Vorstellung und Frage zur rechtlichen Situation evtl Pflegefall Mutter

  • Hallo zusammen, also ich möchte mich erstmal vorstellen. Ich bin eine erwachsene Tochter einer Alkoholikerin. Meine Mutter trinkt seit ca 23 Jahren und sieht ihre Sucht auch nicht ein. Ich habe deshalb drastische Maßnahmen ergriffen und den Kontakt (bis auf ein Treffen in acht Jahren), komplett abgebrochen. Auch ihre Enkelkinder kennt sie nicht! Ich habe aufgrund einer Therapie das Bedürfnis gehabt, meine Mutter nochmal zu sehen. Obwohl ich mich eigentlich dagegen gesträubt habe. 8 Jahre waren eine lange Zeit. Ich bin aber im Nachhinein irgendwie froh, denn ich weiß nicht, wie lange es noch geht so wie es ist. Ich war geschockt. Meine Mutter (60 Jahre alt) hatte einen Sprachfehler. Zähne im Mund, die so saniert waren, dass man sie nur als glatte zwei Reihen erkennen konnte. Sie war bei dem Treffen erstaunlicher Weise nüchtern, aber dennoch total kaputt. Der Alkohol und die Tabletten haben ihre deutlichen Spuren hinterlassen.
    Muss dazu sagen, dass ich dieses Treffen genutzt habe, um ihr mal im nüchternen Zustand zu sagen, was sie mir angetan hat und das tat in dem Moment mal so richtig gut. Diese Gelegenheit hatte ich so noch nie. Für mich war nach dem Treffen klar, das mit uns hat keine Zukunft mehr. Das konnte ich ihr jedoch nicht sagen. Ich war zu feige! Sie ließ mich auch nach dem Treffen nicht in Ruhe und mischte sich wieder in mein Leben ein, bzw sie versuchte es zumindest.... Bilanz war, dass sie mir sagte, ich sei enterbt worden. Dann hab ich nochmal so richtig auf den Tisch gehauen, weil sie überhaupt nicht verstanden hat, was ich eigentlich von ihr wollte, was im Nachhinein auch klar war, aber ich hab mir viel zu viel gefallen lassen, sodass das für mich auch erlösend war, mir das von der Delle zu reden. Nunja das mit dem Enterben ist für mich ok. Nur womit ich ein Problem habe, ich habe zwei wesentlich jüngere Halbbrüder, unter 30, die als Alleinerben eingesetzt werden und die ihr Leben zumindest der Jüngere, überhaupt nicht auf der Reihe haben. Ich muss dazu sagen, meine Mutter hat ein Miethaus, sonst könnte sie ihre Sucht überhaupt nicht finanzieren. Klar zuerst kommt mal das Haus dran, sollte sie zum Pflegefall werden. Aber wie schnell sind da die Gelder ausgeschöpft.... Dann tritt man an mich heran... Ich habe zwar kleine Kinder, aber dennoch sehe ich nicht ein, wenn ich enterbt werde, für meine Mutter bei der Pflege Verantwortung zu übernehmen. Auch ohne Enterben würde ich mich dieser Verantwortung nicht stellen wollen. Unser Verhältnis ist nicht gut, ich bin bei meiner Großmutter aufgewachsen. Das sollen schön die machen, die danach alles erben. Ich habe mir bereits schon einen Rechtschutz organisiert, der auch bei Pflegerecht einspringt. Jedoch macht mich dieser Gedanke echt fertig.... Was kann man denn sonst noch vorsorgen, sollte es mal rapide bergab gehen??? An wen kann man sich wenden?Versteht mich jetzt bitte nicht falsch, das hat nix mit Raffgier zu tun. Ich möchte einfach nur meinen Frieden und mich keiner Verantwortung stellen und im Gegenzug würde ich es von ihr auch nicht haben wollen, wenn ihr versteht was ich meine. Ich bedanke mich im Voraus für eure Antworten

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum!

    Kurz zu mir: Ich bin m, 56, Alkoholiker und nun schon einige Jahre trocken.

    Ich glaube, ich muss leider erst einmal etwas klarstellen: Hier kannst Du psychischen, seelischen Beistand/Hilfe bekommen in Dingen, die Deinen Umgang mit Deiner suchtkranken Mutter angehen - keinen rechtlichen! Wir können und dürfen Dir keine rechtlichen Hilfe geben!

    Was kann man denn sonst noch vorsorgen, sollte es mal rapide bergab gehen??? An wen kann man sich wenden?

    Hier musst Du Dich ganz klar an einen Rechtsanwalt, am besten einen Fachanwalt für Familienrecht, wenden!

    Dass Du ansonsten den Kontakt zu Deiner Mutter aus Selbstschutz abgebrochen hast, finde ich gut. Und stark - denn das schaffen nicht viele. Jedenfalls nicht wirklich konsequent.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Carinchen,

    willkommen im Forum!

    Es ist sehr traurig, wie das zwischen Dir und Deiner Mutter gelaufen ist.
    Manchmal ist tatsächlich ein konsequenter Kontaktabbruch das einzig Richtige, wenn die Sucht und ihre Auswirkungen das Verhältnis so stark beeinflusst und dominiert.

    Ich finde es vor allem schade, dass die letzte Aussprache nun nicht zu einem inneren Abschluss und Frieden bei Dir führen konnte, so wie sich es liest.
    Ich halte eine Versöhnung in sich selbst, also in diesem Fall in Dir, für sehr wichtig. Von Widergutmachung oder Vergebung wird man selten reden können, weil den betroffenen Kindern Jahre ihres Lebens gestohlen wurden. Und im Fall von aktiv (immer noch) trinkenden Eltern, werden die Kinder vermutlich vergebens auf Einsicht warten.
    Da Du eine Therapie gemacht hast, nehme ich an, dass dies alles auch Thema in der Therapie war. Offenbar war sie zumindest jetzt der Anstoß für Dich, noch einmal die Aussprache zu suchen.

    Dieses Forum hier gibt meines Wissens keine Rechtsberatung. Zudem Du doch schon Rechtsschutz für solche Fälle hast, und so kostenfrei einen Anwalt befragen kannst, der sich mit der Unterhaltspflicht von Kindern für ihre Eltern auskennt.
    Trotzdem füge ich Dir hier einen Link ein, dem Du das Notwendigste entnehmen kannst.

    Alles Gute für Dich und Deine Familie, auf dem Weg Euren Frieden zu finden, und die erlittenen Verletzungen heilen zu können!

  • Lieber Dietmar, vielen lieben Dank für deine Antwort. Ja, leider wurde es nichts mit meinem inneren Frieden. Dafür wäre die Aussprache auch gedacht gewesen. Meine Mutter ist zwar Alkoholikerin, dennoch nicht unintelligent, obwohl der Alkohol schon
    ettliche Gehirnzellen zerstört hat. Sie hat dies auch so verstanden und natürlich auf diesem wunden Punkt herumgedrückt. Frei nach dem Motto, wenn ich meine mit diesem Treffen mein Seelenheil finden zu wollen, habe ich mich getäuscht. Das Treffen an und für sich fand ich (bis auf das mich ihr äußeres Erscheinungsbild schockiert hat), als ganz in Ordnung, ja sogar positiv. Wir könnten sogar auch in den 1.5 Std über etwas lachen. Alles war ja nicht nur negativ. Ich ging mit null Erwartungen da hin 8) Das war echt ok. Denn die Erwartungen, die ich sonst so ihr gegenüber hatte, wurden halt immer enttäuscht. Meine Mutter ist ein Mensch der dann erst im Nachhinein denkt, das Leiden Christi als Grund für die Sauferei sieht und dann richtig austeilt. Und das hat das Treffen, leider muss ich schon sagen, total kaputt gemacht.
    Das Danach war echt die Hölle und ich bereuhte wirklich keinen einzigen Tag in den acht Jahren, den Kontakt abgebrochen zu haben. Eigentlich unverständlich, kämpfe ich noch mit meinem schlechten Gewissen, dass ich ja schon im Vorfeld mit mir vereinbart habe, dass es nach dem Treffen keine Zukunft für uns geben wird. Das war ich mir und auch meinen Kindern schuldig, die ich vor meiner eigenen Mutter bzw Oma schützen muss. Es klingt drastisch, ist aber leider so. Auch das hielt sie mir vor, es prallt aber an mir ab. Meine Kinder stehen nunmal an allererster Stelle. Das unterscheidet mich auch im Wesentlichen zu ihr, denn da waren die Kinder, auch schon vor der Alksucht, immer zweite Wahl. Bei dem Treffen war ich auch sehr unterkühlt, der Schmerz ist dennoch sehr viel besser geworden. Ich war zwar aufgeregt, was ja auch normal war, nach acht Jahren Kontaktabbruch. Ich versuche mir auch immer zu sagen und das habe ich ihr auch so gesagt, wenn ich sie so nicht als Mutter gehabt hätte, wäre ich bestimmt auch keine so tolle Mama für meine Kinder geworden. Ich schwanke auch immer so zwischen Mitleid und Verständnis (Meine Mutter wurde missbraucht und ich bin die Einzige der sie es im Suff erzählt hat) und einer Wut, die ich auf sie habe. Aber bei allem Verständnis, es ist kein Grund ,sein Kind für die eigene Vergangenheit leiden zu lassen..... Diese Gedanken sind normal und die Zeit wird es besser machen, ich arbeite auch stetig an mir, doch manchmal kommt dann schon mal wieder der Gedanke an den ganzen Sch...haufen zurück.
    Das Nachvorneschauen gelingt zwar schon manchmal, ist aber noch weitestgehend ausbaufähig, wenn du verstehst was ich meine. Ich konnte ihr sehr vieles sagen, wozu ich vorher wirklich nie die Gelegenheit dazu hatte. Sie entschuldigte sich zwar dafür, man merkte jedoch, es kam nicht von Herzen, es war erzwungen. Eine Entschuldigung wollte ich auch nicht hören und habe ich auch nicht erwartet. Was ich als nur sehr kränkend empfand, sie meinte, dass ich noch andere Menschen zu einer Aussprache zwingen wollte, was so nicht der Wahrheit entsprach. Meine Mutter hat nämlich das Talent auch um 2.00 Uhr nachts bei verwandten oder fremden Leuten anzurufen, die sie vor ca 30 Jahren das letzte Mal gesehen hat und Ihnen die Story von der bösen Tochter erzählt. Das z.b ist nur ein Teilaspekt, warum ich den Kontakt gänzlich abgebrochen habe. Es war einfach nicht mehr zu ertragen.
    Ich versuche mir jedoch dennoch immer zu sagen, ja es ist traurig, was passiert ist, aber ich hab es geschafft und ich schaue nach vorn. So ganz klappt das wie schon gesagt, leider nicht immer.
    Danke nochmal für den Link, der hat mir sehr geholfen. Auch dafür bin ich dem Treffen auch dankbar. Wenn ich den Gesundheitszustand nicht beurteilen hätte können, hätte ich mir auch keine Gedanken gemacht. Sie hat in den letzten acht Jahren wirklich sehr abgebaut. Danke nochmal fürs Zuhören. Für euch alles Gute :)

  • Liebes Carinchen,

    ich verstehe Deine Entwicklung, vor allem das Tempo, das Du selbst dabei vorlegst, sehr gut!

    Inneren Frieden ist nichts, was man von außen erhalten kann, meine ich.
    Vor Kurzem sprach ich mit dem angehörigen Sohn eines aktiven Alkoholikers, der es genauso wie Du gemacht hat, und eine letztmalige Aussprache mit seinem Vater suchte.
    Dieser Sohn war – aus meiner Sicht heraus – schon einen Schritt weiter, wie Du es bist. Er wollte seinem Vater einfach mal erzählen, was für Verletzungen und Leid ihm durch die Sucht zugefügt worden war. Er war sich aber im Voraus darüber im Klaren, unter anderen auch durch die Aufarbeitung in einer Therapie, dass er auf kein Verständnis oder gar Verstehen hoffen durfte.
    Und so war es dann auch. Statt „sich den Schuh anzuziehen“, den der Sohn dem Vater hingestellt hatte, statt endlich einmal die Verantwortung für sein väterliches Komplettversagen und seine Sucht zu übernehmen – wodurch im Übrigen überhaupt erst ein Stillstand der Sucht möglich gemacht werden könnte – machte er dem Sohn Vorwürfe, und gab dazu noch Gott und der Welt die Schuld für sein Saufen.

    Wir hatten zuvor lange über die bedingungslose Akzeptanz geredet. Kurz erklärt: Das ist ein konsequente und bedingungslose Anerkennung der Gegebenheiten, hier eben der Unveränderbarkeit des Vaters, und dann ein „so ist es, jetzt damit leben“.
    Das hat mit Verstehen oder Verständnis, oder mit Duldung und Respektierung nichts zu tun.
    Diese emotionale (oder auch rein sachliche) Einschätzungen führen aber dazu, wie man danach, nach der bedingungslosen Akzeptanz, mit der Situation im Weiteren umgeht.

    Als wir uns dann wiedertrafen, sagte mir der Sohn: „Dietmar, jetzt habe ich meinen inneren Frieden finden, und mit meinem zerstörten Verhältnis zu meinem Vater abschließen können.“
    Zuvor hatten die vergangenen Erlebnisse und Ereignisse, aber auch die Uneinsichtigkeit des Vaters immer, mal stärker, mal weniger stark, an diesem Sohn „genagt“. Und ihm so viel Energie für sein jetziges, insgesamt sehr zufriedenes Leben abgesaugt.

    Du siehst also, es liegt sehr an uns, was wir aus einer Beziehung für uns machen – vor allem, was wir zulassen, dass sie mit uns macht.

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