Ich habe mich vor längerer Zeit immer einmal wieder über den im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Alkoholsucht von vielen Menschen verwendeten Begriff der Kapitulation mokiert. Ich finde diesen Begriff zwar nach wie vor ausgesprochen bombastisch, entdecke aber auch, dass er eine Wahrheit enthält, die ich zwar anders ausdrücke, aber letztendlich auch sehe.
Wenn man von einer Droge abhängig ist, befindet man sich in einem Teufelskreis. Einerseits möchte man die Droge nicht mehr konsumieren, weil man ihre zerstörerische Wirkung spürt. Andererseits konsumiert man sie, weil man sie zu brauchen meint.
Vielen Alkoholikern fällt es schwer zu realisieren und noch schwerer zu akzeptieren, dass die Anfangszeit, in der die Droge ausschließlich schöne Gefühle auslöste, unwiederbringlich vorbei ist. Bevor wir süchtig waren, konnten wir den Alkohol dazu missbrauchen, uns schöne Gefühle zu verschaffen.
Hätten wir das nur einige wenige Male im Jahr getan, würden wir das auch heute wahrscheinlich noch so handhaben können. Wir bekamen aber den Hals nicht voll.
Und das hängt uns jetzt nach.
Wir haben es schlicht und einfach übertrieben.
Das ist eine Erkenntnis, um die wir nicht herumkommen. Und die zieht nach sich, dass wir unser Verhalten ändern müssen. Vielleicht ist es uns irgendwann wieder möglich, das Schöne am Alkohol zu genießen. Aber dazu müssen wir erst einmal dafür sorgen, dass wir unsere Sucht los werden. Bis dahin fließt, wie es so schön heißt, noch viel Wasser den Rhein hinunter. Und wenn dann genug Wasser geflossen ist, wollen wir vielleicht überhaupt nicht mehr über den Alkohol Schönes bekommen, weil wir das Schöne anderweitig bekommen (haben).
Wer weiß.
Aus heutiger Sicht sind das jedoch ungelegte Eier. Heute haben wir nur eins erkannt, nämlich dass wir gut daran tun, unser Verhalten zu ändern, wenn wir die Situation verbessern wollen, in der wir uns befinden. Also kein gieriges Saufen und kein Rausch, auch nicht hin und wieder, denn das sind Verhaltensweisen, die unser bisheriges Verhalten kennzeichneten.
Wir müssen nicht kämpfen. Denn der Alkohol greift uns weder an, noch ist er unser Gegner. Wir müssen deshalb auch nicht vor etwas Großem und Starkem kapitulieren und uns demütig im Staub wälzen, sondern uns immer wieder klarmachen, dass wir schlicht und einfach falsch gehandelt haben. Wir sind einen Weg gegangen, der uns nicht dahin geführt hat, wo wir gerne gelandet wären. Das liegt m.E. nicht daran, dass wir mit Alkohol nicht umgehen können, sondern daran, dass der Alkohol das, was wir uns von ihm versprachen, überhaupt nicht leisten kann.
Also müssen wir einen anderen Weg gehen. Und je konsequenter wir auf diesem Weg bleiben, desto schneller und sicherer erreichen wir das Ziel.
Katro