Schuld

  • Hallo Ihr Alle,

    Im >> Hoffnung-Thread << hatte ich ja mal einen sogenannten „Verlangenskreislauf“ beschrieben welcher von 1.)dem Verlangen über 2.)die Tat hin zu 3.)der Erfüllung geht um dann wieder in einem neuen, gesunden Verlangen seinen weiteren Lauf zu nehmen. Ein Süchtiger zerstört diesen Kreislauf indem er an die Stelle der eigentlichen Tat das Suchtmittel setzt weil er in diesem Erfüllung zu finden glaubt.

    Nun bin ich die Tage an ganz anderer Stelle zufällig wieder auf einen sehr ähnlichen ´Dreisatz´ gestoßen. Und zwar in dem Wort der „Schuld“. Das Wort Schuld leitet sich vom nordisch mythologischen Namen „Skuld“ her ab. In der alten Überlieferung der Edda waren die drei Nornen Urd, Werdani und Skuld die drei Verwalterinnen der Zeit im gebundenen Raum.

    Urd (Vergangenheit) – steht für den Gedanken

    Werdani (Gegenwart) – das aus dem Nichts heraus Werdende, Entstehende

    Skuld (Zukunft) - das Endresultat aus den Prinzipien Urd und Werdandi

    Das Wort ´Schuld´ entstand also ursprünglich vielmehr aus der Annahme heraus, dass die Norne Skuld ihren beiden Begleiterinnen Urd und Werdani ein Ergebnis ´schuldet´ welches zu erbringen ihre Aufgabe war.
    Somit ist ´Schuld´ im eigentlichen Sinne nichts Schlechtes oder Böses wie es dem Menschen über Jahrhunderte hinweg eingeimpft wurde. Sondern einfach das tatsächliche Resultat aus Gedanken und Taten. Ein schlicht realer Fakt ohne Wertung sozusagen, nicht mehr und nicht weniger.

    Dieser ´Dreisatz´ bestätigt mich persönlich auch wieder darin, dass es gerade im Suchtausstieg sehr wichtig ist konkrete Ziele und Bilder für die Zukunft(Skuld) zu finden und zu sehen - um die Gedanken und Taten wieder daraufhin abgestimmt neu gestalten zu können.


    Anmerkung:
    Auf dem Bild hält Skuld den ´Lebensfaden´
    in der Hand den sie gemeinsam mit Urd und Werdani spinnt.
    Also genau den Faden den man als Süchtiger doch oft mal verliert.

  • Heißes Eisen LIS!
    Das macht aus Schuldigen Unschuldige in dem Sinne "Denn sie wissen nicht was sie tun!"
    Der Vergewaltiger, der Pädophile usw. wäre dann für seine Taten zu entschuldigen, denn er wurde durch Triebe gesteuert, die auch "Suchtcharakter" haben.

  • Hollalá!! ...also ich bitte Dich!
    In dem Moment in dem ich einem anderen Menschen oder Lebewesen Schaden zufüge stehe ich dem gegenüber natürlich sofort absolut in der Verantwortung!!

    Nix für ungut Manfred....aber bitte erst denken, dann schreiben...

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (4. Juli 2014 um 14:00)


  • In dem Moment in dem ich einem anderen Menschen oder Lebewesen Schaden zufüge stehe ich dem gegenüber natürlich sofort absolut in der Verantwortung!!

    Genau das meinte ich! Die Schuldfähigkeit wird aber bei unserer Gerichtsbarkeit bzw. psychologischen Gutachtern oftmals abgesprochen. Milieugeschädigt, schlimme Kindheit usw. und schon wird der Täter zum Opfer und fühlt sich in seiner vermeintlichen Unschuld in seinen Handlungen bestätigt.

  • Ergänzung: Und unter Alkoholeinfluß wird auch öfter "verminderte Schuldfähigkeit" ausgesprochen!

  • Hallo Manfred und Alle,

    um das mal festzuhalten:
    Wir schreiben von zwei unterschiedlichen Dingen!
    Du schreibst von äußerlicher Gerichtbarkeit, ich schreibe von alter Überlieferung der Edda und von seeleninneren Lebensprinzipien sozusagen.

    Das ist nicht schlimm weil genau so war die Überschrift des Thereads gedacht dass hier alle betreffenden Gedanken mit einfließen können. Ich erwähne das nur nochmal damit hier nichts durcheinander und ich nicht mit irgendwas falsch in Verbindung gebracht werde!

    Zu den Dingen die Du, Manfred, in Deiner ersten Antwort geschrieben hast nehme ich selbst einen sehr deutlichen Standpunkt ein. Ich habe für solche Dinge absolut überhaupt kein Verständnis oder auch nur einen Hauch von irgendwas in der Richtung!! Einen Menschen bei soetwas zu erwischen, da tät ich bestimmt selbst Gefahr laufen jede Gerichtsbarkeit zu vergessen und es würde ihm sicher nicht gut ergehen...!
    Als Du mir das nahegetragen hast, da musst ich echt kurz schlucken...

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (4. Juli 2014 um 22:04)

  • Dieser ´Dreisatz´ bestätigt mich persönlich auch wieder darin, dass es gerade im Suchtausstieg sehr wichtig ist konkrete Ziele und Bilder für die Zukunft(Skuld) zu finden und zu sehen - um die Gedanken und Taten wieder daraufhin abgestimmt neu gestalten zu können.

    Ich sehe das genauso.

    Das eine ist die Zukunft. Die will gestaltet werden. Und sie lässt sich umso leichter gestalten, je attraktiver sie für den Gestalter ist.
    Das andere ist die Vergangenheit. Und hier es geht darum, mit dem Teil der Vergangenheit endgültig abzuschließen, der das süchtige Verhalten -egal nach welchem Stoff- betrifft.
    Dass der Weg in die Sucht und mit der Sucht ein Irrweg war, hat jeder von uns mit sich selbst als „Versuchsobjekt“ glasklar bewiesen.

    Schuld (und Scham) sind Gefühle, die immer dann auftreten, wenn sich ein Ex-Süchtiger erneut auf den alten Irrweg begibt. Und diese Gefühle zeigen in meinen Augen ganz klar an, dass sich der Rückfällige nicht als Opfer sieht, das von einer Krankheit umgehauen wird, sondern als Täter. Seine Erwartung an die Zukunft ist in diesem Augenblick weniger verheißungsvoll als seine Hoffnung, die Highlights der Vergangenheit wiederholen zu können.
    Und so wirft er alle bis dahin geschmiedeten Pläne und Absichten über Bord.

    Kurze Zeit später empfindet er Schuld (und Scham).
    Doch dieses Gefühl ist destruktiv.

    Katro


  • Als Du mir das nahegetragen hast, da musst ich echt kurz schlucken...

    Nicht persönlich nehmen! War auch nicht persönlich gemeint!
    Manchmal hasse ich Foren, da es schnell zu Missverständnissen kommen kann.

  • Hey Manni :) Alles gut! Ist ja nun auch alles klar, oder?
    Ich hoff auch ich war nich zu ruppig, aber bei den Themen siehe oben isses bei mir halt wirklich schnell mal vorbei mit aller Freundlichkeit...

    Ist ja gut dass Du Deine Meinung geschrieben hast!
    Der Begriff ´Schuld´ kann ja wirklich auch vielschichtig sein...

    So die Richtung was Katro geschrieben hat, also dass das Gefühl der Scham und Schuld in der Sucht destruktive Gefühle sein können, das war eher so meine eigene Eingangsintension.

    Beste Grüße an Dich und Alle,
    Land-in-Sicht


  • Schuld (und Scham) sind Gefühle, die immer dann auftreten, wenn sich ein Ex-Süchtiger erneut auf den alten Irrweg begibt.

    Oh mann, wie sehr habe ich diese Gefühle gehabt, nachdem ich wieder angefangen zu trinken. Abends war mein Kopf ok (na ja was bedeutet OK ? war alles durch Alk verwaschen), am nächsten Tag war er verkatert und geschämt. Und kam immer wieder den Satz "Ab heute wird es anders..." " Ab heute wird es anders..." "Ab heute wird es anders..."

    Diese Gefühle können uns in zwei Verschiedene Richtungen schicken - die schlimmere Variante - am Abend wieder trinken um die Gefühle die den ganzen Tag da waren zu entfernen und die bessere Variante - gar nichts mehr trinken und eine endgültige Entscheidung treffen - Abstinent zu werden !

    Na ja, ich glaube diese Gefühle können so stark sein, dass sie bis Selbstmord führen könnten.

    Die 3. Frage im CAGE Fragebogen war für mich IMMER ein klares JA !!!

    Alex

  • alex

    Bei dir hab ich manchmal das Gefühl, dass du noch sehr zwiespältig bist in deiner Entscheidung, ob du den Alk wirklich aufgeben sollst oder nicht.
    Kann das sein?
    Du bist genervt von den Nebenwirkungen, aber immer wieder scheint das trinken selber doch auch noch positiv besetzt zu sein- bis zum nächsten wirklich hässlichen Absturz mit Kotz-Kater und allem - aber das hast du ja schon oft genug erlebt.
    Raff doch mal deinen ganzen Willen zusammen und versuch ne Weile durchzuhalten. Dann merkst du ziemlich schnell, wie sehr es sich lohnt

  • Hi,

    Trinken hat gar nichts positives. Vielleicht hätte ich so geschrieben sollen "abends war mein Kopf OK" . Dieses OK war nur eine Nebenwirkung. Erstmal kam das Zwangsgefühl, wie schreckliche Schmetterlinge im Bauch, dann kam der Einkauf , dann das Trinken. Nach 2-3 Gläser wurde alles "OK".

    Zweispältig in meiner Entscheidung bin ich nicht. Oder doch? Wer weisst ? Ich habe schon so viel versucht, ich rutsch immer wieder zurück. Vielleicht hast du recht. Keine Ahnung. Ich freue mich schon, dass Tag 4 schon vorbei ist und es geht mir gut. Hoffentlich diesmal wird es funktionieren.

    Leider, beim Schreiben versteht man manchmal falsch. Es ist schon mal passiert. "OK" sollte man als eine Nebenwirkung und nicht als eine positive Sache verstehen.

    Ich finde Alkohol eine schlimme Sucht, es gibt kein OK, es gibt keine Freude, es gibt nur Kater, Kotz, Depressionen, Panik, Angst, Leberzirrhose, Wernicke Korsakoff, Polyneuropathie, Streit, Suizid, andere Drogen. Es gibt keine Freunde, es gibt nur "lass uns noch ein Trinken"-Freunde. Ich kann auch alles so schildern. Ich versuch in meinen Beiträgen ein bisschen Sarkasmus reinzumischen. Oder was meint ihr, ist Sarkasmus nur eine Fassade und man versteckt sich hinter ihr, statt man seine Sucht wirklich zu erkennen?

    Ob ich zweispältig bin oder nicht? Gibt es einen Fragebogen für so was? Natürlich mein Suchtgedächtnis ist noch da, und ich habe noch frisch im meinem Kopf Aktivitäten währenddessen ich damals "gerne" (LEIDER!) getrunken habe. Ich versuch mich von solchen Situationen zu distanzieren. Und ich bin motiviert. Ich glaube an mir und letztendlich das ist am wichtigsten, oder?

    Es geht mir schon besser und ich danke dir für deine Antwort ennasu (und das ist real, hat kein Sarkasmus drin gesteckt!). Ich konnte ein paar Sachen in mir analysieren.

    Alex

    Einmal editiert, zuletzt von alex36 (6. Juli 2014 um 23:50)

  • Ich will nochmal meinen eigenen Eingangspost aufgreifen….

    Zitat


    Urd (Vergangenheit) – steht für den Gedanken
    Werdani (Gegenwart) – das aus dem Nichts heraus Werdende, Entstehende
    Skuld (Zukunft) - das Endresultat aus den Prinzipien Urd und Werdandi

    Wenn man sich in der eigens erschaffenen Zukunft nicht wohl fühlt, dann macht es wenig Sinn Schuld zu empfinden. Denn Schuld zu empfinden allein und sie als unabänderlich anzusehen ändert absolut rein gar nichts an der Situation. Es führt nur mehr dazu dass es einem nicht gut geht, man handlungsunfähig wird und im schlimmsten Falle noch tiefer in die Sucht flüchtet.

    Es ist jedoch so, dass man es in der eigenen Hand hat Skuld zu wandeln, indem man seine Gedanken neu ausrichtet und entsprechende Taten folgen lässt. Dies allein wird die Zukunft (Skuld oder die ´Schuld´) in Positives wandeln können. Ich sehe es so, dass dies sozusagen ein Königsweg ist Dinge die in der Vergangenheit liegen und die nun mal unabänderlich so geschehen sind, tatsächlich wieder gut zu machen.
    Denn wer bin ich denn eigentlich wirklich – der der in der Vergangenheit mal Mist gebaut hat, oder der der jetzt grad eben in diesem Moment hier an der Tastatur sitzt?

    Auf den Punkt gebracht ist es nichts mehr als ein simples Ursache-Wirkungs-Prinzip.
    Aber ich denk wenn man es verinnerlicht kann es ein sehr kraftvolles Instrument sein.

    LIS

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (7. Juli 2014 um 03:50)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!