Heute ist mein Geburtstag und ich möchte mich gern vorstellen

  • Hallo,

    endlich habe ich mich entschlossen mal Hilfe in Anspruch zunehmen. Ich bin weiblich, 43 Jahre alt und trinke seid 2008 fast täglich 1 Liter Wein und wenn ich mal am Wochenende raus gehe auch wesentlich viel mehr. In den letzten Wochen ist privat unheimlich viel unangenehmes passiert. Mein Mann trennte sich von mir, Vater hat Krebs bekommen....aber es ist auch was sehr schönes passiert. Ich bin der Liebe meines Lebens begegnet und muss nun um sie kämpfen. Folgendes ist geschehen: Nach mehreren Treffen mit ihm hab ich mich immer völlig abgeschossen und auch gestern bei unserem eigentlich wunderschönen Wochenende in Hamburg. Ich hab alles durch die Sauferei versaut. Schreckliches Gefühl. Also nicht jeden Tag betrunken aber immer Wein und man riecht es ja auch. Er hat mich auch schon mehrfach drauf angesprochen ob ich schon morgens was getrunken habe. Aber das war dann noch von dem Abend davor. So peinlich ! Danke für die Aufnahme. Ich hoffe ich bekommen das mit Euch in den Griff den es versaut mir mein Leben der Alk.

  • Guten Abend Blondi,

    da ist schon eine sehr verfestigte Sucht, die Du Dein eigen nennst. 10 Jahre lang, Minimum 1 l Wein/täglich, da kommt was zusammen.
    Ich frage mich, ob Du den Absprung da noch alleine, und ohne eine qualifizierte Entgiftung schaffen kannst. Vor allem aber denke ich, dass in Deinem Fall ein kalter Entzug doch recht gravierende Komplikationen hervorrufen kann.

    Ich weiß nicht, ob man bei so einem Dauerkonsum und der damit einhergehenden Wahrnehmungsverschiebung von „der Liebe meines Lebens“ sprechen kann? Du hast diesen Mann ja offensichtlich unter der starken Einwirkung Deines „Lösungsmittels“ kennengelernt.
    Also nicht, dass ich Dir diese Liebe abspenstig machen möchte, aber ich weiß als betroffener, heute trockener Alkoholiker halt, wie sehr meine Wahrnehmungen und vermeintlich starken Gefühle vom Alkohol in meiner nassen Zeit beeinflusst waren.

    Es irritiert auch sehr, dass Du Dich „nach den Treffen immer völlig abgeschossen hast“, was ja dann die Wertigkeit dieser Liebe sehr zu Ungunsten Deiner Sucht-Liebe zum Alkohol verschiebt. Das liest sich dann jetzt für mich so, als hättest Du – weil viel Unangenehmes passiert ist – immer getrunken, und jetzt, wo Dir etwas sehr Schönes widerfahren ist, hast Du dann, immer danach, noch mehr getrunken.
    Kurzum – Du musst trinken, egal ob etwas Unangenehmes passiert, das Glück vom Himmel fällt, es draußen regnet, oder die Sonne scheint.
    So ist das mit der Sucht. Die Anlässe sind beliebig austauschbar, auf Anhieb sind mir immer tausende eingefallen, aber mit dem Grund, warum ich weitersaufen musste, wollte ich nicht belästigt werden.

    Ich würde Dir empfehlen zuerst einmal Deine Sucht zum Stillstand bringen zu können. Dazu würde ich als erstes meinem Hausarzt die Karten (tägliche Menge, Dauer meiner Sucht) auf den Tisch legen, und mit ihm besprechen, wie es weitergehen kann.
    Mit meinen Erfahrungen mit der Sucht würde ich um eine Einweisung in eine Suchtklinik bitten, weil ich für mich die lebensbedrohlichen Komplikationen eines sogenannten kalten Entzuges nicht riskieren wollte.

    Um langfristig von der Sucht loszukommen, ist fachliche Hilfe von Nöten. Diese wird von den Suchtberatungsstellen angeboten. Die würde ich mir in jedem Fall ins Boot holen.
    Daneben gibt es Selbsthilfegruppen für Suchtkranke Menschen, in denen ich auf Teilnehmer treffe, die sich bestens mit der Sucht aus eigenem Erleben auskennen und mir mit Rat zur Seite stehen können.

    Da Dich Dein neuer Freund schon danach gefragt hat, würde ich bei mir – eben aufgrund meiner Erfahrungen – einen geradlinigen, ehrlichen Weg wählen, und ihm von meinem derzeitigen Alkoholkonsum erzählen. Auch, dass ich damit ein großes Problem habe, und es alleine mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr herausschaffe.
    Wenn es „die große Liebe meines Lebens ist“, dann würde ich davon ausgehen, dass er für sie bereit ist, mit mir den Weg in die Abstinenz zu beschreiten. Wenn nicht, dann wäre es ohnehin eine Liebe mit höchst geringer Halbwertszeit, weil die Sucht nicht weniger oder einfacher wird, sondern immer offener zutage tritt.

    Tut mir leid, dass ich Dich hier nicht zu den Schritten ermutigen kann, die Du höchstwahrscheinlich erwartet hast.
    Ich möchte Dir auch nicht vorenthalten, was ich Deinem Freund empfehlen würde, wenn er – so wie es hier im Forum schon einige Partner von Alkoholiker*innen getan haben – fragen würde, wie er sich verhalten soll: Ich würde ihm empfehlen, bevor er sich tiefer in diese neue Bekanntschaft involvieren lässt und sein Glück darauf setzt, solle er erst einmal abwarten, wie ernsthaft die Bestrebungen sind, vom Alkohol loskommen zu wollen.
    Und ich weiß, dass nicht wenige erfahrene, trockene Alkoholiker empfehlen würde: Kerle, nimm die Beine in die Hand und renn, so weit Du rennen kannst.

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