Lieber Gerchla,
Wie schön von Dir zu lesen, damit hätte ich nicht gerechnet. Du solltest Dir keine Gedanken machen: was Du mir damals geschrieben hast war damals wertvoll und hilfreich. Ich hatte die Wahl, meine Kinder zu einem Kontaktabbruch zu nötigen oder einen mehr oder weniger kontrollierten Kontakt zuzulassen. Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden und ich würde es heute wahrscheinlich wieder tun. Einen Kontaktabbruch zu forcieren hätte sicherlich einen ebenso großen Schaden angerichtet, denn damals wie heute lieben die Kinder ihren Vater und es gab damals nicht ausreichend Gründe um so weit zu gehen. Und wahrscheinlich auch heute noch nicht. Beide aus der Schule zu reissen, aus dem gewohnten Umfeld zu nehmen, das würde ihnen nicht helfen. In Gedanken sind sie ja noch bei ihm. Ich kann nur versuchen beiden so viel wie möglich Unterstützung zu geben, ihnen psychologische Hilfe anzubieten.
Wir sind übrigens ein Jahr nach der Trennung umgezogen, aber im gleichen Ort. Es war sicher gut, raus aus der alten Wohnung zu kommen, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Bis letzten Sommer ging es auch in der Beziehung zu ihm halbwegs. Ich habe inzwischen auch einen neuen Partner, der mich sehr unterstützt und auch einen sehr guten Kontakt zu den Kindern aufgebaut hat. Meine Kleine bezeichnet ihn als ihren besten Freund. Aber er ist nicht der Papa.
Ich habe darüber nachgedacht auch jetzt noch den Kontakt für sie ganz abzubrechen. Aber was passiert wenn er in dieser Zeit stirbt? Meine Kleine würde sich ewig vorwerfen, ihn nicht mehr gesehen zu haben. Die Große wahrscheinlich auch. Es ist in jeder Hinsicht eine besch... Situation. Seit dem Sommer geht es steil bergab bei ihm. Gesundheitlich und auch sonst. Ich hatte mir immer wieder gesagt, dass ich mich nicht mehr in sein Leben einmische. Jetzt tue ich es doch wieder. Ich kämpfe solange es notwendig ist, denn das bin ich meinen Kindern schuldig. Sie haben ihren Mittelpunkt bei mir und sehen ihren Vater wenn sie es wollen, meistens mal einen Nachmittag, oder zum Geburtstagskaffee oder so. Dann gibt es noch mal ein paar schöne Momente, in denen wir zusammen Karten spielen. Ein kleines bisschen Normalität, wo er quasi in unserer Welt zu Gast ist. Wo er sich zusammennimmt um dann wieder in seiner Welt zu verschwinden. Wäre es besser, das gar nicht zuzulassen? Ich kann es nicht beantworten. Ich weiß nur, dass meine Kinder einen kompletten Abbruch nicht wollen würden.
Bis letzten Sommer lief dieses parallele Leben ganz okay. Aber seitdem tickt die Uhr immer lauter...
Eine Klinik will er nicht, er meint, dass er es alleine schaffen kann, er müsse nur wieder Arbeit finden. Wenn das nicht bald klappt ist er wahrscheinlich pleite. Vielleicht ist das der harte Aufschlag den er braucht. Oder es gibt diesen Tiefpunkt für ihn nicht.
Hope for the best but prepare for the worst.
Nekobasu/ Ailin