Rasanter Anstieg der Alkoholabhängigen

  • Also habe ich moralisch gesehen Sch**** gehandelt???

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Ach Pingu, ne, mach dir keinen Kopf, immerhin hast du ihm was vom Bäcker holen wollen. Die meisten würden einfach weiter gehen .. *nickt*

    Dass einer aber gleich 2 Euro verlangt kam mir bisher auch noch nicht unter ..

  • Ich halte es ähnlich wie ennasu - wann immer mich ein verwirrtes Drogenkind oder ein schlotternder Alki um Geld anhaut und ich gerade welches über habe, gebe ich es auch gerne.
    Ich bin vor sechs Jahren dem Tod gerade noch einmal von der Schippe gesprungen und war mit eineinhalb Beinen auch schon unter der Brücke - ich habe Glück gehabt, und diese Menschen gehören dem zu Folge irgendwie zu mir und meiner Geschichte. In solchen Situation habe ich immer ein Gefühl von Demut und Dankbarkeit. Diese Menschen fungieren unwissentlich als mein Spiegel - schon deswegen haben sie meinen Beitrag zu ihrem nächsten Schuß / ihrer nächsten Flasche "verdient". Moralisierende Kommentare würden mir im Traum nicht über die Lippen kommen.

    Beste Grüße
    keppler

  • Pingu
    Ach herrje. Du hast halt so gehandelt wie du gehandelt hast.
    Aber du weißt ja auch, dass du kein Brot wolltest wenn du nach Bier verlangt hast.

  • Na also. Dann habe ich "Gutmensch" also in voller Linie versagt....

    Meine Mutter ist echt ein Monster. Aber sie hat mir auch Gutes vermittelt. So wollte sie selbst - als Nikotinsüchtige - niemals Zigaretten geschenkt bekommen. Und nicht einmal ein Feuerzeug. Sie hat uns Kindern vermittelt, dass Drogen was Schlechtes sind (dabei war sie immer abhängig von irgendwas), aber andererseits war sie stolz, wenn sie unserem Europaplatz-Schreier dann mal eine Tüte mit Lebensmitteln gekauft hat - und ihm kein Geld für Alkohol gegeben hat...

    Ihr bewegt mich gerade zum Umdenken. Ich bin im Zweifel. Und natürlich mache ich mir über alles Gedanken. Ich will ja ein gutes Karma und Frieden und Liebe und überhaupt soll es allen gut gehen. Aber jetzt bin ich im Zweifel... Bin ich doch selbst so eine Süchtige. Zwar nicht körperlich, aber immerhin.... Würde es mir helfen, würde mir jemand für den Augenblick mit ein paar Euros aushelfen, wenn ich ganz dringend Stoff bräuchte? Unbedingt. Für den Moment. Ich würde dem Menschen die Füße küssen... Aber ist das wirklich eine Hilfe? Ich weiß es gerade nicht.... Wenn ich dem alkoholkranken Bettler Geld für seinen Stoff gebe, ist das dann wirklich ein Akt der Selbstlosigkeit? Verschlimmere ich nicht sein Leid? So wie Ihr es schreibt, ganz im Gegenteil..... ? Ist dem wirklich so? Ich will es nicht glauben. Und das verwirrt mich gerade.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • PS: Ennasu und ich, wir haben gleichzeitig geschrieben...

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Pinguin, ich hätte es auch so gemacht wie du oder wäre vielleicht sogar einfach weitergegangen.
    Ich "helfe" doch nicht, indem ich Geld gebe, mit dem der Süchtige weiterhin seine Sucht finanziert ? Oder ist das überheblich gedacht ?

  • Guten Morgen,

    interessante Diskussion, so habe ich das selbst auch noch nie betrachtet. Ich weiß nicht was "richtig / falsch" ist, ich finde auf jeden Fall toll wenn man etwas gibt, sofern man es entbehren kann. Egal nun ob Brot oder Geld, man geht nicht vorbei, sondern möchte helfen. Für mich ist diese Intention schonmal mehr als die meisten zu geben gewillt sind. Somit, liebe Pinguin, hast Du in meinen Augen toll und so oder so..richtig gehandelt.
    Hier vorm Rewe steht/sitzt/liegt auch oft einer. Ich habe ihm morgens mal beim Bäcker drin ein belegtes Brötchen gekauft, er hat sich gefreut und sich bedankt, es gleich gegessen. Jetzt, nachdem ich hier gelesen habe, denke ich das er auf jeden Fall etwas davon hatte. Und sei es zur "Grundlage" seiner nächsten Flasche, er hat was im Magen. Außerdem ist es auch für einen selbst ein gutes Gefühl..sei es Karma oder einfach nur in den Tag gehen und wissen das man einem Menschen, der Hilfe benötigt, diese auch im Kleinen gegeben zu haben.

    Zitat

    In solchen Situation habe ich immer ein Gefühl von Demut und Dankbarkeit.


    Danke dafür, Keppler. Ganz toller Satz und ich kann das nur unterstreichen. Schön zu wissen das man nicht alleine so denkt.
    Kommt gut in den Tag,

    Sandmann

  • Ich möchte noch mal klar stellen, dass ich mich auf Alkoholkranke bezogen habe, Menschen, die körperlich abhängig sind und Zustände kriegen ohne Alk. Dann sind die Euros eine Hilfe, denn heilen steht nicht in meiner Macht.
    Ich hab auch mal einem Heroinsüchtigen die Spritze gesetzt, vor vielen Jahren. Ich wollte das auch erst nicht unterstützen, aber das Elend, die Zitterei, die Verzweiflung, die Tränen - der hat immer nur gestochert in dem Arm. Also hab ich es getan. Anders war ihm nicht zu helfen in dem Moment. Heute ist er clean.
    Suffgeile Teenies die sich total abschießen wollen möchte ich nicht darin unterstützen oder ihnen den Weg ebnen Richtung Alkoholiker.

  • Nee, Teenies die zum "Spaß" einen saufen, bekommen/bekämen von mir auch nichts. Das das auf Alkoholkranke bezogen war habe ich ohnehin gedacht.
    Wow, ganz echt, ich wüsste gar nicht wie das geht..würde das wohl auch nicht tun können. Respekt, auch wenn es ja an sich eine schlimme Situation war. Traurig so etwas. Kennst Du den? Weil Du schreibst das er heute clean ist.

  • Sandmann
    Ja, ich kenn den bis heute. Damals waren wir neunzehn. Und ich hatte echt Schiss. Wusste ja auch nicht wie das geht...aber der war ja hart im nehmen, als ich mich blöd angestellt habe. Werde nie den Blick vergessen, als es endlich geklappt hat. War ja alles zerstochen.
    Er war mein bester Freund. Nicht mein Lover. Freund. Er hatte schon mal entzogen und ich ahnte nicht dass er rückfällig war. Dann wusste ich plötzlich auch, wieso der so gelb aussah- Hepatitis.
    Ich war sterbensneugierig auf alle Drogen und wollte dann irgendwann auch unbedingt probieren. Sniefen aber nur. Er wollte mir nix geben. Ich hab aber keine Ruhe gegeben und dann durfte ich. Hab gekotzt wie blöd. Nee danke. Danach war es wattig angenehm. Aber die Spuckerei, nee. Nie wieder angerührt. Und er hat zum Glück auch noch die Kurve gekriegt. Arbeitet bei einer Bank, hat Familie und Schlips und Kragen.

  • Mein lieber Scholli..mit Drogen -abgesehen vom Alkohol- hatte ich selbst (außer Hasch) so gut wie keinen Kontakt. Direkten ohnehin nicht, eher wenn man in Frankfurt unterwegs ist, das sich auf offener Strasse die Junkies eine Nadel setzen oder so.
    Mir ging es mit dem Rauchen so. Versucht und für unglaublich eklig befunden. Später wollte ich es nochmal probieren, war genauso widerlich. Zum Glück. Galt ja als "cool", auch dazu gehören wollte man ja...sicherlich bis heute nicht anders, so zumindest mein Eindruck, auch auf den Alkohol bezogen.
    Bei einem Bekannten..hätte ich es wohl vielleicht auch probiert zu "helfen", ich weiß es ehrlich gesagt aber nicht. Toll das er die Kurve bekommen hat. Da hast Du ja was erlebt... schwitz.

  • Das erinnert mich an meine ersten zwei Züge von einer Heroin-Zigarette. Plötzlich wurde mir schlecht, innerhalb von Sekunden und ich versuchte aufs Klo zu rennen, aber ich lief wie auf Watte oder auf Wolken. Der Boden war ganz weich. Ich habe dann so extrem gekotzt wie nie in meinem Leben zuvor und nie mehr danach. Als hätte ich einen Schlauch im Bauch und der wurde angestellt. Praktisch ohne Würgereiz, es schoss gerade so heraus. Wie bei dem Film "Der Sinn des Lebens", mit diesem dicken Mann im Restaurant ("nur das eine Pfefferminzblättchen"). Gott sei Dank war dann das Thema H bei mir durch. War ich doch auch so neugierig auf alles, was high macht. Kokain, Speed, Ecstasy, LSD und natürlich THC... hab ich alles durch. Bin da nicht stolz drauf. Aber es gehört zu meinem Leben. Doch keine Droge war jemals gefährlicher und schädlicher für mich als Alkohol und Nikotin. Es waren/sind auch die einzigen zwei, die mich süchtig machten. Diese ach so harmlosen Alltagsdrogen. Unfassbar, oder?

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Ja, diese ach so harmlosen Alltagsdrogen.
    Genau da liegt aber der Hase im Pfeffer. Es wird massiv unterschätzt und mit dem Bier/Schnäpps/"chen" zudem verharmlost..den schleichenden Prozess bekommt sowieso keiner mit, irgendwann hockt man dann da...bei H, etc ist man vorsichtig, weil das "böse und gefährlich" ist..dann trink lieber was...der Teufel ist ein Eichhörnchen.

  • Jeder hat die Möglichkeit, verantwortungsvoll mit Drogen umzugehen. Und die meisten machen das auch.
    Insofern ist das eben Aufgabe einer mündigen Person, mit solchen Rechten wie dem auf Alkoholkonsum keinen Missbrauch zu treiben.
    Wir wollen uns ja alle nicht bevormunden lassen.

  • Aber leider gibt es in dieser Welt Menschen, die sehr schlecht klar kommen. Die sogenannten "Sensibelchen", zu denen ich mich jetzt mal dazurechne.... Wie sollen so dünnhäutige Menschen mündig mit Drogen umgehen können? Abgesehen davon... wenn man mal seinen Blick schweifen lässt, so gibt es doch auch noch die stoffungebundenen Süchte, die auch hohe und immer höhere Wellen schlagen... Nicht zu unterschätzen.... Nach unserer Therapiegruppe kommen die "Spielsüchtigen" dran. Ich habe den Verdacht, dass jemand, den ich kenne, kaufsüchtig ist.... Und was ist mit Ess-Sucht, Sex-Sucht, Arbeits-Sucht, Tabletten-Sucht? Also sage ich jetzt nichts Neues, wenn ich meine: diese Gesellschaft ist erkrankt. Den Menschen fehlt etwas. Sind sie unsicher? Haben sie zu wenig Sinn im Leben? Fühlen sie sich verloren? Nicht geborgen? Was ist los? Was treibt Menschen in krankhaftes, destruktives Zwangverhalten? Und warum so viele? Es ist doch fast schon bemerkenswert, wenn jemand in keinster Weise süchtig ist.... Von daher halte ich die Einstellung "jeder Mensch braucht doch ein Laster" für eine gefährliche Rechtfertigung. Wo steht das geschrieben? Oder "In dieser Welt kann man doch gar nicht anders, als sich ab und zu mal wegzuschießen." Warum?? Und wie die Fantastischen Vier frage ich: "Ist es normal, nur weil alle es tun?"

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • So wie ich das sehe, waren Drogen für die Menschheit zu jeder Zeit eine begehrenswerte Sache. Und wenn sich Menschen einmal im Jahr zusammen mit anderen aus religiösen oder welchen Gründen auch immer mit Hilfe einer Droge in Ekstase versetzen, ist das sicherlich ein unglaubliches Erlebnis. Ich persönlich kann mich z.B. an kollektive Besäufnisse mit Kumpeln erinnern, die ich nicht missen möchte.

    Was uns zu schaffen macht, ist die ständige Verfügbarkeit von Drogen. Wie müssen lernen damit umzugehen. Nein sagen. Dass dies möglich ist, beweisen sowohl die unzähligen Menschen, die niemals süchtig wurden, als auch die vielen Menschen, die z.B. nach Nikotin oder Alkohol süchtig waren und erfolgreich ausgestiegen sind.

    Katro

    Einmal editiert, zuletzt von katro (18. Januar 2014 um 11:29)

  • Hallo Katro,


    Was uns zu schaffen macht, ist die ständige Verfügbarkeit von Drogen.

    also, wenn mich vor 14 Tagen jemand gefragt hätte, was an Alkohol schädlich ist, wäre mir nur eingefallen, dass er schlecht für die Leber ist...

    Inzwischen habe ich sehr viel darüber gelesen, welche Krankheiten Alkohol verurachen kann und wie hinterhältig er wirkt (Suchtgedächnis, Saufdruck, Trigger etc). Und das ist gruselig. Daher verstehe ich mittlerweile nicht mehr, warum Alkohol in Deutschland so billig ist. Wenn er bei uns so teuer wäre wie zB in Skandinavien, wären sicher viele nicht zu Alkoholikern geworden.


  • Wenn er (der Alkohol) bei uns so teuer wäre wie zB in Skandinavien, wären sicher viele nicht zu Alkoholikern geworden.


    Vielleicht, vielleicht auch nicht oder vielleicht wären wir dann nach etwas anderem süchtig geworden.

    Katro

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