschaft hatten wir Kontakt aber wir haben uns kaum gesehen. Ich wollte immer dass er erkennt, dass er krank ist und eine Therapie macht. Nach der Geburt jedoch waren wir gemeinsam bei seinem Arzt für Suchtkranke und der hat uns dazu geraten es zusammen zu versuchen und zusammen zu ziehen. Im Moment wohnt jeder in seiner eigenen Wohnung, doch finanziell und auch emotional wäre es von Vorteil eine Wohnung zusammen zu beziehen. Ich habe mir vorgenommen dem ganzen eine Chance zu geben-auch weil ich es wichtig finde dass der Papa da ist für unsere kleine Tochter. Er hat es auch als Chance betrachtet und will versuchen für seine kleine Familie trocken zu bleiben.

    Er geht jetzt auch zu den anonymen Alkoholikern einmal pro Woche. Ich komme momentan am Wochenende mit unserer Tochter zu ihm oder er zu mir. Wenn wir da sind trinkt er nicht mehr. Er sollte versuchen Abstinent zu werden. Doch leider wenn wir nicht da sind-er hat Hobbys die ihn leider mit dem Alkohol in Versuchung führen, hält er es nicht durch und versucht es aber vor mir zu verbergen. Doch ich merke es immer wenn wir dann telefonieren an seiner Stimme und er bekommt die Wörter nicht mehr richtig raus. Ich kenne auch einen Bekannten von ihm der mir bestätigt hat dass er immer noch trinkt wenn ich nicht da bin. Wenn ich ihn darauf anspreche sagt er immer es wäre nicht wahr und ich soll damit aufhören ihn zu verdächtigen.
    Heute war es wieder so weit und ich habe es an seiner Stimme gemerkt. Ich habe ihm einfach gesagt dass ich auflegen will und wir besser morgen telefonieren. Ich habe ihn nicht auf den Alkohol angesprochen. Es verletzt mich jedoch sehr zu sehen, dass er es nicht schafft.
    Ich möchte ihm aber gerne eine Chance geben, da ich sehe dass er uns nicht verlieren will und kämpft. Er hat es auch nicht leicht, und bei seiner Familie ist die Nachricht über das Baby nicht so gut angekommen. Der ganze Stress jedoch verstärkt den Drang zum Trinken enorm.
    Wie gesagt seit zwei Monaten hat er es geschafft nichts mehr zu trinken, und er ging immer zu Therapie. Doch mittlerweile, seit den zwei letzten Tagen an dem er wieder mit seinem Hobby unterwegs war, hat er getrunken und heute am Telefon war er sehr negativ. Ich weiss jetzt nicht was ich tun soll und bin sehr verzweifelt. Soll ich ihn darauf ansprechen dass ich es gemerkt habe, oder nichts sagen? Ich hoffe ja immer noch dass das schlechte Gewissen von selbst kommt und ich weiss dass man keine Vorwürfe machen darf, weil das das Trinken noch verstärken würde.
    Aber ich fühle mich auch nicht gut dabei alles für mich zu behalten und so zu tun als wäre nichts passiert.
    Was soll ich nur tun? Ich will ihn auch nicht verlieren und ihn noch nicht aufgeben.

    LG von Liira

  • Guten Morgen Liira,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin Mitte 40, Alkoholiker und ein paar Jahre trocken. Ich habe selbst Kinder, bin geschieden, bald wieder verheiratet und hab so bisl einen Hintergrund um in etwa die Situation Deines Partners einschätzen zu können (sofern das nach ein paar Zeilen lesen überhaupt möglich ist).

    Ich mache jetzt einfach mal ein paar Anmerkungen aus meiner Erfahrung auf das, was Du geschrieben hast:

    Zitat

    Er hatte sich bis dahin auch schon viele wichtige Dinge im Leben durch den Alkohol versaut (Familie, Beziehungen, sozialer Status)

    Das deutet für mich darauf hin, dass er sein Alkoholproblem nicht erst seit gestern hat. Es scheint, als hätte er schon lange/länger damit zu kämpfen. Er hätte also auch in der Vergangenheit schon Gelegenheit gehabt etwas dagegen zu unternehmen. Gründe denke ich hätte er auch gehabt. Du schreibst ja, dass er Familie hatte die er wahrscheinlich auch nicht hat verlieren wollen. Allerdings möchte ich vorab sagen, dass man als Alkoholiker immer zuallerst für sich selbst trocken werden wollen sollte. Andere Gründe können den Anstoss liefern aber man muss es für sich selbst und sein eigenes Leben wollen, sonst wird's schwierig...

    Zitat

    Ich komme momentan am Wochenende mit unserer Tochter zu ihm oder er zu mir. Wenn wir da sind trinkt er nicht mehr.

    Schön, dass er sich da zusammen reißt. Auf Dauer wird er das nicht können, davon musst Du leider ausgehen

    Zitat


    Er geht jetzt auch zu den anonymen Alkoholikern einmal pro Woche

    Auch gut, jedoch offensichtlich hilft es nicht um den Schalter richtig umzulegen. Bist Du sicher, dass er das immer noch regelmäßig macht?

    Zitat

    Es verletzt mich jedoch sehr zu sehen, dass er es nicht schafft.

    Kann ich ein Stück weit verstehen, allerdings ist er für sein Leben selbst verantwortlich. Du bist für DEIN Leben verantwortlich und jetzt auch für das Deines Kindes. Du wirst ihm nicht helfen können solange er selbst nicht die Kurve bekommt. Das ist hart aber das ist leider die Realität. Schütze Dich und Dein Kind!

    Zitat

    Ich habe mir vorgenommen dem ganzen eine Chance zu geben-auch weil ich es wichtig finde dass der Papa da ist für unsere kleine Tochter.

    Bestimmt bekommst Du hier auch Rückmeldungen von Kinder von Alkoholikern. Oder kannst es gerne auch in anderen Threads nachlesen. Das was ich dort lesen musste/durfte war für mich immer das Gegenteil von gut für das Kind. Ehrlich gesagt glaube ich, dass ein alkoholkranker Papa aber auch eine alkoholkranke Mama mit das schlimmste ist, was einem Kind passiern kann. Sicher gibt es unterschiedliche "Ausprägungen" aber Du darfst auch davon ausgehen, dass seine Sucht nicht auf dem Stand bleibt wo sie heute ist. So wie Du ihn jetzt kennst wird er nicht bleiben. Die Sucht schreitet fort, damit auch die Veränderung des Süchtigen. Einzige Chance ist, dass er seine Sucht zum Stillstand bringt und trocken wird - oder Du Dein eigenes Leben führst.

    Zitat

    Er hat es auch als Chance betrachtet und will versuchen für seine kleine Familie trocken zu bleiben.

    Schön, vielleicht will er das wirklich. Wie oft habe ich mir das auch vorgenommen. Nie geschafft, über viele Jahre. Dir helfen hier nur Taten - keine Reden oder Versprechungen. Die sind absolut nichts Wert.
    Auch die Tatsache, dass er zu den AA geht oder mit Dir mal bei der Suchtberatung war hilft Dir nicht weiter. Es war eine Hoffnung - aber wenn er anschließend nicht weiter gegen seine Krankheit angeht, dann kommt nichts bei raus. Ich weiß nicht, welcher Weg für ihn der richtige wäre - ob ihm z. B. eine Langzeittherapie helfen könnte. Ich weiß aber das ich damals, als ich wirklich weg vom Alkohol wollte, genau alles diese Möglichkeiten durchgespielt habe. Mit professioneller Hilfe. Und ich war bereit ALLES für meine Trockeheit zu tun. Wenn er das auch ist, dann habt ihr eine Chance, sonst wird's wohl eher schwer. Und dann kann ich Dir nur raten, Dein eigenes Leben zu leben. Denn mit einem Alkoholiker an Deiner Seite ist das Leben nicht lebenswert.

    Alles alles Gute und eine guten Austausch wünsche ich Dir!

    LG
    gerchla

  • Hallo Liira,

    Gerchla hat Dir schon sehr gut verständlich geschrieben, wie jemand „tickt“, solange die Sucht aktiv betrieben wird.
    Ich möchte trotzdem noch etwas zu dem schreiben, was mir in Deinen Schilderungen aufgefallen ist.

    Zitat

    Er trinkt nicht jeden Tag, doch wenn er trinkt dann drei Flaschen Wein auf einmal. Das tat er jedes Wochenende und auch öfters während der Woche.


    Das ist wirklich ein „Level“, der mich vermuten lässt, dass er – ohne Dein Wissen – auch „an den Tagen, an denen Du glaubst, dass er nichts trinkt“ tatsächlich weitertrinkt.

    Zitat

    Ich wollte immer dass er erkennt, dass er krank ist und eine Therapie macht.


    So funktioniert leider eine mögliche Einsicht in das eigene Suchtproblem nicht.
    Von außen kann zwar ein Anstoß erfolgen, dass ein Suchtproblem besteht, jedoch muss der Betroffene selbst auf den Trichter kommen.

    Zitat

    Nach der Geburt jedoch waren wir gemeinsam bei seinem Arzt für Suchtkranke und der hat uns dazu geraten es zusammen zu versuchen und zusammen zu ziehen.


    Ich bin ziemlich irritiert. Das muss ein sehr merkwürdiger „Arzt für Suchtkranke“ sein. Ich kenne relativ viele gute und erfahrene Suchtmediziner und Therapeuten. So einen Rat habe ich noch von keinem gehört.
    Es stimmt schon, was Gerchla Dir geschrieben hat: Solange ein Alkoholiker trinkt, also nass ist, ist es für Alle, besonders aber für das Kind, besser nicht zusammen zu leben.

    Zitat

    Ich habe mir vorgenommen dem ganzen eine Chance zu geben-auch weil ich es wichtig finde dass der Papa da ist für unsere kleine Tochter.


    Auch dazu hat Dir Gerchla geschrieben: Für ein Kind, auch, wenn es sich diesbezüglich noch nicht richtig artikulieren kann, ist es furchtbar mit einem unzuverlässigen, ständig angetrunkenen Papa zusammen leben zu müssen. Da entstehen dann schon einmal eventuell lebenslang begleitende psychische und soziale Probleme bei Kindern.

    Zitat

    Er hat es auch als Chance betrachtet und will versuchen für seine kleine Familie trocken zu bleiben.


    Ich habe noch keinen einzigen Alkoholiker kennen gelernt, der wegen …. was auch immer …. trocken geblieben, und schon gar nicht trocken geworden ist.

    Zitat

    Wenn wir da sind trinkt er nicht mehr. Er sollte versuchen Abstinent zu werden.


    Erfahrungsgemäß führt ein „sollte versuchen“ nicht zum gewünschten Erfolg. Der eigene Wille trocken werden zu wollen, samt den dann in die Wege geleiteten Maßnahmen, wie stationärer qualifizierter Entzug, anschließende Therapie, ggf. sogar Langzeittherapie und das Vermeiden eines nassen Umfeldes (Hobby) muss aktiv vom Betroffenen umgesetzt werden. Sonst wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit beim stetigen „Versuch“ bleiben.

    Zitat

    Es verletzt mich jedoch sehr zu sehen, dass er es nicht schafft.


    Das ist verständlich, dass Du Dich (ohne das nötige Wissen über die Sucht, aber auch über die Co-Abhängigkeit) verletzt fühlst.
    Tatsächlich will kein nasser Alkoholiker absichtlich verletzen. Tatsächlich ist sein Verhalten Dir gegenüber schlicht „Sucht“. Und diese ist um ein Vielfaches stärker, als jede Liebe und Beziehung.

    Zitat

    Ich möchte ihm aber gerne eine Chance geben, da ich sehe dass er uns nicht verlieren will und kämpft.


    Andersherum würde es passen: Er müsste Euch, Dir und seinem Kind, eine Chance geben und wirklich wollen, dass seine Sucht zum Stillstand kommt.

    Zitat

    Der ganze Stress jedoch verstärkt den Drang zum Trinken enorm.


    Das ist natürlich mit Sicherheit nicht der wirkliche Grund zum Trinken: Ich könnte Dir fünftausend Gründe nennen, warum ich getrunken habe. Keiner davon wäre wirklich wahr, und keiner wirklich falsch. Der einzig wahre Grund aber: Weil ich aktiv süchtig war und trinken musste!
    Ein nasser Alkoholiker hat mindestens 7 Gründe, um zu trinken: Montag, Dienstag, Mittwoch …..

    Zitat

    Doch mittlerweile, seit den zwei letzten Tagen an dem er wieder mit seinem Hobby unterwegs war, hat er getrunken


    Das muss ein höchst merkwürdiges Hobby sein. Mir fällt da momentan kein einziges Hobby ein, bei dem man Alkohol konsumieren muss, um mithalten zu können.

    Zitat

    Soll ich ihn darauf ansprechen dass ich es gemerkt habe, oder nichts sagen? Ich hoffe ja immer noch dass das schlechte Gewissen von selbst kommt und ich weiss dass man keine Vorwürfe machen darf, weil das das Trinken noch verstärken würde.


    Das ist gelinde gesagt Quatsch! Woher hast Du nur solche Erkenntnisse?
    Siehe oben: Kein nasser Alkoholiker braucht Gründe um zu saufen. Die Sucht alleine ist Grund genug.

    Zitat

    Was soll ich nur tun? Ich will ihn auch nicht verlieren und ihn noch nicht aufgeben.


    Ich glaube, dass Du das falsch siehst: Nicht Du verlierst ihn, weil Du Abstand nimmst. Gegenüber der Sucht hast Du, und hast Du ihn schon längst verloren.
    Er hat sich selbst, und all seine sicher guten Fähigkeiten und Eigenschaften zumindest momentan noch an seine Sucht verloren.
    Dass er Familie, sozialen Stand, etc. durch die Sucht verliert, ist nichts weiter wie Kollateralschaden, den jeder Alkoholiker dankend hinnimmt um in Ruhe weitersaufen zu können.

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