Beiträge von Schotterblume

    Liebe Wolfsfrau

    Danke dir für deine Antwort.

    Ja genau, das ist das schwierige für mich. Ich will mutig sein, nicht mehr alles gleich bleiben lassen, weil es zu schwierig erscheint - das habe ich jetzt lange getan in dem ich alles weggespült habe und dann auch wieder sehr viel Energie dafür verwendet habe, trotzdem zu funktionieren. Und jetzt versuche ich mich den Dingen (also auch Ängsten) zu stellen - ohne mich zu überfordern. Und ein Auge darauf zu haben, dass ich das für MICH tue, für meine Gesundheit, für mein Wohlergehen: nicht um einen Preis zu erhalten also vorbildlichste trockene Alkoholikerin oder so etwas.

    Das ist alles gar nicht so leicht. Ich muss das vollkommen neu lernen, denn ich kann da auch nicht auf etwas zurückgreifen, das ich vor dem Trinken schonmal konnte. Also mache ich Mini-Schritte. Aber ich mache sie jeden Tag und so komme ich auch vorwärts.

    Ich wünsche allen einen schönen Sonntag.
    Eure Schotterblume

    Hallo Zusammen

    Vielen Dank für eure Antworten, dass ihr mein Zeugs so aufmerksam lest, euch Gedanken dazu macht und auch noch aufschreibt...

    Ja die zweite Chance für die SHG ... im Moment sehe ich das nicht so. Nicht weil ich dem Angebot oder der Hilfe keine zweite Chance geben möchte, sondern weil ich nicht glaube, dass ich davon profitieren kann, dass ich etwas mitkriege, mich sozusagen daran gewöhne und die Angst dann nicht mehr so gross ist: ich habe was das angeht auch schon Erfahrungen, in anderen Gruppen, aber da war ich 10 mal regelmässig und es hat sich nichts geändert. Es muss ja auch nicht auf biegen und brechen sein: solange ich meinen Weg suche und irgendwann finde, wenn ich nicht aufgebe. Ich habe meine Therapeutin und die hilft mir gut.

    Und ja, Nathalie Stüben habe ich auch schon gefunden und finde ich auch sehr gut. Ich bin jetzt auch die „Suchtfibel“ nochmal am durcharbeiten, oder eben eigentlich das erste Mal am durcharbeiten. Das erste Mal habe ich sie nämlich gelesen und viel genickt und aha gesagt, aber die enthaltenen Übungen habe ich nicht gemacht (z.B. Mein persönliches Freiheitsmanifest schreiben). Lieber dafür noch ein paar Seiten mehr gelesen statt mal Innezuhalten, Nachzudenken, etwas zu Tun.... Als mir das aufgefallen ist habe ich mir gedacht, dass das vielleicht typisch süchtig ist: konsumieren, schnell, immer mehr... Jedenfalls versuche ich es diesmal langsamer, dafür mit mehr Tiefgang.

    Ich merke auch, dass ich selbst klarer werde und das dazu führt, dass ich auf das Thema Alkohol einen anderen Blickwinkel habe, nicht nur was mich selbst betrifft sondern auch der Umgang in der Gesellschaft. Wie viel Raum der einnimmt ist mir gerade heute wieder aufgefallen: Ich musste auf der Arbeit ein Online-Kurs machen, am Ende dann kam der Satz: „gut gemacht, Sie haben den Kurs erfolgreich beendet, Danke für die Aufmerksamkeit.“ Und das Bild daneben, ihr dürft drei mal raten, eine korkenknallende Champagner-Flasche. Also die Message: Belohnung = Alkohol. Das ist schon verrückt und eigentlich doch vollkommen unnötig, oder?

    Für mich in meinem Suchtgehirn ist das eine feste Verbindung: Belohnung und Alkohol, und gerade Freitags bei Feierabend muss ich deshalb immer etwas aufpassen und Tricks anwenden um den Druck abzumildern - und dann kommt noch sowas. Ja und deshalb war es mir bis jetzt noch zu „gefährlich“ einkaufen zu gehen, ich bin erstmal nach Hause um mich auf neue Weise zu belohnen und erst wenn ich mich sicher fühle gehe ich ins Geschäft, denn auch da bleibt der Alkohol nie in seiner Ecke, ständig steht auch noch was beim Fleisch (zum Grillabend) oder gleich beim Eingang (zur EM) oder was auch immer.

    Liebe Grüsse
    Von Schotterblume

    Hallo Zusammen

    Ich muss es leider gestehen, ich bin jetzt erst wieder seit 8 Tagen nüchtern.

    Als ich das letzte Mal geschrieben habe, habe ich es noch ein paar Tage geschafft abstinent zu bleiben. Eure Antworten haben mir geholfen und ich hatte gedacht, ich hätte eine neue Methode: ich habe nämlich gemerkt, dass das Bedürfnis, das ich eigentlich hatte war, ich wollte den Kopf in den Sand stecken. Das habe ich immer getan indem ich Alkohol trank. Ich habe mir dann überlegt, wie ich das sonst tun kann, und es half mir in der Situation, dass ich dann einfach ins Bett bin und Hörspiele gehört habe. Irgendwie hat das aber nur dieses eine Mal funktioniert und dann eben nicht mehr.

    Ich habe dann doch wieder einen Rückfall gebaut, an drei Abenden getrunken. Und bin sehr enttäuscht von mir. Ich weiss schon, was ich hätte besser machen müssen, ich habe nämlich Notfallpläne, ich könnte mich bei Menschen melden wenn ich Druck habe ... aber ich mache das dann einfach nicht. Der Gedanke zu trinken ist viel mächtiger und dann kommt noch der Gedanke, dass ich es sowieso nicht schaffe abstinent zu bleiben, also kann ich auch gleich aufhören mich zu quälen und anfangen zu trinken. Mir ist die Absurdität dieses Gedankens bewusst, aber er ist trotzdem da, sehr aufdringlich ausserdem.

    Jedenfalls dachte ich, jetzt nach 4 Rückfällen in 8 Monaten muss ich wirklich was anders machen, sonst laufe ich immer wieder in den selben Abgrund rein, und jedesmal ist das gefährlich. Denn diese 4 Rückfälle gingen zwar relativ glimpflich aus, ich habe mich immer schnell wieder daraus befreien können - aber das muss ja beim nächsten Mal nicht so sein.

    Also ging ich trotz meiner riesigen Ängste in die Selbsthilfegruppe die es hier gibt. Aber vor lauter Angst habe ich irgendwie gar nichts mitbekommen und hatte anschliessend starken Druck. Deshalb habe ich jetzt das Gefühl, das war eher kontraproduktiv und ich glaube nicht, dass ich es nochmal schaffe da hinzugehen, obwohl ich ja weiss, dass man nicht gleich nach dem ersten Mal das Handtuch werfen soll.

    So habe ich weitergesucht und bin auf ein kostenpflichtiges Online-Programm gestossen und habe das Gefühl das hilft mir, obwohl ich ja erst ganz am Anfang damit bin.

    Ich glaube aber auch, dass es wichtig für mich ist, mich mit anderen Betroffenen auszutauschen, und deshalb schreibe ich hier wieder. Eigentlich wollte ich mich aus Scham nie mehr melden. Aber ich glaube das wäre der falsche Weg. Ja, ich habe wieder einen Rückfall gebaut, aber ich bin auf dem Weg, immerhin seit mehr als 8 Monaten und ich lerne dazu, auch wenn ich hinfalle - oder vielleicht gerade dann. Und ich schreibe auch absichtlich im offenen Bereich, denn ich glaube auch das ist wichtig für meine Abstinenz: offen sein. In einer realen SHG ist es mir aufgrund meiner Ängste (zur Zeit zumindest) nicht möglich, aber hier versuche ich, auch ein bisschen über meine Komfortzone hinauszugehen.

    Ich hoffe euch geht es gut, also besser als mir 8)
    Liebe Grüsse von einer kämpfenden Schotterblume

    Hallo Zusammen

    @AmSee: ja, ich kenne und liebe Frederik, danke dass du mich an ihn erinnert hast :)

    Heute ist es für mich irgendwie schwer. Ich hatte gestern eine massive Krise, ich habe sie aber überstanden ohne zu trinken. Heute geht es mir zwar nicht gut, aber im Vergleich zu gestern ist es schon besser. Und statt dass ich mich darüber freue: dass es etwas besser ist und dass ich abstinent geblieben bin, ist da so ein hartnäckiger Gedanke in meinem Kopf: ich könnte doch... wenn ich dann den Arbeitstag und die Therapie hinter mir habe, alles erledigt habe was ich muss, dann könnte ich doch ... um zu entspannen... als Belohnung...

    Bis eben habe ich versucht den Gedanken aus meinem Kopf zu werfen, ich will ihn nicht haben, aber irgendwie ist er nur stärker und penetranter geworden. Also versuche ich etwas anderes, akzeptiere den Gedanken und sage mir, dass es nur ein Gedanke ist, aber kein Befehl oder Zwang. Ich selbst entscheide, wie ich handle. Ich selbst habe schon entschieden, dass ich abstinent sein möchte.

    Mir ist da auch noch etwas anderes aufgefallen, ich weiss nicht, kennt ihr das? Wenn ich so eine Krise hatte und nur knapp an einem Rückfall vorbeigeschrammt bin, dann kommt in mir eine ziemlich grosse Angst vor dem Rückfälligwerden auf, die Angst zu Versagen, das Gefühl ich schaffe es eh nicht - und das führt mich aber noch näher an einen Rückfall, so nach dem Motto: wenn ich es sowieso irgendwann nicht mehr schaffe abstinent zu bleiben, dann besser jetzt wieder mit dem Trinken anzufangen, wozu mich noch länger mit der Abstinez quälen.... Irgendwie idiotisch, aber sowas läuft bei mir ab.

    Ich sollte jetzt aber wirklich arbeiten. Danke jedenfalls dass ich das hier lassen darf.
    Liebe Grüsse von Schotterblume

    Hallo Sven

    gut dass du einen neuen Anfang machst nach dem Rückschlag. Magst du vielleicht etwas mehr erzählen, wie es dir geht, was du machst, wenn du grosse Lust hast zu trinken?

    Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg.

    Liebe Grüsse von Schotterblume

    Liebe AmSee

    Ja, was fällt mir bei meiner Abstinenz schwer? Es ist verschiedenes, aber meist kann ich zusammengefasst sagen, dass ich mich schwertue im Aushalten: von Gefühlen, Gedanken, Anspannungen. Jetzt muss ich mich dem stellen und kann nicht in den Rausch flüchten. Ich bin immer noch dabei, dies manchmal auszuhalten, mich zu stellen und dann auch wieder andere Wege zu finden (gesunde) um auch mal abzuschalten und abzulenken. Ich suche mein Gleichgewicht.

    Manchmal geht es ganz gut, dann habe ich das Gefühl, meine neuen Verhaltensweisen schon gut eingeübt zu haben (meditieren, Bewegung, für mich sorgen) - und dann kommt es mir plötzlich wieder ganz fremd und neu vor, als wäre es der erste Tag.

    Liebe Grüsse
    von Schotterblume

    Liebe Disi

    Erstmal willkommen im Forum. Ich bin auch jemand, der beide Seiten kennt. Mein Vater war Alkoholiker - und ich bin es auch geworden.

    Ein Leben in einer Familie, wo ein Elternteil alkoholkrank ist ist sehr schwierig und meiner Erfahrung nach ist es nicht vorbei, wenn man ausgezogen ist. Aber vielleicht magst du genauer schreiben, was für dich im Moment schwierig ist? Dass es schwierig ist, zuzuschauen, wie jemand sich zugrunde richtet den man mag, das kann ich sehr gut verstehen. Wie schon Gerchla dir geschrieben hat, glaube ich, das wichtigste ist, dass du für dich selbst sorgst. Das ist das, was du in der Hand hast. Der Rest liegt leider nicht in deiner Kontrolle.

    Mir hat es auch geholfen zu sehen, dass ich nicht alleine bin. Jede Geschichte ist anders, aber in so einem Forum zum Beispiel sieht man auch, wie sehr sie sich gleichen und das kann eine Verbundenheit auslösen die sehr beruhigend ist. Man ist nicht allein.

    Ich würde mich freuen mehr von dir zu lesen.
    Und ich wünsche dir, dass du dein Leben lebst, frei von Sucht und Abhängikeit.

    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Liebe AmSee

    Ja mir geht es genau so, dass die Dinge ein paar Tage brauchen bis sie vom Kopf auch das Gefühl erreichen. Und dann gibt es auch noch Dinge, die irgendwie gar nie im Gefühl ankommen.

    Ich glaube ich bin eigentlich ein geduldiger Mensch - nur mit mir selbst bin ich das nicht. Aber ich versuche es zu lernen.

    Ich kenne auch das Gefühl, dass man einen Schritt weiterkommt und dann hofft/denkt/glaubt, dass es nun endlich gut ist - und dann kommt einfach nur der nächste Einbruch. Ich versuche etwas von diesem „zieldenken“ wegzukommen, man ist nie am Ziel im Leben sondern immer auf dem Weg.

    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Danke Gerchla für deine ausführliche Antwort.

    Es macht schon Mut zu lesen, dass es auch leichter werden kann und diese Gefühle, wenn man sich ihnen stellt, ihre Bedrohlichkeit verlieren können. Und dass so etwas Belastendes wie Schuldgefühle sogar weggehen können, wenn man wie du wirklich daran arbeitet ... wow.

    Ich muss gestehen in den letzten Tagen hatte ich wieder weniger Mumm und bin öfters auch weggelaufen, habe mich abgelenkt und mich weniger den Dingen gestellt. Ich hatte irgendwie die Befürchtung, dass ich mich sonst wieder überfordere wie vor meinem ersten Rückfall. Es kommt mir oft vor wie eine Gratwanderung: sich stellen und nicht überfordern, aufarbeiten aber nicht mit Bedauern in der Vergangenheit hängenbleiben, mal Pause machen aber nicht leugnen...

    Ich versuche immer mal wieder innezuhalten und mir bewusst zu werden, was ich schon gewonnen habe und was ich noch gewinnen kann: immer mehr Freiheit und Selbstachtung.

    Einen wunderschönen Sommerabend euch allen
    Schotterblume

    Hallo Zusammen

    Ich lerne gerade sehr viel. Es hat alles damit zu tun, dass ich freundlicher zu mir selbst bin. Und auch mit Anteilen von mir, die ich eigentlich am liebsten nicht haben würde. Zum Beispiel der Anteil, der Verlangen nach Alkohol hat. Ich lerne eine neue Sichtweise dem zu begegenen: ich kämpfe nicht mehr dagegen an im Sinne von: ich will unbedingt dass er weggeht. Nein ich akzeptiere dass er da ist, zu mir gehört, höre mir an was er zu sagen hat (warum taucht das Verlangen gerade jetzt auf, was für ein Gefühl/Bedürfnis steckt dahinter). Ich kann das aushalten, zuhören - aber trotzdem nicht danach handeln.

    Ich weiss nicht ob ich mich verständlich ausdrücke. Mir hilft jedenfalls dieser Perspektivenwechsel denn je mehr ich verbissen das Verlangen weghaben wollte, desto hartnäckiger blieb es und kam immer wieder und brachte einen riesen Streit in mir mit sich.

    Wie gesagt, ich lerne noch, aber ich glaube ich bin auf dem richtigen Weg.

    Liebe Grüsse von Schotterblume

    Hallo Zusammen

    vielen Dank für eure Antworten.

    Da ist sehr vieles dabei was ich mitnehmen kann und vor allem tut es gut zu spüren, dass ihr mich nicht verurteilt. Das hilft mir, selbst nicht so gnadenlos gegen mich selbst zu sein.

    Ich denke im Nachhinein, es gab zwei Dinge, die den ersten Rückfall begünstigt haben (und damit irgendwie auch die anderen zwei). Ich glaube, ich hatte mich ziemlich überfordert. Ich wollte unbedingt in der Therapie weiter kommen, meine Traumata aufarbeiten, was mir ja so lange nicht gelungen war trotz langjähriger Therapie und ich dachte, jetzt wo ich aufgehört habe zu trinken, sollte es endlich gelingen. Ich habe mich sehr unter Druck gesetzt und es gar nicht wirklich bemerkt. Und zu wenig Rücksicht darauf genommen, dass ich ja noch am Anfang meiner Abstinenz bin. Ich glaube immer noch, dass es für mich wesentlich ist, diese Traumata aufzuarbeiten um letztendlich Leben zu können und nicht nur zu überleben, und damit auch langfristig abstinent zu bleiben, aber ich muss das vorsichtiger angehen. Und mir Zeit lassen.

    Das zweite ist, dass ich in mir einen Teil habe der sehr selbstzerstörerisch ist und den ich sehr schwer unter Kontrolle halten kann. Auch in den ersten vier abstinenten Monaten habe ich gemerkt dass ich sehr aufpassen muss, nicht nur nicht zu trinken, sondern nicht auch stattdessen in andere destruktive Verhaltensweisen abzugleiten. Ich arbeite daran auch in der Therapie, aber ich merke dass es mir schwerfällt, das überhaupt zu merken, es ist eher so eine Art "Reflex".

    Ich versuche jetzt, bewusst einfach gut zu mir zu sein, für mich zu sorgen. Ganz banale Dinge, schauen dass ich genug esse aber nicht fresse, dass ich genug Bewegung habe... und das auch ganz stur, egal ob ich es will, ob ich denke ich habe es nicht verdient oder was auch immer. Ich machs "einfach".

    Danke fürs Lesen.
    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Hallo Zusammen

    ich bin noch da. Aber habe mich etwas rar gemacht, meist habe ich zwar mitgelesen, aber zu schreiben fehlte mir der Mut. Jetzt habe ich ihn wieder gesammelt und möchte mit euch teilen wie es mir so ergangen ist.

    Die ersten vier Monate meiner Abstinenz liefen eigentlich relativ gut. Klar gab es Höhen und (manchmal auch sehr tiefe) Tiefen, aber etwas blieb immer: ich wollte abstinent sein, ich wollte nicht mehr trinken und so ist es mir auch gelungen.

    Dann nach vier Monaten hatte ich eine wirklich heftige Krise, ich hielt es einfach nicht mehr aus und hatte einen vollkommenen Tunnelblick, sah keine Möglichkeiten mehr - und habe getrunken. Ich habe mich dafür verachtet, dass ich es nicht geschafft hatte, aber ich musste auch zugeben, dass der Moment auch sehr viel endgültiger hätte ausgehen können. Jedenfalls habe ich es auch nicht geschafft, gleich wieder aufzuhören, ich war so enttäuscht von mir und dachte, es kommt ja jetzt auch nicht mehr drauf an.... Aber nach ein paar Tagen habe ich mich wieder zusammengerauft und wollte einen Neustart. Ich habe auch meiner Therapeutin offen von dem Rückfall erzählt und war wieder abstinent.

    Doch irgendwas hat sich durch den Rückfall geändert. Aus dem "ich will nicht mehr trinken" wurde irgendwie ein "ich darf nicht mehr trinken". Ich musste immer mehr kämpfen und strampeln, hatte sehr oft Suchtdruck und fühlte mich überhaupt nicht stabil. Ich habe gekämpft, mich abgelenkt, in der Therapie darüber gesprochen, versucht jeweils zu analysieren, warum ich jetzt trinken will und wie ich stattdessen meine Bedürfnisse erfüllen kann... und trotzdem habe ich verloren und jeweils nach ungefähr einem Monat noch zwei weitere Rückfälle gehabt.

    Deshalb bin ich jetzt wieder bei Tag 7. Ich schäme mich für mein Versagen, bin aber auch froh, dass ich die Rückfälle jeweils nach wenigen Tagen beenden konnte und nicht verheimlicht habe. Und noch froher bin ich, dass seit dem letzten Rückfall mein "ich will nicht mehr trinken" wieder zurückgekehrt ist. Ich wüsste wirklich sehr gerne, wie ich das bewusst und willentlich beeinflussen kann, aber das habe ich leider noch nicht herausgefunden. Als ich "nicht durfte", wollte ich "nicht wollen", aber ich konnte es einfach nicht. Ich habe auch versucht, es mir einfach vorzusagen, aber es blieben leere Worte.

    Jedenfalls habe ich jetzt wieder das Gefühl, auf etwas sichererem Boden zu stehen und bin bereit, weiter zu gehen. Tag für Tag.

    Es ist gut zu wissen dass ich nicht alleine bin.
    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Hallo Orangina

    ich glaube ich kann deine Angst verstehen. Ich bin im Augenblick auch von meiner Entscheidung überzeugt, mein Wille, nie mehr Alkohol zu trinken ist da, er ist in meinem Innern spürbar. Ich habe aber Angst, dass dieser irgendwann nicht mehr da ist. Ich kenne das von mir, dass ein Teil von mir ziemlich selbstzerstörerisch ist und wenn der dann das Zepter übernimmt, werde ich den Willen nicht mehr spüren, dann kommen dann Gedanken wie "es kommt sowieso nicht mehr darauf an, ich bin innerlich schon zerstört", "ich will mich ja zerstören",... Ich frage mich ob mir dann der Wille, der dann nur noch vom Kopf her kommt was hilft. Oder die Gründe, die ich notiert habe, warum ich nicht mehr trinken will. Und ich frage mich auch, was ich jetzt tun kann, um auf diese Situation vorbereitet zu sein.

    Ich versuche, bewusst die Veränderungen zum Positiven wahrzunehmen, auch die aufzuschreiben, damit ich sie in einer solchen Situation ohne gross Nachzudenken vor Augen führen kann. Um mich über die Zeit zu retten, bis die Entscheidung wieder von Innen kommt und nicht nur eine Art Verpflichtung ist.

    Darf ich fragen wie dein Notfallplan aussieht?

    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Ja offensichtlich gibt es da viele verschiedene Wege. Ich denke für mich wäre es gefährlich so zu leben als hätte ich nie ein Alkoholproblem gehabt. Ich muss da schon andere Gewohnheiten installieren. Aber auch wieder nicht zuviele aufs mal, ich bin ja nicht plötzlich ein anderer Mensch und will nicht plötzlich irgendwann dastehen und mich in einem Leben wiederfinden, das mir fremd ist.

    Das gute ist: ich bin schon ein Einsiedler... ;D

    Hallo zusammen


    Eines hast du mir voraus: Du hast es anderen mitgeteilt,dass du aufhörst und dass du ein Alkoholproblem hast. Ich trage das mit mir alleine herum. Ich habe mich noch nicht geoutet, außer 1 Person ..


    Für mich war es ganz wichtig, dass ich es den wichtigsten Personen in meinem Leben gesagt habe. Es sind auch nur wenige, da ich auch sehr zurückgezogen lebe. Aber es war wichtig, da ich wusste, wenn ich es allein mit mir herumtrage, überfordert es mich und ich würde über kurz oder lang scheitern. Ich hatte nämlich auch schon viele Trinkpausen (immer ohne es jemandem zu sagen) hinter mir, manchmal auch 3 Monate. Ich wusste dass ich es diesmal anders machen musste. Ausserdem habe ich mir damit ein Hintertürchen verbaut, ich kann jetzt weniger gut wieder heimlich anfangen, weil ich nicht heimlich aufgehört habe.


    Ich habe versucht meine "Denkzeiten" in lange Spaziergänge, die ich wirklich fast täglich gemacht habe, egal bei welchem Wetter, zu packen. Das waren meine Denkspaziergänge, entweder abends nach der Arbeit oder auch untertags am Wochenende oder wenn ich frei hatte.


    Ich habe auch angefangen fast täglich spazieren zu gehen. Für mich ist das irgendwie Aufarbeitung und Ablenkung gleichzeitig. Ich kann gut denken beim Gehen und da ich doch immer wieder darauf achten muss wo ich gehe (besonders jetzt mit Schnee und Eis) bin ich immer wieder abgelenkt, was mir aber hilft, mich nicht in den Gedanken zu verlieren. Wenn ich nur sitze und nachdenke, besteht die Gefahr, dass ich irgendwie hängenbleibe, die Gedanken nur kreisen, aber nirgendwo hin führen. Derselbe Effekt wie das Spazieren hat auch das Schreiben für mich.


    Jedenfalls war ich mit Sicherheit nicht bei Schonhaltung...

    Darf ich fragen, was meinst du mit Schonhaltung? Dass du den schwierigen Situationen und Gefühlen nicht aus dem Weg gegangen bist?

    Ich wünsche euch allen einen schönen Tag, lieber Gruss
    Schotterblume

    Hallo Zusammen

    Ich gehe noch immer in die Therapie und habe auch nach vielen Fehlschlägen jemanden gefunden, der für mich gut ist. Ich denke ich habe schon einiges gelernt seit ich bei ihr bin, aber da ist eben doch die Sucht auch immer im Weg gestanden. Ich hoffe, dass ich jetzt eher weiterkomme, wo ich abstinent bin und wo ich mich ihr gegenüber auch endlich geoutet habe.

    Ja, ich weiss dass ich nicht allein bin. Das tut natürlich auch gut, aber manchmal macht mich das auch traurig, zu wissen wieviele Menschen so viel Leid erfahren müssen.

    Gerchla : ich finde das sehr interessant, dass du dir das Laufen versagt hast, obwohl du ja wusstest dass es dir gut getan hätte. Ich verstehe irgendwie dass du keine Ablenkung wolltest, sondern mittendurch. Ich für mich dachte, dass ich eher beides brauche: aufarbeiten, mich mit dem Thema beschäftigen- aber auch mal Ablenkung, Dinge tun die mir guttun, neue Gewohnheiten „installieren“. Oder denkst du, dass das Laufen so etwas wie eine Ersatzsucht geworden wäre? (Gibts ja anscheinend auch, Sport-Sucht).

    Heute ist der 18. Tag an dem ich nicht trinke. Immer noch der Anfang. Und heute war ein seltsamer Tag. Eigentlich lief alles gut, ich habe gut gearbeitet und meinen Spaziergang an der Sonne gemacht - aber als ich nach Hause kam war ich trotzdem irgendwie down und wusste überhaupt nicht wieso und der Gedanke an ein Glas Wein war doch ziemlich hartnäckig. Ich habe versuch den Auslöser zu finden, bin aber nicht drauf gekommen nixweiss0
    Habe dann hier gelesen, was mein nie wieder bestärkt hat und mich zwischendurch abgelenkt - und jetzt ist es wieder gut. Und ich bin sehr froh dass ich diese Klippe umschiffen konnte.

    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Hallo Zusammen,

    Vielen Dank für eure Antworten und das Teilen eurer Erfahrungen. Gerne möchte ich auf alles eingehen, was ihr geschrieben habt, aber ich weiss nicht ob es mir gelingt.

    Ja, ich glaube schon dass ich mir oft selbst viel Druck mache, hohe Anforderungen an mich stelle. Ich selbst finde es schwierig das zu sehen, aber du bist nicht die erste die mir diese Rückmeldung gibt, AmSee. Wie ich schon geschrieben hatte, ich versuche jetzt bewusst weniger hart mit mir zu sein, etwas Gnade walten zu lassen. Da ich meine Kräfte dafür sparen möchte, was mir im Moment das Wichtigste ist, nämlich abstinent zu bleiben.

    Zu meinen Schuld- und Schamgefühlen:
    Die sind da, solange ich denken kann. Ich habe als Kind viel sehr beschämendes erlebt und massive Schuld auf mich genommen, die eigentlich jemand anderem gehörte. Meine Therapeutin hat mir das so erklärt, dass das ei Überlebensmechanismus ist: wenn ich selbst die Schuld auf mich nehme bedeutet das, dass ich noch Kontrolle habe und nicht restlos ausgeliefert bin. Jedenfalls schäme ich mich wegen jeder Kleinigkeit furchtbar, wenn ich z.B. mal stolpere, möchte ich gleich im Boden versinken. Und natürlich schäme ich mich dass ich Alkoholikerin geworden bin. Mit den Schuldgefühlen ist es ähnlich, ein kleines Versehen kann die schon triggern und dass ich meine Alkoholsucht verheimlicht habe und z.T. sogar gelogen habe, deswegen zerfleische ich mich fast. Ich denke im Hintergrund sind aber da immer diese Gefühle die bereits seit der Kindheit da sind und sehr tief gehen und allumfassend sind: das sind dann so Gedanken wie: „es dürfte mich nicht geben“ „ich bin schuldig einfach nur weil es mich gibt“ „sobald ich mich zeige falle ich jemandem zur Last“...

    Ich habe schon oft versucht daran zu arbeiten und vom Kopf her kriege ich auch öfter die Kurve...aber die Gefühle bleiben unverändert. Ich hoffe jetzt mit einem klaren Kopf komme ich da weiter. Denn es ist schon ganz schön heftig und ich leide sehr darunter.

    Wie ist das bei dir Gerchla, hast du diese Gefühle noch immer und kannst jetzt besser damit umgehen, oder sind sie durch das Bearbeiten weniger (weniger oft, weniger intensiv) geworden?

    Wie auch du anfangs, AmSee, habe ich eher Zugang zu der Achtsamkeit nach Aussen, z.B. die Natur mit allen Sinnen wahrnehmen. Bei der Achtsamkeit nach Innen glaube ich, hapert es daran, dass es schnell zuviel wird und ich dann fliehen möchte. Wenn ich zum Beispiel Meditationsübungen versuche, wo man sich darauf konzentrieren sollte, tief zu Atmen, kommt bei mir sofort Panik auf und ich habe das Gefühl keine Luft mehr zu kriegen.


    Mit dem Rauchen hattet ihr recht. Es war zuviel auf einmal. Ich hatte seit dem Rauchstopp sehr häufig das Verlangen nach einer Zigarette und auch der Saufdruck wurde dann deutlich häufiger und stärker. Ich habe deshalb heute Mittag schon wieder zu Rauchen angefangen, bevor meine Abstinenz, die im Moment das Wichtigste ist, zu sehr gefährdet war. Und jetzt versuche ich mich nicht allzusehr zu schämen und runterzuputzen weil ich versagt habe.

    Ich danke euch dass ich das alles hier lassen darf und ihr es lest und antwortet. Ich merke wie es mir hilft zu schreiben (Worte finden für das was in mir vorgeht) und eure Antworten zu lesen, weil ich merke ich bin nicht allein, ich bin nicht die erste die diesen Weg geht und ich darf von euren Erfahrungen und Gedanken profitieren.

    Liebe Grüsse
    Schotterblume

    Lieber Gerchla

    du hast natürlich recht, einfach nur die Füsse hochlegen und abwarten dass es wieder vorbei geht, das wird nicht funktionieren. Das habe ich eigentlich auch nicht so gemeint. Es gibt bestimmt eine Menge Dinge die ich aktiv angehen muss und wo ich auch Hilfe brauche. Die ich ja bei meiner Therapeutin habe. Ich meinte das eher so im Sinne von Achtsamkeit - weiss nicht recht wie ich es beschreiben soll. Bisher habe ich auf unangenehme Gefühle folgendermassen reagiert: ich habe mich selbst fertig gemacht deswegen, mich regelrecht runtergeputzt, und dann in den Rausch geflüchtet. Dann waren für einen Moment die unangenehmen Gefühle nicht mehr so präsent und ich konnte es wieder mit mir aushalten. Und jetzt versuche ich eben dieses Muster zu ändern. Also nicht runterputzen sondern annehmen und nicht bewerten. Und nicht fliehen. So merke ich auch eher rechtzeitig, wenn ich irgendwo Hilfe brauche.

    Zitat

    Alles was ich sagen möchte: Achte auf Dich und pass auf, dass Du Dich nicht überforderst. Auch wenn Du der Meinung bist, dass Du dieser Herausforderung gewachsen bist, solltest Du immer auch bereit sein Dir RECHTZEITIG einzugestehen, dass es vielleicht doch auch anders sein könnte.

    Das versuche ich auch. Dass ich der Meinung bin, ich bin der Herausforderung gewachsen, stimmt nur bedingt. Manchmal habe ich dieses Gefühl - bei weitem nicht immer - aber mein Kopf weiss immer, dass ich aufpassen muss und wird nicht übermütig. Ich bin auch weiterhin immer dran, mich auf die Kämpfe vorzubereiten, die bestimmt noch kommen werden, da mache ich mir nichts vor, auch wenn ich bisher nur wenig kämpfen musste.

    Wo ich ein bisschen Bedenken habe: ich habe vor 3 Tagen auch das Rauchen aufgegeben. Ich weiss nicht ob die Gefahr ist, dass ich mich überfordere, wenn ich das beides gleichzeitig angehe. Aber ich dachte eben, wenn ich schon meine Gewohnheiten und Denkweisen ändere und auf mich und meine Gesundheit achte, dann gehört das Nichtrauchen doch auch irgendwie dazu. Habt ihr diesbezüglich auch Erfahrungen gemacht?

    Liebe Grüsse
    Schotterblume