Katro's Thread

  • Liebes Forum!

    ich möchte diesen Thread nutzen, um mich zu sortieren und meine Gedanken und Erfahrungen anderen, die sie lesen möchten, mitzuteilen.
    Es geht mir hier weniger um eine Diskussion, sondern darum, Dinge zu notieren, die mich in Bezug auf Sucht beschäftigen.
    Und ich habe die Hoffnung, dass meine Erfahrungen dem einen oder anderen eine Hilfe bei seinem Ausstieg sein können.

    Ich habe mich deshalb bewusst dafür entschieden, im offenen, also auch jedem Außenstehenden zugänglichen Bereich zu schreiben, weil ich der Auffassung bin, dass es jeder mit seiner Alkoholabhängigkeit aufnehmen kann. Man muss nur den richtigen Zugang finden. Und je mehr unterschiedliche Wege man zur Kenntnis nehmen darf, desto größer ist vielleicht die Chance dazu.

    Auch wenn ich den Alkoholismus nicht als echte Krankheit betrachte -oder vielleicht gerade deshalb- sehe ich darin nichts Ehrenrühriges und nichts, was man verstecken muss. Man ist einen Weg gegangen, der sich als Irrweg erwiesen hat. Und weil jede Sucht eine Art von Gehirnwäsche bedeutet, ist der Ausstieg nicht immer leicht.

    Aber wenn man mit der Gehirnwäsche aufgeräumt hat, bekommt man einen klaren Blick auf seine Sucht.

    Und dann ist alles möglich…

    V.G.
    Katro

    Einmal editiert, zuletzt von katro (1. Mai 2014 um 11:45)

  • Ob ich nun ein Alkoholsüchtiger bin bzw. war oder ob ich über 30 Jahre meines Lebens „nur“ Alkoholmissbrauch betrieben habe, vermag ich weder wissenschaftlich, noch sonstwie fundiert zu beantworten. Letztendlich ist mir das auch ausgesprochen schnuppe.
    Ich fühlte mich über einen Zeitraum von vielen Jahren äußerst abhängig.
    Das zählt für mich. Und das belastete mich.
    Wie oft hatte ich mir - vielleicht abgesehen von den ersten fünf Jahren meiner Sauferei- vorgenommen, weniger zu trinken? Wie oft hatte ich geplant, endlich einmal wieder einen Abend überhaupt nichts Alkoholisches zu trinken?
    Ich kann diese Fragen nicht beantworten. Aber ich kann sagen, wie oft ich meine Vorsätze über Bord warf.
    Immer!

    Irgendwann begann ich, mich so oft wie möglich in Situationen zu begeben, in denen ich nicht trinken konnte. Das half zwar meinen Alkoholkonsum zu reduzieren, änderte aber nichts daran, dass der Gedanke an Alkohol stets durch meinen Schädel kreiste.
    Ich begann sogar, mich mit der Aussicht abzufinden, mein restliches Leben (ver)saufen zu müssen. Diese Vorstellung war schrecklich. Aber ich hielt die Sauferei für mein Schicksal, weil ich überhaupt nicht auf die Idee kam, dass ich es schaffen könnte, vom Alkohol loszukommen.

    Dann kam der Ausstieg aus der Nikotinsucht. Beim ersten Versuch mit dem Gedankengut von Allan Carr, nach meinem Rückfall mit einer selbstgestrickten Strategie, die aber sicherlich Elemente von Carr enthielt und ergänzt wurde durch Tipps aus RFO. Es war für mich fantastisch, zu erleben, wie aus einer durch Analyse Pro und Contra Rauchen gewonnenen Erkenntnis, verbunden mit einer Entscheidung, hinter der ich aufgrund des Erkenntnisprozesses hunderprozentig stand, eine Kraft erwuchs, die mich auch durch die tiefsten Täler trug.
    Es war toll zu wissen, dass ich alles, was ich tat, in erster Linie nur für mich tat, nicht für eine Frau, nicht für mein Kind, sondern ausschließlich für mein Wohlergehen, für mein besseres Leben.
    Dieses Leben war am Anfang nur nebulös zu erkennen. Denn ich wusste ja nicht, wie fantastisch ich mich irgendwann einmal ohne Zigarette fühlen würde. Aber es gab immer wieder Momente, anfangs kurze, dann immer länger werdende, in denen ich fühlen durfte, wie dieses Leben aussehen würde.
    Und irgendwann war es da, das bessere Leben.

    Und nicht ganz fünf Jahre später wiederholte sich das alles beim Alkohol. D.h., eigentlich wiederholte es sich nicht. Denn es ging alles viel, viel schneller, vielleicht deshalb, weil ich aus der Erfahrung des Nikotinausstiegs heraus keinerlei Zweifel in mir trug, dass mir der Alkohol nicht das geben kann, was ich brauche, sondern dass er mir sogar Dinge nimmt, die ich nicht hergeben müsste, wenn ich ihn links liegen lasse.

  • Der zweite Skiurlaub und das zweite Silvester sind nun auch schon wieder Schnee von gestern. Letztes Jahr war ich noch tierisch stolz darauf, dass ich diese Zeit unfallfrei gemeistert hatte. Diesmal war es bereits normal, weder Jagatee noch sonstiges alkoholisches Gesöff, sondern Skiwasser oder Apfelschorle auf den Hütten oder im Hotel zu trinken.

    Meine persönliche Erfahrung mit Tabak und Alkohol und deshalb auch Definition von Sucht ist, dass der Süchtige seine Droge konsumiert, weil er der Meinung ist, ohne diesen Stoff nicht leben zu können.
    Dieses Empfinden habe ich schon lange nicht mehr.
    Weder in Bezug auf Alkohol noch auf Tabak.
    Das Empfinden hat sich sogar umgekehrt.
    Tabak und Alkohol nehmen mir –wie ich bereits schrieb- Lebensqualität.

    Hin und wieder kommt zwar der Gedanke auf, dass zum Beispiel der Kick der ersten Zigarette am Morgen eines Tages nicht zu verachten ist. Aber einerseits kann ich mir gar nicht mehr richtig vorstellen, wie sich dieser Kick konkret anfühlt. Und andererseits will ich es auch gar nicht mehr wissen.
    Das Kapitel ist abgeschlossen.
    (Darüber hinaus müsste ich mich, wie ich bei meinem Rückfall leidvoll erfuhr, erst wieder süchtig rauchen, bevor ich den Kick empfinden könnte. Und dann hätte ich die Sucht erneut an der Backe.)
    Beim Alkohol kann ich mich eigentlich nur an ganz wenige Situationen erinnern, in denen ich ihn bzw. das, was er in mir oder mit mir auslöste, wirklich genossen habe. Und die liegen ewig zurück. Seit langer Zeit verbinde ich mit dem Saufen nichts anderes als Zwang.
    Vielleicht fiel es mir deshalb leichter bzw. so unglaublich leicht, das Kapitel Saufen abzuschließen.

    Übermorgen beginnt der 21. Monat meines Ausstiegs aus der Alkoholsucht. Und darüber freue ich mich.

    Katro

  • Seit ich vor nicht allzu langer Zeit in diesem Forum las, dass ein langjährig trockener Alkoholiker, der noch dazu eine SHG besuchte, rückfällig wurde, beschäftigt mich das Thema wieder sehr.
    Was passiert da eigentlich vor und während des Rückfalls im Kopf des (Ex)Süchtigen? Und warum gelingt es ihm nicht (mehr), das lange praktizierte Nein zum Alkohol bzw. zum Saufen aufrecht zu erhalten?

    Ich kann mir Rückfälle eigentlich nur damit erklären, dass das Suchtmittel im Kopf des Süchtigen auch nach dem Ausstieg nicht hundertprozentig negativ besetzt ist. Er weiß zwar um dessen negative Seiten, hat jedoch auch das Positive erlebt. Und so kommt er möglicherweise auf die Idee, das Positive ohne das Negative haben zu können, wenn er den Konsum des Suchtmittels nicht übertreibt.
    Schätze, dass man sich belügt, wenn man so etwas denkt.

    Ich habe das bei meinem Rückfall in die Nikotinsucht erlebt. Nach dreimonatiger Abstinenz war es bei mir so weit. Ich hielt die immer stärker werdende Schmacht nicht mehr aus, schnorrte mir eine Zigarette, machte ein paar Züge und trat sie dann enttäuscht aus, obwohl ich sie noch nicht einmal bis zur Hälfte geraucht hatte, weil ich nur das Widerliche des Rauchs wahrnehmen konnte.
    Der Nikotinkick blieb aus, die Schmacht jedoch blieb.
    Hätte ich jetzt wie später bei meinem zweiten Rauchstopp akzeptiert, dass man die Schmacht nicht mit dem Suchtmittel bekämpfen kann, wäre alles gut geworden. Ich versuchte es jedoch immer wieder…
    …und schließlich bekam ich den ersehnten Kick.
    Leider war der gleichzusetzen mit einem Rückfall in das alte Suchtverhalten.

    Fazit: Durch das einmalige Rauchen konnte ich das Positive, nämlich den Kick, nicht bekommen. Ich bekam es erst, nachdem ich mich wieder auf das Negative einließ.

    Beim Alkohol dürfte es ähnlich sein. Ich kann ihn trinken. Aber wenn ich ihn nicht in einer entsprechend großen Menge saufe, bleibt das Positive des Suchtmittels aus. Um das zu bekommen, muss ich mehr trinken…
    …und dann bekomme ich das Negative als Zugabe.

    Ich werde mir das immer wieder vergegenwärtigen.

    Katro

  • Einem Süchtigen mit den medizinisch negativen Auswirkungen seiner Sucht zu kommen, ist eine müßige Angelegenheit. Das Negative wird verdrängt. Auch die positiven Auswirkungen, die beim Ausstieg aus der Sucht winken, helfen meist nicht weiter, weil der Süchtige ja davon ausgeht, dass er ohne sein Suchtmittel nicht leben kann.

    Die Motivation zum Ausstieg muss woanders gründen.

    Bei mir war es der Freiheitswille.
    Diese Freiheit habe ich wiedererlangt, indem ich mich bewusst dafür entschied, keinen Rausch mehr haben zu wollen und die daraus resultierenden und zu erwartenden physischen und psychischen Entzugserscheinungen (die dann bei mir wider Erwarten zum Glück nur minimal waren) schlicht und einfach wie beim Nikotinausstieg zu ertragen. Ich hoffe -und gehe eigentlich auch davon aus- dass ich diese Freiheit mein Leben lang nicht mehr für ein kurzes künstliches Glück aus der Flasche aufgeben werde. Dafür bedeutet sie mir zu viel.

    Was ich seit einiger Zeit an mir feststelle, ist, dass die positiven gesundheitlichen Aspekte immer mehr in den Vordergrund rücken. So erfuhr ich z.B., dass
    - man nicht träumt, wenn sich Alkohol im Blut befindet. Der Schlaf ist deshalb weniger erholsam.
    - der Blutdruck und auch das Blutfett durch den Alkoholgenuss erhöht werden. Und das sogar bei geringen Mengen Alkohol.

    Ich spüre die Auswirkungen dieser neuen Blickrichtung. War es mir über viele Monate wichtig gewesen, mir immer wieder zu beweisen, dass mich der eine oder andere Schluck Alkohol nicht erneut zum Säufer macht, so läuft seit einiger Zeit ein Prozess, der mich in die Richtung der Abstinenz gehen lässt.
    Ich habe mir oft genug bewiesen, dass ich keine Angst mehr vor dem Alkohol haben muss. Weder im Glas, noch im Medikament oder wo auch immer.
    Jetzt kann ich ihn wieder ein Stück mehr loslassen, denn viel mehr als diesen Beweis der Sicherheit bringt er mir nicht ein.

    Katro

    Einmal editiert, zuletzt von katro (11. Januar 2014 um 11:02)

  • Auch wenn der Alkohol in meinem Leben sowohl seinen Schrecken als auch das einst positive Image verloren hat, kann und will ich ihn nicht verdammen. Hätte er mir nie etwas gegeben, wäre ich wohl niemals abhängig geworden. Der Alkohol scheint eine Wirkung auf die Psyche von uns Menschen zu haben, die wir bereits vor Urzeiten so sehr schätzten, dass wir sogar danach strebten sesshaft zu werden, um Getreide für die Produktion von Alkohol anbauen zu können. Das wird zumindest in einem Bericht behauptet, den ich mir vor einiger Zeit zu Gemüte führte.
    Vielleicht ist diese Tatsache -wenn es denn tatsächlich eine ist- neben anderen Faktoren ein Erklärungsbaustein für Rückfälle.

    Man kann sich zwar einreden, dass Alkohol Teufelszeug ist, nicht schmeckt usw., aber irgendwo ist im Hirn auch gespeichert, dass er uns durchaus schöne Stunden geschenkt hat. Und der rückfallgefährdende Gedanke ist: Vielleicht kann er das ja wieder!?

    Ich versuche diese Tatsache mir gegenüber nicht zu leugnen, habe aber ganz bewusst die Entscheidung getroffen, dieses künstliche Wohlbefinden/Glück nicht mehr zu wollen. Weil es sich beim Saufen nicht einfach um eine Unart, sondern um süchtiges Verhalten handelt, gibt es zwar immer wieder Situationen (Die kenne ich jedoch mehr in Bezug auf die Nikotinsucht), in denen die Sucht anklopft. Anfänglich in der Form, dass ganz klar ist, was das Gehirn will. Nämlich die Droge. Später dann eher diffus, so dass ich manchmal eine Weile brauch(t)e um zu kapieren, was da eigentlich mit mir los war/ist.
    Aber damit kann ich umgehen. Immerhin habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass sich das Gehirn mehr und mehr auf die neue Situation einstellt und angenehme Gefühle ohne Droge herzustellen vermag.

    Letztendlich ist es eine Grundsatzentscheidung. Will ich meiner Psyche mit Drogen auf die Sprünge helfen oder akzeptiere ich die Grenzen des Wohlbefindens, die mir mein Körper/Gehirn in Verbindung mit meinen aktuellen Lebensumständen absteckt? Ein „Jein“ gibt es zwar; das ist jedoch mit der Gefahr verbunden, erneut in die Abhängigkeit abzurutschen.
    Dazu kommt für mich persönlich, dass künstlich erzeugtes Glück in meinen Augen keinen Wert mehr hat.

    Einmal editiert, zuletzt von katro (14. Januar 2014 um 17:05)

  • Hallo Katro,
    auch wenn Du hier nicht diskutieren magst, sondern einfach "nur" Deine Gedanken aufschreibst, mag ich kurz etwas dazu sagen. Auch auf die Gefahr hin, nun "über die Schnautze gefahren" zu bekommen von Dir. Es soll keine Diskussion werden, ich erkenne mich einfach nur in Vielem was Du schreibst, einfach wieder.


    Tabak und Alkohol nehmen mir –wie ich bereits schrieb- Lebensqualität.


    Auf jeden Fall, ich kann nun (wieder) mit Nachbarn, etc sprechen, es ist einfach viel freier. Lebensqualität eben.

    Seit langer Zeit verbinde ich mit dem Saufen nichts anderes als Zwang.


    Sucht, so mein Empfinden, IST Zwang.

    Ich kann mir Rückfälle eigentlich nur damit erklären, dass das Suchtmittel im Kopf des Süchtigen auch nach dem Ausstieg nicht hundertprozentig negativ besetzt ist. Er weiß zwar um dessen negative Seiten, hat jedoch auch das Positive erlebt. Und so kommt er möglicherweise auf die Idee, das Positive ohne das Negative haben zu können, wenn er den Konsum des Suchtmittels nicht übertreibt.
    Schätze, dass man sich belügt, wenn man so etwas denkt.


    Ja, das Schlechte verblasst mit der Zeit. Der letzte Absturz ist nicht mehr präsent und man unterschätzt es..Du hast es perfekt beschrieben. Das "Positive"(?) ohne eben das schlechte Gewissen "erfahren" zu können, war es auch eine Weile bei mir "drin".

    Wenn Dich meine Antwort hier stört laß es mich wissen und ich lösche sie wieder. Ich finde Deinen Thread einfach gut, das war's auch schon ;)
    Liebe Grüße

  • Ich werde dir nicht übers Maul fahren, Sandmann. Warum auch? Du tust mir ja nichts.

    Dass ich diesem Thread nicht diskutieren will, liegt daran, dass es letztendlich nichts zu diskutieren gibt.
    Wir sind uns sicherlich einig, dass es unterschiedliche Wege gibt, um aus einer Sucht auszusteigen. Die einen sind erfolgreicher, die anderen weniger erfolgreich, die einen passen vielleicht nur zu Typ A, andere möglicherweise nur oder besser zu Typ B.
    Meiner passt zu mir. Und er scheint erfolgreich zu sein.

    Ich bin inzwischen an einem Punkt angelangt, wo ich Sucht und alles, was mit ihr zusammenhängt, nur noch negativ sehen kann. Niemand hat es verdient, in einer Welt leben zu müssen, in der ihm ein Suchtmittel vorgaukelt, nur dann Freude/Glück/Zufriedenheit empfinden zu können, wenn er das Suchtmittel konsumiert. Dabei ist doch tatsächlich das Gegenteil der Fall. Man muss das nur einmal wirklich SPÜREN. Jeder, der seiner Sucht verhaftet bleibt, sich die Sache in meinen Augen unnötig schwer macht (indem er meint, seine gesamte Persönlichkeit ändern zu müssen, um erfolgreich aussteigen zu können) und deshalb möglicherweise von Rückfall zu Rückfall schlittert, tut mir deshalb leid und löst in mir den Wunsch aus, ihm helfen zu wollen. Obwohl ich hier schon öfter las und auch nachvollziehen kann, dass man niemanden trockenschreiben kann, schreibe ich trotzdem meine Meinung…
    …und wirke dann auf den einen oder anderen arrogant, rechthaberisch oder was auch immer, so dass sich derjenige ärgert und ich deshalb das Gegenteil von dem erreiche, was ich erreichen will.

    Ich ziehe mich deshalb -wie Pinguin bereits treffend bemerkte- darauf zurück, öffentliche Selbstgespräche zu führen. Die kann man zur Kenntnis nehmen oder auch nicht. Die kann man gut finden oder auch nicht. Nur eins muss man nicht mehr: Sich angegriffen fühlen und ärgern.

    Katro

  • Guten Morgen,

    ich finde Deinen kompromisslosen Weg sehr gut, den Du eingeschlagen hast und immer weiter gehst. Das mit "über die Schnauze fahren" war mit einem Augenzwinkern zu sehen, es hätte ja auch gut sein können das Du das hier als eine Art Tagebuch o.Ä. nutzt, dann hätte ich mich mal fein rausgehalten.
    Sucht -ja,besser alles was damit zusammenhängt- als ausschliesslich negativ zu betrachten gelingt mir leider nicht immer, auch wenn ich nicht trinke und mir nicht (mehr) vorgaukeln lasse das es nur "mit" toll sein kann..ja, im Gegenteil..was natürlich toll ist.

    Guten Start in den Tag wünschend,
    Sandmann

  • Das wirklich Furchtbare an einer Sucht ist, dass sie in unseren Köpfen die Wirklichkeit verdreht.
    Wir rauchen und saufen, damit es uns für einen Augenblick gut geht. Das ist unsere subjektive Realität. Denn würden wir, die wir süchtig sind, nicht rauchen und saufen, ginge es uns schlecht, weil wir dann auf Entzug sind und uns mehr und mehr nach der Droge sehnen.

    Die objektive Realität ist, dass es uns überhaupt nicht schlecht gehen würde, wenn wir nicht von einer Droge abhängig wären.

    Ich begriff diesen Zusammenhang nicht nur kopfmäßig, sondern fühlte ihn auch, als ich mit dem Rauchen aufhörte.
    Daraus zog und ziehe ich auch einen großen Teil der Motivation für meinen geänderten Umgang mit der Droge Alkohol.

    Es ist irgendwie komplett lächerlich, sich nach etwas zu sehnen, nach dem man sich nicht sehnen würde bzw. das man sogar meiden würde, wenn man sich nicht irgendwann zum Konsum überwunden hätte und dann aufgrund der manipulativen Wirkung urplötzlich mehr und mehr sehnt, obwohl es dazu eigentlich keinen Grund außer dem der bereits angesprochenen Manipulation gibt.

    Genauso bescheuert wie dieser letzte Satz ist Sucht.

    Katro

    P.S.: Die Nichtsnutzigkeit der Droge wird beim Tabak besonders deutlich. Solange man nicht süchtig ist, hat er ausschließlich unangenehme Wirkungen. Das ist beim Alkohol zwar m.E. etwas anders. Aber sobald Abhängigkeit entstanden ist, beginnt das folgende nichtsnutze Spiel: Es geht mir schlecht, weil ich irgendwann damit begonnen habe zu viel Alkohol zu trinken. Deshalb muss ich wieder und wieder Alkohol trinken, damit es mir zeitweilig erneut so gut geht, wie es mir zu der Zeit ging, als ich noch nicht mit dem Saufen begonnen hatte.
    Oh Mann!

  • 44.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Durch die viele Schreiberei im Forum in der letzten Zeit ist mir einiges klar geworden.
    Ich habe mich eigentlich schon seit dem Zeitpunkt, in dem ich zum ersten Mal davon las, dass Menschen vor dem Alkohol kapitulieren, sich klein machen und die Vorstellung akzeptieren, dass sie im Gegensatz zu der Mehrheit der Bevölkerung nicht mit Alkohol umgehen können, von dieser Einstellung und der damit verbundenen Strategie des Suchtausstiegs distanziert.
    Ich denke zwar schon, dass sie funktionieren kann und auch tatsächlich funktioniert, wenn es mir gelingt, den Alkohol komplett zu ignorieren. Dann kann zumindest so lange nichts passieren, wie ich bei meiner ignoranten Haltung bleibe, d.h., dem Alkohol keinen Raum in meinem Denken gebe.
    Das Fatale bei dieser Vorgehensweise ist m.E., dass ich mit dem Alkohol nie auf Augenhöhe bin. Ich akzeptiere, dass er der Stärkere ist. Und so kann es sogar nach Jahren passieren, dass ich rückfällig werde, weil ich nicht aufgepasst habe. Meine einzige Waffe ist die Abschottung. Und wenn die aus welchem Grund auch immer einen Riss bekommt, hat mich der ach so starke Alkohol wieder in den Fängen. Groß wehren kann ich mich nicht. Denn ich bin ja nur eine arme schwache Wurst, die vom Suchtgedächtnis dazu getrieben wird, die Vergangenheit zu wiederholen.

    Darin scheinen auch die Suchtexperten, die diesen Weg propagieren, der über die Einsicht der eigenen Schwäche läuft, einen Schwachpunkt zu sehen. Sie umschiffen ihn, indem sie dem in ihren Augen chronisch Kranken vermitteln, dass er nach der Therapie so viel gelernt hat, dass er ein gewisses Rüstzeug erworben hat, um nach einem Ausrutscher oder Rückfall wieder in die Spur zu kommen. Obwohl er natürlich letztendlich die schwache Wurst ist und bleibt, die gegenüber dem Alkohol nur verlieren kann.

    Was ich am Gedanken der Kapitulation gut finde, ist, dass sie den Grundstein dafür legt, alte Denk- und Verhaltensweisen loszulassen bzw. zu erkennen und sich den Raum zu geben, den alten Weg zu verlassen und neue Wege auszuprobieren. (Bei einer Kapitulation ist das zwar eher Zwang, denn freiwillige Veränderung. Aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.)
    Die Sucht hat in uns die Vorstellung eingepflanzt, dass es uns schlecht geht, wenn wir das Suchtmittel nicht mehr zu uns nehmen. Wir müssen uns deshalb die Zeit geben, zu erfahren, dass dies mit der Realität nichts zu tun hat. Nach dem körperlichen Entzug geht es uns -das ist zumindest meine Erfahrung- nicht schlechter, sondern besser.
    Was bleibt, ist die psychische Abhängigkeit. Und die kann man m.E. loswerden, indem man eine klare Entscheidung fällt, zu der man steht, losmarschiert und mit offenen Augen wahrnimmt, was es auf dem neuen Weg alles zu entdecken gibt.
    Eins ist klar: Ich kann die Schönheiten dieses Weges nur wahrnehmen, wenn ich einen klaren Kopf habe. Und ich kann sie nur dann jederzeit wahrnehmen, wenn ich jederzeit einen klaren Kopf habe. Und den habe ich nur dann, wenn ich mir keinen Rausch antrinke.
    Das ist meine Entscheidung. Und die finde ich einfach klasse.

    Ich erinnere mich an eine Situation, die in diesem Forum beschrieben wurde. Da wurde von einem Mann berichtet, der am Ende seines Lebens feststellte: Das Beste waren meine Räusche.
    Mein erster Impuls war Mitleid. Dieser Mann hat den neuen Weg nie betreten. Er konnte nicht frei werden, weil er keine Neugier und keinen Hunger auf ein neues Leben zu entwickeln vermochte, sondern seinen Blick stets rückwärts gerichtet ließ und deshalb etwas vermisste, was nur in einem von der Sucht verdrehten Kopf etwas Schönes ist.

    Katro

  • Hallo Katro,

    so ganz wird mir nicht klar, worauf du hinauswillst. Mir scheint, dass dir im Wesentlichen der Begriff "Kapitulation" widerstrebt. Nun, das ist doch eine Frage des Standpunkts. Wenn man eine Beziehung beendet und sich Kontaktverbot zum Expartner auferlegt, nennt man das ja auch nicht Kapitulation. Also seh' es doch so, dass man sich vom Alkohol getrennt hat ;)

    LG Walker

  • Es ist nicht der Begriff der Kapitulation allein, der mich stört. Es ist die gesamte Vorgehensweise der Suchthilfe und das von ihr verbreitete Gedankengut, das mich zur Weißglut bringt.
    Ich bin voller Ärger und schreibe mir den hier von der Seele, weil die Alkoholabhängigkeit in meinen Augen so unglaublich aufgebauscht wird, dass zumindest ich sie über einen langen Zeitraum als eine für mich unüberwindliche Störung empfunden habe. (Warum sollte ich so viel stärker sein als diejenigen, die sich in Kliniken für viel Geld behandeln lassen und dann zu mehr als 50 % wieder zu saufen anfangen, fragte ich mich.) Und deshalb habe ich viele Jahre leiden müssen, was ich mir hätte ersparen können, wenn ich den Alkoholismus als das gesehen hätte, was er ist. Eine Abhängigkeit, von der man sich auch wieder lösen kann, wenn man über eine wirksame Strategie verfügt.
    Letztendlich funktionierte der Ausstieg bei mir nicht viel anders als der Ausstieg aus der Nikotinsucht. Nur mit weitaus geringeren Entzugserscheinungen.
    Hätte man mir das vorher gesagt, wäre ich die Sache viel früher angegangen. Und so wären mir Jahre des Leids erspart geblieben.

    Vielleicht schieße ich übers Ziel hinaus und werde möglicherweise auch ungerecht. Aber wenn ich schon Worte wie Krankheit, lebenslange Achtsamkeit, Therapie usw. im Zusammenhang mit dem Alkoholismus lese oder höre, kriege ich die Motten. Und der Begriff der Kapitulation ist die absolute Krönung. Wenn man ihn einfach als Loslassen versteht, ist es okay. Aber er beinhaltet ja viel mehr. Sonst würde man dieses bombastische Wort wohl kaum verwenden. Auf jeden Fall vermittelt er dem Abhängen das Gefühl, dass er ein Besiegter, eine arme schwache Wurst ist.
    Und genau das stimmt nicht. Wenn er einen klaren Kopf hat, ist der Abhängige genauso stark wie jeder Nichtalkoholiker und kann es deshalb mit seiner Abhängigkeit aufnehmen.
    Das Wichtigste ist in meinen Augen Folgendes: Wenn ich mich nicht als KRANKER fühle, kann ich mich auch nicht hinter meiner Krankheit verstecken. Ich muss eine Entscheidung treffen. Die setze ich dann um, was zwar nicht immer und zu jedem Zeitpunkt leicht, aber letztendlich nur das Umsetzen einer Entscheidung ist, die ich noch dazu im Wissen getroffen habe, dass sie gut für mich ist. Und wenn ich dann einen Rückfall habe, dann ist es nicht der „verfluchte und so unglaublich starke Siegertyp“ Alkohol, den ich dafür verantwortlich machen muss.
    Ich habe schlicht und einfach einen Fehler gemacht.
    Und Fehler lassen sich korrigieren.

    Katro


  • Es ist nicht der Begriff der Kapitulation allein, der mich stört. Es ist die gesamte Vorgehensweise der Suchthilfe und das von ihr verbreitete Gedankengut, das mich zur Weißglut bringt.
    Ich bin voller Ärger und schreibe mir den hier von der Seele, weil die Alkoholabhängigkeit in meinen Augen so unglaublich aufgebauscht wird, dass zumindest ich sie über einen langen Zeitraum als eine für mich unüberwindliche Störung empfunden habe. (Warum sollte ich so viel stärker sein als diejenigen, die sich in Kliniken für viel Geld behandeln lassen und dann zu mehr als 50 % wieder zu saufen anfangen, fragte ich mich.) Und deshalb habe ich viele Jahre leiden müssen, was ich mir hätte ersparen können, wenn ich den Alkoholismus als das gesehen hätte, was er ist. Eine Abhängigkeit, von der man sich auch wieder lösen kann, wenn man über eine wirksame Strategie verfügt.

    Hallo Katro,

    Du sprichst mir aus dem Herzen. Und in der Therapie habe ich die Möglichkeit gefunden eine, für mich wirksame, Strategie zu entwickeln.

    Gruß
    Pit

  • Ich bin noch einmal zu Katros erstem Eintrag in diesem Thread zurückgegangen, weil ich mich zu erinnern glaubte, dass er hier keine Diskussion seiner Gedankengänge wünsche - in der kürzlich erfolgten Änderung dieses Beitrages scheint er diesen Passus gestrichen zu haben - trotzdem möchte ich seinen Thread nicht zerlabern und fahre `mal unter
    "klassische Suchthilfe" fort ...!

    Beste Grüße
    keppler

  • Aus gegebenem Anlass:

    Ich möchte mit dem, was ich schreibe, nicht die klassische Suchthilfe diskreditieren. Aber ich habe auf meinem Weg aus der Sucht die Erfahrung gemacht, dass vieles von dem, was allgemein als Fakt angesehen wird, nicht unbedingt auch tatsächlich ein Fakt ist.
    Einiges scheint eher Annahme denn Tatsache zu sein.

    Wer aber beispielsweise kein Problem damit hat

    - sich als unheilbar krank zu betrachten
    - die lebenslange Alkoholabstinenz als ein für sich probates Mittel zum Stoppen des ansonsten fortschreitenden Alkoholismus zu sehen
    - sein Leben lang den Alkohol zu einem Hauptthema (z.B. im Zusammenhang mit SHG-Besuchen, usw.) zu machen,

    der wird auch mit der klassischen Suchthilfe kein Problem haben.
    Und dem wird sie wahrscheinlich auch helfen können.

    Wer diesen Weg nicht gehen kann oder will, der findet in Deutschland anscheinend keine oder nur wenig Hilfe.
    Und das macht mich ebenso wütend wie die Tatsache, dass die eigenen Grundannahmen des Systems als unumstößliche Tatsachen dargestellt und entgegenstehende Forschungsergebnisse schlicht und einfach ignoriert werden.

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es auch anders als klassisch gehen kann. Und ich fühle mich auf meinem Weg sehr sicher, wobei diese Sicherheit zumindest in der ersten Zeit meines Ausstiegs stets einen Dämpfer bekam, wenn ich im deutschsprachigen Internet oder der deutschsprachigen Suchtliteratur recherchierte und dort die allgemeinen Grundannahmen als Tatsachen präsentiert bekam.
    Da diese „Tatsachen“ meinem Erleben widersprachen, fühlte ich mich durchaus verunsichert.
    Sicherlich trägt auch das zu meiner Verärgerung bei.

    Doch über jede Verärgerung hinaus ist es mir ein Anliegen, immer wieder deutlich zu machen, dass es nicht der Alkohol ist, der uns Probleme bereitet, sondern wir selbst bzw. unsere Vorstellung, den Alkohol über einen längeren Zeitraum ungestraft missbrauchen zu können.
    Wer für sich akzeptiert hat, dass nur er selbst seines Glückes Schmied ist, der säuft nicht mehr. Und der braucht sich dann auch nicht sein Leben lang achtsam verhalten und aufpassen, dass er nicht in irgendeine Falle tappt, weil er sich zu sicher fühlt. Diese Fallen gibt es nämlich nicht mehr, wenn im Kopf völlig klar ist, dass Trinken ausscheidet, um Glück, Trauer usw. zu bewältigen.

    Das setzt allerdings eine Entscheidung voraus, die nicht im Vorübergehen getroffen wird und bei deren Umsetzung man einkalkuliert, dass es mal leichter und mal schwerer ist, auf dem aufgrund dieser Entscheidung eingeschlagenen Weg zu bleiben.

    Katro

  • Hi Katro,

    darf man hier jetzt seinen Senf dazu geben oder nicht? Welchen Passus scheinst Du gestrichen zu haben? Dein erster Eintrag lautet u.a.: "Ich möchte den Thread nicht als Diskussionsforum verwenden...."

    Warum beziehst Du hier zu einem anderen Thread Stellung in Deinem eigenen Thread, wo offenbar keine Kommunikation und Auseinandersetzung gewünscht ist? Ich fände es nicht nur mutiger, sondern für alle Beteiligten sinnvoller, sich dazu in dem jeweiligen Thread zu äußern. Weil man sitzt dann da, liest Deine klugen Gedanken - manche davon "jucken" halt, was soll's - und darf nichts sagen - muss dann dazu einen Umweg nutzen, ausweichen, den Raum wechseln usw... Hääääh? Finde ich komisch. nixweiss0

    LG
    Pingu

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“


  • darf man hier jetzt seinen Senf dazu geben oder nicht?

    Pinguin, Du hast doch extra einen "Streitthread" eingerichtet, um Deinen Senf zu meinen "klugen Gedanken" zu geben. Der verwaist zurzeit im nicht öffentlich zugänglichen Bereich.

    V.G.
    Katro

  • Okay.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

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