Ein seltsamer Fall?

  • Hallo, ich bin der Neue hier
    und wollte mal kurz meine Geschichte veröffentlichen und euch um eure Meinung dazu bitten.
    Ich trinke seit ca. 16 Jahren täglich bzw. jeden Abend vor dem Schlafengehen 3,5 bis 4,5 Liter Bier. Schon nach wenigen Jahren habe ich bemerkt, dass ich ohne Alkohol nicht mehr kann. Ein Abend ohne Bier (alle 3-4 Wochen) war das höchste der Gefühle, was ich aushalten konnte und selbst da war der darauffolgende Tag eine Tortur: zittern, nervosität usw. Mir war absolut klar, daß ich süchtig bin, allerdings hab ich es verdrängt. Nun, nach 16 Jahren Sucht mit allen "Nebenwirkungen" (verschlechterung sozialer Kontakte etc.) wurde ich ziemlich schwer krank. Ich dachte mir eigentlich: Jetzt hast du dich endgültig kaputtgesoffen. Im Verlauf der Krankheitsdiagnose wurde auch die Leber untersucht: Werte absolut normal! Hinzu kommt die Tatsache dass ich im 4-wöchigen Krankheitsverlauf keine Lust auf Alkohol hatte, da mein Körper mit der Krankheit schon genug zu tun hatte. Jetzt wo ich wieder gesund bin habe ich immer noch kein Verlangen nach Alkohol.
    Wieso hat meine Leber keinen Schaden davon getragen und wo ist meine Sucht hin?

  • Hallo BerlinerJung,

    mir geht's ähnlich: ich bin zwar körperlich abhängig geworden, aber ich habe keine Suchtgefühle entwickelt:

    https://alkoholforum.de//index.php?topic=123.0

    Solche Fälle scheinen aber extrem selten zu sein. Ich erlebe immer wieder, dass man mir gar nicht glauben will, dass es das überhaupt gibt...

  • Sieht interessant aus, aber in meinem Fall gab es ja auch keine sichtbaren Entzugserscheinungen - oder sie sind einfach in den Symptomen der schweren Krankheit untergegangen ...

  • Hey Berliner Jung,

    herzlich Willkommen hier :)

    Das ist keine geringe Menge, auch über den Zeitraum gesehen... Ich habe 4 Jahre übrigens exzessiv getrunken.
    Hatte die Krankheit mit deinem Alkoholkonsum zu tun?
    Wie lange trinkst du nun nicht mehr? Hast du keinen Saufdruck? Das wäre ja prima wenn nicht :)

    Liebe Grüße
    Verena

  • Hallo Verena,
    3,5 - 4,5 Liter Bier jeden Abend (innerhalb von 3-4 Stunden) über einen Zeitraum von 16 Jahren finde ich auch sehr viel. Wobei mich immer verwundert hat, dass ich nicht irgendwann "mehr" brauche.
    Die Krankheit hatte nichts mit meinem Alkoholkonsum zu tun - wie sich bei der Diagnose herausgestellt hat, sind ja alle relevanten Organe (Leber, Bauchspeicheldrüse, Galle ...) in absolutem Topzustand, als hätte ich nie Alkohol getrunken. Und einen Saufdruck verspüre ich auch nicht. Vor ein paar Tagen habe ich mal testweise eine Flasche Bier aufgemacht (man hat als Alkoholiker ja immer noch einen kleinen Vorrat zuhause). Geschmeckt hat es: naja. Ich hab die Flasche auch nicht leergetrunken. "Es war irgendwie nichts mehr für mich." Und wie lange ich jetzt nicht mehr trinke - wenn man von gelegentlichen Selbstversuchen wie eben beschrieben absieht: 4 Monate.

  • Hallo BelinerJung und grüß Dich hier...!


    Wieso hat meine Leber keinen Schaden davon getragen und wo ist meine Sucht hin?

    Nun… Freue Dich doch einfach drum… ;D!

    Wenn die Leber (noch) nicht irreparabel geschädigt ist, so ist dies ein Organ welches sich erstaunlich schnell und auch permanent selbst regeneriert. Außerdem spielen noch andere wichtige Aspekte wie z. B. generelle Körperkonstitution, Ernährung, Alter … eine Rolle.
    Zu den körperlichen Aspekten welche zu einer Suchtkrankheit führen kommen weiterhin noch die (sozial-) psychologischen und seelischen hinzu. Meiner Meinung nach überwiegen diese zumindest in der Entstehung von Süchten in der Mehrzahl der Fälle sogar deutlich und sie verstärken sich im Laufe der Krankheit meist. Hier liegt auch ein wichtiger Ansatzpunkt in der Suchtbewältigung und auch in der Suchttherapie.

    Übrigens:
    Ich selbst war wegen meinem derzeitigen Ausstieg die Tage auch beim Gesundheitscheck….
    zum Glück auch alles Bestens… schwitz.!
    Aber weiterhin werde ich das meinem Körper dennoch nicht antun.
    Gesundheit ist ein sehr wertvolles Geschenk welches ich nun pflegen will!

    Wenn ich fragen darf: Geht es Dir denn nun gut mit allem?
    Hast Du schöne Dinge die Du tun kannst um Dir in der nun gewonnenen Lebenszeit Gutes zu tun?
    (Antwort ist natürlich, wie auf alles hier, FREI!)


    Grüße nach Berlin,
    LIS

  • Berliner Jung,

    ich finde das hört sich echt begeisternd an! Das liest sich echt super :)
    Ich selbst bekomme nach über 2 Jahren Trockenheit noch hin und wieder Saufdruck, bisher zum Glück nicht wirklich gefährlich, man lernt ja Methoden damit umzugehen.
    Schön dass es dir gut geht.

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Verena

  • Hallo BerlinerJung,

    erstmal ....herzlich Willkommmen hier im Forum.
    Freu dich einfach, das es keinen Saufdruck gibt und deine Organe gesund sind. Das ist doch ein Geschenk.
    Egal ob komisch oder nicht. Nimm es einfach an und bleib dabei.
    Viele Grüße
    Mogli

  • Das einzige was mich "stört" ist die ganze neue Freizeit. Also die Zeit in der ich früher besoffen war und/oder meinen Rausch ausgeschlafen habe, zählt ja jetzt wieder zur "Lebenszeit" dazu und das sind locker 6 Stunden täglich. Momentan verbringe ich die neue Zeit einfach damit, Filme zu schauen oder mich in den Stadtgarten zu setzen. Wirklich befriedigend ist das allerdings nicht.

  • G E L Ö S C H T


    EDIT: Sorry BerlinerJung für die etwas hart und genervt klingenden Worte von mir vorhin. Aber ich verstehe einfach nicht, warum du es nicht einfach nur .. genießt. Das ist doch ein Geschenk, welches dir gegeben wurde. Ein wahrhaft unbezahlbares .. :-\

    EDIT 2: Ich habe mein Geschriebenes nun ganz gelöscht Was maße ich mir an, dich nicht ernst zu nehmen und unschöne Dinge von mir zu geben. Entschuldige bitte nochmals BerlinerJung. Eine hochinteressante Erfahrung .. ich kann auch ohne Alkeinfluss eklig sein. Also schreibe bitte weiter hier, ich halte mich künftig zurück.

    Einmal editiert, zuletzt von Hupskatze (13. April 2014 um 20:31)

  • Hallo BerlinerJung,

    falls Du in Gesellschaft getrunken hast, dann such Dir doch 'nen neuen Freundeskreis? Oder wie wäre es mit Sport? Weiterbildung? Kultur?

    Ich hoffe, diese Vorschläge sind Dir nicht zu banal... Aber gegen Langeweile lässt sich doch definitiv was tun. Such Dir ne neue Herausforderung. Du bist doch noch jung. Fang was Neues an und sei froh, dass Du nicht (mehr) süchtig bist.

    Grüße von
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Also ich denke dass BerlinerJung bei weitem nicht der Einzige ist dem es so geht und dass man das durchaus ernst nehmen kann. (allerdings natürlich auch immer mit der nötigen Portion Humor…;) Über Jahre hinweg wird viel Zeit und Energie benötigt um die Sucht zu bedienen. Das fällt nun weg. Wo liegen nun die neuen Lebensinhalte? Darum hatte ich in meinem letzten Post ja auch danach gefragt……

    BerlinerJung, die Anregungen von Pinguin kann ich nur unterschreiben…
    Sie ließen sich auch um so Einiges fortsetzen aber im Endeffekt musst Du selbst in Dich hineinhorchen was für Dich gut ist. Was hast Du für Stärken und Interessen die Du vielleicht sogar in den vielen Jahren nach und nach aufgegeben hast? Oder Meditieren…… Ommmmm…. da ist das Verweilen im Hier und Jetzt dann auch kein Prob mehr… ;)
    Bei Deinem früheren Konsum musst Du ja nun wo dieser Kostenfaktor wegfällt auch wieder Einiges an Geld über haben…. > Davon mal einen Traum verwirklichen??

    Ach, und ein Gedanke noch wo vielleicht Deine Sucht hin ist:
    Im Eingangspost hast Du ja selbst geschrieben: „Ich dachte mir eigentlich: Jetzt hast du dich endgültig kaputt gesoffen.“ ….kann es vielleicht sein dass Du Dir im Laufe der Krankheit auch mal eingehend Gedanken drum gemacht hast was Gesundheit eigentlich für Dich bedeutet und dass es dann irgendwie, bewusst oder unbewusst, den ein oder anderen Schalter in Deinem Kopf umgelegt hat???

    Alles Gute und Grüße nach Berlin,
    Land-in-Sicht

  • Neulich in der Gruppe ist ein Gedanke aufgetaucht den ich ganz interessant fand und den ich nun gern noch mit hier ranhängen möchte:

    Und zwar der, dass der Alkohol sich ja oft über Jahre hinweg so nach und nach langsam in das Leben von Betroffenen hineinschleicht und das oft ein langer Prozess ist bis die Sucht ihren Hochpunkt erreicht…

    Nun sollte man beim Ausstieg also ebenfalls nicht unbedingt losrennen um die entstehende `Lücke´ auf Biegen und Brechen irgendwie ´vollzustopfen´. Also etwa so nach dem Motto: Nun regel ich alle meine Sachen und geh Klettern und mach Karate und lese Bücher und engagiere mich ehrenamtlich und stricke Socken und ernähre mich gesund und gehe Joggen undundundundund hol nun mit einem Mal alles nach…. Und werd von heut auf morgen zum Übermenschen….

    Ich bin immer noch der Alte… Habe aber nun in der Gesundung die Möglichkeit nach und nach, mit der nötigen Gelassenheit und Ruhe(!) die Mannigfaltigkeit des Lebens wieder in das Meine einkehren zu lassen… Ich gebe dem Neuen genau die Zeit die es zum Wachsen braucht. Das kann auch Geduld erfordern.

    In diesem Sinne,
    Grüße,
    LIS

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