Wie lange kann man das wirklich aushalten..

  • Hallo zusammen,
    ich bin sicher nicht die erste oder die letzte, die sich hier Luft macht. Und wisst ihr was, so schlimm das alles eigentlich ist, ist es auf skurille Weise schön zu wissen das es da draußen auch noch andere gibt die einen wirklich verstehen. Ich will nicht sagen das ich allein bin, ich habe Freunde die mir ihr Ohr schenken und versuchen da zu sein. Allerdings kann wohl kaum einer den inneren Kampf wirklich nachvollziehen, den ein Angehöriger mit sich selbst ausmacht. Zumindest geht es mir so. Meine Mutter ist .. eigentlich seit ich denken kann abhängig. Ich selbst hab das relativ spät geschnallt. Denn das Glas Wein im Schrank versteckt gehörte für mich immer schon dazu seit der Kindheit. Das meine Mutter ein wirkliches Problem hat und abhängig ist habe ich nicht oder vielleicht wollte ich das auch gar nicht erst anerkennen. War doch immer schon alles so wie es war. Meine Mutter war Jahrelang eine sogenannte Pegeltrinkerin, nie wirklich vollkommen blau, hat immer noch alles wunderbar gemeistert. Sicher waren wir nie die Vorzeige Familie aber sie hat den Haushalt geschmissen und es stand immer was zu essen auf dem Tisch. An meinem 16 Geburtstag hat es wohl endlich wirklich klick gemacht. Wir haben meine Mutter in der Entzugsklink besucht und selbst dort haben meine Eltern noch versucht mir etwas von einer Therapie für ihren Magen zu erzählen. Ich weiß nicht was mich damals mehr getroffen hat. Zu erkennen wie kaputt mein ganzes Weltbild eigentlich ist oder die Tatsache das meine Eltern mir ein X für ein U vormachen wollten. Nach dem Entzug ging es eine weile gut bis ich ca 18 war, leider kam es dann doch wieder immer öfter vor das meine Mutter zur Flasche gegriffen hat. Ich habe damals versucht das Thema offen anzusprechen, ohne Erfolg, mittlerweile weiß ich das mein Vater wohl selbst an dem Punkt war an dem ich nun bin. Er hat angefangen zu resignieren. Es ging dennoch wieder eine Weile gut bis mein Vater vor ca 9 Jahren verstarb. Zu dem Zeitpunkt war ich 25 / 26 eigentlich eine Lange Zeit und ich habe es meiner Mutter immer hoch angerechnet das sie es die ganze Zeit sogar alleine geschafft hatte. Natürlich war der Tod meines Vaters für die ganze Familie ein Schlag, allerdings war auch er schwer krank und für ihn war es wohl besser wie man so schön sagt. Statt aber zusammen zu halten, wie wir es uns versprochen hatten, ich bin damals sogar mit ihr zusammengezogen, zeitweise, um ihr das alles etwas leichter zu machen, ist sie völlig abgestürzt. Es gab kein Pegeltrinken mehr sondern komplett abstürze samt Wahnvorstellungen, verwüsteter Wohnung und Taschenweise Altglas. Das ganze habe ich sogar knapp zwei Jahre durchgehalten ehe ich die eigene Reißleine gezogen habe und mir wieder eine eigene Wohnung gesucht habe. Ein Schritt der meine Mutter sogar wachgerüttelt hatte. Es ging auch die letzten Jahre wieder gut und nun wurde ich letzten Sonntag vom Vermieter angerufen das meine Mutter seit Samstag Morgen im Krankenhaus liegt. Sie hatte sich so abgeschossen das sie ihn sogar im Wahn angerufen hatte und von fremden Männern in ihrer Wohnung berichtete. Er alarmierte den Notarzt und sie wurde eingeliefert. Ich sage es ganz offen.. ich habe nicht mehr die Kraft das alles wieder zu regeln. Ich habe keine Ruhige Minute wenn ich weiß das sie nicht mehr richtig weiß wie wo oder was. Der Alkohol hat so viel schon kaputt gemacht das auch das Hirn schon schäden genommen hat. Auch hier ist ihre Wohnung wieder verwüstet, natürlich stand da auch der Vermieter bei mir auf der Matte und wollte antworten. Sensationeler Weise war selbst er letzte Woche noch bei ihr da sah es noch ok aus auch ich bin regelmäßig dort, natürlich mache ich keinen Rundum Gang sondern bewege mich wie jeder Gast im Wohnzimmer und Küche. Er selbst hat auch gesagt er hat es nicht gemerkt und das schlimmste ich auch nicht. Da auch noch mein Onkel, ihr Bruder, vor ca 2 Monaten verstorben ist habe ich mich extra öfter blicken lassen, öfter angerufen, aber sie hat es einfach immer noch perfekt drauf sich zu verstecken. Nun ist sie im Krankenhaus, völlig wirr, und dort bekommt man nur Hilfe wenn man allen hinterher rennt. Meine Mutter hat keine Ahnung wer da war oder mit ihr gesprochen hat obwohl angeblich jemand vom Sozialen Dienst anwesend war und mit ihr einen Termin bei der Suchtberatung vereinbart hatte. Etwas das ich auch erst erfahren habe nachdem ich drei Tage hinterher telefoniert habe. Liegt vermutlich auch unserem super organisierten gesamt Klinikum ... Sie schämt sich, was ja einerseits gut ist, heißt ja es ist ihr nicht alles egal, aber sie will einfach nicht einsehen das sie Hilfe braucht das die Suchtberatung ihr helfen kann und ich weiß einfach nicht mehr weiter. Vielen vielen Dank es tat gut sich das mal von der Seele zu reden/ schreiben bei Menschen die wirklich verstehen was ich meine..

  • Guten Morgen Bambam,

    willkommen im Forum.

    Für mich ist es immer wieder erschreckend, und als trockener Alkoholiker auch irgendwie beschämend, wie Angehörige und Kinder unter der Sucht zu leiden haben.
    Leider gibt es zwar zuhauf Hilfsangebote für betroffenen Alkoholiker, aber die Angebote für Angehörige sind relativ rar.

    Ich weiß nicht, ob Du Dich selbst schon gründlich über Alkoholismus, besonders aber auch über Co-Abhängigkeit informiert hast. Wenn nicht: Du hast m. E. alles richtig gemacht, indem Du von Deiner Mutter weg bist und ein Leben zu führen versuchst, das – trotz Mutter – so weit wie möglich nicht von ihrer Sucht tangiert wird.

    Dass die Sucht irgendwann ihren Tribut in Form von Komorbiditäten (Begleiterkrankungen und schweren, oft irreversiblen Gehirnschäden fordert, ist leider vielen Alkoholikern nicht klar. Auch nicht, dass sie irgendwann dann in einen Lage kommen, in der sie selbst nicht mehr über ihr Leben bestimmen können, sondern in Obhut genommen werden müssen.

    Bei Deiner Mutter scheint es so zu sein, dass sie jenen Punkt überschritten hat, wo vom Verstand her noch ein Umdenken möglich ist. Wobei man meines Erachtens niemals nie sagen soll.
    Ich verstehe sowohl Deine Sorge, aber auch die des Vermieters, wenn Ihr befürchtet, dass sie in betrunkenem, nicht mehr zurechnungsfähigen Zustand in der Wohnung ggf. ein großes Unheil anrichtet.
    Vielleicht würde es da Sinn machen, wenn sie in eine betreute Einrichtung kommen würde, wo sie unter ständiger Aufsicht lebt? Oder auch die Möglichkeit einer ambulanten Betreuung, wo dann i.d.R. einmal in der Woche jemand vorbeikommt und nach dem Rechten schaut.
    Die Caritas oder die Diakone bieten dazu Hilfe an – auch für Angehörige!

    Da Deine Mutter jetzt in diesem Notfall in ein Allgemeinkrankenhaus kam, wurde sie wahrscheinlich bzgl. der Sucht nicht optimal versorgt und behandelt. Das ist bedauerlich, weil da dann noch mehr Widerstand gegenüber Hilfe in den Betroffenen geweckt wird. Ein Allgemeinkrankenhaus ist meiner Erfahrung nach mit der Hilfe bei Alkoholismus völlig überfordert.
    Gut wäre im Entzugsfall immer eine Suchtklinik, die sich auf Alkoholentzug und die notwendige Weiterbehandlung, zum Beispiel über Tagesklinikangebote spezialisiert hat.
    Ich weiß leider nicht, wo Deine Mutter wohnt, sonst hätte ich Dirr schon Möglichkeiten herausgesucht.
    Es gibt auch immer mehr Angebote für Senioren, weil Sucht im Alter eine wohl bekannte Problematik ist.

    Für Dich selbst ist unbedingt erforderlich, dass Du Dich zwar jetzt nach Deinen Möglichkeiten um die formalen Angelegenheiten Deiner Mutter kümmerst, aber ansonsten möglichst Dein Leben so führst, dass Dich die Sucht Deiner Mutter und all ihre Folgen nicht in die Co-Abhängigkeit treibt. Greenfox wird Dir sicher die Linkliste des Forums hier hereinsetzen, dann kannst Du Dich mal ausführlicher darüber informieren.

    Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute!

  • Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Auch ich bin, wie Dietmar, Alkoholiker und nun schon einige Jahre trocken.

    Ich kann mich eigentlich nur Dietmar anschließen, was die Hilfen für Angehörige angeht. Und um ihn nicht zu enttäuschen ;), hier der Hinweis auf unsere Linksammlung - da sind auch für Angehörige weiterführende und hilfreiche Links dabei.


    Hallo zusammen,
    ich bin sicher nicht die erste oder die letzte, die sich hier Luft macht. Und wisst ihr was, so schlimm das alles eigentlich ist, ist es auf skurille Weise schön zu wissen das es da draußen auch noch andere gibt die einen wirklich verstehen.
    ...
    Vielen vielen Dank es tat gut sich das mal von der Seele zu reden/ schreiben bei Menschen die wirklich verstehen was ich meine.

    Da hast Du recht - auch hier (im Forum) gibt es viele Angehörige, die Deine Situation kennen und Dir von ihren Erfahrungen berichten können.

    Ich wünsche Dir viel Kraft und, dass Du von unseren gesammelten Erfahrungen profitieren kannst!

    Gruß
    Greenfox

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